Zusammenfassung
Wie schon erwähnt, ist die Entscheidung in manchen Fällen schwierig, ob es sich um Metastasen oder um multiple Primärtumoren handelt. Nach Billroth darf von multiplen Primärgeschwülsten nur dann gesprochen werden, wenn sie verschiedene Struktur haben, wenn sich jeder Tumor histogenetisch vom Mutterboden ableiten läßt und seine eigenen Metastasen macht. Sind diese Forderungen erfüllt, dann kann. allerdings kein Zweifel darüber obwalten, daß es sich um verschiedene, primäre Tumoren handelt. Es ist dies namentlich dann der Fall, wenn es sich um Tumoren verschieden gebauter Organe (z. B. Karzinome der Haut und des Magen-Darmtraktes) oder Tumoren in verschieden zusammengesetzten Abschnitten desselben Organes (z. B. Plattenepithelkarzinom der Portio und Zylinderzellenkarzinom des Corpus uteri) oder Tumoren verschiedener Art (Karzinom und Sarkom) handelt, von welchen jeder Metastasen setzt. Einschlägige Fälle sind bereits wiederholt beschrieben worden (neuere Angaben vgl. z. B. bei Rieder, Siebke), und wohl jeder erfahrene pathologische Anatom verfügt über mehrere derartige Beobachtungen. Handelt es sich jedoch um multiple Tumoren eines Organes oder Organsystems, so sind die von Billroth geforderten Nachweise schwer oder gar nicht zu erbringen. Denn in solchen Fällen können die einzelnen Tumoren, trotzdem sie voneinander unabhängig, primär entstanden sind, ebenso wie ihre Metastasen gleichen Bau haben, abgesehen davon, daß auch bei sogenannten malignen Tumoren Metastasen ganz fehlen können. Ferner ist, wie früher erwähnt, die histogenetische Ableitung einer Geschwulst oft sehr schwierig, denn die berüchtigten Übergangsbilder, auf die in früherer Zeit so viel Gewicht gelegt wurde, haben erfreulicherweise ihre Beweiskraft immer mehr eingebüßt. In einschlägigen Fällen ist die Entscheidung sehr schwer und kann oft nur auf Grund des subjektiven Urteiles und der Erfahrung des Untersuchers getroffen werden. Sitz, Verteilung, Ausdehnung der Geschwülste und der klinische Verlauf werden in solchen Fällen bei der Beurteilung wichtige Anhaltspunkte geben.
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Sternberg, C. (1926). Multiple Primärtumoren. In: Der heutige Stand der Lehre von den Geschwülsten. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-2358-4_8
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