Zusammenfassung
Den Grundgedanken, der seit Mitte der zwanziger Jahre im Zentrum seiner erkenntnistheoretischen Überlegungen stand, formulierte Schlick schon Ende 1928 in aller Deutlichkeit:
„Es ist mir in den letzten Jahren immer klarer geworden, dass für die Erkenntnistheorie eine der allerwesentlichsten Unterscheidungen diejenige zwischen Inhalt und Form ist, wie ich in einem Aufsatze ‚Erleben, Erkennen, Metaphysik‘ angedeutet habe […] Ueberlegt man sich, was eigentlich mitteilbar ist (es ist also dasjenige, was übrigbleibt, wenn wir von allen Inhalten im obigen Sinne absehen) so kommt man auf den Begriff der reinen Form oder der logischen Form. Das wesentliche an jeder Erkenntnis also, dasjenige, was allein mitgeteilt und aufbewahrt werden kann, ist die logische Form, auf sie müssen sich also in letzter Linie alle unsere sinnvollen Aussagen beziehen.“1
Letztendlich führte dieser Gedanke zur Ausarbeitung von „Form and Content“ im Jahr 1932; wie vorliegender Text belegt, hatte Schlick aber schon zuvor versucht, diese Idee systematisch auszubauen. Mit einigem Recht kann man den recht abrupt abbrechenden Text als Vorstufe insbesondere des ersten Kapitels von „Form and Content“ bezeichnen; dort sind die hier ausgedrückten Ideen bei Verwendung identischer Beispiele weiter ausgearbeitet. Auch aus Inhalt und Struktur des Textes geht klar hervor, dass bereits hier eine längere Abhandlung entstehen sollte, an deren Stelle schließlich die englische Arbeit trat.2 Bei aller inhaltlichen Nähe der beiden Texte ist aber doch auch eine unterschiedliche Akzentuierung erkennbar. So steht die erste Hälfte des vorliegenden Fragments ganz im Zeichen der antipsychologistisch anmutenden Ablehnung von „psychischen Prozessen“ als unumgänglichem Ausgangspunkt erkenntnistheoretischer Untersuchungen; ein Punkt, der in „Form and Content“ erst gegen Ende der ersten Vorlesung behandelt wird.3 Insofern steht der vorliegende Text noch mitten in Schlicks „linguistischer Wende“ und gibt Aufschluss darüber, inwiefern er die traditionellen Probleme der Erkenntnistheorie durch „Besinnung über das Wesen des Ausdrucks, der Darstellung“ 4 abgelöst sah.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2013 Springer-Verlag / Wien
About this chapter
Cite this chapter
Friedl, J., Rutte, H. (2013). Erkenntnis als Ausdruck. In: Friedl, J., Rutte, H. (eds) Moritz Schlick. Moritz Schlick Gesamtausgabe, vol 1.2. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-1509-1_6
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-7091-1509-1_6
Publisher Name: Springer, Vienna
Print ISBN: 978-3-7091-1508-4
Online ISBN: 978-3-7091-1509-1
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)