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Regeln der österreichischen Verfassungsinterpretation und ihre Anwendung durch den Verfassungsgerichtshof

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Regeln der Verfassungsinterpretation

Part of the book series: Forschungen aus Staat und Recht ((STAAT,volume 169))

  • 1547 Accesses

Zusammenfassung

Stellt man die österreichische Bundesverfassung in einen internationalen Vergleichsrahmen, erweist sie sich grundsätzlich als jener Kategorie von Verfassungen zugehörig, die selbst zwar Interpretationsmaßstäbe, darüber hinaus jedoch keine „geschriebenen“ Interpretationsregeln enthalten, und zwar weder hinsichtlich der Interpretation von Verfassungsrecht selbst noch hinsichtlich der Interpretation von unterverfassungsrangigem Recht.273 Nur in wenigen Bestimmungen sind Ansätze zu Interpretationsregeln im weiten Sinn zu erkennen, die jedoch keinesfalls als Interpretationsmethoden zu qualifizieren sind: Dazu gehört etwa Art 148f B-VG,274 wonach der Verfassungsgerichtshof über Meinungsverschiedenheiten zwischen der Volksanwaltschaft und der Bundesregierung bzw einem Bundesminister entscheidet, die die Auslegung der die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft regelnden gesetzlichen Bestimmungen betreffen. Analog dazu ermächtigt Art 126a B-VG275 den Verfassungsgerichtshof, über Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Rechnungshof und bestimmten Rechtsträgern, die die Auslegung der die Zuständigkeit des Rechnungshofes regelnden gesetzlichen Bestimmungen betreffen, zu entscheiden.

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Literatur

  1. Dazu auch Schambeck, JBl 1980, 229 ff und Schäffer, Interpretation 66 und 70. Dieser Befund geht im Übrigen konform mit jenem der Landesverfassungen, die ebenfalls keine expliziten Interpretationsregeln enthalten. Im weiteren Sinn erwähnenswert sind hier lediglich die Erstreckung einer authentischen Interpretation zu § 21 Wiener Stadtverfassung durch Art 140 Abs 3 const cit oder die Staatszielbestimmungen der oberösterreichischen und niederösterreichischen Landesverfassung zur „verständlichen“ Gesetzessprache (Art 4 Z 7 niederösterreichische Landesverfassung, Art 9 Abs 5 oberösterreichisches Landes-Verfassungsgesetz).

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  2. Dazu näher Kathrein, Der Bundesrat, in: Schambeck (Hg), Österreichs Parlamentarismus: Werden und System (1986) 337 (357 f ).

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  3. Näher zu dieser „Obsoleszenz“ Wiederin, Verfassungsbereinigung, in: Lienbacher / Wielinger (Hg), Jahrbuch Öffentliches Recht 2008 (2008) 45 (58 ff ).

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  4. Dazu auch Öhlinger, Stil der Verfassungsgesetzgebung — Stil der Verfassungsinterpretation, FS Adamovich (1992) 502 (508 f ).

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  5. Zur Differenzierung zwischen Regeln und Prinzipien Alexy, Theorie der Grundrechte (1985); dazu jüngst auch Simmonds, Central Issues in Jurisprudence3 (2008) 200 ff.

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  6. Vgl auch Heller, Der Verfassungsgerichtshof (2010) 351.

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  7. Vergleichend Grabenwarter /Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 (2012) 15 f.

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  8. Zellenberg, Art 138 Abs 2 B-VG, in: Korinek /Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 26 ff (mwN), Grabenwarter, FS Mantl, 55 f.

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  9. Walter /Mayer /Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts10 (2007) 513, Adamovich, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechts6 (1971) 443 ff.

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  10. Undifferenziert Ermacora, Österreichische Verfassungslehre II (1980) 4. Vgl allerdings Hobbes, Leviathan, 2. Teil, Kapitel XXVI, wonach die Interpretation einer Rechtsnorm durch den Richter authentisch sei, „not because it is his private Sentence; but because he giveth it by Authority of the Soveraign, whereby it becomes the Soveraigns Sentence“. Wenn Verfassungen eine „authentische“ Interpretation durch Gerichte anordnen, handelt es sich dabei klarerweise um einen verbindlichen Rechtsbegriff. Auf einer rechtswissenschaftlichen Begriffsebene kann dennoch diskutiert werden, ob der Begriff „authentisch“ nicht eben irreführend verwendet wird, wenn er einem anderen Organ als dem Normsetzer zugewiesen wird, und zwar auch dann, wenn er, worauf Hobbes zutreffend hinweist, vom Normsetzer zur Interpretation autorisiert wird. Wenn authentische Interpretation „keine Interpretation, sondern Rechtssetzung, und zwar im Rang des Interpretationsobjekts“ ist (Grabenwarter, FS Mantl, 54), ist der Begriff — sofern er nicht als Rechtsbegriff, sondern als rechtswissenschaftlicher Begriff eingesetzt wird — schlichtweg falsch gewählt.

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  11. Dazu Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention3 (2011) Art 46, Grabenwarter/ Pabel, Menschenrechtskonvention 107.

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  12. Vgl Schäffer, Interpretation 69, Koziol /Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts, Bd I13 (2006) 22.

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  13. Zum „Verdrängungscharakter“ (statt Derogationscharakter) einer berichtigenden Interpretation (dazu noch unten 151 ff) kritisch Handstanger, Verfassungskonforme oder berichtigende Auslegung?, ÖJZ 1998, 169 (174).

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  14. Von einer bloß „sprachlichen Verdeutlichung“ spricht der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 13.197/1992. Allerdings stellt der Umstand, dass „eine grammatikalische Interpretation es jedenfalls vertretbar erscheinen ließ“, dass „zum steuerpflichtigen Entgelt alles gehörte, was aufzuwenden war, damit der Verbraucher das Gefrorene erhielt“, nicht ganz dasselbe dar wie die durch authentische Interpretation hinzugefügte Bestimmung „das Gefrorene einschließlich üblicher Beigaben, die nicht gesondert in Rechnung gestellt warden“.

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  15. Zur beschränkt zulässigen Rechtsfortbildung im Rahmen der Interpretation vgl noch unten 166 ff.

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  16. § 1 Abs 2 der „Vorläufigen Verfassung“ (StGBl 1945/5) lautete: „Alle Rechtsvorschriften sind im Einklang mit den Grundsätzen der Staatsform einer demokratischen Republik zu gestalten und im Sinne dieser maßgebenden Grundsätze auszulegen.

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  17. Herdegen, Verfassungsinterpretation als methodische Disziplin, JZ 2004, 873 (876 ff ).

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  18. Dazu umfassend bereits Wimmer, Materiales Verfassungsverständnis (1971), insbesondere 103 ff.

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  19. Zur interpretationsleitenden Prinzipienfunktion von Grundrechten Holoubek, Funktion und Interpretation der Grundrechte, ZÖR 54 (1999), 97 (101 ff und 107). Eine besondere Rolle spielen dabei das Sachlichkeits-und Verhältnismäßigkeitsprinzip deshalb, weil sie aus einzelnen Grundrechtszusammenhängen herausgelöst wurden und als — freilich nicht immer klar voraussehbarer oder scharf abgrenzbarer — Interpretationsmaßstab auch dann herangezogen werden können, wenn es sich nicht um Fragen der eigentlichen Grundrechtsinterpretation handelt; zum Verhältnismäßigkeitsprinzip vgl auch noch unten 303 ff.

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  20. Für das Effizienzprinzip weist dies etwa Potacs, Ökonomische Effizienz als Interpretationsmaxime?, ZfV 2008, 598 (603 ff ) nach. Allgemeiner Ehmke, VVDStRL 20 (1963) 72 ff und Kirchhof, DVBl 2011, 1071 f.

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  21. Eine besondere interpretationsleitende Rolle spielen dabei die Programmartikel des B-VG. Zur interpretationsleitenden Funktion der Präambel der Tiroler Landesordnung Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer: Tirol (1991) 28 ff, Pernthaler, Entwicklungen der Landesverfassungen, in: Weinzierl et al (Hg), Justiz und Zeitgeschichte, Bd 2 (1995) 789 (797), Derselbe, Die Präambel zur Tiroler Landesordnung, FS Kostelecky (1990) 143 ff, Widder, FS Köck, 390, Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts (im Druck). Zur Notwendigkeit einer Ermittlung der sich in einem Verfassungssystem ausdrückenden Ordnungsideen und deren Entfaltung als systematischer Orientierungsrahmen Schambeck, JBl 1980, 233; mit Beispielen Schäffer, Verfassungsinterpretation 74 ff, Derselbe/Jahnel, Constitutions: Interpretation and Interpreters, ZÖR 51 (1996), 19 (37). Korinek, FS Walter, 369 f weist zutreffend darauf hin, dass der Hinweis auf Verfassungsprinzipien im Sinne einer „Rechtsidee“ — oder eines „Geists“ der Verfassung — aus dem positiven Recht selbst gewonnen werden kann (und dies wohl nicht nur in Österreich!). Dass die Einführung von Staatszielbestimmungen und ähnlichen relativ unbestimmten Verfassungsprinzipien rechtspolitisch im Sinne einer vorhersehbaren Auslegung abzulehnen sei, wie Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 68 postulieren, ist mE zu apodiktisch: Bevor, wie diese Autoren selbst einräumen, ein Auswahldilemma entsteht, in dem der Richter willkürlich zwischen gleichrangigen Normhypothesen auswählen muss, erscheint es gerade aus rechtspositivistischer Sicht naheliegender zu sein, den Wertungsmaßstab heranzuziehen, den die Verfassung selbst gibt. Dass dieser nicht immer zu mehr Klarheit führen muss, diese Maßstäbe zueinander auch in Spannung stehen können (vgl Gamper, Aktuelle Herausforderungen an ein „bewegliches System“ der österreichischen Bundesverfassung [2008] 16 ff), ist unbestritten, hängt aber mit der Natur des Verfassungsrechts an sich zusammen (zur relativ unbestimmten Sprache von Verfassungen s oben 97 f ).

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  22. Dazu Alexy, Theorie 71 ff.

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  23. Öhlinger, FS Adamovich, 506.

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  24. S dazu aber kritisch unten 204 ff, 325 und 342 f.

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  25. Leisner, DÖV 1961, 645.

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  26. Leisner, DÖV 1961, 646 betont, dass der „Ordogedanke“ einer Verfassungsordnung mehr als Systematik sei, was allerdings für diese Frage eine weniger große Rolle spielt, da ein zwei unterschiedliche Normen beherbergendes Regelungssystem dafür genügt, anzunehmen, dass beide grundsätzlich Normwirkung entfalten sollen, wobei einzelne Verschränkungs-und Balancierungsfragen im Regelfall anderer Interpretationsmethoden bedürfen werden. Dass Verfassungen nicht nur System, sondern auch Ordo darstellten, weil ihnen ein integrativ wirkender „Geist“ immanent sei, wird im Regelfall wohl zutreffen. Gleichwohl kann mE theoretisch nicht jeder Verfassung das Ideal der Integrationsfunktion (vgl dazu auch eingehend die in VVDStRL 62 [2003] abgedruckten Referate von Korioth sowie von Bogdandy) unterstellt werden, da es dem konkreten Verfassungsgesetzgeber obliegen muss, eine Verfassung wie auch immer zu gestalten und abzuändern.

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  27. Zur Frage, nach welchen Interpretationsmethoden diese Ableitung vorgenommen wird, vgl auch Lachmayer, System und systematische Interpretation im Kontext des Verfassungsrechts, FS Funk (2003) 287 (296 f ). Die Antwort darauf hängt vom interpretationstheoretischen Standpunkt (etwa Topik mit zugrunde gelegtem Vorverständnis oder hermeneutisch-konkretisierende Verfassungsinterpretation; dazu näher Böckenförde, NJW 1976, 2092; zur Methodenwahl jüngst Potacs, Erkenntnisinteresse und Methodenwahl, FS Mayer [2011] 539 ff ) ab, birgt aber wohl die Gefahr eines Zirkelschlusses, wie auch Böckenförde, ibidem, 2096 annimmt. Vgl dazu auch noch unten 114 und 328 f.

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  28. VfSlg 10.292/1984. Ermacora, Der Verfassungsgerichtshof (1956) 249 zufolge ist der Auslegungsgrundsatz „lex posterior derogat legi priori“ der „auf das Recht angewandten Logik“ entnommen. Als „allgemeinsten Auslegungsgrundsatz“ bezeichnet ihn auch Merkl, Zum rechtstechnischen Problem der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, ZÖR 2 (1921), 336 (355 f ).

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  29. Unbeschadet dessen, dass es wiederum einer Interpretation bedarf, diese beiden Rechtsgrundsätze aus der Bundesverfassung abzuleiten, muss an sich in Frage gestellt werden, ob es sich dabei tatsächlich um „Auslegungsregeln“ handelt. Die Derogationsregeln stellen ja Anordnungen über die Änderung, nicht über die Interpretation einer Norm dar, wenn dies bei einer materiellen Derogation auch verschleierter sein mag. Ebensowenig stellt die Bestimmung „Bundesrecht bricht Landesrecht“ per se einen Auslegungsgrundsatz dar (dazu Gamper, Föderalismus 50).

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  30. Vgl dazu noch unten 217 ff.

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  31. Dies ist mE jedoch nicht zwingend; vgl dazu unten 225 ff.

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  32. Dazu Ehmke, VVDStRL 20 (1963) 56, Böckenförde, NJW 1976, 2097 ff sowie Ossenbühl, DÖV 1965, 656, der von einem „vorverfassungsmäßigen Gesamtbild“ spricht. Auch Schäffer, Interpretation 58 räumt ein, dass „jegliche Interpretation von Vorverständnissen und rechtskulturellen Voraussetzungen mitbedingt“ wird. Vgl auch Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff (1982) 154 ff.

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  33. HÄberle, JZ 1975, 297 ff, DErselbe, Methoden und Prinzipien der Verfassungsinterpretation — Ein Problemkatalog, ERPL/REDP 12 (2000), 867 (883 ff und 887 ff ), Delpérée, Sources 262 f, Funk, Abbildungs-und Steuerungsleistungen der Rechtswissenschaft, FS Adamovich (2002) 111 (118 f ).

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  34. Böckenförde, NJW 1976, 2098.

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  35. Zur Frage der Zumutbarkeit der Interpretation für den Bürger Tomandl, ÖJZ 2011, 543. Allerdings darf sich die Antwort auf die Frage, welche Interpretationsmethoden für die Auslegung von Verfassungsrecht aus der Verfassung selbst ableitbar seien, mE nicht davon leiten lassen, welcher intellektuelle Aufwand dadurch für den Bürger entstünde.

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  36. Dazu aus juristischer Sicht auch Adamovich, Reine Rechtslehre und Hermeneutik, FS Schambeck (1994) 119 (121 f mwN) sowie Potacs, FS Mayer, 543 f.

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  37. Ansonsten handelt es sich um dasselbe Problem, das Leisner, DÖV 1961, 647 hinsichtlich der Bestimmbarkeit des „Geists der Verfassung“ ortet: Einen klareren Interpretationsmaßstab bieten die einzelnen konkreten Verfassungsnormen, während die Suche nach dem „Geist der Verfassung“ möglicherweise sogar Gefahr liefe, sich von unterverfassungsrangigem Recht beeinflussen zu lassen (vgl dazu aber noch unten 172 ff in Bezug auf die Versteinerungstheorie) oder „völlige justizstaatliche Interpretationswillkür“ zuzulassen.

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  38. Dazu Gamper, Direkte Demokratie und bundesstaatliches Homogenitätsprinzip, ÖJZ 2003, 441 (446), BußJäger, Plebiszitäre Demokratie im Mehrebenensystem?, FS Pernthaler (2005) 85 (108).

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  39. Rigoros VfSlg 16.241/2001. Aus der reichen Literatur zu diesem Thema vgl etwa: Pernthaler, Demokratische Identität oder bundesstaatliche Homogenität der Demokratiesysteme in Bund und Ländern, JBl 2000, 808 ff, ÖHlinger, Bundesverfassungsrechtliche Grenzen der Volksgesetzgebung, Montfort 2000, 402 ff, Gamper, ÖJZ 2003, 441 ff, Dieselbe, Direkte Demokratie in der Gemeinde, RFG 2011, 66 ff, Marko, Direkte Demokratie zwischen Parlamentarismus und Verfassungsautonomie, FS Mantl (2004) 335 ff, Novak, Demokratisches Prinzip und Verfassungswandel, ibidem, 117 (124 f ), BußJäger, FS Pernthaler, 85 ff, Poier, Direkte Demokratie — Rückblick und Ausblick, FS Korinek (2010) 67 ff, Derselbe, Sachunmittelbare Demokratie in Österreichs Ländern und Gemeinden: Rechtslage und empirische Erfahrungen im Überblick, in: Neumann/Renger (Hg), Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2008/2009 (2010) 31 ff.

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  40. In diese Richtung offenbar Böckenförde, NJW 1976, 2098.

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  41. Klecatsky, Das österreichische Bundesverfassungsrecht2 (1973) V.

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  42. Adamovich et al, Staatsrecht 12 ff, Öhlinger, Verfassungsrecht8 (2009) 30 f und 69, Berka, Verfassungsrecht3 (2010) 23.

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  43. Adamovich et al, Staatsrecht 14, Öhlinger, Verfassungsrecht 44 f.

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  44. Berka, Verfassungsrecht 17 ff.

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  45. Allgemein zur Gewaltenteilung Kelsen, Staatslehre 257 f.

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  46. Dass diese in einem ständigen Prozess des „Hin und Her“ befindliche demokratietheoretische Grundsatzfrage auch heute nicht entschieden ist, konstatiert Lachmayer, FS Funk, 299.

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  47. Wiederin, Bundesstaat neu, in: Österreichische Juristenkommission (Hg), Der Österreich-Konvent (2004) 49 (61).

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  48. Dazu auch Wiederin, Bundesstaat 60 f, Schroeder/Weber, Kompetenzrechtsreform 151.

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  49. Adamovich et al, Staatsrecht 331 ff, Öhlinger, Verfassungsrecht 133 ff, Berka, Verfassungsrecht 127 ff.

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  50. Dazu ausführlich die Kommentierung von Posch, § 6, in: Schwimann /Kodek (Hg), ABGB — Praxiskommentar, Bd 14 (2011) Rz 5 ff sowie von Bydlinski, § 6, in: Rummel (Hg), Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd 13 (2000) Rz 1 ff. Aus verfassungsrechtlicher Sicht Walter, ABGB. und Verfassung, ÖJZ 1966, 1 ff.

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  51. § 6 ABGB. Inwiefern die „klare Absicht des Gesetzgebers“ sich (nur) auf Gesetzesmaterialien bezieht und diesen daher eine Funktion als „selbständiger Sinnträger“ (Thienel, Kritischer Rationalismus und Jurisprudenz [1991] 207) verleiht, ist fraglich. Zutreffend ist allerdings sicherlich, dass das B-VG den Gesetzesmaterialien einen niedrigeren Stellenwert einräumt als dem Wortlaut (Derselbe, ibidem, 207 f ).

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  52. Das Selbstverständnis der Redaktoren des ABGB hinsichtlich der allgemeinen, über das bürgerliche Recht hinausgehenden Anwendbarkeit der Auslegungsregeln bzw die Bedeutung des ABGB für die Rechtsordnung zum Zeitpunkt seiner Erlassung sind dabei wohl unerheblich (in diese Richtung auch Schäffer, Verfassungsinterpretation 58). Dabei geht es mE nicht so sehr darum, dass sich das subjektive Verständnis, der Zeitgeist, die staatsrechtliche Epoche seit 1811 stark verändert hatten, wie Schäffer betont. Selbst wenn diese Veränderungen nicht stattgefunden hätten, kann es nicht auf das einfachgesetzliche Verständnis ankommen, ob die Verfassung nach den dort verankerten Interpretationsregeln auszulegen ist oder nicht.

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  53. Zitiert bei Ableitinger, Grundlegung der Verfassung, in: Weinzierl /Skalnik (Hg), Österreich 1918—1938, Bd 1 (1983) 147 (181) sowie Ermacora (Hg), Quellen zum Österreichischen Verfassungsrecht [1920] (1967) 553. Der entstehungsgeschichtlichen Dokumentation ist ansonsten keine Interpretationsdiskussion zu entnehmen.

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  54. Kritisch dazu Merkl, ZÖR 2 (1921), 355 f.

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  55. So auch Schambeck, JBl 1980, 229, Walter, ÖJZ 1966, 6 (in FN 69), Derselbe/ Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 66.

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  56. Vgl Hillgruber, Verfassungsinterpretation 507 f. Widersprüchlich auf S 523, wonach es für eine spezielle, von der Auslegung unterverfassungsrangigen Rechts abweichende Interpretationsmethode „weder ein Bedürfnis noch eine Rechtfertigung“ gebe.

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  57. Vgl auch Thienel, Rationalismus 206 ff.

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  58. Kleinere Modifikationen sind dabei allerdings denkbar, so etwa in Bezug auf die bloß subsidiäre Bedeutung der Gesetzesmaterialien (Thienel, Rationalismus 207 f und dazu bereits oben FN 357).

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  59. Deutlich in VfSlg 2455/1952: „Der Verfassungsgerichtshof sieht sich [...] zu der Feststellung veranlaßt, daß seine Erkenntnisse nicht der Ort sind, wissenschaftliche Meinungsverschiedenheiten zu erörtern, zu ihnen Stellung zu nehmen und sie auszutragen.“ Dennoch zitiert der Verfassungsgerichtshof regelmäßig den Stand der wissenschaftlichen Lehre, sofern dies für die jeweilige, vor ihm aufgeworfene Rechtsfrage von Bedeutung ist; vgl auch Heller, Verfassungsgerichtshof 350. Kritisch zu mangelnden methodologischen Begründungen Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 68. Eine — im Vergleich der Verfassungsgerichte wohl nur sehr relative — Distanz des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungstheorie ortet Jestaedt, Verfassungsinterpretation in Deutschland, in: Lienbacher (Hg), Verfassungsinterpretation in Europa (2011) 5 (26), der französischen Gerichte Heuschling, Verfassungsinterpretation 42.

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  60. Schäffer, Verfassungsinterpretation 70, Walter, ÖJZ 1966, 6 (bei FN 69), Heller, Verfassungsgerichtshof 350, Potacs, Auslegung 81 und 219, Ermacora, Verfassungsgerichtshof 251 f, Derselbe, Österreichische Verfassungslehre (1970) 15. Vgl beispiels weise VfSlg 1726/1948, 2109/1951, 2126/1951, 2175/1951, 2250/1951, 2872/1955, 3332/1958, 9050/1981, 12.987/1992.

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  61. Dass die Wahl der Interpretationsmethode sich an der Eigenart des auszulegenden Rechts zu orientieren habe, wie Hillgruber, Verfassungsinterpretation 507 f (so auch Jestaedt, ZÖR 55 [2000], 147 f ) annimmt, trifft mE dann zu, wenn diese Interpretationsmethoden selbst eine entsprechende Eigenart aufweisen. Je allgemeiner („kanonischer“) Interpretationsmethoden jedoch sind, desto weniger besteht die Notwendigkeit, sich an der Eigenart des auszulegenden Rechts zu orientieren. Im weiten Sinn kann freilich auch zur „Eigenart“ einer Verfassung dazu gehören, überhaupt eine Verfassung im Sinne des „materiellen“ Verfassungsstaats zu sein. So gelangt Hillgruber, Verfassungsinterpretation 533 zur Auffassung, dass Verfassungen dieses Typs die Eigenart aufwiesen, normativ auf der verfassunggebenden Gewalt des Volkes zu beruhen (was in einem demokratischen Verfassungsstaat freilich bei allen Rechtssatzformen letztlich der Fall ist) und an der Spitze einer positiven Rechtsordnung zu stehen. Aus dieser Eigenart ergebe sich als Auslegungsziel der eindeutige Rechtsetzungswille des historischen Verfassungsgebers oder verfassungsändernden Gesetzgebers (Jestaedt, ZÖR 55 [2000], 154 f ), den es anhand der „bekannten“, aber auf das Auslegungsziel hin zur Anwendung zu bringenden Auslegungsmethoden zu ermitteln gelte; in der Vorausgesetztheit dieses Auslegungsziels ist mE auch die Begründung dafür zu finden, warum die vier Methoden der kanonischen Interpretation zT überlappender Natur sind und nicht nur komplementär zueinander stehen. Allerdings finden sich, wie gerade der weltweite Verfassungsvergleich zeigt, ausdrückliche Interpretationsregeln in Verfassungen, die nicht dem Typus materieller Verfassungsstaatlichkeit angehören, die sich von den Interpretationsregeln materiell verfassungsstaatlicher Verfassungen nicht unterscheiden, möglicherweise weil erstgenannte Verfassungen durchaus die „Eigenart“ letztgenannter Verfassungen teilen, an der Spitze einer positiven Rechtsordnung zu stehen, ja mitunter ursprünglich sogar auf der verfassunggebenden Gewalt des Volkes zu beruhen. Dass der Unterschied zwischen materiellen und formellen Verfassungsstaaten in der Verfassungsinterpretation ebensolchen Niederschlag findet, muss daher bezweifelt werden. Eine historische, systematische, teleologische Interpretation wäre per se in beiderlei Typus von Verfassung gleichermaßen denkbar. Dass für die „ungeschriebene“ Verfassung des Vereinigten Königreichs die „subjektiv-historische Auslegung schon mangels eines eindeutig identifizierbaren Verfassunggebers ausscheiden, vielmehr eine objektiv-historische Auslegung geboten sein“ dürfte, „die der Entwicklungsgeschichte der Verfassung insgesamt wie ihrer einzelnen Institute und Institutionen maßgebliche Bedeutung für ihr Verständnis hier und jetzt beimisst“ (Hillgruber, Verfassungsinterpretation 513), muss ebenso bezweifelt werden: Die Entwicklungsgeschichte ist ja im Grunde auch nur eine Abfolge von verschiedenen subjektiven Willen historischer (Verfassungs)gesetzgeber (vgl dazu noch unten 139 ff ). Dass die einzelnen Willensakte auf Grund des überdurchschnittlich hohen Alters dieser (formal von einfachem Gesetzes recht nicht unterscheidbaren) Verfassung schwerer rekonstruierbar und weniger kohärent sind als jüngere Verfassungen, ist unbestreitbar, ändert aber letztlich nichts an ihrer Subjektgebundenheit.

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  62. Jestaedt, ZÖR 55 (2000), 149.

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  63. Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 552 f.

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  64. Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 552.

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  65. Insofern sind sie wenn auch nicht als Rechtsnormen, so doch als Normen einer dem Rechte transzendenten Rechtserkenntnistheorie zu bezeichnen (Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 [1916], 555).

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  66. Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 555.

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  67. Zu Recht weist Schäffer, FS Rill, 611 darauf hin, dass die Logik allen Interpretationsmethoden als allgemeine Denkmethode immanent und nicht der Wortlautinterpretation vorbehalten sei. Zur Voraussetzung der „sinnvollen Auslegung“ noch unten 342 f.

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  68. Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 551 f.

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  69. In diese Richtung auch Öhlinger, JBl 1971, 284 f.

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  70. Schäffer, Verfassungsinterpretation 60.

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  71. Dass Verfassungsrecht nach den gleichen Regeln zu interpretieren sei wie einfaches Gesetzesrecht, worauf Öhlinger, FS Adamovich, 505 (mwN in FN 20) hinweist, beruht nicht nur auf einer Technisierung und Detaillierung des Verfassungsrechts, sondern auch darauf, dass die einfachgesetzlichen Auslegungsregeln des ABGB eben gerade nicht spezifisch auf einfaches Gesetzesrecht zugeschnitten sind.

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  72. Zu Savignys Leistung für die rechtswissenschaftliche Hermeneutik Huber, Savignys Lehre von der Auslegung der Gesetze aus heutiger Sicht, JZ 2003, 1 ff, Schäffer, FS Rill, 596 ff, Müller/Christensen, Juristische Methodik, Bd I10 (2009) 121 f. Allerdings ist es keineswegs so, dass Savigny diese Canones neu erfunden hätte: vgl nur 200 Jahre früher Hobbes (dazu unten FN 429).

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  73. Für Österreich Schäffer, Interpretation 70 f; zum verbreiteten klassisch-hermeneutischen Ansatz schon Böckenförde, NJW 1976, 2090, mit Bezug auf Österreich Storr, Die österreichische Bundesverfassung — eine Hausbesichtigung, ZfV 2009, 530 (532). Dies ist auch das übliche Set an Interpretationsmethoden anderer (Verfassungs)Gerichte: vgl etwa Breyer, Liberty 82 und 106. Nach der verfassungsvergleichenden Einschätzung von Lee, Dimensions 259 suchen Gerichte hauptsächlich „to ensure there is fidelity to both the letter and spirit of a constitution“. Eine teils anders systematisierte, teils ergänzende Einteilung trifft Goldsworthy, Conclusions 325.

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  74. Müller-Franken, Verfassungsvergleichung, in: Depenheuer /Grabenwarter (Hg), Verfassungstheorie (2010) 885 (904); vgl differenziert bereits oben 36 und 97 f. Dabei stellt gerade das österreichische Bundesverfassungsrecht (insbesondere vor der Ersten Bundesverfassungsrechtsbereinigung gem der Novelle BGBl I 2008/2) ein Beispiel dafür dar, auf Grund des von Öhlinger, FS Adamovich, 505 konstatierten Verlusts an Verständnis der Grundsätzlichkeit von Verfassungsrecht nicht durchgehend abstrakt formuliert zu sein.

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  75. Vgl auch Schambeck, JBl 1980, 229. Ausführlich Potacs, Auslegung 50 ff.

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  76. Vgl dazu etwa Lachmayer, FS Funk, 288, Adamovich et al, Staatsrecht 38 ff, Berka, Verfassungsrecht 25 ff, Öhlinger, Verfassungsrecht 31 ff, Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 65 ff.

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  77. Auch Merkl, ZÖR 2 (1921), 355 äußert sich dazu skeptisch, wenn er vom Motivenbericht zum B-VG schreibt: „angenommen, aber nicht zugegeben, daß der Motivenbericht überhaupt eine im Gesetze vermißte Auslegungsregel ersetzen könnte“.

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  78. Zum Spannungsverhältnis zwischen „Legalisten“ und „Normativisten“ Goldsworthy, Conclusions 322 f.

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  79. Dass positivrechtlich angeordnete Interpretationsregeln die „Reflexion über korrekte Interpretationsmethoden“ nicht überflüssig machen, wie Schäffer, FS Rill, 610 betont, bedeutet nicht, dass mit ihrer positivrechtlichen Anordnung nicht einiges gewonnen werden könnte, zB allein dadurch, dass bestimmte unerwünschte Auslegungsregeln ausgeschlossen würden; dazu noch ausführlich unten 307 ff.

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  80. Vgl auch Lachmayer, FS Funk, 288.

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  81. Zur gängigen Praxis, die historische Auslegung auf das Verfassungsorganisationsrecht zu beschränken, bereits Öhlinger, JBl 1971, 292. Treffend Grabenwarter, FS Mantl, 48, wonach die Überwindung einer allzu starren Versteinerungstheorie „im Grundrechtsbereich am deutlichsten, im Kompetenzbereich noch am wenigsten zu erkennen ist“.

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  82. Schäffer, Interpretation 70, Derselbe, FS Rill, 611. Ähnlich auch Holoubek, ZÖR 54 (1999), 107, Korinek, FS Walter, 378 ff, Öhlinger, Rechtsstaat 6. Wiederin, Verfassungsinterpretation in Österreich, in: Lienbacher (Hg), Verfassungsinterpretation in Europa (2011) 81 (82 ff ) zufolge ist in Österreich überhaupt eine „Fixierung auf den Wortlaut“ konstatierbar.

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  83. Jüngst etwa führte der Verfassungsgerichtshof zunächst eine historische Interpretation durch, aus der sich eine teleologische Reduktion ergäbe, was durch eine systematische Auslegung „bestätigt“ würde (VfSlg 19.262/2010). Kein Hierarchieschema lässt sich aus § 6 ABGB ableiten (so Posch, § 6 Rz 25 f und Walter /Mayer /Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 67). Sehr kritisch zur Interpretationspraxis des Verfassungsgerichtshofs, die „seit Jahren ohne erkennbare Linie“ sei, dieselben, ibidem, 68.

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  84. Vgl dazu für das Verfassungsrecht Korinek, Das Bewegliche System im Verfassungsund Verwaltungsrecht, in: Bydlinski et al (Hg), Das Bewegliche System im geltenden und künftigen Recht (1986) 243 ff, Potacs, Auslegung 38, derselbe, ZfV 2008, 603, derselbe, FS Mayer, 548 und Gamper, Herausforderungen; in der Methodenlehre allgemein Bydlinski, Methodenlehre 634 f und Koziol/Welser, Grundriss 26 f. Häberle, JZ 1989, 916 spricht von einer „offenen Grundrechtsinterpretation“ sowie (Derselbe, ERPL/REDP 12 [2000], 872) von einem „flexiblen Argumentationsgerüst“ (in Anlehnung an Brugger, Konkretisierung des Rechts und Auslegung der Gesetze, AÖR 1994, 1 [31]); in diese Richtung auch Ehmke, VVDStRL 20 (1963) 59 f.

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  85. Illustrativ etwa VfSlg 11.989/1989, 17.065/2003.

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  86. Dazu aus einer allgemein-rechtstheoretischen Perspektive Schäffer, FS Rill, 620 ff.

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  87. Adamovich /Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3 (1985) 191 f.

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  88. VfSlg 10.831/1986, 13.237/1992, 13.299/1992; ähnlich auch VfSlg 9337/1982, 11.143/1986.

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  89. Ähnlich erklärt sich auch Savignys Relativierung der teleologischen Interpretationsmethode (dazu Larenz, Methodenlehre 13).

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  90. Diesem Missverständnis, es stünden die Interpretationsmethoden ausschließlich komplementär zueinander, unterliegt bereits Hobbes, Leviathan, 2. Teil, Kapitel XXVI: „For it is not the Letter, but the Intendment, or Meaning; that is to say, the authentique Interpretation of the Law (which is the sense of the Legislator,) in which the nature of the Law consisteth.“ Zutreffend hingegen Öhlinger, JBl 1971, 285, wonach „keine in der Jurisprudenz je verwendete Auslegungsmethode von einer anderen präzise abgegrenzt werden kann“. Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 554, zufolge ist das Verhältnis von objektiver und subjektiver Interpretation zumeist eines von zwei konzentrischen Kreisen; ausführlich auch Thienel, Rationalismus 201 ff.

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  91. Ablehnend etwa Mayer, Verfassungsrecht und Verfassungsrechtswissenschaft, in: Noll (Hg), Die Verfassung der Republik (1997) 63 (71 f ), Jestaedt, ZÖR 55 (2000), 156; vgl auch unten 142 ff. Inwiefern die Orientierung an einem Telos, das nicht dasjenige des historischen Verfassungsgebers ist, „objektiv“ sein soll, ist fraglich (vgl dazu noch unten 141, 296 f sowie FN 473 und 1080).

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  92. Dazu schon frühzeitig Wimmer, Verfassungsverständnis. Oberndorfer, Demokratie und Verfassungsgerichtsbarkeit in Österreich, in: Holoubek et al (Hg), Dimensionen des modernen Verfassungsstaates (2002) 105 (115) ortet eine gewisse Tendenz des Verfassungsgerichtshofs, selbst die Kompetenzverteilung und das Legalitätsprinzip — also keineswegs nur Grundrechte — stärker „materiell“ auszulegen. Freilich stellt sich die Frage, was man überhaupt unter „materieller“ Verfassungsinterpretation verstehen soll. Offenbar kann darunter eher eine dynamische als statische, eher objektiv-teleologische als subjektiv-historische Interpretation verstanden werden, die sich aus materiellen Verfassungsprinzipien er gibt. Allerdings wurden die Verfassungsprinzipien vom Verfassungsgesetzgeber ja auch bewusst in einen Systemzusammenhang gesetzt, sodass sie nicht einfach einem beliebigen Verständnis des jeweiligen Rechtsanwenders geöffnet werden dürfen.

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  93. VfSlg 15.129/1998; ähnlich VfSlg 19.016/2010.

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  94. Der Verfassungsgerichtshof hielt in VfSlg 18.833/2009 fest, dass der Wortlaut der beiden authentischen (englischen und französischen) Fassungen der EMRK maßgeblich sei; auch sei „auf andere internationale Dokumente des Menschenrechtsschutzes hinzuweisen, die Anhaltspunkte für die Auslegung liefern können, dies zumal dann, wenn ein Großteil der Mitgliedstaaten der EMRK auch Partei eines Vertrags mit vergleichbarem Wortlaut ist“. In B 1405/10 vom 22.9.2011 wiederum betonte der Verfassungsgerichtshof, dass „die EMRK als Ganzes gelesen werden muss und ihre Artikel daher im Einklang zueinander ausgelegt werden müssen“.

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  95. Hillgruber, Verfassungsinterpretation 526 f betont die Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen Legitimation der völkerrechtskonformen Auslegung. Entgegen seiner Annahme (S 527) sehen doch etliche Verfassungen sogar ausdrücklich die Möglichkeit oder sogar Notwendigkeit der völkerrechtskonformen Interpretation, insbesondere in Bezug auf die Grundrechte, vor; hinzu kommen noch Verfassungen wie die österreichische, die diese Auslegungsmethode implizit über Bestimmungen des „Völkerverfassungsrechts“ verankern. Eine Auslegung gerade der Grundrechte „vor dem Hintergrund einer gemeinsamen europäischen Rechtskultur“ fordert Heller, Rechtsvergleichung und Verfassungsrecht, FS Schwind (1993) 147 (155); dabei muss mE unterschieden werden, ob es sich um europäische oder rein nationale Grundrechte handelt, wobei selbst im erstgenannten Fall eine rechtsvergleichende Auslegung nur unter bestimmten Bedingungen zulässig ist (vgl dazu unten 244 ff).

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  96. Vorsichtiger äußert der Verfassungsgerichtshof sich an späterer Stelle der Entscheidung: „Insoweit stützt das nicht zum Prüfungsmaßstab des EGMR gehörende übrige Bundesverfassungsrecht die der übereinstimmenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR zugrunde liegende — durch Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Ziel und Zweck der Konvention gedeckte — Auslegung.“ Einen Vergleich zwischen den Interpretationsmethoden des EGMR und denen verschiedener europäischer Verfassungsgerichte führt Grewe, ZaöRV 61 (2001), 459 ff durch; vgl auch schon Potacs, Auslegung.

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  97. Vgl auch Potacs, Auslegung 143 ff. Wiederin, Verfassungsinterpretation 84 f (ähnlich schon Derselbe, FS Winkler, 1232) zufolge geht die Bedachtnahme auf historische Dokumente in Österreich besonders weit, doch finden sich im internationalen Vergleich durchaus ähnliche Beispiele (vgl dazu oben 62 ff). Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 68 orten hingegen ein — ohne Konsequenz durchgeführtes — Abrücken von der objektiven Interpretationspraxis des Verfassungsgerichtshofs; auch Grabenwarter, FS Mantl, 48 zufolge ist „in Österreich eine Absetzbewegung von einer zu sehr und zu eng historisierenden Interpretation durch Reduktion auf das einfachgesetzliche Versteinerungsmaterial zu beobachten“, wenngleich sich die Versteinerungstheorie als solche immer noch „großer Beliebtheit“ erfreue (S 46).

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  98. Die Maßgeblichkeit des „Willens“ des (Verfassungs)Gesetzgebers betont auch Hillgruber, Verfassungsinterpretation 512 (ähnlich auch auf S 525) mit Berufung auf Reimer; Schneider, FS Stern, 903 ff.

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  99. Dazu jüngst Holoubek, Gedanken zur Auslegungslehre, FS Mayer (2011) 139 ff.

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  100. Vgl etwa VfSlg 15.063/1997. Die Abgrenzung der Entstehungsgeschichte einer Norm muss klar auf diese bezogen und von einer allgemein historischen Verfassungstheorie abgegrenzt werden, die zwar von wissenschaftlichem Erkenntniswert für das Verständnis von Verfassung sein, aber in Bezug auf die konkrete Norm und den historischen Rahmen ihrer Setzung nichts beitragen kann. In Einzelfällen kann es allerdings „allgemeine“ historische Dokumente geben, die geradezu als Kommentar einer Verfassung derselben Epoche gelesen und daher im weiteren Sinn als Materialien verstanden werden können, so zB die Unabhängigkeitserklärung bzw die Federalist Papers im Hinblick auf die Interpretation der US-amerikanischen Bundesverfassung (vgl Murphy, Interpreters 273 f ). Die von Schneider, FS Stern, 905 gezogene Unterscheidung zwischen „genetischer“ (normentstehungsgeschichtlicher) und „historischer“ (allgemein verfassungshistorischer) Interpretation ist mE berechtigt, aber in der Begrifflichkeit missverständlich, da unter „historischer“ Interpretation üblicherweise gerade die „genetische“ verstanden wird. Zu dieser Unterscheidung mit Blick auf die Europäische Grundrechte-Charta Borowsky, Titel VII Allgemeine Bestimmungen über die Auslegung und Anwendung der Charta, in: Meyer (Hg), Charta der Grundrechte der Europäischen Union3 (2011) 628 (703).

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  101. Gelegentlich bezieht sich der Verfassungsgerichtshof auf Vorgänge, die nach dem Inkrafttreten der interpretierten Norm liegen (vgl Potacs, Auslegung 145). Post festum liegt auch die in Auslegung einer bestimmten Norm ergangene Judikatur anderer Gerichte, die mE jedoch für den Verfassungsgerichtshof keine mit Wortlaut oder Materialien ebenbürtige

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  102. Hillgruber , Verfassungsinterpretation 514 zufolge darf der subjektiv-historische Ansatz nicht mit einer ausschließlich die entstehungsgeschichtlichen Dokumente heranziehenden Normauslegung gleichgesetzt werden, sondern könne darüber hinausgehen, was die entstehungsgeschichtlichen Dokumente aber als Teilmenge der für den subjektiv-historischen Ansatz insgesamt wesentlichen Anhaltspunkte darstellt, ohne zwischen deren objektiver und subjektiver Komponente zu differenzieren.

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  103. Beispielsweise „historische Interpretation“ in VfSlg 9006/1981, 18.833/2009 oder 18.645/2008, der „vom historischen Gesetzgeber erkennbar gewollte [...] Inhalt“ in VfSlg 13.723/1994, die „Intentionen des historischen Gesetzgebers“ in VfSlg 13.232/1992, die „Gesetzesmaterialien“ in VfSlg 17.141/2004 oder der „entstehungsgeschichtliche [...] Zusammenhang“ in VfSlg 15.063/1997.

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  104. Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 549 f differenziert überhaupt zwischen „historischer“ (subjektiver) und „objektiver“ Auslegung, während Kelsen, Rechtslehre 349 f von einem „Konflikt zwischen Wille und Ausdruck“ spricht (dazu auch Mayer, Die Interpretationstheorie der Reinen Rechtslehre, in: Walter [Hg], Schwerpunkte der Reinen Rechtslehre [1992] 61 [69 f ]). Vgl auch Schäffer, FS Rill, 605 ff, der die Vorstellung von einem subjektiv-historischen Gesetzgeber für unzutreffend hält, weil die Willensbildung bei der Gesetzgebung immer ein komplexer Vorgang sei.

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  105. Zur Bedeutung des Wortlauts auch für die historische Interpretation Hillgruber, Verfassungsinterpretation 524. Letzten Endes handelt es sich aber um nichts anderes als das Phänomen, dass die kanonischen Interpretationsmethoden überlappend zueinander stehen (können). Dass sich die grammatikalisch-logische Interpretation „so ziemlich mit dem Bereiche der objektiven Auslegung“ decke (Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 [1916], 554), ist mE dahingehend zu differenzieren, dass zumindest die bloße sprachliche Identifikation überhaupt keine rechtliche Auslegung per se, sondern bloß das Erkennen einer (möglicherweise nicht einmal immer eindeutigen) sprachlichen Codierung darstellt, der rechtliche Bedeutung verliehen wird (dahingehend nicht differenzierend Leisner, DÖV 1961, 644). Zum Unterschied zwischen „semantischer“ (auf den Wort-oder Satzsinn abstellender) und „pragmatischer“ (auf den sonstigen Kontext bzw Konventionen der Verständigung abstellender) Interpretation Potacs, Auslegung 32 ff, Griller/Potacs, Zur Unterscheidung von Pragmatik und Semantik in der juristischen Hermeneutik, in: Vetter/Potacs (Hg), Beiträge zur juristischen Hermeneutik (1990) 66 ff, Booher, Putting Meaning in Its Place: Originalism and Philosophy of Language, Law and Philosophy 25 (2006), 387 (395 ff ), Rill, ZfV 1985, 583 ff.

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  106. Hillgruber, Verfassungsinterpretation 525.

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  107. Die von Hillgruber , Verfassungsinterpretation 611 (ähnlich auch Holoubek, FS Mayer, 144 f ) zu Recht aufgezeigte Fiktion des „Willens des (Verfassungs)Gesetzgebers“ — der in einem mehrphasigen Verfahren durch mehrere Organe zustande kommt — kann es gleichwohl auch bei verfassungsanwendenden Organen geben, zB wenn sie kollegial organisiert sind (zur Möglichkeit der Sondervoten in Zusammenhang mit der Verfassungsinterpretation vgl bereits oben 85 ff ).

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  108. Heller, FS Schwind, 152 f. Unrichtig mE Tomandl, ÖJZ 2011, 540 (mit Bezugnahme auf Kramer), wonach sich die objektive Interpretation am objektiven Sinn der im Gesetz verwendeten Worte, an der Systematik des Gesetzes und an zeitgemäßen Zwecküberlegungen orientiere — subjektiv ist daran letztlich alles, sei es, dass man den Normsetzer mitsamt dem von ihm gewählten Wortlaut und dem von ihm gewählten System als Subjekt ansieht, sei es, dass man den modernen Interpreten mit seinen Zwecküberlegungen als Subjekt ansieht.

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  109. Als einen überwundenen „müßigen Streit“ bezeichnet daher auch Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre (2005) 19 den Streit um das subjektive oder objektive Auslegungsziel der historischen Auslegung. Ähnlich Schneider, FS Stern, 907. Näher zu beiden Methoden Korinek, FS Walter, 380.

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  110. Dazu auch Holoubek, FS Mayer, 142.

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  111. Vgl dazu Potacs, Auslegung 143 ff und Hiesel, ZfRV 2000, 61 f; eine „exakte historische Interpretation“, die „alle für den Gesetztestext maßgebenden Auffassungen“ erkenne und erhelle, fordert Ermacora, Die Entstehung der Bundesverfassung 1920, Bd IV (1990) 3. Die historischen Dokumente dürfen freilich nur hilfsweise bzw, falls uneindeutig oder widersprüchlich, mit entsprechender Zurückhaltung eingesetzt werden. In Bezug auf die Versteinerungstheorie vgl auch noch unten 172 ff.

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  112. Zum Zusammenwirken von subjektiver und objektiver Methode auch Kirchhof, DVBl 2011, 1074.

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  113. Schneider, FS Stern, 907. Zur Diskussion über objektive und subjektive Interpretation Adamovich, FS Schambeck, 127 ff.

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  114. So ist für Mason , The Interpretation of a Constitution in a Modern Liberal Democracy, in: Sampford /Preston (Hg), Interpreting Constitutions (1996) 13 (15) die als „intentionalism“ bezeichnete Interpretationstheorie lediglich eine Variante von „originalism“.

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  115. Ähnlich auch Hillgruber, Verfassungsinterpretation 524 f, Jestaedt, ZÖR 55 (2000), 155, Kelsen, Rechtslehre 348, Schneider, FS Stern, 906, Häberle, JZ 1989, 916. Nicht zutreffend mE Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 555, der für alle anderen Auslegungsmethoden als die von ihm als „grammati(kali)sch-logische“ bezeichnete eine ausdrückliche gesetzliche Normierung als condicio sine qua non verlangt.

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  116. Skeptisch dazu auch Hillgruber, Verfassungsinterpretation 520 f.

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  117. Richtig daher Breyer, Liberty 94, wenn er die Berücksichtigung eines „statutory purpose“ mit der von „legislative history“ für vereinbar hält. Überlappungen enthält insbesondere die Einteilung von Goldsworthy, Conclusions 325, da etwa System und Absicht des Gesetzgebers ebenso zusammenhängen können wie die Rücksichtnahme auf historische Rechtslage, Rechtsprechung und Lehre oder die Orientierung an abstrakten Strukturprinzipien der Verfassung.

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  118. Breyer, Liberty 82 ff unterscheidet hingegen vor allem zwischen „textualism“ und „contextualism“, was allerdings in seiner weiteren Untersuchung die Richtung der oben genannten Unterscheidung nimmt; an späterer Stelle (S 112) synonymisiert Breyertextualism“ mit „originalism“ und „literalism“, was mE unzutreffend ist (vgl auch differenzierter Booher, Law and Philosophy 25 [2006], 389 ff und Treanor, Taking Text Too Seriously: Modern Textualism, Original Meaning, and the Case of Amar’s Bill of Rights, Michi gan Law Review 106 [2007], 487 [488]). Ein historischer Ansatz muss einerseits nicht notwendigerweise am Wortlaut orientiert sein (zB wenn dieser missverständlich formuliert wurde) und kann andererseits sehr wohl erlauben, auf die von Breyer geforderten „purposes“ einzugehen — eben jene „purposes“, die der historische Verfassungsgesetzgeber hatte oder im Sinne der historischen Fiktionstheorie hätte haben können. Differenzierter Goldsworthy, Conclusions 322 f.

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  119. Aus der reichen Literatur zB Dworkin, Law’s Empire (1986), Breyer, Liberty 82 ff, Hillgruber, Verfassungsinterpretation 514 ff, Mason, Interpretation 14 ff, Goldsworthy, Introduction 2, Troper, The Interpretation of the Declaration of Human Rights by a Constitutional Judge, in: Smith (Hg), Constitutional Justice under Old Constitutions (1995) 161 ff, Monaghan, The Constitution of the United States and American Constitutional Law, ibidem, 175 ff, Scalia, Modernity and the Constitution, ibidem, 313 ff, Vocke, Verfassungsinterpretation und Normbegründung — Grundlegung zu einer prozeduralen Theorie der Verfassungsgerichtsbarkeit (1995) 56 ff, Smith, Legitimacy 382 ff, Tushnet, States 17 ff, Hiesel, ZfRV 2000, 53 ff, Herdegen, JZ 2004, 873 ff, Booher, Law and Philosophy 25 (2006), 387 ff, Paulsen, How To Interpret the Constitution (and How Not To), The Yale Law Journal 115 (2006), 2037 ff, Treanor, Michigan Law Review 106 (2007), 488 ff, Barber/Fleming, Constitutional Interpretation (2007), Strauss, Constitution, Schneider, FS Stern, 909 ff.

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  120. In diese — aus rechtspositivistischer Sicht problematische — Richtung jedoch Jackson, ICON 8 (2010), 537, Smith, Legitimacy 401 f, Heller, FS Schwind, 155 in Bezug auf die Auslegung der österreichischen Grundrechte sowie Grosche, Grundrechte 124 f in Bezug auf die EU. Eine andere Frage ist, ob diese Grundrechte deshalb dynamisch — und rechtsvergleichend — auszulegen sind, weil sie zu einem großen Teil in der EMRK und ihren Zusatzprotokollen verankert sind (vgl dazu noch unten 241 ff).

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  121. Vgl auch Goldsworthy, Conclusions 338 ff. Wenn manchenorts (zB Rubenfeld, Legitimacy 211 ff) darauf hingewiesen wird, dass sich das verfassunggebende Volk vom verfassten Volk des jeweiligen Interpretationszeitpunkts unterschiede, kann daraus mE nicht abgeleitet werden, dass der Wille des historischen Demos für die Interpretation unmaßgeblich sei, weil es keine ewige Bindung an das „alte“ Volk geben dürfe. Das verfasste Volk kann sich vielmehr (im Regelfall) durch das Verfassungsänderungsverfahren artikulieren und den Willen des verfassunggebenden Volks abändern. Darüber hinaus ist es der verfassunggebenden Gewalt des Volks zu jedem Zeitpunkt möglich, die Kontinuität einer Verfassung schlechthin zu durchbrechen. Eine dynamische Auslegung eines Höchstgerichts zwingend mit dem Willen des „aktuellen“ Verfassungsvolks (vgl dazu auch unten 182 und 296 f ) gleichzusetzen, erscheint jedenfalls unzulässig.

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  122. Zurückhaltend auch Lin, Auslegung und Fortbildung der Verfassung durch die Hohen Richter in Taiwan (1949–2006), in: Heun /Starck (Hg), Verfassungsgerichtsbarkeit im Rechtsvergleich (2008) 27 (38 f ).

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  123. Leisner, DÖV 1961, 642.

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  124. Schäffer, Interpretation 62, Korinek, FS Walter, 374, Potacs, Auslegung 27, Öhlinger, JBl 1971, 293. Missverständlich ist es aber mE, wenn Ermacora, Entstehung 2 es für richtiger hält, Verfassungsrecht zu ändern, „als es durch grammatikalische, logische, teleologische, systematische und historische Interpretation zu gestalten“: Es kann nicht sein, dass jeder gewöhnliche Interpretationsvorgang zu Gunsten einer Verfassungsänderung hintanzustellen ist. Anders verhielte es sich freilich, würden eben die Grenzen der Interpretation durch das Ansinnen, Verfassungsrecht „interpretierend“ abzuändern, gesprengt, wobei die eigentliche Schwierigkeit darin liegt, diese Grenzen exakt zu benennen. Eine interessante Variante, die vor allem ältere Verfassungsdokumente betrifft, ist die Verfassungsänderung qua Sprachänderung: Die Verfassung wird demnach nicht formal geändert, doch ändern sich im Laufe der Jahrhunderte die sprachlichen Bedeutungsinhalte der von ihr verwendeten Begriffe. Gerichte, die sich nach der Semantik der gegenwärtigen Rechtssprache richten, gehen daher nicht vom Wortlaut der Verfassung, sondern nur von der ursprünglichen Semantik des Wortlauts ab (vgl auch näher Murphy, Interpreters 284 ff und noch unten 329 ff ).

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  125. Vgl zu dieser Spannung auch Breyer, Liberty 107 ff und Öhlinger, JBl 1971, 292. Zu Recht hebt Korinek, FS Walter, 374 f hervor, dass demokratische Gesichtspunkte nicht nur deshalb so wesentlich sind, weil die demokratische Legitimation des Gesetzgebers an sich zu achten ist, sondern, weil speziell in der qualifizierten Erzeugung von Recht der schon von Rousseau erkannte Schutz von Minderheiten gegenüber Mehrheiten liegt, der nicht durch usurpierte Verfassungsänderungen mittels Interpretation unterlaufen werden soll (ähnlich Grabenwarter, FS Mantl, 62).

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  126. In Bezug auf den US-Supreme Court wurde argumentiert, dass „because the American Constitution is inherently difficult to amend, and the political culture averse to formal amendments, the Supreme Court has felt compelled to make adaptions through creative interpretation, and the American people have accepted this as the appropriate method of updating the Constitution“ (Goldsworthy, Conclusions 341). Der bloße Umstand, dass nach bestimmten Entscheidungen des US-Supreme Court durchgeführte Umfragen ergaben, dass eine Mehrheit der Bürger diese Entscheidungen für richtig befand, kann aber die demokratische Legitimation, die einem Verfassungsänderungsverfahren zugrunde liegt, zumal in einer repräsentativen Demokratie nicht ersetzen. In diese Richtung auch Hillgruber, Verfassungsinterpretation 516 f und Isensee, FS Winkler, 373.

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  127. Vgl dazu auch noch unten 329 ff. Ein zusätzlicher Indikator, der die dynamische Objektivierung innerhalb der Wortlautschranke vorzugswürdig erscheinen ließe, könnte die rechtskonforme bzw rechtswidrige Auslegung (vgl dazu noch unten 203 ff ) sein. So könnte etwa bei Zugrundelegung der rechtskonformen Auslegung die subjektiv-historische Deutungsvariante dann ausscheiden, wenn sie — entgegen der objektiv-dynamischen — eine Rechtswidrigkeit nahelegen würde. Eine solche Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen objektiv-dynamischer und subjektiv-historischer Interpretation gelänge freilich nur in einer Konstellation, wo die eine Interpretation eine rechtswidrige, die andere eine rechtskonforme Deutungsvariante aufwürfe, sodass „im Zweifelsfall“ entschieden werden müsste, und auch nur dann, wenn man von der Gebotenheit der rechtskonformen bzw umgekehrt der rechtswidrigen Auslegung ausgeht.

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  128. Dazu auch Schneider, FS Stern, 918 ff; vgl auch noch unten 166 ff.

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  129. Die immer wieder (vgl schon Leisner, DÖV 1961, 643) anzutreffende Betonung der Eigenständigkeit der richterlichen Interpretation, die mehr als Ausführung oder Anwendung des (in die Form des Verfassungsrechts gegossenen, zumeist repräsentierten) Volkswillens sei, ist mE in der österreichischen Demokratie, deren Recht vom Volk ausgeht, nicht haltbar; ähnlich auch Schambeck, JBl 1980, 235. Einzuräumen ist freilich, dass Verfassungsrechtsprechung innerhalb verschiedener Interpretationsmethoden zu wählen und daher auch unter Umständen verschiedene Auslegungsergebnisse zu erzielen vermag, sofern diese alle gleichermaßen, ohne erkennbaren Vorrang, aus der Verfassung abgeleitet werden können. Dass „Verfassung und Verfassungsrecht [...] die „Interpretation“ als besonderen Bereich der Rechtsanwendung in wesentlicher Verschiedenheit vom Gesetzgeberwillen“ (Hervorhebung der Verfasserin) fordern, wie Leisner, DÖV 1961, 643 annimmt, ist mE aus demokratischen Gründen unhaltbar (und wohl auch eine missverständliche Vorstellung von Gewaltenteilung) — es sei denn, es handelt sich um eine Verfassung, die genau dies für zulässig erklärt, was zumindest im Fall der österreichischen Bundesverfassung nicht zutrifft. Dass das Verständnis der Verfassung überhaupt nicht vom Willen derer, „die sie gemacht haben“, sondern vielmehr „vom jeweiligen Umgang mit ihr“ bzw einer „bestimmten sozialen Praxis“ (Volkmann, Der Aufstieg der Verfassung, in: Vesting/Korioth [Hg], Der Eigenwert des Verfassungsrechts [2011] 23 [36 f ]) abhinge, ist ohne Differenzierung dahingehend, über welche demokratische bzw überhaupt verfassungsrechtliche Legitimation dieser Umgang bzw diese Praxis verfügt, ebenfalls abzulehnen.

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  130. Dass Interpretation zur „Sicherung überragender rechtlicher Interessen“ über den Willen des Verfassungsgebers hinweggehen darf (so Leisner, DÖV 1961, 644), trifft mE schon deshalb nicht zu, weil es in einer nationalen Rechtsordnung keine überragenden und rechtlichen Interessen geben kann, die nicht eben Teil des Verfassungsrechts sind, sodass es zu gar keinem Bruch mit dem Willen des Verfassungsgebers kommen kann.

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  131. VfSlg 10.609/1985: „logisch-systematische[...] Interpretation“, in VfSlg 17.141/2004 ist die Rede von „(Gesetzes-)Systematik“ bzw „systematisch-logische[r] Interpretation“. Eine nähere Analyse zum Umgang des Verfassungsgerichtshofs mit der systematischen Interpretation findet sich bei Lachmayer, FS Funk, 287 ff.

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  132. Vgl etwa VfSlg 10.412/1985, 11.927/1988, 11.829/1988, 12.023/1989, 12.838/1991, 13.179/1992, 13.723/1994, 15.063/1997, 16.050/2000, 16.404/2001, 17.101/2004. Zu besonderen Kumulationen kommt es im Zusammenhang mit der „Zweckeauslegung“ vgl dazu oben 134 f. Die von Lachmayer, FS Funk, 294 konstatierte Kombination aus systematischer und teleologischer Interpretation schließt im Regelfall auch die historische Interpretation mit ein, wenn das Telos subjektiv-historisch erschlossen wird.

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  133. Holoubek, ZÖR 54 (1999), 107.

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  134. Leisner, DÖV 1961, 644, Schneider, FS Stern, 922, Böhm, Zur Interpretationstheorie der Reinen Rechtslehre im Lichte ihrer gegenwärtigen Vertreter, JBl 1975, 1 (10 f ) und Korinek, FS Walter, 368 f.

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  135. Hillgruber, Verfassungsinterpretation 524 f.

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  136. Merkls (Grünhuts Zeitschrift 42 [1916], 555) Meinung wonach für jede andere Auslegungsmethode als die grammatikalisch-logische eine ausdrückliche gesetzliche Normierung nötig sei, kann daher nicht gefolgt werden, weil sich aus einer Verfassung auch implizite Hinweise darauf ergeben können.

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  137. Zum Zusammenhang zwischen Komplexität der Verfassung und systematischer Interpretation als Herausforderung respektive Mittel der Herstellung von Verfassungskohärenz Jackson, ICON 8 (2010), 537.

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  138. Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 551.

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  139. In letztere Richtung aber Jestaedt, ZÖR 55 (2000), 156.

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  140. Ähnlich auch Müller/Christensen, Methodik 295 ff. Problematisch ist daher die Anwendung der Klarheitsregel „in claris non fit interpretation“ (dazu etwa Schäffer, Verfassungsinterpretation 62 f, Derselbe, Interpretation 70 und 72, derselbe, FS Rill, 622, Derselbe / Jahnel, ZÖR 51 [1996], 33, Potacs, Auslegung 47, 64 und 246), wonach ein „klarer Wortlaut“ keiner Interpretation bedarf. Ob etwas jedoch ein „clarum“ ist oder nicht, bedarf ja auch einer Auslegung: Zunächst einer sprachlichen „Auslegung“ nach linguistischen Regeln, wo sich bereits Unterschiede auftun können, ob ein Interpret einen Wortlaut als klar versteht oder nicht. Selbst wenn sprachlich die Bedeutung klar sein sollte, kann eine rechtliche Auslegung noch zusätzlich erforderlich sein: Beispielsweise scheint das Wort „ist“ sprachlich ein klarer Wortlaut zu sein. Dennoch könnte eine juristische Interpretation die rein sprachliche Auslegung konterkarieren, etwa durch eine Legaldefinition am Ende des Gesetzes, dass „ist“ als „soll“ verstanden werden muss (vgl zum Beispiel „shall“ — „must“ bereits oben 37 f ). Einzuräumen ist freilich, dass derartig weitgehende Dissonanzen selten und die kognitive Brücke zwischen sprachlicher und rechtlicher Auslegung möglicherweise kaum bewusst wahrnehmbar sein werden.

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  141. Öhlinger, JBl 1971, 292 f, Potacs, Auslegung 269 f, mit Judikaturbeispielen Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 134. Zu Recht relativiert Hillgruber, Verfassungsinterpretation 523 die Bedeutung des Wortlauts als „Form“ des Willens des Gesetzgebers, nicht aber des „Sinns“ (mit Bezugnahme auf Von Mohl): Freilich hat der Wortlaut selbst auch einen von der Rechtsnorm unabhängigen „Sinn“, weil zB das Wort „schwarz“ schon per se etwas anderes bedeutet als „weiß“ (in diesem Sinne die Wortlautinterpretation doch als mit „Indizwirkung“ ausgestattet ansehend Hillgruber, Verfassungsinterpretation 524).

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  142. Zur uneinheitlichen Judikatur auch Handstanger, ÖJZ 1998, 171 ff.

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  143. VfSlg 1764/1949. Ausführlich Öhlinger, JBl 1971, 285 ff.

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  144. Nur dann ist jene Gleichwertigkeit nicht gegeben, die Kelsen, Rechtslehre 350 im Falle des Widerspruchs von Wortlaut und historischem Willen oder auch im Falle des Widerspruchs zweier Normen desselben Gesetzes sieht. Gegen den einen Wortlaut spricht nicht nur der andere Wortlaut (und dessen Auslegung), sondern auch noch der Wille, der hinter ihm selbst steht. Der Annahme Kelsens, dass der Wille des Gesetzgebers „meist problematisch“ sei, kann mE nicht gefolgt werden, weil ebensogut ein Wortlaut „problematisch“ sein könnte (vgl die folgenden Judikaturbeispiele); kritisch zu Kelsens „Gleichwertigkeitsthese“ auch Jestaedt, ZÖR 55 (2000), 140 f (bei FN 22).

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  145. Diese Möglichkeit offenbar vernachlässigend Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 551 ff, für den (S 553) eine von ihm so bezeichnete „subjektive“ Interpretation nur „akzessorisch-suppletorisch“ zur „objektiven“ (grammatikalisch-logischen) Interpretation, nicht aber an deren Stelle oder sie gar durchbrechend, zulässig ist; freilich wäre die anzuwendende Legaldefinition selbst wieder auszulegen, ehe sie in einen Systemzusammenhang zu anderen Bestimmungen gestellt würde.

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  146. So auch Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 552. Auch die ausdrückliche Festlegung der historisch-subjektiven Auslegung kann diesem Autor (S 554) zufolge eine Modifikation (nicht bloß Verengung) des Wortlauts herbeiführen. Dagegen ist mE zum einen anzuführen, dass die historisch-subjektive Auslegung zu ihrer Wirksamkeit an sich keiner ausdrücklichen Begründung bedarf, ja dass die implizite Ableitbarkeit aus der Verfassung im Vergleich zu einer ausdrücklichen einfachgesetzlichen Verankerung sogar als höherwertig anzusehen wäre; zum anderen darf aber eine klare Durchbrechung der Wortlautschranke bloß auf Grund der (wie auch immer, explizit oder implizit, verankerten) historisch-subjektiven Auslegung mE ohnehin nicht vorgenommen werden.

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  147. Zu Recht hebt Simon, Die verfassungskonforme Gesetzesauslegung, EuGRZ 1974, 85 (86) hervor, dass eine bloß verfassungsorientierte Auslegung, wonach die Verfassung Maßstab bei der Auslegung einer einfachgesetzlichen Norm ist, von der verfassungskonformen Auslegung im technischen Sinne klar zu unterscheiden sei: Ebensowenig handelt es sich bei der Ableitung von Interpretationsmethoden aus dem Verfassungsrecht (vgl oben 110 ff ) um eine verfassungskonforme Interpretation. Dass die bloße unmittelbare Anwendung von Verfassungsrecht (dazu auch Wiederin, Nationalsozialistische Wiederbetätigung, Wahlrecht und Grenzen verfassungskonformer Auslegung, EuGRZ 1987, 137 [141] sowie Khakzadeh, ZÖR 61 [2006], 212 ff ) keine verfassungskonforme Auslegung im eigentlichen Sinn darstellt, entspricht in gewisser Weise der Unterscheidung zwischen unmittelbarer Geltung des Unionsrechts und unionsrechtskonformer Auslegung (vgl dazu Betlem, Oxford Journal of Legal Studies 22 [2002], 398: „[Consistent interpretation] thus differs fundamentally in theory from the doctrine of direct effect where a court simply applies the relevant norm of Community law“). Kneihs, Wider die verfassungskonforme Interpretation, ZfV 2009, 354 (360) zufolge ist ein Gesetz auch dann mangelhaft determiniert, wenn sich sein Inhalt nicht mehr aus ihm selbst, sondern nur noch aus einem Rückgriff auf die Verfassung ableiten lasse (vgl aber etwa zur Spezialkonstellation der Verweisung noch unten 263).

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  148. Vgl zB das Absehen von der Strafe gem § 21 VStG (mwN aus Rechtsprechung und Lehre Thienel /Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2009] 442).

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  149. Wohl überwiegend wendet der Verfassungsgerichtshof die verfassungskonforme Interpretation daher nicht gegen den Wortlaut einer Bestimmung, sondern bloß derart an, dass er diesen verengt (vgl dazu auch Khakzadeh, ZÖR 61 [2006], 209). Vgl jedoch VfSlg 13.315/1992 und dazu unten FN 748.

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  150. Vgl dazu noch unten 166 ff. Die von Wimmer, Grenzen der verfassungskonformen Interpretation und bewegliche Systeme im Entschädigungsrecht am Beispiel der Raumordnung, ZfV 2011, 561 (565) an Judikaturbeispielen erläuterte „verfassungskonforme Gesetzesergänzung“ ist daher keine berichtigende Auslegung, aber auch keine klassische verfassungskonforme Auslegung im Sinne einer Zweifelsmaxime innerhalb der Wortlautbedeutungen.

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  151. Vgl Adamovich et al, Staatsrecht 130 ff, Berka, Verfassungsrecht 33 f, Öhlinger, Verfassungsrecht 54, Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 76 f.

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  152. Vgl etwa Adamovich, Grundriß des österreichischen Staatsrechtes (1927) 275, Herrnritt, Fortsetzung der Wechselrede über die Verfassungsreform (Redezusammenfassung), JBl 1929, 522 f. Zur Entstehungsgeschichte Wiederin, Gesamtänderung, Totalrevision und Verfassunggebung, FS Schäffer (2006) 961 (963 ff ).

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  153. Zu dieser Standarddefinition der Gesamtänderung der Bundesverfassung Adamovich et al, Staatsrecht 130 ff, Berka, Verfassungsrecht 33 f, Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 75 ff, Öhlinger, Verfassungsrecht 54 f, Pernthaler, Der Verfassungskern (1998) 46 ff, Derselbe, Bundesstaatsrecht 51, Hiesel, Verfassungsgesetzgeber und Verfassungsgerichtshof (1995) 40 ff, Gamper, Die verfassungsrechtliche Grundordnung als Rechtsproblem (2000) 83 ff, Janko, Gesamtänderung der Bundesverfassung (2004) 61 ff, Wiederin, FS Schäffer, 961 ff, Derselbe, Grundlagen 405 f, Derselbe, Verfassungsinterpretation 112.

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  154. Kelsen, Rechtslehre 348 zufolge muss es jedenfalls als möglich gelten, den Willen der normsetzenden Autorität „aus anderen Quellen als aus dem sprachlichen Ausdruck der Norm selbst zu erforschen, sofern dieser als dem Willen des Normsetzers nicht entsprechend angenommen werden darf“. Es ist anzunehmen, dass nach dieser Sichtweise eine Umdeutung jedenfalls dann ausschiede, wenn eine historisch-subjektive Interpretation kein eindeutiges Ergebnis, sondern nur eine Vermutung zutage brächte.

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  155. Rohregger, Art 49a B-VG Rz 29.

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  156. Rohregger, Art 49a B-VG Rz 29; die inkriminierte Norm in dem von ihm zitierten Erk VfSlg 6775/1972 litt jedoch nicht bloß an einem sprachlichen Präzisionsmangel, sondern an einer sprachlichen Unrichtigkeit (s bereits oben FN 515).

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  157. Funk, FS Adamovich, 118 spricht von einem „Canon an Meta-Auslegungsregeln“ (Hervorhebung im Original).

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  158. Dazu Goldsworthy, Conclusions 324.

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  159. Dazu auch Mason, Interpretation 23 ff und Goldsworthy, Conclusions 324, der zu Recht die Frage nach der Grenzziehung zwischen historischer Fiktion und „rewriting“ der Verfassung aufwirft.

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  160. Vgl zB Beaucamp, Zum Analogieverbot im öffentlichen Recht, AÖR 2009, 83 ff.

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  161. Vgl auch Lachmayer, FS Funk, 294 f. Allerdings dürfen Regelungssysteme nicht endlos gedacht werden, sodass jedwede — auch bewusste — „Lücke“ systematisch geschlossen würde. Der Gesetzgeber kann eben auch bezweckt haben, ein Regelungssystem abschließend so und nicht anders zu gestalten, sodass auch nicht von einer „Lücke“, sondern lediglich von einer geplanten Nicht-Regelung die Rede sein kann.

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  162. Dazu Öhlinger, JBl 1971, 290. Zur Lückenfüllung auch ausführlich Larenz, Methodenlehre 370 ff.

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  163. Pernthaler, Bundesstaatsrecht 331 ff, Öhlinger, Verfassungsrecht 133 ff, Walter/ Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 173 ff. Vernachlässigt werden soll hier das häufig als „Interpretationsmaxime“ der Kompetenzverteilung behandelte Adhäsionsprinzip, da es sich hier mE prima facie um keine Auslegungsregel, sondern eine — selbst freilich durch Auslegung zu erschließende — Sondervariante der Kompetenzverteilung handelt. Wie bereits erwähnt wurde, könnte ansonsten jedwede Verfassungsvorschrift eine Auslegungsregel darstellen, indem man die jeweilige Anordnung in eine Regel „soll so ausgelegt werden, dass...“ umformuliert.

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  164. Als österreichisches Spezifikum ist diese Theorie daher mE nicht anzusehen (anders Wiederin, Verfassungsinterpretation 84); ebensowenig dürfte es sich dabei um jene Verfassung handeln, zu der „am meisten weltweit historische Bezugnahmen zu hören“ wären.

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  165. Schäffer, Interpretation 72; zur Anwendung der Versteinerungstheorie auf andere Verfassungssegmente kritisch Wiederin, FS Winkler, 1250 ff.

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  166. Ermacora, Österreichische Verfassungslehre (1970) 15 spricht in diesem Zusammenhang hingegen von einer „historisch-teleologischen“ Interpretation.

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  167. Diese als „partikuläre Methodik“ der Verfassungsinterpretation anzusehen (Bydlinski, Methodenlehre 593 und 596), kann daher nur insoweit bestätigt werden, als in ihr im Grunde zwei der Canones verbunden werden und als sie jene Methode ist, die der Verfassungsgerichtshof vorzugsweise, aber keineswegs ausschließlich, im Verfassungsrecht anwendet. Eine andere Auffassung vertritt Rill, ZfV 1985, 589, wonach die Versteinerungstheorie „keine historische, sondern eine auf die Ermittlung des entstehungszeitlichen juristischen Sprachgebrauchs gerichtete Methode“ sei; nicht verständlich ist, warum das Abstellen auf die Entstehungszeit keine Variante der historischen Auslegung sein soll; auch Walter, ÖJZ 1966, 6 (in FN 69) hält die Versteinerungstheorie für eine historische Interpretation, was auch der heutigen hL (vgl zB Adamovich et al, Staatsrecht 332 f, Berka, Verfassungsrecht 129, Öhlinger, Verfassungsrecht 135) entspricht. Einen Überblick über die einzelnen Einordnungsversuche gibt Wiederin, FS Winkler, 1233 ff.

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  168. Daher handelt es sich nicht nur um eine „Verbalinterpretation unter historischen Aspekten“, wie Schambeck, JBl 1980, 230 annimmt.

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  169. Vgl zB Adamovich et al, Staatsrecht 333, Öhlinger, Verfassungsrecht 135.

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  170. So schon Wiederin, FS Winkler, 1249. Ansonsten erweckte diese Methode tatsächlich den von Schambeck, JBl 1980, 230 problematisierten „Anschein, als würde auf diesem Weg ein niederrangiges Recht als Bestimmungsmoment für den Verfassungsbereich eintreten“. Sehr kritisch auch Wiederin, Verfassungsinterpretation 86 ff: Dem ist mE entgegenzuhalten, dass eine nicht-historische Methode in demokratischer Hinsicht noch problematischer sein dürfte und die Versteinerungstheorie letztlich wiederum auf dem vorausgesetzten Topos der sinnvollen Auslegung — der Verfassungsgeber habe in geradezu selbstverständlicher (jedenfalls nicht durch Legaldefinitionen modifizierter) Übereinstimmung mit der Rechtsbegrifflichkeit seiner Zeit gehandelt, sodass die Rekonstruktion der einfachgesetzlichen Rechtslage gleichzeitig das rechtliche Ambiente rekonstruiert, in dem der Verfassungsgeber diese Rechtsbegriffe wählte — aufbaut; leugnet man indes diesen Topos, fällt jede rationale Auslegungstheorie in sich zusammen.

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  171. Noch weitergehend Wiederin, FS Winkler, 1243 f, der „die Welt schlechthin“ gegebenenfalls als Versteinerungsmaterial einbeziehen will. Dagegen ist mE nichts einzuwenden, sofern nur ein entsprechender Anknüpfungspunkt gegeben ist, der diese Unterstellung unter den Willen des Bundes-Verfassungsgesetzgebers rechtfertigt.

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  172. Für eine Anderssetzung des Versteinerungszeitpunkts plädiert Wiederin, FS Winkler, 1236 ff. Vorsicht dürfte vor allem im rezeptiven Rückgriff auf diskontinuierte Rechtsordnungen angebracht sein, sofern sich keine expliziten Hinweise auf den Willen zur Rezeption finden lassen. Etwa aus einer bloßen Gleichartigkeit von Begriffen zwingend zu schließen, ein historischer Verfassungsgesetzgeber habe bewusst ein diachrones Begriffsbild vor Augen gehabt, obwohl die synchrone Rechtswelt des Verfassungsgesetzgebers eine andere war, erscheint problematisch.

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  173. Zuletzt scharf dagegen Wiederin, Verfassungsinterpretation 86 ff; vgl auch schon Derselbe, FS Winkler, 1231 ff. Zur Kritik im Überblick jüngst auch Raschauer/Schilchegger, Optionen einer Kompetenzrechtsreform, FS Klecatsky (2010) 569 (571 f ).

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  174. So auch für die schweizerische Bundesverfassung von 1999 die Prognose von Tschannen, Verfassungsauslegung 156.

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  175. Dazu Tushnet, States 8 ff, Monaghan, Constitution 175 ff.

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  176. Goldsworthy, Australia: Devotion to Legalism, in: derselbe (Hg), Interpreting Constitutions (2007) 106 (108 f ).

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  177. Vgl zB Bußjäger, Homogenität und Differenz — Zur Theorie der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern in Österreich (2006) 117.

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  178. In diese Richtung bereits Merkl, ZÖR 2 (1921), 350.

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  179. Zu diesen Arten der Kompetenzinterpretation auch Wiederin, Grundlagen 427.

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  180. Unklar ist, warum eine Verankerung „am besten“ in den Materialien (so Schroeder / Weber, Kompetenzrechtsreform 151) erfolgen sollte, und nicht etwa als Legaldefinition.

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  181. Dazu zählt etwa die Streitfrage, ob in der österreichischen Kompetenzverteilung alle enumerierten Kompetenztatbestände, lediglich die enumerierten Kompetenztatbestände des Bundes oder auch die in der Residualkompetenz der Länder (Art 15 Abs 1 B-VG) generalklauselhaft zusammengefassten Kompetenztatbestände zu versteinern sind (dazu auch Pernthaler /Weber, Versteinerung von Landeskompetenzen?, FS Melichar [1983] 149 ff ). Letztere Möglichkeit ist mE aus methodischen Gründen ganz auszuscheiden: Sobald die enumerierten Bundeskompetenztatbestände für eine Subsumtion ausscheiden, kann eine Materie nur noch unter Art 15 Abs 1 B-VG fallen: Die Residualkompetenz der Länder als complementum zu den enumerierten Bundeskompetenzen umfasst eben alles, das nicht unter diese fällt. Eine andere Sichtweise würde die Gefahr von Weder-Noch-Kompetenzen in sich bergen, was Art 15 Abs 1 B-VG klar vermeiden will (arg „eine Angelegenheit“ ). Das — methodische, nicht (primär) föderalistische — Argument gegen eine Versteinerung der Landeskompetenzen ist also die Lückenschließung, die durch Art 15 Abs 1 B-VG angestrebt wird, bei einer Versteinerung der Residualkompetenz aber nicht mehr möglich wäre (das gilt im Übrigen nicht nur für jene Materien, die schon am 1.10.1925 rechtlich geregelt waren, aber einem inhaltlichen Wandel unterlagen, sondern insbesondere auch für völlig neue Materien, die, falls kein ausdrücklicher Kompetenztatbestand des Bundes für sie geschaffen wird, kompetenzrechtlich ungedeckt wären; zur Technik der Kompetenzdeckungsklauseln jüngst Wiederin, Die Kompetenzverteilung hinter der Kompetenzverteilung, ZÖR 66 [2011], 215 ff ). Hinsichtlich der enumerierten Landeskompetenzen ist zu unterscheiden: Richtigerweise sind jene Landeskompetenzen, die mit dem Bund geteilt sind (etwa nach dem Modell des Art 11 und 12 B-VG), zu versteinern — es wäre widersinnig, etwa eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes zu versteinern, die Ausführungsgesetzgebungskompetenz der Länder hingegen nicht. Eine Versteinerung von zwischen Bund und Ländern geteilten Kompetenzen, die keine Subsumtion einer Regelungsmaterie unter einen derartigen Kompetenztatbestand zuließe, hat allerdings — mangels einer entsprechenden exklusiven Bundeskompetenz — zur Folge, dass diese unter die Residualkompetenz der Länder fällt. Auch wenn im Ergebnis daher jedenfalls eine Landeskompetenz zum Zug kommt, muss mE interpretationsmethodisch zwischen einer enumerierten Landeskompetenz und der Residualkompetenz der Länder unterschieden werden. Was die exklusiven Landeskompetenzen anbelangt, die in fugitiven Kompetenzdeckungsklauseln verankert sind, so können diese zwar versteinert werden; fiele eine Regelungsmaterie dann aber nicht darunter (und auch nicht unter eine andere enumerierte Kompetenz), fiele sie wiederum unter Art 15 Abs 1 B-VG, was die Versteinerung der enumerierten Landeskompetenz aber obsolet machte, da es um die Verbandskompetenz als solche und nicht um einzelne Bezeichnungen von Regelungsmaterien geht, die aufgezählt sein können oder eben auch nicht (vgl zur fehlenden „kompetenzrechtlichen Etikettierung“ auch Wiederin, FS Winkler, 1244). Die aus Bundeskompetenzen „herausgeschnittenen“ Landeskompetenzen haben jedenfalls Art 15 Abs 1 B-VG als Grundlage, weil die (mit Formulierungen wie „soweit nicht“, „mit Ausnahme von“ etc) „herausschneidende“ Bundeskompetenz selbst ja die Landeskompetenz nicht verankert, sondern nur die Grenze umschreibt, bis zu der die Bundeskompetenz reicht. Daraus ein „Negativ“ einer enumerierten Landeskompetenz zu vertatbestandlichen und darauf die Versteinerungstheorie anzuwenden, ist daher mE unrichtig.

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  182. Wiederins Befund (Derselbe, Bundesstaatsreform in Österreich, in: Merten [Hg], Die Zukunft des Föderalismus in Deutschland und Europa [2007] 87 [94]), dass man in Österreich „genauer als in jedem anderen Bundesstaat der Welt“ wisse, wo genau die Kompetenzgrenze zwischen Bund und Ländern verlaufe, findet daher seine Relativierung dann, wenn man die einzelnen Kompetenzverteilungssysteme der devolution Acts in Betracht zieht — mit dem Schönheitsfehler freilich, dass das Vereinigte Königreich keinen „echten“ Bundesstaat darstellt.

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  183. Vgl zB VfSlg 2658/1954, 3393/1958, 3670/1960, 4883/1964, 5748/1968, 6137/ 1970, 7074/1973, 8337/1978, 9337/1982, 10.831/1986, 11.777/1988, 12.996/1992, 13.237/1992, 14.266/1995, 15.286/1998, 15.552/1999, 18.032/2006, 18.738/2009.

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  184. Vgl dazu bereits oben 130 f. Vgl etwa zur intrasystematischen Fortentwicklung eines das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit beschränkenden öffentlichen Interesses VfSlg 11.494/1987.

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  185. Vgl dazu bereits oben 166 f und 175 f.

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  186. VfSlg 14.266/1995.

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  187. Vgl dazu bereits oben 166 ff.

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  188. Zu den Schwächen aufschlussreich Pernthaler, Bundesstaatsrecht 313 ff, Derselbe, Kompetenzverteilung in der Krise (1989), Schäffer, Die Kompetenzverteilung im Bundesstaat, in: Schambeck (Hg), Bundesstaat und Bundesrat in Österreich (1997) 65 ff, Schroeder/ Weber, Kompetenzrechtsreform, BußJÄGer, Legislative Bundesstaatsreform?, in: derselbe/ Hrbek (Hg), Projekte der Föderalismusreform — Österreich-Konvent und Föderalismuskommission im Vergleich (2005) 1 (2 f ), Bußjäger, Homogenität 51 ff, Wiederin, Bundesrecht und Landesrecht (1995), Öhlinger, Die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und der Europäischen Union, in: Olechowski (Hg), Der Wert der Verfassung — Werte in der Verfassung (2005) 41 (45 f ).

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  189. Vgl dazu bereits oben FN 466 und 475 sowie unten 297 und 340.

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  190. Vgl zB VfSlg 2674/1954, 7792/1976, 7936/1976, 8831/1980, 9337/1982, 10.292/ 1984, 10.831/1986, 11.860/1988, 12.187/1989, 13.234/1992, 14.178/1995, 15.552/ 1999, 17.854/2006.

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  191. Zur Kritik an der Anwendung der Gesichtspunktetheorie Schäffer, Kompetenzverteilung und Rücksichtnahmepflicht im Bundesstaat, ZfV 1985, 357 (362) und Mayer, Neue Wege der Kompetenzinterpretation?, ÖJZ 1986, 513 (516).

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  192. Der Wunsch, eine solche Unterstellung zu vermeiden, scheint letzten Endes die „Mutter aller Auslegungsmethoden“ zu sein: Man nimmt von Verfassungen an, dass sie „eine Handhabe bereitstelle[n], die geeignet ist, das viele Irrationelle endgültig zu rationalisieren“ (Merkl, ZÖR 2 [1921], 351). Ohne diese axiomatische Vorstellung, die sich auf allerlei Ebenen widerspiegelt (von der Vermutung der Einheitlichkeit und Kohärenz der Verfassung über die systematische Interpretation an sich bis zur verfassungskonformen Interpretation in ihren verschiedenen Spielarten), käme es wohl zum Schachmatt jeder Interpretationstheorie (vgl dazu noch unten 342 f ).

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  193. Merkl, ZÖR 2 (1921), 347 dazu: „Diese doppelte Subsumtionsmöglichkeit desselben Gegenstandes bewirkt allerdings noch keine Doppelkompetenz, weil beide Kompetenzfälle einem und demselben Kompetenztypus (der ausschließlichen Bundeskompetenz) angehören, und man fragt sich nur vergeblich nach juristischen Gründen dafür, daß der Bund zweimal, nach verschiedenen Gesichtspunkten, für ein und dieselbe Materie kompetent gemacht wurde“. Merkl gibt sich die Antwort im Grunde selbst, wenn er von verschiedenen Gesichtspunkten spricht: Es geht eben nicht darum, dass zwei Kompetenztatbestände denselben Inhalt umfassen, sondern dass sie in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen. Dies ist leichter einsichtig bei heterogenen Kompetenztatbeständen, die ein begriffliches Überlappen von vornherein nicht oder nur teilweise zuzulassen scheinen, weniger hingegen bei Kompetenztatbeständen, von denen der eine vollumfänglich vom anderen umfasst zu sein scheint. Dass das Arbeitsrecht, so Merkls Beispiel, begrifflich vom Zivilrecht erfasst ist, dass das Wasserrecht auch die Wildbachverbauung umfasst, macht es scheinbar obsolet, die spezielleren Kompetenztatbestände neben den allgemeineren eigens anzuführen. Der Grund dafür kann nur darin bestehen, dass die jeweiligen spezielleren Kompetenztatbestände doch eine hohe Spezifität aufweisen, die Gefahr zu laufen droht, in der über den bloß allgemein klingenden Wortlaut hinausgehenden, insbesondere versteinernden Auslegung der allgemeineren Kompetenztatbestände nicht vollständig erfasst zu werden. Um zu verhindern, dass diese Kompetenztatbestände daher, sei es auch nur teilweise, als Landeskompetenz gem Art 15 Abs 1 B-VG einzuordnen wären, sollte ihre Zuordnung zu Art 10 B-VG offenkundig außer Streit gestellt werden.

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  194. Die strukturelle Heterogenität scheint dabei auch das größere Problem als die von Merkl, ZÖR 2 (1921), 350 beanstandete Kasuistik der Kompetenzverteilung zu sein: Dass manche Kompetenztatbestände enger, andere weiter formuliert sind, lässt sich der Natur der Sache nach nicht immer vermeiden. Problematisch sind aber die verschiedenen Ebenen der — zumindest begrifflichen — Überlagerung, die durch die strukturelle Heterogenität ausgelöst werden.

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  195. Zur unterschiedlichen Formulierung von Kompetenztatbeständen Gamper, Ist der „pursuit of happiness“ ein Staatszweck?, FS Wimmer (2008) 135 (143 f ). 600 Vom Vorhandensein „sich kreuzender“ Kompetenzen spricht auch Merkl, ZÖR 2 (1921), 344, in Bezug auf die Abgrenzung von Bundes-und Landeskompetenzen.

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  196. Merkl, ZÖR 2 (1921), 352 spricht von „Putativüberschreitungen“.

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  197. Zur „reinlichen Scheidung“ der Kompetenzen Merkl, ZÖR 2 (1921), 341 ff, Funk, Die grundlegenden Ordnungsprobleme im System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, JBl 1976, 449 (450).

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  198. In diesem Zusammenhang wird bei der intrasystematischen Fortentwicklung besonders darauf zu achten sein, fremde Regelungsaspekte hinsichtlich desselben Lebenssachverhalts nicht als vermeintliche Anknüpfung an den versteinerten Kompetenzinhalt zu subsumieren.

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  199. Dass es sich dabei überhaupt nicht um Theorie im engen Sinn, sondern Doktrin handle, äußert Schäffer, Interpretation 71.

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  200. Vergleichend Woelk, Die Verpflichtung zu Treue bzw Loyalität als inhärentes Prinzip dezentralisierter Systeme?, ZÖR 52 (1997), 527 ff, Lorz, Interorganrespekt im Verfassungsrecht: Funktionenzuordnung, Rücksichtnahmegebote und Kooperationsverpflichtungen (2001), Egli, Die Bundestreue (2010), Gamper, On Loyalty and the (Federal) Constitution, icl-journal (2010/2), 157 (160 f ), Dieselbe, Koordination im Bundesstaat-ein “ungeschriebenes” Verfassungsprinzip?, FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 257 (als Vorstudie zu diesem Kapitel: 258 ff ).

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  201. Gamper, FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer, 259 f.

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  202. Gamper, FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer, 257 ff.

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  203. Ausführlich dazu Egli, Bundestreue 338 ff.

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  204. Vgl insbesondere Adamovich / Funk, Verfassungsrecht 187 f, Pernthaler, Militärisches Sperrgebiet und Naturschutz, ZfV 1977, 1 (5), Funk, Das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung (1980) 51 ff. Die Judikatur reflektierend: Schäffer, ZfV 1985, 357 ff, Davy, Zur Bedeutung des bundesstaatlichen Rücksichtnahmegebotes für Normenkonflikte, ÖJZ 1986, 225, Pernthaler, Bundesstaatsrecht 343 ff, Novak, Bundesstaatliche Rücksichtnahme, FS Koja (1998) 357 ff, Lebitsch-Buchsteiner, Die bundesstaatliche Rücksichtnahmepflicht (2001). Scharf gegen die Entwicklung des Berücksichtigungsprinzips Mayer, ÖJZ 1986, 513 ff und Derselbe, Verfassungsrecht 72 f.

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  205. VfSlg 3163/1957, 8831/1980, 10.292/1984, 14.403/1996, 15.281/1998, 17.212/ 2004, 17.497/2005, VfGH G 74/11, V 63/11 vom 1.12.2011. Die Zahl der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen, in denen das Berücksichtigungsprinzip angewendet wurde, ist jedoch immer noch relativ gering, sodass die vonWalter / Mayer / Kucsko-Stadlmayer , Grundriss 68 geäußerte Meinung, der Verfassungsgerichtshof habe „seine bisherige, vorwiegend objektive Interpretationspraxis“ im Bereich des Kompetenzrechts „vor allem durch die zunehmende Betonung“ des Berücksichtigungsprinzips aufgegeben, übertrieben sein dürfte.

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  206. VfSlg 10.292/1984. Die Sachlichkeitsüberlegung wird von Schäffer, ZfV 1985, 366 begrüßt, hingegen von Mayer, ÖJZ 1986, 519 mE zutreffend abgelehnt.

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  207. VfSlg 7038/1973, 8161/1977, 8247/1978, 8934/1980, 9116/1981, 9804/1983, 11.979/1989, 13.235/1992. Vgl dazu auch Gamper, Herausforderungen 25 und Bußjäger, Bundesstaat und Gleichheitsgrundsatz, JBl 2007, 289 ff.

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  208. Zur Kritik an der österreichischen Kompetenzverteilung vgl beispielhaft Pernthaler, Bundesstaatsrecht 319, Derselbe, Kompetenzverteilung 13 ff, Chäffer, Kompetenzverteilung 84ff, Schroeder/Weber, Kompetenzrechtsreform 5 ff.

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  209. Kritisch zum Berücksichtigungsprinzip auch Potacs, Auslegung 287.

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  210. Schon gefordert vonMayer, ÖJZ 1986, 519 sowie Derselbe, Verfassungsrecht 72 f. Indes gibt es einen Unterschied zwischen der von Mayer, Verfassungsrecht 72 geführten Klage, „niemand“ habe sich bislang die Mühe gemacht, dieses Prinzip aus dem B-VG selbst abzuleiten, oder habe zeigen können, dass es sich dabei um ein vom Verfassungsgesetzgeber gewolltes Prinzip handle, und seiner Ansicht (S 73), hinter dem Prinzip stünden „Behauptungen, die nicht aus der Verfassung abgeleitet sind“; eine mangelnde Verifikation ist ja nicht, jedenfalls nicht automatisch, gleichbedeutend mit einer Falsifikation.

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  211. Dazu näher Wiederin, Art 22 B-VG, in: Korinek / Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 6 ff.

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  212. BGBl 1983/175.

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  213. Dazu näher Ruppe, § 9 F-VG, in: Korinek / Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 2 ff.

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  214. Vgl dazu noch unten 303 ff.

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  215. Kelsen / Froehlich / Merkl (Hg), Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 66 ff, Walter, Die Entstehung des Bundes-Verfassungsgesetzes 1920 in der Konstituierenden Nationalversammlung (1984) 22 ff, Ermacora, Österreichischer Föderalismus (1976) 24 ff.

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  216. Pernthaler, Bundesstaatsrecht 343 ff, Derselbe, Kompetenzverteilung 57 ff, Öhlinger, Verfassungsrecht 138. Eine subtile Differenzierung nach möglichen Fallgruppen nimmt aus rechtsvergleichender Sicht Egli, Bundestreue 572 ff vor.

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  217. Dazu Gamper, FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer, 267 f.

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  218. Sehr klar zu dieser Teilung VfSlg 10.292/1984.

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  219. Es geht daher nicht um die vonMayer, ÖJZ 1986, 516 geortete fälschliche Anwendung der Gesichtspunktetheorie, auch wenn die Gesichtspunktetheorie in der Tat missverstanden würde, wollte man aus ihr „abstrakt-unbehauene“ Kompetenzfelder nach Gesichtspunkten ableiten und dabei auf eine feingemeißelte Zuweisung nach versteinerungstheoretischen und intrasystematischen Kriterien verzichten. Die in der Judikatur aufgetauchten Berücksichtigungsprobleme betreffen aber nicht so sehr die Frage einer „externen“ Kompetenzüberschreitung und damit korrespondierenden Kompetenzkonkurrenz, sondern vielmehr die Intensität der Ausübung des — einem Kompetenzträger an sich zustehenden — eigenen Kompetenztatbestands, wenn sich dieser gesichtspunktehaft auf denselben Lebenssachverhalt bezieht, auf den sich, wenn auch unter einem anderen Gesichtspunkt, der Kompetenztatbestand des anderen Kompetenzträgers bezieht; das Problem liegt in der gegenseitigen, jeder kumulativen Regelungsmaterie immanenten Blockierungsmöglichkeit.

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  220. Zur eher ausgewogenen Rolle von Verfassungsgerichten in Bundesstaaten vergleichend auch Schneider, Einführung, in: Derselbe / Kramer / Caravita di Toritto (Hg), Judge made Federalism? (2009) 10 (14 f ).

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  221. Dazu auch Pernthaler, Bundesstaatsrecht 344 f.

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  222. Dazu etwa Jahnel, „Handymasten“ im Baurecht, bbl 2003, 49 (50) sowie Derselbe, Handymasten im Baurecht — neueste Entwicklungen, bbl 2009, 89.

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  223. Zu dieser Theorie vgl etwa Unruh, Der Verfassungsbegriff des Grundgesetzes (2002) 79 f, Schroeder/Weber, Kompetenzrechtsreform 151.

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  224. Pernthaler, Bundesstaatsrecht 338 spricht von dem „in Art 15 Abs 1 B-VG zum Ausdruck kommende[n] föderalistische[n] (richtiger: bundesstaatliche[n]) Prinzip“ (Hervorhebungen im Original). Das bundesstaatliche Prinzip als solches wird aber weder in Art 2 noch in Art 15 Abs 1 B-VG konstitutiv verankert, sondern setzt sich aus vielen einzelnen Bestimmungen der Bundesverfassung zusammen, zu denen freilich auch die beiden genannten zählen. Zur Relativierung der Bedeutung des Art 15 Abs 1 B-VG noch unten 199 ff.

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  225. Pernthaler, Bundesstaatsrecht 338 spricht im Zusammenhang mit dieser Bestimmung hingegen von einer „Auslegungsregel“.

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  226. Dazu etwa Schäffer, Die Entwicklung der Grundrechte, in: Merten / Papier (Hg), Handbuch der Grundrechte, Bd VII/1: Grundrechte in Österreich (2009) 3 (19 ff ), De Vergottini, Asian Constitutionalism: The Limits of the Western Model, in: Groppi/Piergigli/ Rinella (Hg), Asian Constitutionalism in Transition (2008) 377 ff, Groppi, Does Asia Exist?, ibidem, 3 (4 ff ).

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  227. Für die frühe Judikatur vgl bereits Ermacora, Verfassungsgerichtshof 249.

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  228. Diese Methode wird auch vom deutschen Bundesverfassungsgericht und anderen Verfassungsgerichten angewendet und ist mitunter auch explizit in Gesetzen vorgesehen (zB Sec 15A und Sec 47 des australischen Acts Interpretation Act 1901): vgl dazu Schneider, Prinzipien der Verfassungsinterpretation, VVDStRL 20 (1963) 1 (29 f ), Eckardt, Die verfassungskonforme Gesetzesauslegung (1964), Bogs, Die verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen (1966), Simon, EuGRZ 1974, 85 ff, Bettermann, Die verfassungskonforme Auslegung (1986), Häberle, ERPL/REDP 12 (2000), 890 f

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  229. Jestaedt, „Öffentliches Recht“ als wissenschaftliche Disziplin, in: Engel / Schön (Hg), Das Proprium der Rechtswissenschaft (2007) 241 (258 f bei FN 96), MÜller/Christensen, Methodik 130 ff, Larenz, Methodenlehre 339 ff, Caravita Di Toritto, Verfassungsinterpretation 75

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  230. Jabloner, Stufung und „Entstufung“ des Rechts, ZÖR 60 (2005), 163 (173 f ), Korinek, FS Walter, 382 ff, Potacs, Auslegung 30. Aus zivilrechtlicher Perspektive vgl auch Posch, § 6 ABGB Rz 27.

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  231. Dabei kann es im Bundesstaat sowohl eine landes-als auch bundesverfassungskonforme Interpretation geben: Einfaches Bundesrecht ist demnach ebenso wie Landesverfassungsrecht im Zweifelsfall bundesverfassungskonform auszulegen. Einfaches Landesrecht hingegen kann im Zweifelsfall dann sowohl landes-als auch bundesverfassungskonform ausgelegt werden, wenn die Landesverfassung selbst bundesverfassungskonform ist. Im Falle eines Widerspruchs zwischen Bundesverfassung und Landesverfassung ist hingegen wohl die bundesverfassungskonforme Auslegung vorzuziehen. Zur bundesgrundsatzgesetzkonformen Auslegung von Landesausführungsgesetzen Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 69. Näher zur verfassungskonformen Interpretation Handstanger, ÖJZ 1998, 169 ff, Jabloner, Strukturfragen der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, ÖJZ 1998, 161 (166 ff )

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  232. Khakzadeh, ZÖR 61 (2006), 201 ff

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  233. Kneihs, ZfV 2009, 354.

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  234. Ossenbühl, DÖV 1965, 654 ff, Schäffer, Interpretation 60, Müller/Christensen, Methodik 399 ff, Herdegen, JZ 2004, 876, Korinek, FS Walter, 382.

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  235. Vgl auch Öhlinger, JBl 1971, 291 („spezifische Form systematisch-teleologischer Interpretation“), Bydlinski, Methodenlehre 455, Schäffer, Verfassungsgericht und Gesetzgebung, FS Koja (1998) 101 (126), Jabloner, ZÖR 60 (2005), 175. Schäffer, FS Rill, 612 zufolge soll die systematische Interpretation eine Norm so deuten, dass keine Widersprüche zu solchen Normen entstünden, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der auszulegenden Norm stünden; dieser sachliche Zusammenhang liegt bei der rechtskonformen Interpretation darin, dass die höherrangige Rechtsschicht rechtliche Bedingung für die niederrangige und ihr an derogatorischer Kraft überlegen ist; dazu auch Müller/Christensen, Methodik 130 ff.

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  236. Aichlreiter, Juristische Interpretation und Rechtsstaat, FS Hellbling (1981) 3 (18) zufolge scheitert dieser Auslegungsgrundsatz überhaupt „jämmerlich“.

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  237. Kritisch auch Tomandl, ÖJZ 2011, 540 mit Berufung auf Kramer. Leisner, DÖV 1961, 645 weist zu Recht darauf hin, dass Verfassungsnormen, die an sich keine Interpretationsregeln zu verankern scheinen, neben ihrer eigentlichen inhaltlichen auch eine interpretatorische Funktion haben können, indem sie anderen Verfassungsnormen „Einhalt“ gebieten. Dies kann auch auf Prinzipienebene erfolgen, wenn das eine Verfassungsprinzip zum anderen in Spannung steht. Unter dem Postulat der „Einheit der Verfassung“ kann hier gefolgert werden, dass beide einander in einem solchen Ausmaß die Waage halten müssen, dass keines von ihnen völlig desavouiert wird. Die konkrete Balance im Einzelfall herauszufinden, die einmal zu Gunsten des einen, einmal zu Gunsten des anderen ausschlagen kann, bedarf freilich subtiler Erwägungen. Zum eine systematische Interpretation erschwerenden „Kompromißcharakter“ von Verfassungen Schneider, FS Stern, 906.

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  238. Widersprüchlich daher Kneihs, ZfV 2009, 355, dem zufolge „sich die verfassungskonforme Interpretation, weil sie sich auf höherrangiges Recht zu berufen vermag, stets gegen die mit anderen Methoden erzielten Ergebnisse durchsetzen wird: Selbst eine teleologisch, historisch und grammatikalisch gut begründbare Normhypothese hat auszuscheiden, wenn sie die Norm mit der Verfassung in Widerspruch setzt“, der dann jedoch zutreffend darauf verweist, dass die „verfassungskonforme Interpretation [...] somit erst [...] „im zweiten Durchgang“ zum Zug [kommt], wenn sich also ein verfassungswidriges als genauso gut wie das schließlich gewählte verfassungskonforme Auslegungsergebnis vertretbar herausgestellt hat“. Eine verfassungskonforme Interpretation kann nie angewendet werden, wenn eine Norm mit höherrangigem Recht in Widerspruch steht: Für einen solchen Fall sieht die Bundesverfassung nämlich die repressive Normenkontrolle des Verfassungsgerichtshofs vor, sodass ein Uminterpretieren nicht mehr möglich ist. Die Frage ist lediglich, ab welchem Interpretationsschritt davon auszugehen ist, dass eine Norm eindeutig der Verfassung widerspricht: Wenn eine teleologische, historische und grammatikalische Interpretation eine Verfassungswidrigkeit ergeben, ist eine solche Eindeutigkeit zweifellos gegeben. Dass die verfassungskonforme Interpretation die anderen erwähnten Interpretationsmethoden verdrängt, ja selbst noch vor der Wortlautinterpretation zur Anwendung gelangt, wäre methodisch völlig unzulässig; zu ihrer Abgrenzung von berichtigender Auslegung, Analogie („verfassungskonformer Ergänzung“) und unmittelbarer Anwendbarkeit des Verfassungsrechts vgl bereits oben 151 ff.

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  239. Kirchhof, DVBl 2011, 1073.

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  240. Vgl dazu die Judikaturschau bei Gamper, Verfassungsvergleichung und „gemeineuropäischer“ Verfassungsstaat, ZÖR 63 (2008), 359 (373 ff ), Dieselbe, Austria: Noncosmopolitan, but Europe-Friendly — the Constitutional Court’s Comparative Approach, in: Groppi/ Ponthoreau (Hg), The Use of Foreign Precedents by Constitutional Judges (im Druck), Fuchs, Verfassungsvergleichung durch den Verfassungsgerichtshof, JRP 2010, 176 ff; s auch noch unten 273 ff.nr]677_Vgl dazu noch unten 263 ff.

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  241. Kritisch zur Judikatur auch Khakzadeh, ZÖR 61 (2006), 205 ff, Jabloner, ÖJZ 1998, 166, Handstanger, ÖJZ 1998, 171 ff.

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  242. Zuletzt VfSlg 19.249/2010. Vgl auch VfSlg 11.576/1987, 15.199/1998, 18.910/ 2009.

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  243. Immer wieder führt der Verfassungsgerichtshof unmittelbar aus der offenen Wortlautdeutung eine verfassungskonforme Interpretation durch (vgl etwa VfSlg 10.292/1984, 11.563/1987, 18.786/2009), wobei offen bleibt, ob die anderen primären Auslegungsmethoden ein verfassungswidriges Ergebnis zutage fördern würden oder nicht, was ihre Nichterwähnung in einem jeweils unterschiedlichen Licht erscheinen ließe.

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  244. Vgl oben FN 505. VfSlg 14.861/1997: „Erscheint schon im Hinblick auf diesen Umstand die Möglichkeit einer verfassungskonformen Interpretation zweifelhaft, so wird sie angesichts der Absicht des historischen Gesetzgebers vollends unmöglich. Aus den Gesetzesmaterialien geht nämlich eindeutig hervor, daß die Vermutungsregelung auch für Zeiten vor dem 1. Jänner 1992 maßgeblich sein sollte.“ Ausdrücklich auch wieder VfSlg 19.080/2010: „Für eine allfällige verfassungskonforme Interpretation [...] bliebe demzufolge kein Raum, da diese Interpretationsmethode dort ihre Grenze findet, wo sie dem Wortlaut des Gesetzes oder der Absicht des Gesetzgebers eindeutig widerspricht (vgl. VfSlg 11.036/1986).“ VfGH G 57/10 vom 22.2.2011: „Für eine allfällige verfassungskonforme Interpretation [...] bliebe demzufolge kein Raum, da diese Interpretationsmethode dort ihre Grenze findet, wo sie dem Wortlaut des Gesetzes oder der Absicht des Gesetzgebers eindeutig widerspricht [...] Die Vornahme einer derartigen Auslegung durch den Verfassungsgerichtshof käme einem Akt positiver Gesetzgebung gleich und erwiese sich als unzulässig.“

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  245. Ob sie eine verfassungskonforme Interpretation an sich durchzuführen berechtigt sind, ist noch zu erörtern (vgl dazu unten 217 ff ). Mit einem konkreten Beispiel Wimmer, ZfV 2011, 561 ff.

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  246. Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 553.

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  247. Dasselbe gilt für Fälle, in denen sich — anders als in Österreich — die Entscheidung auf eine bloße Unvereinbarkeitserklärung (für Deutschland etwa Kirchhof, DVBl 2011, 1075) oder declaration of incompatibility beschränken kann.

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  248. Vgl zum Unterschied auch Simmonds, Issues 209 f. Daraus ist also nicht abzuleiten, dass auf einer rechtswissenschaftlichen Ebene nicht über die unterschiedliche Überzeugungskraft von Interpretationsmethoden diskutiert werden könnte (dazu auch Funk, FS Adamovich, 118 f, Holoubek, FS Mayer, 153 f, Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 [1916], 542 ff ), um dann im Sinne von Häberle, JZ 1975, 305 „die ‚guten ‘Interpretationsmethoden“ vorzuschlagen (zur rationalisierbaren und „richtigen“ Lösung auch Korinek, FS Walter, 367 f ).

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  249. Funk, Juristische Auslegung als Erkenntnis-und Entscheidungsprozess, Rechtstheorie Beiheft 1 (1979), 107 (111).

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  250. Vgl auch Schäffer, FS Rill, 604 und 626.

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  251. Zur Interpretationstheorie der Reinen Rechtslehre sowie der Frage, ob diese überhaupt über eine solche verfüge: Ringhofer, Interpretation und Reine Rechtslehre, FS Kelsen (1971) 198 ff, Mayer, Interpretationstheorie 61 ff, Thienel, Rationalismus 183 ff, Böhm, JBl 1975, 1 ff.

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  252. Schäffer, Interpretation 58, Mayer, Interpretationstheorie 63 ff.

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  253. Vgl auch Ringhofer, FS Kelsen, 204 f.

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  254. Dies offenbar anerkennend Wielinger, Interpretationslehre 107 f und 113, Walter/ Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 67 und Korinek, FS Walter, 366 ff, der überdies betont, dass im Regelfall ohnehin nur eine Normhypothese vorliegt, während Merkl, ZÖR 2 (1921), 359 beklagt, dass der Gesetzesanwendung die Entscheidung „mit verbundenen Augen“ anvertraut wurde.

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  255. Walter, Philosophische Hermeneutik und Reine Rechtslehre, in: Vetter /Potacs (Hg), Beiträge zur juristischen Hermeneutik (1990) 41 (48).

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  256. Für Kelsen, Rechtslehre 349 gibt es überhaupt „kein Kriterium, auf Grund dessen die eine der im Rahmen des anzuwendenden Rechts gegebenen Möglichkeiten der anderen vorgezogen werden könnte“; zum Auswahlproblem auch Breyer, Liberty 122.

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  257. Auch Thaler, Mehrdeutigkeit und juristische Auslegung (1982) 144 ff weist auf das Problem der Notwendigkeit eindeutiger Entscheidungen hin, hält es aber für eine Aufgabe der Jurisprudenz, dem Vollzugsorgan Zusatzregeln an die Hand zu geben, die zusammen mit den Regeln des positiven Rechts die Eindeutigkeit wiederherstellen. Meines Erachtens ist es die rechtlich aufgetragene (nicht rechtswissenschaftliche) Aufgabe der verschiedenen Verfassungsinterpreten, selbst aus dem positiven Recht heraus zu erkennen, welche Variante ihnen am Weg zur Eindeutigkeit am geeignetsten erscheint, wobei die Auswahlmethode zumindest zulässig, wenn auch nicht geboten sein muss (dazu noch unten 307 ff).

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  258. Dass Rechtssicherheit und Vertrauensschutz nicht zwangsläufig für die verfassungskonforme Interpretation sprechen, wurde bereits von Rill, ZfV 1985, 581 richtig herausgestellt (vgl auch noch unten 227). Dass die verfassungskonforme Interpretation allgemein „wie eine pure Selbstverständlichkeit“ erscheine, wie Simon, EuGRZ 1974, 86 annimmt, ist dagegen zu bestreiten.

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  259. Dazu Grabenwarter, Verfassung 406.

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  260. Der Verfassungsgerichtshof hebt unter Umständen eher eine Verordnung auf, weil sie in der gesetzlichen Ermächtigungsnorm keine (hinreichende) gesetzliche Deckung findet, als letztere als zu wenig determiniert zu interpretieren (vgl zB VfSlg 16.853/2003); dahinter steckt jedoch nicht nur der Respekt vor dem Gesetzgeber, sondern auch die allgemein von judicial self-restraint getragene Überlegung, eher nur die Verordnung (wegen Gesetzlosigkeit) als das Gesetz und die Verordnung (wegen Verfassungswidrigkeit) aufzuheben.

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  261. Kneihs, ZfV 2009, 358 zufolge ist die verfassungskonforme Interpretation kein gelinderer Eingriff als die Aufhebung: Eine Aufhebung ermögliche es dem Parlament, eine neue Regelung zu erlassen und verfassungskonform zu gestalten, während eine verfassungskonforme Interpretation durch den Verfassungsgerichtshof diesen „positiv den Inhalt des einfachen Rechts“ bestimmen lasse (vorsichtiger Korinek, FS Walter, 384, der das Problem erkennt, insgesamt aber auf eine Abwägung im Einzelfall abstellt, ob eine Norm aufzuheben oder verfassungskonform zu interpretieren ist). Dem ist allerdings zu entgegnen, dass ein Parlament ja einen bestimmten, demokratisch legitimierten politischen Willen vertritt, der sich durch eine Neuregelung möglicherweise nicht mehr (zulässig) verwirklichen lässt, wenn diese verfassungskonform sein soll. Es als „Ermöglichung“ anzusehen, diesen politischen Willen fallenlassen zu müssen, da eine verfassungskonforme neue Regelung nie der aufgehobenen völlig entsprechen wird, dürfte unzutreffend sein. Dass der Verfassungsgerichtshof überdies durch eine verfassungskonforme Interpretation „positiv den Inhalt des einfachen Rechts“ bestimme, ist wohl zu relativieren: Er bestimmt diesen — zumindest bei richtiger, das heißt die Wortlautschranke nicht durchbrechender Anwendung der verfassungskonformen Interpretation — ja nicht völlig frei, sondern nur innerhalb verschiedener sich ergebender Deutungsvarianten. Ansonsten müsste man jedwede Art der Interpretation des Verfassungsgerichtshofs als unzulässig ablehnen, da er dadurch immer den Inhalt einer Rechtsnorm in die eine oder andere Richtung „bestimmt“. Schließlich steht es dem Gesetzgeber zu jedem Zeitpunkt — und unabhängig vom Verfassungsgerichtshof oder dessen Aufhebung einer Regelung — zu, eine neue Regelung zu erlassen.

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  262. Federalist Papers, Nr 78.

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  263. Vgl auch Frankenberg, ICON 4 (2006), 457.

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  264. Zu dieser „eminent demokratische[n]“ Funktion des Verfassungsgerichtshofs Oberndorfer, Demokratie 107.

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  265. Grabenwarter, Verfassung 406.

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  266. Undifferenziert daher der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 10.037/1984, der ein Gesetz — ungeachtet seines Wortlautes —[...] verfassungskonformer, systematischer und teleologischer Interpretation“ unterzieht. Vgl auch bereits oben FN 165 und unten FN 748 sowie Khakzadeh, ZÖR 61 (2006), 206 f.

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  267. So Kneihs, ZfV 2009, 355. Vgl allerdings die von Khakzadeh, ZÖR 61 (2006), 212 ff angeführten Beispiele, in denen die verfassungskonforme Interpretation über ihre Auswahlfunktion hinausgeht. Auch begrifflich zu unterscheiden ist mE jedoch zwischen einer unmittelbaren Anwendung der Verfassung und einer verfassungskonformen Interpretation im Zweifelsfall (vgl dazu bereits oben 158 ff ).

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  268. Dazu auch Jabloner, ÖJZ 1998, 166, Khakzadeh, ZÖR 61 (2006), 203 f. Vgl auch schon oben 133 f.

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  269. Vgl kritisch auch Jabloner, ÖJZ 1998, 166, Schäffer, FS Koja, 126, Khakzadeh, ZÖR 61 (2006), 202, Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 69.

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  270. Zu den Ähnlichkeiten von unions-und verfassungsrechtskonformer Auslegung Betlem, Oxford Journal of Legal Studies 22 (2002), 398.

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  271. Kneihs, ZfV 2009, 357.

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  272. So auch Schäffer, FS Koja, 126.

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  273. Zum Erfordernis eines Gebots der verfassungskonformen Interpretation Jabloner, ÖJZ 1998, 175 f. Meines Erachtens müsste aus der Bundesverfassung jedoch nicht unbedingt eine Gebotsnorm, sondern lediglich eine Zulässigkeitsnorm der verfassungskonformen Interpretation abgeleitet werden, um den die verfassungskonforme Interpretation heranziehenden Interpretationsstil des Verfassungsgerichtshofs zu rechtfertigen.

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  274. Kneihs, ZfV 2009, 356.

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  275. Der Verfassungsgerichtshof hält sich in seiner Judikatur sehr zurück, wenn es um Präjudizialitätsfragen und damit verbundene Auslegungen antragstellender Behörden geht: „Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde.“ (vgl jüngst wieder etwa VfGH G 47/10 vom 28.2.2011). Es könnte allerdings sein, dass der Verfassungsgerichtshof den präjudiziellen Gegenstand auf Normen ausdehnt, die von der antragstellenden Behörde anzuwenden gewesen wären, auf Grund einer verfassungskonformen Auslegung jedoch nicht angewendet wurden. Zur Frage der Zuständigkeit zur verfassungskonformen Auslegung und ihrer Bindungswirkung im Rechtsvergleich Simon, EuGRZ 1974, 87 ff.

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  276. Dazu etwa ausführlich Wieser, Verfassungsrecht 118 ff, Tushnet, Law 1242 ff.

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  277. Zutreffend Hillgruber, Verfassungsinterpretation 533 f, wonach die durch Auslegung erzielte Verfassungsrechtserkenntnis notwendige Voraussetzung, aber keine hinreichende Bedingung für die Anwendung des Verfassungsrechts darstellt.

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  278. Kneihs, ZfV 2009, 356; so auch jüngst wieder Wimmer, ZfV 2011, 566 f. Beiden Auffassungen liegt der richtige Gedanke zugrunde, dass der Verfassungsgerichtshof (im Rahmen der Vollziehung) die für die Gesetzesaufhebung einzig zuständige Instanz sei, woraus sich seine Autorität zur „verbindlichen“ Interpretation der Gesetze ableite (dazu allgemein bereits oben 51 ff). Die Möglichkeit der — sei es auch nur vorläufigen und inzidenten — Gesetzesauslegung haben allerdings auch andere Organe. Die österreichische Rechtsordnung sieht nun nicht die „Unverbindlichkeit“ bestimmter, auf Grundlage einer bestimmten Gesetzesauslegung ergangenen Entscheidungen (vgl die angeführten Beispiele) vor, bloß weil diese nicht vor den Verfassungsgerichtshof gelangt sind. Letzten Endes relativiert sich also die Autorität des Verfassungsgerichtshofs zur verbindlichen Auslegung mit den (teils fehlenden, teils von anderen Organen abhängenden) Möglichkeiten seines Tätigwerdens. Anders verhielte es sich, sähe eine Verfassung die Möglichkeit des Verfassungsgerichts, sämtliche Verfahren, in denen ein nach seinem Dafürhalten verfassungsrechtlich bedenkliches Gesetz angewendet wurde, von Amts wegen an sich zu ziehen, oder die Verpflichtung aller Behörden vor, über jedwede Gesetzesauslegung Rechtsgutachten des Verfassungsgerichtshofs einzuholen.

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  279. Dazu auch Jabloner, ZÖR 60 (2005), 174, Wiederin, Verfassungsinterpretation 99 f. Dass bei verfassungskonformer Interpretation der dadurch erzielte Normsinn bis zur allfälligen Erlassung einer mit einem anderen Bedeutungsgehalt ausgestatteten Norm an die Stelle des vom Gesetzgeber gewollten Normsinns tritt, wie Khakzadeh, ZÖR 61 (2006), 220 annimmt, ist mE erstens deshalb nicht zwingend, weil der Gesetzgeber womöglich den verfassungskonformen Normsinn ohnehin ursprünglich wollte und weiterhin will, und zweitens, weil jede Behörde — wenn auch möglicherweise nur vorläufig — von dem durch den Verfassungsgerichtshof ermittelten, verfassungskonformen Normsinn abweichen kann.

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  280. Kneihs, ZfV 2009, 356.

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  281. Kneihs, ZfV 2009, 357 f.

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  282. Jabloner, ZÖR 60 (2005), 175 spricht von „zwei Durchgänge[n] der Auslegung“. Eine dritte Möglichkeit — ohne überhaupt eine der beiden subsidiären Alternativvarianten zu bemühen — bestünde in der eindeutigen Feststellung der Verletzung des Bestimmtheitsgebots und damit der Verfassungswidrigkeit (vgl dazu noch unten 228 ff ). Einen (hier nicht näher zu behandelnden) Sonderfall könnte überdies darstellen, dass andere — vom Verfassungsgerichtshof anerkannte — Varianten der rechtskonformen Interpretation, nämlich die unions-oder völkerrechtskonforme Interpretation, herangezogen würden (vgl dazu noch unten 237 ff ); dies wird allerdings nur in bestimmten, damit zusammenhängenden Rechtsbereichen überhaupt zulässig sein und muss auch keineswegs den Zweifelsfall auflösen, wenn sowohl die verfassungswidrige als auch verfassungskonforme Variante mit Völker-und Unionsrecht vereinbar wären.

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  283. Gerade aus diesem Entscheidungszwang, den die Bundesverfassung dem Verfassungsgerichtshof auferlegt, lässt sich mE (vgl auch schon oben 212) ableiten, dass die Annahme, eine Rechtsnorm lasse stets mehr als eine einzige richtige Auslegung zu (vgl Hillgruber, Verfassungsinterpretation 521 f mit Berufung auf Kelsen; zum Zwang der „Praxis[,] eine engere Wahl [zu] treffen“, auch Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 [1916], 553, Kelsen, Rechtslehre 349 [widersprüchlich: Es „kann das Ergebnis einer Rechtsinterpretation nur die Feststellung des Rahmens sein, den das zu interpretierende Recht darstellt, und damit die Erkenntnis mehrerer Möglichkeiten, die innerhalb dieses Rahmens gegeben sind. Dann muß die Interpretation eines Gesetzes nicht notwendig zu einer einzigen Entscheidung als der allein richtigen, sondern möglicherweise zu mehreren führen“; Hervorhebungen der Verfasserin]), nicht zutrifft (kritisch auch Jestaedt, ZÖR 55 [2000], 140 [bei FN 21]). Es kann von einer (insbesondere: rechtsstaatlichen) Verfassung, die von einem Organ eine Letztentscheidung auf Grund der Verfassung und in Anwendung bzw Auslegung der Verfassung verlangt, nicht angenommen werden, sie eröffne ihm immer jeweils zwei oder mehrere Entscheidungsoptionen, je nachdem, welche Interpretationsmethode angewendet würde. Dass es jedenfalls unterschiedliche Auslegungsmethoden gibt und daraus erfließende Deutungsvarianten geben kann, soll nicht in Abrede gestellt werden, mündet aber jedenfalls nicht zwangsläufig darin, mehrere (und zwar auf Grund der Anwendung unterschiedlicher Auslegungsmethoden) unterschiedliche Interpretationsergebnisse als verfassungsrechtlich gewollt zu erkennen. Wenn hingegen zwei oder mehr unterschiedliche Interpretationsmethoden zu ein und demselben Interpretationsergebnis führen, was auch in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs häufig der Fall ist, bestätigt dies nur, dass es eine einzige verfassungsrechtlich gewollte Auslegung gibt, welche Methoden dazu auch immer gewählt werden. Daher kann auch, entgegen Merkl, Grünhuts Zeitschrift 42 (1916), 549, nicht gesagt werden, dass „es eben so viele Rechtsordnungen als Auslegungsmethoden gibt“. Es soll allerdings nicht verkannt werden, dass es sowohl in der Verfassungsinterpretation als auch in der einfachgesetzlichen Interpretation Konstellationen geben kann, in denen unterschiedliche Auslegungsmethoden unterschiedliche Auslegungsergebnisse erbringen, die allesamt verfassungs(bauprinzipien)konform sind. Sobald also die Entscheidung zwischen insofern gleichwertigen, als sämtlich verfassungskonformen, Auslegungen eröffnet ist, trifft die Aussage von Kelsen, Rechtslehre 349 zu, dass die getroffene Entscheidung nicht die, sondern nur, dass sie eine der individuellen Normen ist, die innerhalb des Rahmens der generellen Norm erzeugt werden können. Wenn unterschiedliche Auslegungsmethoden hingegen im einen Fall eine verfassungskonforme, im anderen Fall eine verfassungswidrige Lösung ergeben, von denen nur eine einzige ex constitutione rechtsrichtig sein kann und daher gewählt werden muss, weil der Verfassung nicht unterstellt werden kann, ein gleichzeitig verfassungskonformes und verfassungswidriges Auslegungsergebnis eines Gesetzes gewollt zu haben (was eine rechtliche und keine rechtspolitische Frage ist, wie Derselbe, ibidem, Kelsen, Rechtslehre 350 und 353 in diesem Zusammenhang vernachlässigt), bedarf es einer Methode wie der rechtskonformen oder-widrigen Interpretation — um eine Entscheidung treffen zu können, deren Auswahl im Grunde auf einer „Eindeutigkeitsfiktion“ (Derselbe, ibidem, Kelsen, Rechtslehre 354) beruht. Fiktiv ist allerdings nur, welches Auslegungsergebnis als eindeutig anzusehen ist, nicht, ob überhaupt eines von ihnen als eindeutig anzusehen ist.

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  284. Jestaedt, Recht 259.

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  285. Jabloner, ÖJZ 1998, 167 weist zutreffend darauf hin, dass der Stufenbau der Rechtsordnung nicht nur von einem Rechtserzeugungs-, sondern auch von einem Rechtsvernichtungszusammenhang gekennzeichnet sei.

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  286. Dazu auch Jabloner, ZÖR 60 (2005), 179 f.

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  287. Dass dabei eine „Teilverdrängung“, nämlich die anderer methodisch möglicher, aber eben verfassungswidriger Normhypothesen stattfindet, worauf Handstanger, ÖJZ 1998, 174 hinweist, ist mE — anders als bei der „echt“ berichtigenden Interpretation — hinzunehmen: Es ist auch der Fall denkbar, dass eine Behörde gezwungen ist, eine von mehreren verfassungskonformen Normhypothesen auszuwählen.

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  288. Genau umgekehrt argumentiert Kneihs, ZfV 2009, 355: Ein Gesetz sei unter anderem dann als verfassungswidrig im Sinne des Art 140 B-VG anzusehen, wenn diese Konsequenz nur durch seine verfassungskonforme Interpretation vermeidbar wäre. Aus Art 140 B-VG allein kann wohl weder die eine noch die andere These als zwingend abgeleitet werden; wesentlicher ist allerdings für den vorliegenden Zusammenhang wohl, ob daraus ein Verbot der verfassungskonformen Auslegung abgeleitet werden kann, was mE nicht der Fall ist.

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  289. So etwa wieder jüngst VfSlg 19.249/2010: „Da die gegenteilige Auslegung ein verfassungswidriges Ergebnis zur Folge hätte, ist eine verfassungskonforme Interpretation im dargelegten Sinn nicht nur zulässig, sondern geboten.“ Auch Bydlinski, Methodenlehre 456 f favorisiert die verfassungskonforme Methode.

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  290. Jabloner, ZÖR 60 (2005), 176 ff.

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  291. Vgl Potacs, Auslegung 38 f.

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  292. Dazu Gamper, icl-journal (2010/2), 157 ff.

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  293. Wimmer, ZfV 2011, 567.

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  294. Vgl etwa VfSlg 18.159/2007: „Eine verfassungskonforme Auslegung [...] ist im Hinblick auf das eindeutige Ergebnis sowohl der Wortinterpretation als auch der systematischen und der historischen Auslegung von vornherein ausgeschlossen“ (ähnlich auch VfSlg 16.490/2002). Ein solches Ergebnis indiziert etwa auch der Begriff des „klaren Wortlauts“ in VfSlg 18.813/2009 und 19.169/2010, des „eindeutigen Wortlauts“ in VfSlg 16.630/2002 und 19.202/2010, des „ausdrücklichen Wortlauts“ in VfSlg 19.161/2010, des „vollkommen klaren, unmißverständlichen Wortlauts“ in VfSlg 13.179/1992 oder der „unmissverständlichen Bedeutung“ in VfGH G 84/11 ua vom 5.10.2011. Dagegen methodisch verfehlt das Erk VfSlg 14.442/1996, in dem der Verfassungsgerichtshof zunächst begründete, warum die fragliche Regelung einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich sei, und danach erst feststellte, dass „zum gleichen Ergebnis [...] auch eine systematische Auslegung“ führe; unklar hinsichtlich der Hierarchie die „systematische [...] und verfassungskonforme [...] Auslegung des Gesetzes“ in VfGH G 287/09—25 vom 9.3.2011. Eine solche Methodik leugnet den Unterschied zwischen primären und sekundären Auslegungsmethoden und weist einer — wenn überhaupt — nur subsidiär anwendbaren Auslegungsmethode fälschlich den Status einer primären Auslegungsmethode zu. Die Entscheidung mag letztendlich dieselbe sein, zäumt aber das Pferd gleichsam von hinten auf. Noch problematischer das Erk VfSlg 13.315/1992, in dem teleologische, systematische und verfassungskonforme Interpretationsmethode nicht nur parallelisiert, sondern sogar zur Berichtigung des Wortlauts herangezogen wurden.

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  295. Vgl zB Walter /Mayer /Kucsko-Stadlmayer Grundriss 69, Khakzadeh, ZÖR 61 (2006), 202.

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  296. Jestaedt, Recht 259.

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  297. Vgl zu dieser ständigen Judikaturformel zuletzt VfSlg 18.786/2009 und jüngst wieder VfGH G 9/11, V 5/11 vom 27.9.2011 („Ausschöpfung aller zur Ermittlung des Inhalts zur Verfügung stehenden Interpretationsmethoden“).

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  298. Ähnlich offenbar auch Kneihs, ZfV 2009, 360.

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  299. So etwa in VfGH G 47/10 vom 28.2.2011; vgl aus jüngerer Zeit auch VfSlg 18.241/ 2007, in dem Bestimmtheitsgebot und verfassungskonforme Interpretation im Sinne eines Spezialitätsverhältnisses miteinander verknüpft werden: Die „Beurteilung, ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, [richtet sich] iSd ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der angesprochenen Regelung [...] Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Erst wenn nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden noch nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz ermächtigt, verletzt die Regelung die in Art18 B-VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse (VfSlg. 15.493/1999 mwN). Erlaubt eine Regelung mehrere Interpretationen, dann ist jener Interpretation der Vorzug zu geben, die die Bestimmung als verfassungskonform erscheinen lässt“.

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  300. Müller / Christensen, Methodik 433 ff, Betlem, Oxford Journal of Legal Studies 22 (2002), 397 ff. Die richtlinienkonforme Auslegung stellt eine Spezialvariante der unionsrechtskonformen Auslegung dar und findet ihre spezielle Grundlage in Art 288 Abs 3 AEUV; vgl zB VfSlg 14.391/1995 und zuletzt wieder VfGH B 1100/09 ua vom 5.10. 2011.

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  301. Dazu jüngst Griller, „Verfassungsinterpretation“ in der Europäischen Union, in: Lienbacher (Hg), Verfassungsinterpretation in Europa (2011) 115 (137 ff ).

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  302. Vgl auch Heller, FS Schwind, 150 ff, Grabenwarter, Die Auslegung der EMRK im Spannungsverhältnis zwischen Straßburg und Wien, FS Machacek/Matscher (2008) 129 ff, De Vergottini, Oltre il dialogo tra le Corti (2010) 181 ff, Breuer, Verfassungsgerichte und Verfassungsvergleichung: Die Perspektive des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, JRP 2010, 223 ff. Zur wechselseitigen Beeinflussung von EGMR und nationalen Verfassungsgerichten am Beispiel des Verhältnismäßigkeitsprinzips ÖHlinger, Bedeutung 248.

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  303. Mit Fallbeispielen DeVergottini, Dialogo 173 ff, Mayrhofer, JRP 2010, 189 ff, Seyr, Verfassungsgerichte und Verfassungsvergleichung, ibidem, 230 ff, Schumann, Grenzenlose Freiheit für den EuGH?, ibidem, 240 ff, Peoples, The Influence of Foreign Law Cited in the Opinions of Advocates General on Community Law, Yearbook of European Law 2009 (2010), 458 ff, Sauer, Europas Richter Hand in Hand?, EuZW 2011, 94 ff, Griller, Verfassungsinterpretation 121 ff. Sofern sich das Verfassungsgericht jedoch lediglich auf die Judikatur des EuGH oder EGMR bezieht, ohne dass sich diese ihrerseits an den Verfassungen der Mitgliedstaaten der EU oder des Europarats orientiert, handelt es sich nicht um Rechtsvergleich im eigentlichen — selbst vertikalen — Sinn: Ansonsten müsste man es im Grunde immer als Rechtsvergleich ansehen, wenn ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde Entscheidungen berücksichtigt, die eine höhere Instanz gefällt hat. Zwar sind EuGH und EGMR den nationalen Verfassungsgerichten nicht hierarchisch übergeordnet, doch sind ihre Entscheidungen auf Grund der Verbindlichkeit der EMRK bzw des Unionsrechts von den Mitgliedstaaten zu beachten und nicht bloß „freiwillig“ zu vergleichen. Zur sogar Positivierungen von Interpretationsregeln auslösenden Einflussnahme des Interpretationsstils des EuGH auf den Interpretationsstil britischer Gerichte Betlem, Oxford Journal of Legal Studies 22 (2002), 417.

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  304. Vgl dazu ausführlich Gamper, ZÖR 63 (2008), 369 ff, Mayrhofer, JRP 2010, 189 ff, Fuchs, ibidem, 185 f, Mayer, Die Bedeutung von Rechts-und Verfassungsvergleichung im europäischen Verfassungsverbund, in: Calliess (Hg), Verfassungswandel im europäischen Staaten-und Verfassungsverbund (2007) 167 (172 ff ) mit Berufung auf EuGH Rs 283/81, C.I.L.F.I.T., Slg 1982, 03415, Müller-Franken, Verfassungsvergleichung 905 f und 910. Zum „Dialog“ zwischen staatlichen und internationalen Gerichten de Vergottini, Dialogo 45 ff und Tschentscher, JZ 2007, 813. Zur Verfassungsvergleichung als Methode des Internationalen Gerichtshofs vgl Müller, Der Internationale Gerichtshof als Verfassungsgericht und Verfassungsvergleicher, JRP 2010, 246 ff und Wittich, Der Internationale Gerichtshof, Verfassungsdiskurs und Verfassungsvergleichung, ibidem, 265 ff; allgemein in internationalen Organisationen Lachmayer, FS Korinek, 434; zur Rechtsvergleichung im Völkerrecht allgemein Matscher, Vertragsauslegung durch Vertragsrechtsvergleichung in der Judikatur internationaler Gerichte, vornehmlich vor den Organen der EMRK, FS Mosler (1983) 545 ff, im Judikaturvergleich von EuGH, Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof schon Potacs, Auslegung.

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  305. Dazu auch Mayrhofer, JRP 2010, 189 f.

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  306. Lachmayer, JRP 2010, 174.

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  307. Vgl etwa Marian, Learning From Others: The Scalia-Breyer Debate and the Benefits of Foreign Sources of Law to U.S. Constitutional Interpretation of Counter-Terrorism Initiatives, icl-journal (2010/1), 5 ff.

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  308. Resnik, ICON 6 (2008), 59 stellt immerhin die Frage, „whether the import and export of law ought to be regulated by national law“ (Hervorhebungen im Original).

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  309. Vgl etwa VfSlg 17.264/2004; kritisch dazu Pöschl, Wahlrecht und Staatsbürgerschaft, FS Schäffer (2006) 633 ff.

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  310. Pernthaler, Allgemeine Staatslehre und Verfassungslehre2 (1996) 45 ff

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  311. Zippelius, Allgemeine Staatslehre16 (2010) 63 ff, Gamper, Staat 46 ff, Haller/Kölz/Gächter, Allgemeines Staatsrecht4 (2008) 9 f.

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  312. Auch die übrigen Bestimmungen der Bundesverfassung, die besondere Demokratiebezüge aufweisen, wie etwa die Bestimmungen über das Wahlrecht zum Bundespräsidenten, über das Wahlrecht zu den Landtagen, über die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten oder über die Mitwirkung des Volkes an der Rechtsprechung, knüpfen an diese Rechtseigenschaft an. Einzig die Wahlberechtigung zur Wahl des Gemeinderates gem Art 117 Abs 2 B-VG sowie zum Europäischen Parlament gem Art 23a B-VG kann auch an der Staatsbürgerschaft eines anderen EU-Mitgliedstaats anknüpfen. Zur Bedeutung der Staatsbürgerschaft für das Wahlrecht auch Wiederin, Staatsbürgerschaftsrecht in Europa: Elemente und Entwicklungen, ZÖR 64 (2009), 421 (430 f)

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  313. Lansbergen / Shaw, National membership models in a multilevel Europe, ICON 8 (2010), 50 (57 ff )

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  314. Bosniak, Persons and citizens in constitutional thought, ICON 8 (2010), 9 ff

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  315. Gamper, Europäischer Citoyen und europäisches Wahlrecht, in: dieselbe (Hg), Entwicklungen des Wahlrechts am europäischen Fallbeispiel (2010) 3 ff

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  316. Rubenstein / Lenagh-Maguire, Citizenship and the boundaries of the constitution, in: Ginsburg / Dixon (Hg), Comparative Constitutional Law (2011) 143 (158 ff ).

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  317. Dabei handelt es sich letztlich um das Hauptargument, das auch in anderen Staaten immer wieder gegen die verfassungsgerichtliche Verfassungsvergleichung ergriffen wird: Rudolf Von Jherings plastischer Vergleich, wonach die Rezeption fremden Rechts keine Frage der Nationalität sei und nur ein Narr Chinin deshalb zurückweise, weil es nicht in seinem eigenen Garten wüchse, wie vonTsen-Ta Lee, ICON 5 (2007), 122 und 152 als Argument für die Zulässigkeit der verfassungsvergleichenden Interpretationsmethode ins Treffen geführt, vernachlässigt ebendiese — im Wesentlichen ja doch immer noch gültige — demokratische Konzeption des Nationalstaats (vgl ausführlicher Derselbe, ibidem, 133 ff ).

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  318. Hinzu tritt noch die Unterscheidung zwischen „freiwilliger“ und „notwendiger“ Vergleichung; vgl Schulze, Vergleichende Gesetzesauslegung und Rechtsangleichung, ZfRV 1997, 183 (186).

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  319. Dass die demokratische Legitimation der Verfassungsrichter bzw Transparenz und Öffentlichkeit im Prozess der verfassungsgerichtlichen Verfassungsvergleichung dieses demokratische Defizit kompensieren könnten, wie Lachmayer, JRP 2010, 168 vorschlägt, wäre mE nur sehr beschränkt möglich: Die demokratische Legitimation der Mitglieder des österreichischen Verfassungsgerichtshofs wie die der Mitglieder der meisten ausländischen Verfassungsgerichte ist zumeist nur noch in verdünntem Ausmaß vorhanden, da sie nicht direkt vom Volk gewählt werden (vgl dazu noch unten 317). Auch haben Öffentlichkeit und Transparenz in Verfahren keinen Zusammenhang zur demokratischen Legitimation des dort angewendeten Rechts, die sie daher auch nicht erhöhen können (in diese Richtung auch Jackson, ICON 8 [2010], 550 f, die an späterer Stelle [S 559] zutreffend meint, dass die Grundsätze eines „good administrative process“ kein Ersatz, sondern nur Hilfsmittel für demokratische Gesetzgebung sein könnten; allgemein zum Wert offener Begründungen verfassungsgerichtlicher Entscheidungen Smith, Legitimacy 388 ff). Ob die bloße Tatsache, dass verfassungsgerichtliche Entscheidungen stärker kommuniziert werden, ohne dass daraus eine echte Einflussnahme von außen erwüchse (die im Rechtsstaat wohl auch nicht wünschenswert ist), Demokratie — und auch Rechtsstaatlichkeit — garantieren können, muss daher bezweifelt werden. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die allgemeine Anerkennung einer rechtsvergleichenden Methodik durch ein Verfassungsgericht die Voraussehbarkeit einer Entscheidung aus Sicht der Parteien erhöht, da ein Rechtsvergleich in völlig unterschiedliche Richtungen gehen kann, schon je nachdem, mit welchem ausländischen Recht überhaupt verglichen wird.

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  320. Dazu zuletzt Öhlinger, Rechtsstaat 5 f; vgl auch Wiederin, Grundlagen 430, Hiesel, Die Rechtsstaatsjudikatur des Verfassungsgerichtshofes, ÖJZ 1999, 522 ff

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  321. Derselbe, Die Entfaltung der Rechtsstaatsjudikatur des Verfassungsgerichtshofes, ÖJZ 2009, 111 f.

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  322. Lachmayer, JRP 2010, 173.

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  323. So Lachmayer, JRP 2010, 173.

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  324. Besson, Whose Constitution(s)?, in: Dunoff / Trachtman (Hg), Ruling the World? (2009) 381 (398) zufolge stellen die Staaten und Individuen als Subjekte der internationalen Rechtsordnung gemeinsam noch nicht jene politische Gemeinschaft dar, die eine „internationale“ Verfassung legitimieren würden; es könnte allerdings eine Entkoppelung von Volkssouveränität und Staatensouveränität fallweise geboten sein (S 399). Gegen einen Weltstaat Kunig, Schlußworte 281.

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  325. Dazu etwa Resnik, ICON 6 (2008), 33 ff, Kumm, Turn 258 ff, Perju, ICON 8 (2010), 326 ff.

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  326. Perju, ICON 8 (2010), 327.

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  327. Perju, ICON 8 (2010), 328. Zum kosmopolitischen „self-government“ jüngst auch Somek, Über kosmopolitische Selbstbestimmung, Der Staat 2011, 329 ff.

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  328. Darüber hinaus wird der „kosmopolitische“ Ansatz auch gegen das (hier vertretene) „statist paradigm“, wonach die Autorität des Rechts in der Souveränität eines Staatsvolks gelegen sei, dahingehend ins Treffen geführt, dass Völkerrecht und Verfassungsrecht ein „integrative basic conceptual framework for a general theory of public law“ (Kumm, Turn 263 f ) bildeten. Zwar müsse die staatliche Verfassung „be justified to those it seeks to govern“, doch diese „justification has to meet a complex standard of public reason, established by the principles of cosmopolitan constitutionalism, not by the will of a demos“ (Derselbe, ibidem, 268). Dagegen ist einzuwenden, dass auch die Prinzipien einer kosmopolitischen Verfassungsstaatlichkeit letztendlich auf dem Willen souveräner Staatsvölker beruhen, die die weit verbreitete Entwicklung solcher Prinzipien legitimierten, welche in weiterer Folge deren Abstraktion als „constitutionalism“ gestattete. Im Übrigen ist es durchaus denkbar, dass eine nationale Verfassung sich gegen eine kosmopolitische Verfassungsstaatlichkeit ausspricht, indem sie gewisse Prinzipien oder Werte nicht verankert (zB Republikanismus, Bundesstaatlichkeit etc) oder die Berücksichtigung ausländischen Rechts sogar ausdrücklich verbietet (vgl dazu bereits oben FN 40). Zutreffend schlägt Jackson, ICON 8 (2010), 562 daher statt des Begriffs des „kosmopolitischen Verfassungsstaats“ den des „transnationalen Verfassungsstaats“ (vgl umfassend auch dieselbe, Engagement) vor, der weder Ansprüche auf globale Geltung noch auch überhaupt Verbindlichkeit für den einzelnen Staat impliziere, sondern bloß dazu einlade, die eigene Verfassung am Maßstab vergleichender Verfassungswerte und Verfassungserfahrungen zu überdenken.

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  329. Das Faktum als solches ist unbestreitbar: Vgl Palermo, Internazionalizzazione del diritto costituzionale e costituzionalizzazione del diritto internazionale delle differenze, European Diversity and Autonomy Papers 2 (2009), 5 ff, Dunoff/Trachtman, A Functional Approach to International Constitutionalization, in: dieselben (Hg), Ruling the World? (2009) 3 ff.

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  330. Alexy, Begriff und Geltung des Rechts (1992) 25 ist daher nicht zuzustimmen, dass ein Rechtspositivist nicht umhinkäme, zu sagen, „daß in zweifelhaften Fällen [scil wenn ein Gesetz unbestimmt sei und die Regeln der juristischen Methodenlehre nicht zwingend zu genau einem Ergebnis führten] die Entscheidung durch außerrechtliche Faktoren determiniert wird“.

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  331. Vgl dazu auch Mössner, Rechtsvergleichung und Verfassungsrechtsprechung, AÖR 1974, 193 (211 ff ).

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  332. Fuchs, JRP 2010, 184 spricht von den „traditionellen InterpretationsmethodenWortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte, Teleologie —“, was zwar dem üblichen Auslegungskanon entspricht, aber komplexere Fragestellungen (etwa hinsichtlich des Verhältnisses zwischen rechtsvergleichender und rechtskonformer Auslegungsmethode) nicht beantwortet.

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  333. Dazu jüngst Öhlinger, Rechtsstaat 9 f, Fuchs, Rechtsschutz, Rechtsstaat, Rechtsschutzstaat — Reflexionen zur Verfassungsinterpretation, FS Korinek (2010) 83 ff, Hiesel, ÖJZ 1999, 525 ff, Derselbe, ÖJZ 2009, 113 f.

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  334. Das bloße Wissen einer Verfahrenspartei um die prinzipielle Anerkennung der rechtsvergleichenden Auslegungsmethode durch ein Verfassungsgericht verbessert mE die Rechtsstaatlichkeit kaum (anders Lachmayer, JRP 2010, 168 f ); zu unbestimmt bleibt, welche Rechtsordnungen dafür in Frage kommen, in welcher methodischen Konstellation die Verfassungsvergleichung zur Anwendung gelangt etc. Dass die Verfassungsvergleichung den Einzelnen jedenfalls begünstigt und insofern kein Problem der Vorhersehbarkeit darstellt, da sie ihn gewissermaßen nur „freudig überraschen“ kann, wie Derselbe, ibidem, 169 annimmt, ist mE selbst dann nicht gesichert, wenn dafür lediglich materielle Verfassungsstaaten mit hohen rechtsstaatlichen Standards herangezogen werden. Auf einer Prinzipienebene mag es schon sein, dass diese Standards eine universale oder zumindest europaweite Bestätigung und insofern Verstärkung erfahren; für das einzelne Detail (zB Grundrechtsproblem) heißt dies freilich wenig und impliziert schon gar keine Entscheidung zu Gunsten des Grundrechtsträgers. Vgl auch Hillgruber, Verfassungsinterpretation 529: Rechtsvergleichung ist Maßarbeit! Dies räumt auch Häberle, JZ 1989, 917 f ein. Wenn es für ein Verfassungsgericht nicht „leistbar“ ist, seinen Rechtsvergleich näher methodisch darzustellen (so Fuchs, JRP 2010, 184 und 185), ist auf diese Art von „shallow comparativism“ (vgl Saunders, Engagement 587 in Anlehnung an die südafrikanische Verfassungsrichterin O’Regan) mE überhaupt zu verzichten (vgl dazu bereits oben 248 f); ein Unterbleiben rechtsvergleichender Ausführungen wird ja weniger daran liegen, dass ein Verfassungsgericht nicht imstande wäre, seine methodischen Überlegungen hinsichtlich der Auswahl der Vergleichsrechtsordnungen kurz, aber konzise darzulegen, sondern daran, dass es einfacher erscheint, ein methodisch unsicheres Terrain gar nicht erst offenzulegen (s bereits oben FN 812), was jedenfalls auch im Gegensatz zu der von Lachmayer (oben FN 850) geforderten Transparenz steht. Vgl auch Mayer, Bedeutung 170 f.

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  335. In diese Richtung auch Mayrhofer, JRP 2010, 192 f; allgemein Wieser, Verfassungsrecht 34 ff.

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  336. Die von Fuchs, JRP 2010, 182 f beschriebene „Stabilisationsfunktion“ differenziert nicht exakt zwischen Auswahl-und Bestätigungsfunktion, dürfte aber beide Funktionen umfassen. Dass die Rechtsvergleichung als Auslegungsmethode im engeren Sinn, die aus dem jeweiligen nationalen Verfassungsrecht abgeleitete Norminhalte unmittelbar zueinander in Beziehung setze, mit dem Ziel, die ausländische Rechtslage zur Klärung des Inhalts innerstaatlicher Normen beitragen zu lassen (Dieselbe, ibidem, 184), problematisch sei, ist mE nur dann der Fall, wenn sie im Verhältnis zu anderen Auslegungsmethoden Vorrang hätte (was mE nicht nur mit Begründungsproblemen einherginge, sondern an sich methodisch unzulässig wäre). Ein subsidiärer Nachrang ist mE hingegen zulässig, wenn auch nicht geboten. Vgl auch Müller-Franken, Verfassungsvergleichung 904 ff. Verschiedene, jedoch teilweise überlappende „Meinungsmodelle“ zum richterlichen Verfassungsvergleich skizziert Oberheiden, Typologie 35 ff.

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  337. Dazu im Detail Gamper, Austria (im Druck).

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  338. Vgl dazu Groppi /Ponthoreau (Hg), Use (im Druck); vgl auch den europäischen Überblick bei Wieser, Verfassungsrecht 36.

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  339. Ausführlich zu den verschiedenen komparativen Argumentationsweisen Mössner, AÖR 1974, 217 ff sowie mit etwas anderer Begriffsbildung Tschentscher, JZ 2007, 814 f. Verkürzend Weber, Verfassungsvergleichung 7 f, der der Rechtsvergleichung nur die positive oder negative Bestätigungsfunktion zuweist.

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  340. Dazu schon oben 249 f. Vgl auch Fuchs , JRP 2010, 182, Müller-Franken, Verfassungsvergleichung 918, Bydlinski, Methodenlehre 387, Saunders, Engagement 588.

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  341. Zur Notwendigkeit, durch verfassungsgerichtliche Verfassungsvergleichung nicht nur Gemeinsamkeiten, sondern auch Unterschiede herauszuarbeiten, Lachmayer, JRP 2010, 169.

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  342. Die im Verfassungsvergleich auffindbaren Verfassungstraditionen stimmen dabei bestenfalls teilweise mit den privatrechtlichen Rechtskreisen und Rechtsfamilien überein (vgl auch Müller-Franken, Verfassungsvergleichung 914 ff ).

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  343. Die Zahl der Fälle zwischen 1980 und 2010, in denen in einer Entscheidung auf ausländische Judikatur Bezug genommen wurde (vgl dazu Gamper, Austria [im Druck]), beläuft sich auf knapp über 50, schließt allerdings auch Entscheidungen ein, in denen der Verfassungsgerichtshof selbst keine Verfassungsvergleichung durchführte, allerdings Parteien mit ihren vergleichenden Ausführungen zitierte. Demgegenüber erbrachte die Recherche von Fuchs, JRP 2010, 178 im gleichen Zeitraum knapp 30 Fälle, in denen der Verfassungsgerichtshof selbst Rechtsvergleichung (aber nicht nur Verfassungsvergleichung) betrieb. Als gemeinsames Ergebnis dieser Untersuchungen dürfte festzuhalten sein, dass sich die rechtsvergleichende Argumentation im verfassungsgerichtlichen Verfahren sehr in Grenzen hält.

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  344. Dazu Gamper, Austria (im Druck).

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  345. Dabei findet die Judikatur des deutschen Bundesverfassungsgerichts (zur Anwendung der verfassungsvergleichenden Methode durch das Bundesverfassungsgericht selbst vgl Mössner, AÖR 1974, 228 ff, Weber, Verfassungsvergleichung 7, Herdegen, JZ 2004, 878 f, Schulze-Fielitz, Verfassungsvergleichung als Einbahnstraße?, FS Häberle [2004] 355 [359], Wieser, Verfassungsrecht 36, Sauer, Verfassungsvergleichung durch das Bundesverfassungsgericht, JRP 2010, 194 ff sowie Kaiser, Verfassungsvergleichung durch das Bundesverfassungsgericht, ibidem, 203 ff ) die weitaus größte Beachtung, was zum einen darauf zurückzuführen ist, dass die österreichischen Verfassungsrichter die deutsche Rechtsordnung im Regelfall besser als andere ausländische Rechtsordnungen kennen und jedenfalls sprachlich verstehen, was zum anderen aber auch methodisch gerechtfertigt ist, da man sich in einer ähnlichen Rechtskultur und damit auch einem sinnvollen Vergleichsrahmen bewegt.

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  346. Vgl auch Lachmayer, JRP 2010, 170 sowie bereits oben 249 f. Vgl weiters Holoubek, Wechselwirkungen zwischen österreichischer und deutscher Verfassungsrechtsprechung, in: Merten (Hg), Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland und Österreich (2008) 85 ff, Fuchs, JRP 2010, 177 f.

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  347. Vgl aus jüngerer Zeit etwa VfSlg 18.893/2009.

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  348. Dazu auch Mayrhofer, JRP 2010, 192. Vgl auch Beispiele der einschlägigen verfassungsgerichtlichen Judikatur bei Fuchs, JRP 2010, 180 ff sowie Gamper, Austria (im Druck). Zur (etwas größeren) Rolle der Rechtsvergleichung in der Praxis anderer österreichischer Höchstgerichte Heller, FS Schwind, 148 f.

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  349. VfSlg 1341/1930.

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  350. VfSlg 1351/1930.

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  351. Gleichwohl hält der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 1477/1932 es zumindest für der Mühe wert, auf den „auffälligen Gegensatz zu den in der Gesetzgebung anderer Staaten getroffenen Abgrenzungen des Gewerbebegriffes“ sowie auf einen teilweisen „Gegensatz zur Gesetzgebung fremder Staaten“ hinzuweisen.

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  352. VfSlg 7138/1973.

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  353. Typisch lapidar etwa der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 18.741/2009: „An [... der] Verpflichtung zur ausreichenden Begründung der Entscheidungen des Asylgerichtshofes ändert auch der vom belangten Gerichtshof ins Treffen geführte Umstand nichts, dass sich Gerichte anderer Staaten in Asylsachen möglicherweise mit Verweisen auf die Bescheide von Verwaltungsorganen Begnügen.“ (ähnlich auch VfSlg 18.861/2009).

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  354. Heller, FS Schwind, 149.

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  355. Ähnlich auch Fuchs, JRP 2010, 181.

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  356. VfSlg 2455/1952. Vgl dazu auch schon Gamper, Die Rolle der Bauprinzipien in der Judikatur des österreichischen Verfassungsgerichtshofes, JÖR 55 (2007), 537 (540 f ), Dieselbe, ZÖR 63 (2008), 375 ff.

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  357. Kritisch auch Wimmer, Verfassungsverständnis 48.

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  358. Kritisch zum österreichischen Bundesrat Pernthaler, Bundesstaatsrecht 352 ff, Weiss, Der Bundesrat und die Bundesstaatsreform, in: Schambeck (Hg), Bundesstaat und Bundesrat in Österreich (1997) 497 ff, Derselbe, Pernthaler, Der Bundesrat im Österreich-Konvent, in: Bußjäger/Hrbek (Hg), Projekte der Föderalismusreform — Österreich-Konvent und Föderalismuskommission im Vergleich (2005) 15 ff, Adamovich et al, Staatsrecht 179, Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss 217.

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  359. Dazu Gamper, Von der Bedeutung des Legislativföderalismus in Österreich und Europa, in: Kriechbaumer /Bußjäger (Hg), Das Februarpatent 1861 (2011) 179 (180).

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  360. Vgl zB Pernthaler, Bundesstaatsrecht 349 ff, Saunders, Legislative, Executive, and Judicial Institutions: A Synthesis, in: Le Roy/Saunders (Hg), Legislative, Executive, and Judicial Governance in Federal Countries (2006) 344 (347), Watts, Comparing Federal Systems3 (2008) 147 ff.

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  361. So im Ergebnis Kelsen /Froehlich /Merkl (Hg), Bundesverfassung 66, wenngleich die „jeweilige[...] Bestimmung des Bundesstaatsbegriffes“ dafür maßgeblich sei. Zum Art 2 BVG vgl allgemein auch den Bericht des Verfassungsausschusses, abgedruckt in Ermacora (Hg), Quellen 552 f.

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  362. Vgl Kelsen /Froehlich /Merkl (Hg), Bundesverfassung 101: „Die österreichische Bundesverfassung hat sich im allgemeinen mehr die deutsche Reichsverfassung als die schweizerische und amerikanische Bundesverfassung zum Vorbilde genommen“.

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  363. Zum unterschiedlichen Vorhandensein von „dual citizenship“ im empirischen Vergleich von Bundesstaaten Kincaid, Comparative Observations, in: derselbe/Tarr (Hg), Constitutional Origins, Structure, and Change in Federal Countries (2005) 409 (433 f ); zum theoretischen Erfordernis einer solchen Watts, Systems 9.

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  364. Ähnlich auch Saunders, Engagement 589.

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  365. Zu diesen Hemmnissen auch Mayrhofer, JRP 2010, 193, Lachmayer, ibidem, JRP 2010, 170, Fuchs, ibidem, JRP 2010, 184 f. Damit soll Behörden, die über einen Stab an wissenschaftlichen Mitarbeitern verfügen, wie dies üblicherweise bei Verfassungsgerichten der Fall ist, keine Verpflichtung zu exzessiven methodischen Ausführungen zugemutet werden. Es kann aber sehr wohl verlangt werden, in der gebotenen Kürze zu begründen, warum man eine ausländische Rechtsordnung vergleichend heranzieht und welchen Stellenwert diese für die Interpretation des konkreten Rechtsproblems hat.

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  366. Zu dieser Entscheidung auch Fuchs, JRP 2010, 180. Eine kumulativ-gleichrangige Bedienung primärer und sekundärer Auslegungsmethoden, wozu im letzteren Fall auch die rechtsvergleichende Auslegungsmethode zählt, ist mE methodisch unzulässig.

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  367. In VfSlg 15.632/1999 betonte der Verfassungsgerichtshof, dass „Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, worin dieses (generelle) kantonale Verbote medizinisch unterstützter Fortpflanzung als mit der eidgenössischen Verfassung unvereinbar aufgehoben hat [,...] diese Frage ausdrücklich mangels Entscheidungen der Straßburger Organe offen [lassen] und [...] sich ausschließlich auf Schweizer Verfassungsrecht [stützen]“, was für ihn ein Grund war, dieses rechtsvergleichende Argument nicht weiter zu verfolgen. In VfSlg 18.010/2006 führte der Verfassungsgerichtshof aus: „Auch aus der vom Beschwerdeführer herangezogenen Judikatur des Deutschen Bundesverfassungsgerichtes lässt sich für dessen Rechtsstandpunkt nichts gewinnen. Zum Einen ist diese Judikatur, wie der Beschwerdeführer selbst einräumt, nicht ohne weiteres auf die österreichische Verfassungsrechtslage übertragbar, welcher eine dem Art 33 Abs 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vergleichbare Bestimmung fehlt. Zum Anderen hat der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Ziel der Entlastung des Budgethaushaltes an sich geeignet sein könne, Eingriffe in bestehende Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen, ohne das Hinzutreten weiterer Rechtfertigungsgründe, insbesondere auch nicht bei einem Eingriff in BeamtInnenpensionen, zu verlangen“. In dieser Entscheidung zeigt sich der Verfassungsgerichtshof vorsichtig, was die Zulässigkeit der rechtsvergleichenden Auslegungsmethode anbelangt: Er verwirft sie nicht von vornherein, sondern lässt sie unter der Bedingung der „Vergleichbarkeit“ zu. Inhaltlich lehnt er das rechtsvergleichende Argument allerdings mit einem Hinweis auf seine ständige Judikatur ab. Daraus ergibt sich sehr deutlich, dass der Verfassungsgerichtshof die rechtsvergleichende Auslegungsmethode nur subsidiär zulässt, sie jedoch, sobald ein innerstaatliches Argument dagegen spricht, ablehnt.

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  368. Dazu Gamper, Grundordnung 135 ff.

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  369. Zum Phänomen der „impliziten“ Verfassungsvergleichung de Vergottini, Dialogo 143 ff, Weber, Verfassungsvergleichung 7, Groppi/Ponthoreau (Hg), Use (im Druck). Dies führt fast immer zur Beschränkung vergleichender Untersuchungen auf explizite Hinweise auf ausländisches Recht (vgl jüngst wieder Saunders, Engagement 572).

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  370. Insofern ist die vonLachmayer, JRP 2010, 175 zu Recht geforderte Methodentransparenz zwar begrüßenswert, aber keine Kompensation für fehlende demokratische Legitimation (dazu bereits oben FN 850).

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  371. Eine „Dunkelziffer“ vermutet diesbezüglich auch Fuchs, JRP 2010, 178.

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  372. Stelzer, Das Wesensgehaltsargument und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1991).

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  373. Merli, Rechtsprechungskonkurrenz zwischen nationalen Verfassungsgerichten, Europäischem Gerichtshof und Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte, VVDStRL 66 (2007) 392 (405) unterscheidet zwischen Bekräftigungs-, Ergänzungs-und Anregungsfunktion, die die Rechtsprechung von EGMR, EuGH und Verfassungsgerichtshof gegenseitig entfalten (vgl zum europäischen „Verfassungsgerichts-“ und „Rechtsprechungsverbund“ auch schon oben FN 825). Dafür gilt freilich anderes als für den Vergleich der Rechtsprechung ausländischer Verfassungsgerichte, weil diese Gerichte und vor allem die von ihnen anzuwendenden Rechtsnormen in einem anderen Verhältnis zueinander stehen als die nationalen Verfassungsgerichte und Verfassungen.

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  374. Einer Aufforderung an den Verfassungsgerichtshof, der Rechtsvergleichung in Zukunft mehr Raum zu geben (so Fuchs, JRP 2010, 179 unter Bezugnahme auf die von ihr [in FN 22] angenommene Meinung der Verfasserin), ist daher nur dann beizutreten, wenn diese den genannten restriktiven Einsatzbedingungen entspricht und methodisch einwandfrei offen gelegt wird.

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  375. Fuchs, JRP 2010, 182.

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  376. Zur Bedeutung der Grundrechtsvergleichung zwischen den EU-Mitgliedstaaten Mayrhofer, JRP 2010, 191; für Österreich Fuchs, ibidem, 185; allgemein Jackson, ICON 8 (2010), 536, Tsen-Ta Lee, ICON 5 (2007), 122 ff. Für Häberle, JZ 1989, 916 wird die Grundrechtsvergleichung in der Grundrechtsinterpretation überhaupt zur „unverzichtbaren — „fünftenAuslegungsmethode“.

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  377. Dazu auch Buergenthal / Thürer, Menschenrechte (2010) 23 ff und 285 ff, Häberle, JZ 1989, 916, Tsen-Ta Lee, ICON 5 (2007), 151.

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  378. Entgegen Lachmayer, JRP 2010, 169 (ähnlich auch FUCHS, ibidem, 186) geht mit der Verfassungsvergleichung per se mE jedoch noch keine „Erhöhung der Freiheit des Einzelnen gegenüber dem Staat“ einher. Wenn internationale Menschenrechtsdokumente diese Freiheit erhöhen, liegt dies an ihrem Inhalt, der so oder anders gestaltet sein kann; es ist dann aber dieser völkerrechtliche Inhalt, der die nationalen Grundrechte erweitert, und nicht das wie auch immer geartete Verständnis einer ausländischen Verfassung diesen internationalen Grundrechten gegenüber. Vergleichung oder Internationalisierung muss also keineswegs zu einer dynamischeren oder aus Sicht des Grundrechtsträgers günstigeren Sichtweise führen — im Gegenteil, es kann gerade die Suche nach dem „kleinsten gemeinsamen Nenner“ zu Minimalstandards führen, die unter dem nationalen Niveau liegen. Zur Funktion der grundrechtlichen Günstigkeitsklauseln vgl bereits oben 23 ff.

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  379. Erläuterungen zur Charta der Grundrechte ABl 2007 C 303/17.

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  380. Mit Beispielen Gamper, ZÖR 63 (2008), 366 f. Als methodisches Problem muss insbesondere angesehen werden, dass Rechtsvergleiche üblicherweise keineswegs alle Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten berücksichtigen, sondern stattdessen selektiv in ihrer Auswahl vorgehen (vgl dazu schon oben 252). Sosehr dies aus praktischen Erwägungen nachvollziehbar ist, müsste aber doch erwartet werden können, dass diese Auswahl sachlich begründet ist, also etwa so erfolgt, dass Rechtsordnungen im Hinblick auf ihre Bedeutung in einem bestimmten Rechtskreis pars pro toto ausgewählt werden; nicht aber, dass Rechtsordnungen danach ausgewählt werden, ob es sich um einen großen und einflussreichen Staat und eine dementsprechend bekannte Rechtsordnung handelt oder ob die Richter die Sprache dieses Mitgliedstaats verstehen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass rechtsvergleichende Erwägungen selten ausführlich begründet sind, manchmal überhaupt nur in Begrifflichkeiten wie „die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen“ oder „das gemeinsame Verfassungserbe“ entdeckt werden können. Sofern Zitate überhaupt erfolgen, handelt es sich zumeist um die Bezugnahme auf Rechtstexte — inwiefern dies stets hinreicht, ein konkretes Rechtsproblem zu lösen, oder ob vielmehr ergänzende Bezugnahmen auf die jeweilige staatliche Rechtskultur, Gesetzesmaterialien, Judikatur oder Lehre erforderlich wären, sei dahingestellt. Vgl auch ausführlich Mayer, Bedeutung 172 ff.

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  381. Vgl dazu Seyr, JRP 2010, 232, Gamper, ZÖR 63 (2008), 371.

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  382. Gamper, Staat 34 f.

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  383. Holoubek, ZÖR 54 (1999), 107 zufolge geben die Grundrechte auf Grund ihrer „bekannt lapidaren verfassungsgesetzlichen Formulierung und ihrem Charakter als „unbestimmte Rechtsbegriffe [...]“ von ihrem Textzusammenhang her deutlich weniger Anhaltspunkte für die Interpretation [...] als andere Verfassungsnormen“.

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  384. Vgl zB Mohr, Abgrenzung von Selbstbestimmungsrecht und Minderheitenschutz, in: Heintze (Hg), Selbstbestimmungsrecht der Völker — Herausforderung der Staatenwelt (1997) 122 ff, Pernthaler, Staatslehre 59 ff, Gamper, Staat 75.

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  385. Zur Charta der lokalen Selbstverwaltung des Europarats Schefold, FS Wildhaber, 1057 ff. Zur Stellung der lokalen Selbstverwaltung im weltweiten Vergleich Steytler (Hg), The Place and Role of Local Government in Federal Systems (2005), Derselbe (Hg), Local Government and Metropolitan Regions in Federal Systems (2009), Moreno (Hg), Local government in the Member States of the European Union: a comparative legal perspective (2012).

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  386. Zu den daraus erfließenden Garantien vgl die Rechtsprechungsübersicht bei Grabenwarter / Pabel, Menschenrechtskonvention 369 ff, Thienel, Staatsangehörigkeit und Wahlrecht im sich einigenden Europa: Das „Volk“ im Sinne des Art 3 1. ZPEMRK, FS Öhlinger (2004) 356 ff.

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  387. Holoubek, ZÖR 54 (1999), 100, Schäffer, FS Koja, 119 ff.

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  388. Zur „evolutiven“ Interpretation des EGMR jüngst Dzehtsiarou, European Consensus and the Evolutive Interpretation of the European Convention on Human Rights, German Law Journal 2011, 1730 ff.

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  389. Dieser judicial activism fällt nicht immer zu Gunsten des Grundrechtsträgers aus: Beispielsweise ist die Beschränkung der Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung auf intentionale Eingriffe, wie dies der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf einige Grundrechte (nicht immer konsequent) verlangt, eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung, die sich zu Lasten des Grundrechtsträgers auswirkt. Vgl ausführlich Holoubek, Die Interpretation der Grundrechte in der jüngeren Judikatur des VfGH, in: Machacek / Pahr / Stadler (Hg), 70 Jahre Republik (1991) 43 ff.

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  390. Schäffer, FS Koja, 120 ff, Grewe, ZaöRV 61 (2001), 462 f, Thürer, FS Öhlinger, 291, Wiederin, Verfassungsinterpretation 96. Eine allgemeine Entwicklungslinie zeichnet für Deutschland nach: Schefold, Von der Grundrechtsinterpretation zur Verfassungstheorie, in: Acham/Nörr/Schefold (Hg), Der Gestaltungsanspruch der Wissenschaft (2006) 343 ff. Zum Wandel der Grundrechtsinterpretation „alter“ Grundrechte vgl die Fallstudien von Favoreu, Property Rights in Contemporary Court Practice: An Example of Interpretation of Old Constitutional Texts, in: Smith (Hg), Constitutional Justice under Old Constitutions (1995) 191 ff, Helgesen, Interpretation or Reinterpretation?, ibidem, 205 ff und Michelman, Construing Old Constitutional Texts: Regulation of Use as „Taking“ of Property in United States Constitutional Jurisprudence, ibidem, 227 ff.

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  391. Dazu allgemein Schambeck, Zur Theorie und Interpretation der Grundrechte in Österreich, in: Machacek / Pahr / Stadler (Hg), 70 Jahre Republik (1991) 83 (87 ff ), Hiesel, ZfRV 2000, 53 ff, Schäffer, FS Koja, 118 ff.

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  392. Dazu etwa Wiederin, Grundlagen 439 ff.

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  393. Heller, FS Schwind, 154 f.

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  394. Heller, FS Schwind, 155.

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  395. Vgl auch Novak, Verhältnismäßigkeitsgebot und Grundrechtsschutz, FS Winkler (1989) 39 (57), dem zufolge Rechtsvergleichung neue dogmatische Wege anzubahnen oder gedanklich nachzuvollziehen, jedoch nicht deren Richtigkeit zu beweisen vermag.

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  396. Zutreffend Hillgruber, Verfassungsinterpretation 529.

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  397. Heller, FS Schwind, 154.

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  398. Dazu etwa Öhlinger, Grundrechtsreform 341 ff, Holoubek, Grundrechtskompilation oder Grundrechtsreform?, in: Berka et al (Hg), Verfassungsreform (2004) 31 ff, Gamper, Percorsi Costituzionali 2010, 211 ff.

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  399. Im europäischen Vergleich der Verfassungsrevisionsregeln (vgl dazu etwa Wiederin, Über Inkorporationsgebote und andere Strategien zur Sicherung der Einheit der Verfassung, ZÖR 59 [2004], 175 ff ) dürfte dies jedenfalls erwiesen sein.

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  400. Ähnlich wie bei der Bundesstaatsreform; vgl zuletzt etwa Grotz / Poier, Zwischen Gemeinschaftsprojekt, Tauschgeschäft und Symbolpolitik: die Initiativen zu Bundesstaatsreformen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Z Vgl Polit Wiss 2010, 233 (245 ff ).

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  401. Zu den Spannungen zwischen den Gerichten vgl zB Öhlinger, Bedeutung 245 ff, Holoubek, Interpretation 49 f, Schäffer, Die Grundrechte im Spannungsverhältnis von nationaler und europäischer Perspektive, ZÖR 62 (2007), 1 ff, Grabenwarter, FS Machacek/ Matscher, 129 ff.

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  402. Zum Einfluss der EMRK bzw der EGMR-Rechtsprechung auf die Interpretation der österreichischen Grundrechtsvorbehalte auch Wiederin, Grundlagen 442 f sowie Holoubek, Interpretation 49 f, der daneben aber auch noch auf Ansätze des österreichischen Verwaltungsrechts verweist, die die Entwicklung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ebenso beeinflusst hätten wie die geänderte Haltung des Verfassungsgerichtshofs, Grundrechte als auch den Gesetzgeber bindende, allerdings nicht unbeschränkbare Freiheiten des Einzelnen zu verstehen (ähnlich Holoubek, Zur Begründung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes — verwaltungs-, verfassungs-und gemeinschaftsrechtliche Aspekte, FS Rill [1995] 97 [99 ff ]). Diese Faktoren stehen allerdings wohl nicht auf gleicher Ebene, da ja als Nächstes gleich die Frage aufzuwerfen ist, wodurch der Verfassungsgerichtshof zu dieser geänderten Interpretation von Grundrechten motiviert wurde und wie er diese rechtlich legitimiert. Zu beachten ist, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten zu Lasten des Grundrechtsträgers, bei unter formellem Eingriffsvorbehalt stehenden Grundrechten zu Gunsten des Grundrechtsträgers ausschlägt: Im erstgenannten Fall dürfte der von Korinek, FS Walter, 381 geschilderte Faktor maßgeblich sein; eine systematisch-logische Interpretation ergibt ja, dass von einer Vielzahl von Grundrechtsträgern beanspruchte Grundrechte zueinander in Spannung treten können, was ebenso wie das Verfassungsziel des Gemeinwohls eine gewisse Grenze nahelegt.

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  403. Zur unterschiedlichen textlichen Verankerung und verfassungsgerichtlichen Entfaltung dieses Grundrechts vgl die Beiträge vonFavoreu , Helgesen und Michelman in Smith (Hg), Justice sowie Alexander, Property Rights, in: Amar/Tushnet (Hg), Global Perspectives on Constitutional Law (2009) 59 ff.

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  404. Dazu näher Holoubek , Interpretation 46 ff und 50 ff, Korinek, FS Walter, 376.

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  405. Vgl zur Möglickeit der Derogation von Verfassungsrecht durch die EMRK Grabenwarter , Grundrechte 57; s auch VfSlg 19.016/2010.

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  406. Für dieses und andere Grundrechte beispielhaft Novak , FS Winkler, 41 ff.

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  407. In gewisser Weise ähnelt ein solcher Legitimationsansatz dem Versuch, die dynamische Rechtsprechung des EGMR aus einem „European consensus“, der aus „external and verifiable circumstances, namely laws of the Contracting Parties“, ableitbar sei (Dehtsiarou , German Law Journal 2011, 1741 ff), zu legitimieren. Letzten Endes geht es also um die Vermutung einer impliziten Gewolltheit, die von einer allgemeinen Rechtsentwicklung indiziert wird und zwischen streng historischer und uneingeschränkt evolutiver Interpretation vermittelt.

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  408. Heller , FS Schwind, 155.

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  409. Dazu näher Wiederin , Grundlagen 440 f, Pöschl, Gleichheitsrechte, in: Merten/Papier (Hg), Handbuch der Grundrechte, Bd VII/1: Grundrechte in Österreich (2009) 251 (255 f ).

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  410. Vgl zur vergleichsweise späten Entwicklung der Grundrechtsbindung der Gesetzgebung Pernthaler , Bundesstaatsrecht 644 f.

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  411. In diese Richtung wohl auch Wiederin , FS Winkler, 1251 ff. Andererseits ist es auffällig, dass die Französische Deklaration der Menschen-und Bürgerrechte, die deutlich früher erlassen wurde als das StGG, nicht nur formelle, sondern bereits auch materielle Eingriffsvorbehalte enthält. Weniger Eingriffsvorbehalte an sich verankern hingegen die Amendments zur US-amerikanischen Verfassung: Dies ist wohl auf dieselbe Ideenlehre zurückzuführen, die zunächst überhaupt dazu führte, dass die Verfassung von 1787 kaum Grundrechte enthielt. Hamilton äußerte sich in dem ihm zugeschriebenen Kapitel Nr 84 der Federalist Papers gegen die explizite Verankerung von Grundrechten, weil nach seinem Dafürhalten gerade dadurch der Eindruck erweckt würde, es bedürfe einer solchen Verankerung, um sich der Bedrohung durch die Staatsgewalt zu erwehren; diesem frühen Verfassungsverständnis liegt die naturrechtliche Vorstellung zugrunde, dass der Mensch über angeborene Rechte verfüge, die keiner positivrechtlichen Anordnung bedürften (vgl dazu Amendment IX und bereits oben 24 f ).

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  412. Zu diesen jüngeren Grundrechtsverbürgungen mit weiteren Beispielen auch Wiederin , Grundlagen 443 f.

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  413. Wiederin, Verfassungsinterpretation 85 hält es für paradox, dass die Berücksichtigung der Genese der Stammfassung des B-VG stärker denn je im kollektiven Bewusstsein der Verfassungsinterpreten sei. Umso auffälliger muss sich freilich eine darauf gestützte (insgesamt wohl wenig ergiebige) Grundrechtsinterpretation von der dynamischen Grundrechtsjudikatur der Gegenwart abheben.

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  414. Zum Abwägungsmodell etwa Goerlich , Optimierungsaufgaben der Verfassungsinterpretation, Rechtstheorie 8 (1977), 231 ff, Hinderling, Rechtsnorm 220 ff, Schäffer, FS Koja, 121, Thürer, FS Öhlinger, 291, Von Bernstorff, Kerngehaltsschutz durch den UN-Menschenrechtsausschuss und den EGMR: Vom Wert kategorialer Argumentationsformen, Der Staat 2011, 165 ff, Stelzer, Wesengehaltsargument 217 ff, Larenz, Methodenlehre 404 ff.

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  415. Zur Entfaltung dieses Prinzips Merten , Zur verfassungsrechtlichen Herleitung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, FS Schambeck (1994) 349 ff, Novak, FS Winkler, 39 ff, Holoubek, FS Rill, 97 ff.

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  416. SchäFfer , FS Koja, 120 f. Zum Erfolg des Verhältnismäßigkeitsprinzips weltweit Perju, ICON 8 (2010), 348. Vgl auch die Debatte zwischen Tsakyrakis, Proportionality: An assault on human rights?, ICON 7 (2009), 468 ff, Khosla, Proportionality: An assault on human rights?: A reply, ICON 8 (2010), 298 ff und Tsakyrakis, Proportionality: An assault on human rights?: A rejoinder to Madhav Khosla, ICON 8 (2010), 307 ff; weiters Cohen-Eliya/Porat, American balancing and German proportionality: The historical origins, ICON 8 (2010), 263 ff.

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  417. Vgl dazu auch Delpérée, Sources 259: „So the rule of equality, and its corollary, the rule of proportionality, gradually extends to new areas of constitutional law. We cannot assert that the rule is new. It just applies to new areas.“ Für Österreich vgl Öhlinger, Bedeutung 347 f.

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  418. Öhlinger , FS Adamovich, 506, Alexy, Theorie 71 ff.

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  419. Vgl dazu bereits Art 4 der Französischen Deklaration der Menschen-und Bürgerrechte, wonach Freiheit so definiert wird, frei zu sein, alles zu tun, was niemanden anderen verletze. Daher habe die Ausübung der natürlichen Rechte jedes Menschen keine andere Grenze als diese, die die Ausübung Derselbe Rechte durch andere Mitglieder der Gesellschaft gewährleiste, wobei diese Grenze nur durch Gesetz bestimmt werden könne. Damit wird für alle Grundrechte festgelegt, nicht so weit oder absolut verstanden werden zu können, dass sie die Grundrechte eines anderen Menschen beeinträchtigten, was freilich eine nicht immer eindeutige Abwägung erfordert. Ausführlich Troper, Interpretation 161 ff.

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  420. Korinek , FS Walter, 381. Vgl auch Schambeck, Theorie 85, wonach es „von Anfang der Wille des Gesetzgebers“ gewesen sei, dass die unbestimmten Grundrechtsformulierungen „Grundlage für konkrete, vor einem Gerichtshof durchsetzbare Ansprüche sein“ (Hervorhebungen im Original) sollten.

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  421. Potacs, Auslegung 220 nennt es einen „allgemeinen Rechtsgrundsatz“; kritisch zur Begründung als allgemeiner Rechtsgrundsatz Pernthaler, Ungeschriebene Grundrechte und Grundrechtsprinzipien in der österreichischen Rechtsordnung, FS Öhlinger (2004) 447 (467). Dass eine verhältnismäßige Interessenabwägung auch in anderen Verfassungssegmenten als den Grundrechten eine Rolle spielen kann, belegt etwa das bundesstaatliche Berücksichtigungsprinzip (vgl oben 187 ff ). Weiterführende Herleitungen finden sich auch bei Holoubek, FS Rill, 99 ff und für Deutschland bei Von Arnauld, Die normtheoretische Begründung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, JZ 2000, 276 ff.

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  422. Pöschl , Über Gleichheit und Verhältnismäßigkeit, JBl 1997, 413 ff, Holoubek, FS Rill, 103 ff, Novak, FS Winkler, 39 ff, Kucsko-Stadlmayer, Die allgemeinen Strukturen der Grundrechte, in: Merten/Papier (Hg), Handbuch der Grundrechte, Bd VII/1: Grundrechte in Österreich (2009) 49 (97 ff ).

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  423. Dazu für Österreich Schick , Auslegung 209 ff; allgemein Starck, Rechtsfortbildung 15 ff.

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  424. Zur Begrifflichkeit Watson, Transplants.

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  425. So schon Kelsen, Rechtslehre 350. Zur „diskursiven Einlösbarkeit“ des Verhältnismäßigkeitsprinzips Stelzer, Wesensgehaltsargument 300.

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  426. Zur internationalen Diskussion zB Alexy , Constitutional Rights, Balancing, and Rationality, Ratio Juris 16 (2003), 131 ff, Kumm, Constitutional rights as principles: On the structure and domain of constitutional justice, ICON 2 (2004), 574 ff, Möller, Balancing and the structure of constitutional rights, ICON 5 (2007), 453 ff, Tsakyrakis, ICON 7 (2009), 468 ff, Derselbe, ICON 8 (2010), 307 ff und Khosla, ibidem, 298 ff. Kritisch jüngst auch Stelzer, FS Mayer, 751, wonach unter Verhältnismäßigkeit nicht jedwede Art von Güterabwägung nach Plausibilitätsgesichtspunkten zu verstehen sei.

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  427. Zu Verknüpfungen zwischen Gleichheit und Verhältnismäßigkeit Novak, FS Winkler, 58 sowie Pöschl, JBl 1997, 433 f.

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  428. Zur Unterscheidung zwischen Maßstab und Methode der Interpretation bereits oben 110 ff.

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Gamper, A. (2012). Regeln der österreichischen Verfassungsinterpretation und ihre Anwendung durch den Verfassungsgerichtshof. In: Regeln der Verfassungsinterpretation. Forschungen aus Staat und Recht, vol 169. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-1136-9_3

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