Zusammenfassung
Der bekannte Anfang eines unbekannten Romans. Welcher Bildungsbeflissene kennt ihn nicht? Er wird häufig zitiert, auch außerhalb der Musil — Literatur. Unbestreitbar übt er Faszination aus; und es ist das Thema des Romans selbst, das diese Faszination ausmacht, ein Thema, das Musil hier mit spielerischer Leichtigkeit an einer so nebensächlichen und abseitigen Begebenheit wie dem Wetter in Szene zu setzen versteht. Es ist die Spannung zwischen neuem und altem Denken, eine Spannung, die die scheinbar selbstverständlichen Zugriffe auf die Realität infrage stellt, die scheinbaren Festigkeiten in funktionale Zusammenhänge auflöst. Das ist sehr theoretisch gesagt, aber auch Musil verliert schnell die spielerische Leichtigkeit des Anfangs und beginnt, ja muß aus der inneren Notwendigkeit seiner Problematik heraus damit beginnen, sich in ein Gewebe von Reflexionen und Philosophien zu verwirren. Dem ist nachzugehen — diese Einleitung will eine erste Annäherung versuchen -, aber nicht anhand des Romananfangs. Er soll nicht analytisch zerschnitten und zergliedert werden, sondern in seiner spielerischen Leichtigkeit und Schönheit so stehenbleiben, wie er dasteht.
»Über dem Atlantik befand sich ein barometrisches Minimum; es wanderte ostwärts, einem über Rußland lagernden Maximum zu, und verriet noch nicht die Neigung, diesem nördlich auszuweichen. Die Isothermen und Isotheren taten ihre Schuldigkeit. Die Lufttemperatur stand in einem ordnungsgemäßen Verhältnis zur mittleren Jahrestemperatur, zur Temperatur des kältesten und des wärmsten Monats und zur aperiodischen monatlichen Temperatur — Schwankung. Der Auf- und Untergang der Sonne, des Mondes, der Lichtwechsel des Mondes, der Venus, des Saturnrings und viele andere bedeutsame Erscheinungen entsprachen ihrer Voraussage in den astronomischen Jahrbüchern. Der Wasserdampf in der Luft hatte seine höchste Spannkraft, und die Feuchtigkeit der Luft war gering. Mit einem Wort, das das Tatsächliche recht gut bezeichnet, wenn es auch etwas altmodisch ist: Es war ein schöner Augusttag des Jahres 1913.« (9)
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Völse, HJ. (1990). Eine Art Einleitung. In: Im Labyrinth des Wissens. Literaturwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-20507-4_1
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