Zusammenfassung
Im Jahre 1801 gab Paul I. von Rußland seiner Armee den Befehl, das britische Indien anzugreifen. Die Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens weit unterschätzend (1), erhoffte der Zar sich vom Besitz Indiens Reichtum und einen neuen gewaltigen Absatzmarkt für die russischen Erzeugnisse. Der Herrscher legte auch die Beweggründe dar, die ihn zu seinem Entschluß geführt hatten: England wolle mit seiner Flotte und Armee die mit Rußland verbündeten Länder Dänemark und Schweden besiegen, und daher müsse Rußland seinerseits die britische Macht treffen “where the blow should be felt most and be least expected” (2). Damit war das Motiv für das russische Vorwärtsdrängen in Richtung Indien, das auch für alle späteren Bewegungen dieser Art bestimmend werden sollte, deutlich ausgesprochen: England hatte eine besonders verwundbare Stelle und die lag in Asien. Wollte man die britische Macht in Europatreffen, dann mußte man Englands Achillesferse in Indien verletzen.
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Anmerkungen
Zu A. I: Rußland und England im 19. Jahrhundert in Asien
Der Zar rechnete damit, daß die russischen Truppen von Orenburg aus die indi-scheGrenze in 3 Tagesmärschen erreichen würden! Vgl. Vambéry, The Coming Struggle, S. 57.
ebd.
Cleinow, Rußland in Zentralasien, S. 63.
Quadflieg, Russische Expansionspolitik, S. 125 f.
ebd., S 150.
ebd., S. 150 f.
Cambridge History of India, VI, S. 407.
Zur Eroberung der Khanate vgl. u.a. Majumdar, British Paramountcy, S. 1043.
Die britischen Verfechter einer Vorwärtspolitik bedienten sich genau der gleichen Argumente.
“L’Etat se trouve donc dans l’alternative ou d’abandonner ce travail incessant et de livrer ses frontières à des désordres perpétuels qui y rendent toute prospérité, toute sécurité, toute civilisation impossible, ou bien d’ avancer de plus en plus dans la profondeur de contrées sauvages où à chaque pas qu’ il accomplit les distances accroissent les difficultés et les charges auquelles il s’expose.” (Colquhoun, Russia against India, S. 232 f).
Cleinow, Rußland in Zentralasien, S. 65 f.
So war beispielsweise Merw ein wichtiger Umschlagsplatz für die zentralasiatische Baumwolle.
“Rußland hat dreierlei Pläne auf Indien: erstens, in der fernen Zukunft diese reiche Perle dem reichen Diadem asiatischer Besitzungen einzufügen, die Perle, zu deren Erlangung es sich so lange mit so vielen Kosten einen Weg durch die un-wirthbarsten Steppen der Welt bahnt; dann, seinem Einfluß über die gesamte Welt des Islam, deren größter und gefährlichster Feind es heute geworden, hierdurch die möglichste Wirkung zu verleihen, da der Besitzer Indiens in den Augen der Mohammedaner das Nonplusultra von Macht und Größe erreicht hat, und zuletzt, drittens, durch Bändigung des britischen Leuen jenseits des Hindukusch sein Vorhaben am Bosporus, mit größter Leichtigkeit verwirklichen zu können.,” (Vambéry, Centralasien, S. 23 f).
So schrieb z.B. Sir H. Rawlinson, ein langjähriges Mitglied des Council of India: “Anyone who traces the movements of Russia towards India on the map cannot fail to be struck with the resemblance which these movenments bear to the operations for an army opening parallels against a beleaguered fortress.” (Zitiert nach Colquhoun, Russia against India, S. 199) — Und in der QUARTERLY REVIEW (Bd. 175, 1892, S. 512) meinte ein anonymer Autor: “The practical politician, as for instance Professor Vambéry, and others... know that the time must come when England and Russia will fight for the paramount power in Asia.”
Dieses Motiv der russischen Außenpolitik hat der russische Botschafter am Hofe von St. James, Staal, einmal offen ausgesprochen. S. Meyendorff, Correspondance diplomatique, I. S. 26. Vgl. ferner einen Ausspruch von General Skobelow aus dem Jahre 1877: “Plus la Russie divient forte en Asie Centrale, plus l’Angleterre deviendra faible aux Indes et accomodante en Europe. ” (Zitiert nach Terenzio, Rivalité anglo-russe, S. 168).
Vgl. Cleinow, Rußland in Zentralasien, S. 70.
Artikel für die NINETEENTH CENTURY REVIEW. Curzon Coll. Bd. 19.
Vambéry, The Coming Struggle, S. 56.
“Taking every view... of this great question... (der Vorwärtspolitik), the progress of Russia in Central Asia, the effect it will, in course of time, have on India, the arrangements which we should have to make to meet it, I am firmly of opinion that our proper course is not to advance our troops beyond our present border, nor to send English officers into the different States of Central Asia, but to put our own house in order by giving the people of India the best government in our power, by conciliating, as far as practicable, all classes, and by consolidating our resources. ” (Zitiert nach Colquhoun, Russia against India, S. 158).
Cambridge History of India, VI, S. 408.
Rußland hatte zu dem Zeitpunkt allerdings schon die Erklärung abgegeben, daß Afghanistan außerhalb seines Einflußbereiches liege.
Cambridge History of India, VI, S. 410 f.
Vgl. das Schreiben der G. of I. an den S. of S. fori. v. 4. 1.1869. Parl. Papers, Cd 4201. S. 43 ff.
Philips, India and Pakistan, S. 443 f. Vollständiger Text des Memorandums bei Rawlinson, England and Russia, S. 263 ff.
Vgl. Cecil, Salisbury, II, S. 159 and Caroe, The Pathans, S. 373 f.
Cambridge History of India, VI, S. 414 f.
ebd., S. 416.
ebd.
ebd., S. 418 f und Majumdar, British Paramountcy, S. 1050.
Zum Verlauf des Krieges s. Roberts, Forty-one Years, II.
ebd., S. 173.
Cambridge History of India, VI, S. 420.
Er erklärte Roberts, er wolle fortan lieber Gras schneiden als Herrscher über die verräterischen Afghanen sein! Roberts, Forty-one Years, II, S. 235.
ebd., S. 311 f.
Roberts, Forty-one Years, II, S. 319 f. — Über eine Annexion von Herat durch Persien wurde in Teheran verhandelt. Vgl, Cambridge History of India, VI, S.420.
Vgl. Morley, Gladstone, II, S. 160 ff.
Cambridge History of India, Vi, S. 421.
Schreiben von Mr. Griffin an Abdur Rahman, übergeben am 31.7. 1880, meistens zitiert unter dem Datum des 20.7.1880. Parl. Papers Cd 2534, S. 5.- Dieser Brief war die Rechtsgrundlage für die Beziehungen zwischen der G. of I. und dem Emir von Afghanistan in den nächsten zwei Jahrzehnten. Er wurde von Abdur Rahman zwar nie bestätigt — jedenfalls ging im I. O. keine Antwort ein- ; daß der Emir aber mit den Abmachungen einverstanden war, entnahm die britische Regierung einem Schreiben Abdur Rahmans an Griffin vom 22. 6. 1880 (ebd. S. 4 f)
Roberts, Forty-one Years, II, S. 329.
Ripon an Abdur Rahman, 16.6.1883. Parl. Papers Cd. 2534, S. 6.
Habberton, Anglo-Russian Relations, S. 50.
ebd., S. 52.
Morley, Gladstone, II, S. 318.
Es kam hinzu, daß nicht einmal der Emir genau wußte, ob Pendscheh zu seinem Hoheitsgebiet gehörte. Vgl. Noyce, England, India, Afghanistan, S. 132.
Habberton, Anglo-Russian Relations, S. 55.
Text des Einigungsprotokolls vom 10. 9. 1885 bei Aitchison, Treaties, XII, S. 243 f.
ebd., S. 247 ff.
Abdur Rahman, Autobiography, II, S. 152 f.
Seaver, Younghusband, S. 143 ff.
ebd., S. 145.
Note Außenministers Lord Kimberley an Staal v. 11. 3. 1895. Text bei Habberton, Anglo-Russian Relations, S. 91 f.
Aitchison, Treaties, XIII, S. 256 f.
Elgin an Abdur Rahman, 23.3.1897. Curzon Coll., Bd. 294.
Als eine Stimme von vielen Colquhoun (Russia against India, S. 52): “The time has gone by for paying attention to pledges; it has been abundantly proved that they are given as a matter of diplomacy and are abandoned whenever it is found convenient.”
Lord Salisbury hatte schon 1877 in einemBrief an Königin Victoriy bemerkt, Großbritannien sei von Deutschland mehr bedroht als von Rußland. Vgl. Kennedy, Salisbury. S. 106.
ebd., S. 274.
Salisbury an O’Connor, (tel.) 17. u. 25.1.1898. BD., I, Nr. 5 u. 9.
O’Connor an Salisbury (tel.), 7.2.1898. ebd., Nr. 13.
O’Connor an Salisbury (tel.), 3.2.1898. ebd. Nr. 11.
O’Connor an Salisbury (tel.), 3.3.1898, Nr. 22.
Zu A. II: England im Burenkrieg: der Zwang zur Umorientierung der britischen Außenpolitik
Pari. Deb., 4. Serie, Bd. 118, Sp. 521.
Monger, The End of Isolation, S. 8.
Vgl. Langer, The Diplomacy of Imperialism, S. 671. — Damals schrieb der nachmalige englische König an Wilhelm II. : “You have no idea, my dear William, how all of us in England appreciate the loyal friendship which you manifest towards us on every possible occasion. ” (ebd.)
ebd.
Murawjows Denkschrift v. 25. 1. 00. S. “Die zaristische Diplomatie... ”, in: Die KRIEGSSCHULDFRAGE, 6. Jhg., S. 642 ff.
ebd., S. 648.
Kuropatkin an Murawjow, 29.2.00. ebd., S. 661.
Zu A. III London und Kalkutta: Schwierigkeiten in der Gestaltung einer einheitlichen Politik
Philips, The Evolution of India and Pakistan, S. 10.
Minto an Sir Arthur Bigge, 5. 7. 10. Zitiert nach Buchan, Minto, S. 312.
Noch im Jahre 19 09 soll das India Office kein Telefon und nur einen einzigen Boten gehabt haben! Vgl. Mary Minto, India, Minto and Morley, S. 324.
Das englische Kabinett befaßte sich gewöhnlich nur in Krisenzeiten mit indischen Angelegenheiten und überließ auch dann nicht selten die Entscheidung dem federführenden Minister.
Curzon an Godley, 27.1.04. Godley Coli., Bd. 60a.
ebd. — Curzon hat mit dieser Vorausschau, in der Rückschau gesehen, seine Amtszeit exakt analysiert und die Zukunft richtig vorausgesehen. Freilich, wenn Curzon von der Mobilisierung der öffentlichen Meinung sprach, so mag ihm die nationalistische Agitation für die Durchsetzung seiner Ziele zuweilen nicht ganz ungelegen gekommen sein, aber dieser Hilfe hätte er sich niemals expressiv verbis bedient. Bei aller echten Sympathie und der großen Achtung, die er dem indischen Volk und der indischen Kultur entgegenbrachte, war er doch der letzte, der den Indern eine wirksame Mitarbeit an ihrem eigenen Schicksal zugestanden hätte. Den Gedanken beispielsweise, den Führer der gemäßigten Richtung des Kongresses, Gopal Krishna Gokhale, nur zu informellen Beratungen zu empfangen, hätte er entrüstet von sich gewiesen. Allen Ernstes schrieb er einmal, daß es auf dem ganzen Kontinent keinen Inder gebe, der geeignet wäre, einen Sitz im Executive Council einzunehmen (Curzon an Balfour, 31.3.01. Balfour Papers, Bd. 50, Add. MS. 49732). Für Curzon war die Herrschaft in Indien ein von Gott anvertrauter Auftrag an die “British race”: “Count it no shame to acknowledge our Imperial mission, but, on the contrary, the greatest disgrace to be untrue to it, and even if God no longer thunders from Sinai, and His oracles are cometimes reported dumb, cling humbly but fervently to the belief that so long as we are worthy we may still remain one of the instruments through whom He chooses to speak to mankind” (Rede in Birmingham, 11. 12. 07. Curzon, True Imperialism, S.24).
“If your ideal is that India, with der despotic and bureaucratic government, should be as independent as (say) Canada with her constitution and her Parliament — if you mean that we are to send out a series of carefully-selected autocrats and then let them do what they please — in that case all I can say is that I believe you have not, and I am sure you ought not to have, the slightest chance of seeing your ideal realized. For one thing — where are we to get our autocrats?.,. Curzons, I assure you, don’t grow on every gooseberry bush...” (Godley an Curzon, 26. 2. 04. Godley Coll., Bd. 60a).
Curzon an Godley, 27.1.04, ebd.
Gewöhnlich scheint Brodrick Godleys Briefe an Curzon nicht gelesen zu haben, und der Staatssekretär behielt auch nur selten Abschriften von seiner privaten Korrespondenz. Es fällt aber auf, daß er von seinem Schreiben an Curzon v. 26. 2. 04 eine Kopie anfertigen ließ.
Hierin sind alle, die Morley persönlich gekannt haben, einig. Curzon schreibt: “Lord Morley combined with an austere but flexible Radicalism and an irresistible personal charm, the most despotic of tempers, and was an impassioned apostle of personal rule” (Curzon, British Government in India, II, S. 117). Vgl. auch Kilbracken (= Sir Arthur Godley), Reminiscences, S. 183; Churchill, Great Contemporaries, S.95 ff; Esher, Journals and Letters, II, S.211.
Carnegie an Morley, 17.12.05. Morley Coll., Bd. 66.
Minto verbrachte manchmal Stunden mit der Abfassung eines Briefes oder Telegramms, um Morley nicht zu verletzen. Vgl. Mary Minto, India, Minto and Morley, S. 118.
ebd.
Minto an Morley, 18. 8. 09. Morley Coll., Bd. 25.
Morley an Godley, 14.9.08. Godley Coll., Bd. 8.
Hirtzel Diary. Eintragung vom 20. 3. 08.
Morley, Recollections, II, S. 179. Zum Stil der -literarischhervorragenden-Briefe Morley an Minto hat sein Biograph F.W. Hirst in einem Vortrag in Boston 1928 treffend bemerkt: “Sometimes... the Secretary’ s letters to his Pro-consul half recall the exhortations of a headmaster to a favourite head-boy” (Morley Coll., Bd. 61).
Protokoll der C.I. D. -Sitzung v. 15.2.06. C.I. D. Papers, CAB 38/11.
Vgl. z.B. Minto an Morley, 5. 10. 08. Morley Coll., Bd. 18 und Morley an Minto, 28.7.10. ebd., Bd. 5. Private Telegramme zwischen 8.–17. 9. 10. ebd., Bd. 29. Hirtzel Diary, Eintragung v. 15. 6. 08.
Morley, Recollections, II.
Morley an Minto, 23. 8. 10. Morley Coll., Bd. 5.
Morley, Speeches on Indian Affairs, S. 30.
Morley schrieb an Chirol, es wäre “tremendously interesting” gewesen, Curzon zum Gegenpart zu haben (Chirol, Fifty Years, S. 235), und umgekehrt sagte Curzon einmal zu Morley “how splendidly you and I would have got on as S(ecretary) of S(tate) and Vic(eroy)! ” (Hirtzel Diary. Eintragung vom 17. 3. 08).
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Jaeckel, H. (1968). Einleitung. In: Die Nordwestgrenze in der Verteidigung Indiens 1900 – 1908 und der Weg Englands zum russischbritischen Abkommen von 1907. Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-20470-1_2
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