Zusammenfassung
Die Fragen, mit denen sich die Archäologie beschäftigt, sind nicht immer erst vor den Denkmälern entstanden. Gerade die wichtigeren stammen häufig aus älteren Traditionen, deren Voraussetzungen längst in Vergessenheit geraten sind. Eines der merkwürdigsten Beispiele dieser Art ist die sogenannte ideale oder heroische Nacktheit. Man versteht darunter bekanntlich eine seit der Renaissance geläufige künstlerische Konvention, einen Menschen gegen die Realität nackt darzustellen, um ihn der Alltagssphäre zu entrücken. Betroffen sind vor allem allegorische und mythologische Figuren, aber auch historische Personen und sogar Zeitgenossen. Obwohl es, abgesehen von einer schwer verständlichen Andeutung bei Plinius, kein ausdrückliches literarisches Zeugnis dafür aus der Antike gibt, hat man immer geglaubt, damit einen antiken Brauch zu übernehmen. Dieses Bewußtsein gründet sich offenbar allein auf eine moderne Interpretation antiker Bildwerke. Allerdings erschien diese Interpretation so naheliegend und so offensichtlich, daß sie erst spät und dann auch nur in Ansätzen zum Problem geworden ist. Die Beschäftigung mit dem Gegenstand, der zu den großen und grundlegenden Phänomenen der antiken wie der neuzeitlichen Kunst gehört, muß deshalb zwei Richtungen nehmen. Erstens gilt es, die Ursprünge, die Entwicklung, die theoretische Spiegelung des Gedankens in der Neuzeit zu untersuchen, zweitens ist zu prüfen, welche Bedeutungen mit ähnlichen Erscheinungen in der Antike verbunden waren. Auch die moderne Sinngebung der idealen Nacktheit läßt diese Skrupel angebracht erscheinen.
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In den Gedanken über die Nachahmung. Vergl. Denis Diderot, Ästhetische Schriften (1968) I 484.655. II 624.
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Himmelmann, N. (1985). Klassizismus. In: Ideale Nacktheit. Abhandlungen der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, vol 73. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14401-4_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-14401-4_1
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-05087-4
Online ISBN: 978-3-663-14401-4
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