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Rätegedanke versus Parlamentarismus? Überlegungen zur aktuellen Diskussion der Neuen Linken

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Parlamentarismus ohne Transparenz

Part of the book series: Kritik ((K,volume 3))

Zusammenfassung

‚Wir zielen ein System direkter Demokratie an, und zwar von Rätedemokratie, die es den Menschen erlaubt, ihre zeitweiligen Vertreter direkt zu wählen und abzuwählen, wie sie es auf der Grundlage eines gegen jedwede Form von Herrschaft kritischen Bewußtseins für erforderlich halten. Dann würde sich Herrschaft von Menschen über Menschen auf das kleinstmögliche Maß reduzieren.“ (1) Die mit solchen Worten bezeichnete neuerliche Aktualisierung des vermeintlich schon historisch gewordenen Rätegedankens durch Theorie wie Aktionen der Neuen Linken verbindet sich mit der weltweit beobachtbaren Unzufriedenheit und Kritik einer Intelligenz, die den immer wieder beschworenen demokratischen Legitimitätsanspruch westlich-parlamentarischer Gesellschaften radikalisiert, um ihn solchermaßen gewendet gegen das bestehende Institutionengefüge ausspielen zu können bzw. seine Einlösung zu verlangen. Dabei läßt die Erfahrung, daß der liberal verfaßte Staat auch nach seiner unübersehbaren Wandlung zur dirigistisch orientierten „Daseinsfürsorge” (Forsthoff) noch immer jenen Fundamentalprämissen folgt, nach denen er zu Zeiten der bürgerlichen Revolution angetreten war, daß er beispielsweise zumeist nur mit zeitlicher Verspätung und unter hohen Kosten, durch Krisenerfahrung also, jene Bereiche öffentlicher Bedürfnisse zu erkennen und befriedigen vermag, die sich privatwirtschaftlichem Maximierungsdenken zunächst entziehen, nach immer neuen Möglichkeiten demokratischen Selbstverständnisses und seiner praktischen Umsetzung suchen.

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Anmerkungen

  1. Rudi Dutschke,Interview in: „Der Spiegel“, Nr. 29, 10. Juli 1967, S. 29

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  2. Vgl. dazu u.a. Horst Heimann,Wissenschaftskonzeption, Pluralismuskritik und politische Praxis der Neuen Linken, in: Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 14/70

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  3. So z.B. Christian Peter Ludz,Zur Politischen Ideologie der Neuen Linken, und Erwin K. Scheuch,Das Gesellschaftsbild der Neuen Linken, beide in: Erwin K. Scheuch (Hrsg.), Die Wiedertäufer der Wohlstandsgesellschaft, Köln 1968, bes. S. 31 f und S. 104

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  4. Georg Lukacs,Geschichte und Klassenbewußtsein, Berlin 1923, S. 178 f

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  5. Arnhelm Neusiiß,Utopie, Begriff und Phänomen des Utopischen, Neuwied 1968, S. 33

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  6. J. Sauvageot/A. Geismar/D. Cohn-Bendit,Aufstand in Paris oder ist in Frankreich eine Revolution möglich? , Hamburg 1968, S. 46

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  7. Paul Fröhlich,Rosa Luxemburg, Hamburg 1949, S. 83. Vgl. dazu auch das

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  8. von der „Projektgruppe Räte“, Berlin, herausgegebene Heft zur „Parlamentarismusdebatte” sowie die neuerlich wieder zugänglichen Arbeiten Anton Pannekoeks, etwa: Die taktischen Differenzen in der Arbeiterbewegung, Hamburg 1909, bes. S. 68 ff

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  9. Dazu generell Knut Nevermann,Zur Strategie systemüberwindender Reformen, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 1968, S. 597–607

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  10. Gabriel und Daniel Cohn-Bendit,Linksradikalismus, Gewaltkur gegen die Alterskrankheit des Kommunismus, Hamburg 1968, S. 89

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  11. Dazu Karl Markus Michel,Herrschaftsfreie Institutionen? , in: Kursbuch 19, 1969, S. 163–195

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  12. Walter Euchner,Zum Demokratieverständnis der Neuen Linken, in: Beilage zur Wochenzeitung das Parlament, B 32/69, S. 4

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  13. Weiter ausführend Gerhard und Helmut Willke,Die Forderung nach Demokratisierung von Staat und Gesellschaft, in: Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 7/70, S. 33 ff

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  14. Johannes Agnott, me I ranstormation der Demoxratle, Berlin I9b /, S. l u

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  15. Aus der unübersehbaren Literatur dazu Jürgen Habermas,Technik und Wissenschaft als Ideologie, Frankfurt/M. 1968

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  16. Als Beispiel fir eine solche Theorie, freilich „nicht-linker“ Provenienz, sei verwiesen auf Roman Schnur (Hrsg.), Institution und Recht, Darmstadt 1968, sowie Maurice Hauriou,Die Theorie der Institution, Berlin 1965. Vgl. auch die entsprechenden Arbeiten von Arnold Gehlen.

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  17. Rudi Dutschke,Ein Gespräch über die Zukunft, in: Kursbuch 14, 1968, S. 151

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  18. Georg Lukacs Geschichte und Klassenbewußtsein, a.a.O., S. 302

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  19. Theodor W. Adorno et. al.,Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, Neuwied 1969, S. 13

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  20. Hinzuweisen wäre etwa auf die verschiedenen Arbeiten von Wolfgang Abendroth; Gert Schäfer und Carl Nedelmann (Hrsg.), Der CDU-Staat, Studien zur Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik, München 1967; Urs Jaeggi,Macht und Herrschaft in der Bundesrepublik, Frankfurt/M. 1969, Jörg Huffschmid,Die Politik des Kapitals, Konzentration und Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik, Frankfurt/M. 1969

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  21. Vgl. Gerhard A. Ritter,Der Antiparlamentarismus und Antipluralismus der Rechts-und Linksradikalen, in: Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 34/69, S. 16

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  22. Der noch von Dutschke angekündigte „lange Marsch durch die Institutionen“ wie die neuerliche Entwicklung der Neuen Linken, die zu erheblichem Teil auf Mitarbeit in der DKP hinausläuft, lassen eine Korrektur der ursprünglichen, anarchistischen Position erkennen.

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  23. Der Begriff des Systems wird hier bezogen auch auf die ökonomische Basis (Privateigentum) der Bundesrepublik.

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  24. Wolfgang Harich,Zur Kritik der revolutionären Ungeduld, in: Kursbuch 19, 1969, S. 95 f

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  25. Anton Pannekoek,Marxistische Theorie und revolutionäre Taktik, in: A. Pannekoek/H. Gorter,Organisation und Taktik der proletarischen Revolution, hrsg. von Manfred Bock, o.O., o.J. (Raubdruck)

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  26. Herbert Marcuse,Der eindimensionale Mensch, Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, Neuwied 1967, S. 232

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  27. Zur Bestimmung dessen, was hier unter „liberalem Demokratietyp“ verstanden wird vgl. Macpherson,Drei Formen der Demokratie, Frankfurt/M. 1967, bes. S. 53 ff.

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  28. Johannes Agnoli,Transformation der Demokratie, a.a.O., S. 56 f.

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  29. Karl Marx,ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844, in: Marx/Engels,Werke, Ergänzungsband I, Berlin 1968, S. 519

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  30. Karl Marx,Der Bürgerkrieg in Frankreich, in: Marx/Engels,Werke, Bd. 17, Berlin 1962, S. 340. Diese Formulierung von Marx ist später zu einem der zentralen Topoi marxistischer Parlamentarismus-Kritik geworden.

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  31. Johannes Agnoli,Transformation der Demokratie, a.a.O., S. 40

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  32. Johannes Agnoli,Transformation der Demokratie, a.a.O., S. 32

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  33. Dazu ausführlicher Gerhard und Helmut Willke,Die Forderung nach Demokratisierung von Staat und Gesellschaft, a.a.O., S. 36 f.

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  34. Es ist unverkennbar, daß die Neue Linke in diesem Punkte zurückgreift auf Rosa Luxemburg, Anton Pannekoek und H. Gorter. Imgrunde wird hier die alte Auseinandersetzung zwischen„Luxemburgismus” und „Leninismus“ wiederholt.

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  35. Vgl. u.a. Grossmann/Negt,Die Auferstehung der Gewalt, Frankfurt/M. 1968; Herbert Marcuse,Das Ende der Utopie, Berlin o.J., S. 47 ff.

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  36. Dazu als Beispiel: Knut Nevermann, Zur Strategie systemüberwindender Reformen, a.a.O., Vgl. auch Bergmann/Dutschke/Lefevre/Rabehl, Rebellion der Studenten oder die neue Opposition, Hamburg 1968

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  37. Walter Euchner,Zum Demokratieverständnis der Neuen Linken, a.a.O., S. 13. Dazu auch Herbert Marcuse,Das Ende der Utopie, Berlin o.J.

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  38. Walter Euchner,Zum Demokratieverständnis der Neuen Linken, a.a.O., S. 14

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  39. Sauvageot/Geismar/Cohn-Bendit,Aufstand in Paris, a.a.O., S. 78

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  40. Vgl. dazu die marxistische Kritik Wolfgang Harichs,Zur Kritik der revolutionären Ungeduld, a.a.O.

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  41. Zitat aus einem Flugblatt, nach Walter Euchner,Zum Demokratieverständnis der Neuen Linken, a.a.O., S. 14

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  42. Das würde nicht nur den Rätetheoretikern der zwanziger Jahre widersprechen, die teilweise sehr konkrete Entwürfe formuliert haben, sondern durchaus auch den Versuchen der Neuen Linken, zu solchen Konstruktionen zu kommen, vgl. etwa Rabehl,in:Kursbuch 14, 1968, S. 147

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  43. Vgl. meinen Beitrag: Rätesysteme als Alternative? Zum Repräsentationscharakter direkt-demokratischer Organisationsprinzipien, in: Probleme der Demokratie heute, Sonderheft 2 der Politischen Vierteljahrsschrift, Köln-Opladen 1971

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  44. Das zeigt sich u.a. auch daran, daß die historische Auseinandersetzung über die Organisationsfrage der Sozialdemokratie neu interpretiert und (in zahlreichen Raubdrucken) neu angeeignet wird.

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  45. Dazu die Arbeiten von Cohn-Bendit/Sauvageot’Geismar/Rabehl u.a.

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  46. Volker Arnold,Die verschiedenen Ansätze zur Rätetheorie zu Beginn der Weimarer Republik, Wiss. Hausarbeit, Göttingen 1969

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  47. Sauvageot/Geismar/Cohn-Bendit,Aufstand in Paris, a.a.O., S. 60

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  48. Gabriel und Daniel Cohn-Bendit,Linksradikalismus, a.a.O., S. 265

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  49. Walter Euchner,Zum Demokratieverständnis der Neuen Linken, a.a.O., S. 12

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  50. Vgl. z.B. Lenin,über Doppelherrschaft, in: Werke, Berlin 1959, Bd. 24, S. 20–23

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  51. Vgl. Ein Gespräch über die Zukunft mit Rudi Dutschke, Bernd Rabehl und Christan Semmler, in: Kursbuch 14, 1968, S. 146–174

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  52. Ein Gespräch über die Zukunft, a.a.O., S. 169

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  53. Ein Gespräch über die Zukunft, a.a.O., S. 167

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  54. Ein Gespräch über die Zukunft, a.a.O., S. 171

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  55. Vgl. meinen in Anm. (42) zitierten Beitrag

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  56. Jürgen Fijalkowski,Bemerkungen zu Modell und strategischem Konzept der Rätedemokratie, in: Probleme der Demokratie heute, Sonderheft der Politischen Vierteljahresschrift, Köln-Opladen 1971

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  57. Jürgen Fijalkowski, Bemerkungen, a.a.O.

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  58. Vgl. dazu den generellen Ansatz von Andre Gorz, Zur Strategie der Arbeiterbewegung im Neokapitalismus, Frankfurt/M. 1967

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  59. Konstruktive Details zum hier gemeinten Sachverhalt bei Gerhard und Helmut Willke,Die Forderung nach Demokratisierung von Staat und Gesellschaft, a.a.O., S. 37 ff.

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  60. Jürgen Fijalkowski,Bemerkungen, a.a.O.

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Bermbach, U. (1971). Rätegedanke versus Parlamentarismus? Überlegungen zur aktuellen Diskussion der Neuen Linken. In: Steffani, W. (eds) Parlamentarismus ohne Transparenz. Kritik, vol 3. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14350-5_11

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-14350-5_11

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-11203-9

  • Online ISBN: 978-3-663-14350-5

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