Zusammenfassung
Gesundheit meint zunächst immer die Gesundheit des Einzelnen. Die Wortzusammenstellung „öffentliche Gesundheit“ (entsprechend dem amerikanischen Begriff „public health“) ist zumindest ungewöhnlich, gebräuchlich höchstens in der Verbindung mit Bezeichnungen, wie öffentliches Gesundheitssystem, -wesen, -dienst oder -fürsorge, also bezogen auf spezifische Organisationsmuster von staatlicher Kontrolle und Versorgung. Ein anderer, sonst dem angloamerikanischen Public Health nahekommender und gelegentlich verwendeter Begriff ist „Volksgesundheit“. Er enthält den Anklang an völkische Vorstellungen der Nationalsozialisten und ist daher schwer verwendbar. In der seit Mitte der sechziger Jahre begonnenen Entwicklung von Aufbaustudiengängen zum öffentlichen Gesundheitwesen an bundesdeutschen Universitäten analog den amerikanischen „Schools of Publich Health“ ist dieser Begriffsmangel deutlich geworden. Während in fast allen Ländern mit entwickelter Diskussion um öffentliche Gesundheit, mit eigenen Ausbildungsgängen u.ä., die historische Verbindung zu den innovativen Diskussionen im Deutschen Reich um die Jahrhundertwende gezogen wird, etwa zu Virchow (1848 und 1879), Pettenkofer (1876) und Grotjahn (1912), gibt es in der heutigen Bundesrepublik nicht einmal eine geeignete Begrifflichkeit. Die sozialistischen und später auch kommunistischen Ärzte der Jahrhundertwende galten national wie auch international als die Vorreiter eines sozialen Gesundheitsbegriffs und zeigten dies in der Praxis durch vielfältiges Engagement für bessere hygienische Bedingungen in den Städten, gesundheitsgerechtere Arbeitsbedingungen und angemessenere Entlohnung der Arbeiter, höhere Unterstützungszahlungen für die Armen, bessere Lebensbedingungen für die Kinder u.v.m. In seinen „Mitteilungen über die in Oberschlesien herrschende Typhusepidemie“ wies bereits 1848 der spätere Mitbegründer der liberalen Fortschrittspartei Rudolf Virchow mit eindrücklichem Engagement auf das soziale Elend und die Arbeitsverhältnisse als Ursache für den katastrophalen Gesundheitszustand hin.
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Hildebrandt, H. (1992). New Public Health — Ein öffentliches Gesundheitswesen auf der Seite von Bürgerinitiativen und Betroffenen. In: Gesundheitsbewegungen in den USA. „Perspektiven der Sozialpolitik“, vol 5. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14347-5_10
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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