Zusammenfassung
In meinem Beitrag soll an ausgewählten Beispielen die Leistungsfähigkeit der Parteienforschung als Forschung über die Krisen von Parteiensystemen untersucht werden. Ich glaube, daß man auch auf diese Weise Zugang zum Problem einer „allgemeinen Parteientheorie“ findet. Dieses Problem mag darin bestehen, daß die Parteiform ein so ungemein komplexer Untersuchungsgegenstand ist, daß selbst die besten Theorien sich in ihm verlaufen oder sich mit kleinsten Schritten über die Dschungel-grenze hinaus begnügen müssen. Es mag aber, vielleicht zusätzlich, auch darin bestehen, daß die vorhandenen Theorien, mit denen wir arbeiten oder gearbeitet haben — und die uns womöglich selbst dann noch prägen, wenn wir zu dem Schluß gekommen sind, alle Theorie helfe nichts —, gravierende Mängel aufweisen und auf Kritik warten. Die Frage, ob es eine allgemeine Theorie der Parteien gibt und geben kann, fällt zusammen mit einer längst gängig gewordenen Erörterung der „Krise der Parteien“. Das ist ein glückliches Zusammenfallen, denn was immer man von den Chancen theoretischer Arbeit hält, so viel ist wohl klar, daß ein Untersuchungsgegenstand bestimmt nicht erklärlich sein wird, wenn man nicht einmal weiß, wo seine Grenzen verlaufen und wenn es die Krise der Parteien wirklich gibt, dann würde sie ja gerade diese Grenzen zeigen und damit auch günstige Bedingungen für vielleicht endlich erfolgreich werdende Erklärung schaffen; gemäß Hegels Hinweis, daß die Eule der Minerva in der Dämmerung fliege. Nun hat es aber Krisen der Parteien schon immer gegeben, womit die Chancen der Erklärung sogar noch wachsen. Man kann die heutige Krise mit vorausgegangenen vergleichen, sehen, ob sich in ihnen allgemeine Belastungsgrenzen der Parteiform abzeichnen, die sich je nach historischen und nationalen Besonderheiten verschieden manifestieren, die theoretischen Krisenbegriffe verfolgen, die sich in der Beschäftigung mit ihnen herausgebildet haben, und die theoriestrategische Bedeutung der Erklärungsbarrieren, auf die man dabei vielleicht stößt, zu verallgemeinern versuchen. Das ist, was ich im folgenden unternehme. Ich werde eine Hypothese über die Belastungsgrenzen von Parteiensystemen formulieren, dann mit ihrer Hilfe drei Krisen vergleichen, nämlich das Ende der Weimarer Republik, den „Immobilismus“ des italienischen Parteiensystems und die Situation des westdeutschen Parteiensystems beim Erscheinen der Grünen auf der parlamentarischen Bühne, und schließlich die gewonnenen Ergebnisse an einigen Punkten mit Ergebnissen der vorliegenden Literatur konfrontieren.
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Jäger, M. (1984). Parteien im Drei-Blöcke-System. In: Falter, J.W., Fenner, C., Greven, M.T. (eds) Politische Willensbildung und Interessenvermittlung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14338-3_8
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