Skip to main content
  • 204 Accesses

Zusammenfassung

„How and why do the constitutional engineers in democratic countries choose one or other of the basic alternatives?“ Diese Frage von Arend Lijphart (1992:228), die auf die zwei grundsätzlichen Alternativen institutioneller Ausgestaltung der Demokratie (Präsidentialismus versus Parlamentarismus und Mehrheitswahl versus Verhältniswahl) abzielt, hat uns in den vorausgegangenen Kapiteln im Hinblick auf die Wahlsystemoptionen beschäftigt und sie motiviert auch die folgenden vergleichenden Ausführungen. Freilich haben wir nicht nur nach den „basic alternatives“ gefragt, sondern uns für die spezifischen Ausprägungen der Wahlsysteme interessiert. Diesen Grundzug unserer Beschäftigung mit der Frage nach der Genesis der Institutionenordnungen in den osteuropäischen Ländern werden wir auch im folgenden beibehalten, wenn wir zu einigen Generalisierungen vorstoßen wollen. Das Denken in den großen Alternativen hat sicherlich einen großen Reiz. Es vermag die Verbindung herzustellen zu den historischen Debatten um Mehrheitswahl und Verhältniswahl, sei es in deren normativen Horizonten, wie wir sie in klassischer Form bei John Stuart Mill und Walter Bagehot vorfinden, oder in deren sozialwissenschaftlichen Begründungen, die sich etwa an Maurice Duverger und seinen „soziologischen Gesetzen“ festmachen.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 44.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Referenzen

  1. Neueren Analysen zufolge muß zwischen zwei Analysedimensionen unterschieden werden: den Auswirkungen der Wahlsysteme auf die Stimmen-Mandate-Relation und auf das Parteiensystem. Während die Auswirkungen der Wahlsysteme auf die erste Dimension relativ gut bestimmt und vorausgesagt werden können, ist die Beziehung zwischen Wahlsystem und Parteiensystem viel weniger eng als gemeinhin angenommen wird, weshalb quasi-deterministische Aussagen nicht möglich sind (Nohlen 1990:271ff.). Arend Lijphart (1994:141) kommt für vergleichbare Fälle und für einige Wirkungsbereiche zu dem Ergebnis, es bestehe „no systematic relationship between the two (variables) at all“; für andere gelangt er zu einer gewissen, stets relativen Erklärungskraft des Faktors Wahlsystem. James McGregor (1993:11f.) verwässert diese Erkenntnis leider etwas, indem er der Unterscheidung eine Zeitdimension unterlegt und meint, die „relationship between seats and votes“ stelle einen „short term effect“ dar, das Parteiensystem hingegen unterliege „long term effects“. Es ginge allerdings völlig fehl, aus der Nicht-Determniniertheit der Beziehung zwischen Wahlsystem und Parteiensystem dem Wahlsystem eine nur geringe Bedeutung beizumessen. Hier gehen wir mit Arend Lijphart völlig einig, der an gleicher Stelle davor warnt, aufgrund seiner Forschungsergebnisse „to belittle the importance of the influence of the electoral system on the party system and its practical utility to the electoral engineers.“

    Google Scholar 

  2. Auch wenn wie im Sonderfall der DDR ein Übertrag eines neuen Institutionensystems stattfand, so bleiben auch hier die endogenen Vermittlungen zu berücksichtigen.

    Google Scholar 

  3. So hat Giovanni Sartori (1994:75) eine Lanze für die absolute Mehrheitswahl gebrochen: „If there is a ‘best’ electoral system, this is the double ballot system in its wide range of adaptability, of possible formulations. Yes, that would be my general preference; under the proviso, to be sure, that no electoral system is best for all seasons.“

    Google Scholar 

  4. Eberhard Schneider (1993:121) berichtete z.B. für Rußland, daß die Bevölkerung von den Parteien nichts wissen wollte und Kandidatenwahlen deshalb gegenüber Listenwahl vorgezogen würden.

    Google Scholar 

  5. Selbst in Teilen der wissenschaftlichen Spezialliteratur wurde die Funktionsweise des deutschen Wahlsystems fehlerhaft dargestellt (vgl. Nohlen 1990:140f.). Inzwischen hat sich herumgesprochen, daß die personalisierte Verhältniswahl kein Grabensystem ist. Häufig wird aber noch die Idee vertreten, es sei ein kompensatorisches System. Wie strittig die Auswirkungen des deutschen Wahlsystems noch sind, können Aussagen von Giovanni Sartori (1994:18f.) belegen. Sartori meint ernsthaft, der konzentrierende Effekt sei weniger ein Ergebnis der Sperrklausel, als vielmehr des Verbots politischer Parteien. Wahlerfolge und Rolle der FDP im Parteiensystem führt er auf das verwirrende Zweistimmensystem zurück.

    Google Scholar 

  6. Die absolute Mehrheitswahl von 1990 in Serbien wurde durch die Verhältniswahl in den substaatlichen Wahlen von 1992 in Serbien, aber durch das Grabensystem in Nationalwahlen vom Mai 1992 in Jugoslawien ersetzt.

    Google Scholar 

  7. Von den genannten Wahlsystemtypen wurde nur das single-transferable-vote-System in den Vorgründungswahlen in Estland angewandt.

    Google Scholar 

  8. In Betracht genommen wurden nur die Parteien mit mehr als 5% des Sitzanteils im Parlament.

    Google Scholar 

  9. Es ist deshalb gar nicht so verkehrt, wenn Fitzmaurice (1993) das estnische Wahlsystem als „a German style mixed constituency and list system“ beschreibt; er hat freilich die Bauelemente und weniger die funktionale Äquivalenz im Blick.

    Google Scholar 

  10. Giovanni Sartori (1994:75) argumentiert hingegen gegen kombinierte Wahlsysteme, ausgehend von der These, „that electoral systems should have one logic which conforms to their purpose“ und der Feststellung, daß Mehrheitswahl und Verhältniswahl jeweils eigene Logiken besitzen bzw. im Wahlverhalten erzwingen: bei Verhältniswahl sincere voting, bei Mehrheitswahl strategic voting. Während der Wähler im ersten Fall seine wirkliche politische Präferenz zum Ausdruck bringt, entscheidet er im zweiten Fall nach Nützlichkeitsüberlegungen. Sartori sieht den Wähler überfordert, verschiedenen Logiken folgend zu wählen und folgert: „voters cannot and should not be asked to make, all in one, majoritarian (strategic) and proportional (sincere) kinds of choices — for this is a sure manner to confuse their behaviour, as well as a probable way of obtaining parliaments that cannot serve any purpose“. Indes, was logisch zunächst einsichtig scheint, ist erfahrungswissenschaftlich wenig überzeugend. Der einzelne Wähler entscheidet nach nur einer Logik, wenn er nur eine Stimme hat. In kombinierten Wahlsystemen hat er jedoch häufig, in Grabensystemen eigentlich stets zwei Stimmen. Er kann je nach Entscheidungssituation (Mehrheit oder Anteil) und Elfolgskalkülen in den Logiken wechseln. Er ist ja beim Wählen ohnehin gewohnt, Güterabwägungen vorzunehmen. Für die Wählerschaft insgesamt ist die Forderung nach nur einer Logik für die Wahlentscheidung des Einzelnen noch weniger einsichtig, zumal mit Wahlsystemen ja keineswegs nur eine einzige Zielsetzung verfolgt wird (s. Kapitel 7.2). Nimmt man die empirischen Erfahrungen mit kombinierten Wahlsystemen hinzu, erscheint Sartoris Logik arg konstruiert. Seine Kritik an den „mixed systems“ versteht sich vor dem Hintergrund der italienischen Debatte, der Wahlreform von 1993 und seiner Option für die absolute Mehrheitswahl, die in Form der zwei Wahlgänge dem Wähler die Entscheidung nach unterschiedlichen Logiken nicht gleichzeitig, sondern nacheinander abverlangt. Auch wenn Sartori das deutsche Wahlsystem nicht (mehr) zu den „truly mixed systems“ zählt, spricht die deutsche Erfahrung mit der personalisierten Verhältniswahl eindeutig gegen das Kombinationsverbot verschiedener Logiken. Es erstaunt schon, daß ausgerechnet ein deutscher Autor (Rüb 1996:55f.) die Argumentation Sartons blind übernimmt und mit Blick auf Osteuropa mutig Stellung bezieht: „Gemischte Wahlsysteme, wie das ungarische, sind für die neuen Demokratien ungünstig; vielmehr sollte das Wahlsystem von einer Logik dominiert sein“. Wie sagte doch Sartori an anderer Stelle: Der Vergleich dient primär der Kontrolle (Sartori 1991 und 1992).

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1996 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Nohlen, D., Kasapovic, M. (1996). Wahlsysteme im Transitionsprozeß. In: Wahlsysteme und Systemwechsel in Osteuropa. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11804-6_7

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-11804-6_7

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-1586-0

  • Online ISBN: 978-3-663-11804-6

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics