Zusammenfassung
Die Frage nach der Wandlungsfähigkeit von Organisationen ist in der jüngsten Vergangenheit ganz unversehens ins Zentrum gesellschaftlicher Aufmerksamkeit gerückt. Ob man nun das Spitalswesen nimmt, das durch seine ungebremste Kostenentwicklung unter Reformdruck geraten ist, oder die vielen Versuche, bislang öffentliche Dienstleistungen zu privatisieren wie z. B. bei Bahn und Post, oder ob man die enormen Erneuerungsanstrengungen in vielen Großunternehmen betrachtet, überall stehen historisch langtradierte Organisationsverhältnisse plötzlich grundsätzlich zur Disposition. Man kann dies als einen Hinweis auf die zunehmend kritischere Beobachtung der Funktionstüchtigkeit von Organisationen nehmen, als einen Hinweis also auf sich möglicherweise überall verstärkende organisationsinterne Schwierigkeiten. Man kann diese Krisensymptome aber durchaus auch als ein Indiz für eine tieferliegende Problematik der Gesamtverfassung hochentwickelter Gesellschaften insgesamt nehmen. Deren Grundstruktur ist ja bekanntermaßen vom Primat funktionaler Differenzierung geprägt und der daraus resultierenden spezifischen Eigendynamik auf gesamtgesellschaftlicher Ebene (vgl. etwa Luhmann, 1986; Willke, 1989). Hochspezialisierte gesellschaftliche Subsysteme wie die Wirtschaft, die Politik, die Wissenschaft etc. folgen jeweils ihrer besonderen Funktionslogik und erbringen auf diesem Wege mehr oder weniger erfolgreich für einander jene Leistungen, die zur Reproduktion der Gesamtgesellschaft erforderlich sind. Die Politik etwa sorgt für das Zustandekommen allgemein verbindlicher Regelungen, die Wirtschaft bearbeitet das Problem der Knappheit bzw. das der Zukunftsvorsorge durch die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen, die über Zahlungen zugänglich gemacht werden, die Wissenschaft versorgt die Gesellschaft mit neuem Wissen, das der Überprüfung durch bestimmte wissenschaftseigene Kritierien standhält, das Gesundheitssystem stellt professionell geprüfte Heilungschancen zur Verfügung etc.
„Einen Großteil der Veränderungen, die sich in unserer Gesellschaft abspielen, können wir blockieren, indem wir die Organisationen daran hindern, sich zu ändern. Dann und nur dann wird die Organisation zum unentrinnbaren Alptraum der Gesellschaft.“
D. Baecker 1994
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Wimmer, R. (1995). Die permanente Revolution. In: Grossmann, R., Krainz, E.E., Oswald, M. (eds) Veränderung in Organisationen. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11716-2_3
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