Zusammenfassung
In feministischen Analysen zur Geschlechterhierarchie wird in der gesellschaftlichen Organisation von Sexualität1 ein wichtiger Verankerungspunkt maskuliner/patriarchaler Herrschaft gesehen. Zahlreiche Debatten bzw. Kampagnen wie u.a. die Kritik an der Kleinfamilie, die Skandalisierung von Vergewaltigung, sexuellem Mißbrauch und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, aber auch die Kritik an Gen- und Reproduktionstechnologie gründen in der Annahme einer phallokratischen sexuellen Ordnung, deren Funktion in der Aufrechterhaltung patriarchaler Macht und Kontrolle liegen soll. Diese — mehr oder weniger im akademischen Diskurs angekommene — Gewißheit um die Verschränkung von Sexualität und Geschlechterhierarchie wird unter dem Einfluß neuerer Ansätze, wie sie im Umfeld von lesbisch-schwulen bzw. queer studies entstanden sind, brüchig. Mehr noch, sie gerät in Verdacht, gemeinsame Sache mit denjenigen Kräften zu machen, die seit jeher Sexualität als Wurzel allen Übels betrachten. Im folgenden werde ich die Grundgedanken der in Konkurrenz tretenden Analysen skizzieren und deren Grenzen und Reichweiten aufzeigen. Am Beispiel von Gayle Rubins These der sexuellen Stratifikation werde ich zeigen, daß „Geschlecht“ und „Sexualität“ als zu unterscheidende und durcheinander vermittelte Felder sozialer Praxis wahrgenommen werden müssen, wenn Vereinseitigungen vermieden werden sollen.
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Literatur
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Ott, C. (2000). Zum Verhältnis von Geschlecht und Sexualität unter machttheoretischen Gesichtspunkten. In: Schmerl, C., Soine, S., Stein-Hilbers, M., Wrede, B. (eds) Sexuelle Szenen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11357-7_9
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