Zusammenfassung
Der wirtschaftliche Transformationsprozeß in Ostdeutschland seit 1990 weist einige paradoxe Erscheinungen auf. Erklärungsbedürftig erscheint insbesondere
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(a)
warum die Bundesregierung trotz des klaren und glaubwürdigen Bekenntnisses zur sozialen Marktwirtschaft und trotz der Tradition des westdeutschen Sozialstaates für die Umformung der Zentralverwaltungswirtschaft der DDR in eine marktwirtschaftliche Ordnung eine der rigidesten “Schocktherapien” mit konsequenter Festlegung auf schnellstmögliche Privatisierung des ostdeutschen Industrievermögens gewählt hat;
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(b)
warum die Bundesregierung und ihre Sachwalter in der Berliner Treuhandanstalt zu einem Zeitpunkt, als sich die ostdeutsche Wirtschaft noch zum überwiegenden Teil in ihrem Besitz befand, trotz des klaren und glaubwürdigen Bekenntnisses zur schnellstmöglichen Schaffung wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstrukturen in Ostdeutschland eben diese ostdeutsche Wirtschaft mit nachhaltigen Wettbewerbsnachteilen in Gestalt einer dezidierten Hochlohnpolitik befrachtet haben;
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(c)
warum die Bundesregierung und die Verantwortlichen in der Berliner Treuhandanstalt trotz des klaren und glaubwürdigen Bekenntnisses zur schnellstmöglichen Übertragung der westdeutschen Verfassungs- und Verwaltungsstrukturen auf das Gebiet der ehemaligen DDR auf der Grundlage des Einigungsvertrages vom 30. August 1990 die Fortschreibung der mit diesen Verfassungs- und Verwaltungsstrukturen schlechthin unvereinbaren Organisationsstrukturen der DDR-Zentralverwaltungswirtschaft in Gestalt der Treuhandanstalt nicht allein hingenommen, sondern aktiv gefördert haben.
Für wichtige Anregungen danke ich Jonathan Zatlin.
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Seibel, W. (1995). Nicht-intendierte wirtschaftliche Folgen politischen Handelns. Die Transformationspolitik des Bundes in Ostdeutschland seit 1990. In: Seibel, W., Benz, A. (eds) Regierungssystem und Verwaltungspolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11275-4_13
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