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Die Ehre der Prizzis, oder: Vertrauen ist nicht der Anfang von allem

Über Vertrauen und Relianz

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Book cover Organisation und Welterschließung

Part of the book series: Organisation und Gesellschaft ((OUG))

Zusammenfassung

Verdient das, was Sie einem Hochstapler entgegenbringen, der mit außerordentlich hohen Gewinnen lockt, mit einer exorbitanten Verzinsung einer Anlage, mit der Echtheit der erstaunlich günstigen Rolex-Uhr, mit der einmaligen Gelegenheit, den Namen ‚Vertrauen‘?

„(...) dieser Bruch mit der berechenbaren Zuverlässigkeit, den Sicherheiten der Gewißheit, (...) dieser Bruch mit dem Wissen wird (...) von der Struktur des Vertrauens oder des Glaubens als Glaube selbst vorgeschrieben.“

Derrida (2000, 39)

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Literatur

  1. Tatsächlich geben wir Vertrauen als eine Gabe sensu Mauss, aber einschließlich jener Aporien der Gabe, auf die Derrida aufmerksam gemacht hat: Gabe im emphatischen Sinne, im Gegensatz zum Tausch, erfordert, „daß der Gabenempfänger nicht zurückgibt, nicht begleicht, nicht tilgt,“ (Derrida 1993, 24) nicht einmal Anerkennung zurückgibt, ja, die Gabe auch nicht als Gabe wahrnimmt, weil damit schon ein symbolisches Äquivalent zurückerstattet wird. Eine Gabe aber, die als solche gar nicht wahrgenommen wird, ist keine Gabe. Vgl. dazu Ortmann (2003). Innerhalb der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre ist es besonders Margit Osterloh, die immer wieder diesen für Ökonomen kaum fassbaren Gedanken artikuliert hat: dass es Dinge gibt, die wir uns durch kalkuliertes Bemühen darum gerade verscherzen, und dass Vertrauen zu diesen Dingen zählt. Vgl. auch Richter, Furubotn (1996, 29); zur Interpretation von Arbeitsverträgen als Gabentausch schon Akerlof (1982).

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  2. Vgl. zum Beispiel Gaitanides (1998). Lorenz (1988, 208) sieht die Beziehung zwischen Managern in Zuliefer-und Abnehmerunternehmen „at an intermediate level between friends and strangers“. Selbst das ist noch zu idyllisch gedacht, insofern es suggeriert, sie sei ein Mittelding. Ignacio Lopez ist zu seiner Zeit bei VW von vielen Zulieferern gefürchtet und gehasst worden. Windeler (2001) ist einer der wenigen, die gesehen und als Problem sozialer Konstitution behandelt haben, dass Organisationsnetzwerke solche - vielleicht: kühle - Verlässlichkeit anders als via Markt oder Hierarchie herstellen.

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  3. Vgl. auch die zwei Konzepte von Vertrauen, mit denen Elster (1989, 274 f) operiert, und dessen erstes - „trust and trustworthiness amount to the ability to make credible promises“ - sich nach meinem Eindruck mit Relianz und Reliabilität deckt (Elster spricht von credibility.) Elster sieht aber scharf, dass es ein zweites Konzept gibt, und darin sind Moral und Normen gefragt: „trust goes beyond mere credibility, to include a belief that the other party will act honourably even under unforeseen circumstances not covered by contract or promises.” (275) Und „honest“ ist darin geradezu definiert als die moralische Qualität, ein Versprechen nicht nur zu halten, wenn das im eigenen Interesse liegt (280). Auch Richter und Furubotn (1996, 29 und 261) unterscheiden eine moralfreie Verlässlichkeit von Vertrauen in diesem engeren Sinne.

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  4. Vgl. auch die folgenden Bestimmungen: „(...) some codes appear to be mainly negative. The picture which emerges of mafiosi or wiseguys, for instance, is the following. Their code of honour does not allow them to make empty threats without retaliating. It does not require them to honour their own promises. In dealing with ordinary citizens this allows them to use either force or guile, whichever is the most appropriate. When dealing with other wiseguys they must be more careful. Opportunism (not honour) then dictates that promises be kept or, as an alternative, that the promisee be killed. Similarly, threats are never made among wiseguys; they simply take each other out without prior warning. There is no honesty among thieves.“ (Elster 1989, 118) So sehr Elster damit am Ende Recht hat, wie der traurige Fall der Ehre der Prizzis zeigt, so sehr vernachlässigt sein Argument, dass auch Mafiosi, bevor dieser Endpunkt erreicht ist, einer größeren Stabilität ihrer Beziehungen bedürfen, schierer Opportunismus stiften kann, und dass sie daher auf prekäre Balancen angewiesen sind, die durch wie auch immer fingierte, scheinhafte Rekurse auf herkömmliche Ingredienzien von Ehre hergestellt werden. Vgl. zu Mafia, Moral und Normen auch Gambetta ( 1988, 1993 ).

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  5. Zur „Notwendigkeit dauernder nachvertraglicher Sicherung von Vertrauen sowie deren rechtlicher Stabilisierung, auch und gerade bei unternehemensexterner Unsicherheit“ (Sadowski, Pull, Schneider 1999, 549) trägt inzwischen die neue Institutionenökonomik viel Erhellendes bei, wie im deutschsprachigen Raum besonders die Arbeiten Sadowskis und seiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter vorführen.

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Ortmann, G. (2003). Die Ehre der Prizzis, oder: Vertrauen ist nicht der Anfang von allem. In: Organisation und Welterschließung. Organisation und Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10965-5_13

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10965-5_13

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-13888-6

  • Online ISBN: 978-3-663-10965-5

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