Zusammenfassung
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Controlling ist ein Subsystem der Führung mit der Aufgabe, die Rationalität organisationaler Entscheidungsfindung subsidiär sicherzustellen. Controlling hat demnach auch die Aufgabe, die rationale Entscheidungsfindung des Supply Chain Managements zu unterstützen. (Kapitel 2.1)
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Controlling als Rationalitätssicherung zu verstehen, ist ein neuer Ansatz in der Betriebswirtschaftslehre. Um diesen Ansatz für diese Arbeit aufzubereiten und für die Disziplin zu fundieren, wird die Aufgabenstellung eines rationalitätsorientierten Controlling entlang der idealtypischen Phasen eines Entscheidungsprozesses expliziert. (Kapitel 2.1.3)
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Das Objekt des Supply Chain Managements ist ein interorganisationales vertikales Arrangement rechtlich voneinander unabhängiger Unternehmen (Supply Chain). Der Begriff „Supply Chain“ wird mehrdeutig verwendet und ist daher zu klären. Weiterhin ist der Begriff zwar „neu“, greift aber auf Bestehendes zurück. Diese Wurzeln sind aufzudecken; der Begriff kann organisationstheoretisch verortet werden (Kapitel 2.2)
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Literatur
Synthese ist eine Eigenschaft eines Kontextes (Etzioni 1975b, Seite 167 ff). Nach Etzioni ist ein Kontext ein Bezugsrahmen, innerhalb dessen Elementareinheiten des Wissens organisiert und verwendbar gemacht werden können. Den Prozess des Organisierens bezeichnet er als Synthetisierung und dessen Ergebnis als Synthese. Synthese ist nach Etzioni also ein Maßstab für die Eignung eines Kontextes, Wissen zu organisieren.
Weber und Schäffer ( 1999d, S. 20) kritisieren zusammenfassend: Der Ansatz sei „nur eingeschränkt praxiskompatibel“ und besitze daher „nicht das Potenzial..., das Eigenständige der Disziplin zu begründen”.
Mit dieser Wortwahl wird der Kritik von Horvath ( 1996a, Seite 142) an der Vorgehensweise, allein der erweitert koordinationsorientierten Controllingkonzeption das Prädikat „koordinationsorientiert“ vorzubehalten, zugestimmt.
... wobei dieser direkte Weg in das Thema gar nicht so viel Diskussionsterrain außer Acht lässt, denn es ist.. heute kaum mehr übertrieben, von einer totalen Vereinnahmung des Rationalitätskonzepts durch die Entscheidungstheorie zu sprechen.“ (Schaffitzel 1982, S. 90).
Von der Zweckrationalität grenzt Max Weber ( 1980, S. 12) die Wertrationalität ab. Letztere liegt vor, wenn Entscheidungen getroffen werden, weil damit ein unbedingter,,… Eigenwert des Sichverhaltens…“, der nicht per Zweckrationalität hinterfragt werden kann, verfolgt werden soll. Auch hier zeigt sich die Parallele zu Simons Unterscheidung von „Value Judge.
Vergleiche dazu die Ausführungen zur habituellen Handlung in Kapitel 2.1.3.1 sowie insbesondere Abbildung 15.
Die Begriffe „Value“ und „Fact” sind für Simon grundsätzlich zu unterscheiden: „Value Judgment“ beantwortet die Frage, was erreicht werden soll. „Factual Judgments” beziehungsweise „Decisions“ beschreiben hingegen, auf welchem Wege etwas erreicht werden soll (Simon 1976, S. 4).
Weber et al. ( 1999b, S. 7) schließen an dieser Stelle eine Kontingenzuntersuchung an, mit der sie feststellen wollen, wann welche Rationalitätskonzeption zu wählen ist. Dieser Schritt ist für diese Argumentation aber irrelevant.
In jüngerer Zeit haben Allison und Zelikow (1999) den Aspekt aufgegriffen. Eine Handlungsreihe ist demnach rational, wenn sie in Bezug auf die vorliegenden Ziele vollständig und logisch erklärt werden kann. Rationalität erlaubt, das Verhalten von Menschen in beschreibbaren Situationen zu prognostizieren, wenn deren Ziele bekannt sind. Die Unterstellung von Rationalität erlaubt es, zu erklären, warum so gehandelt wurde. Man kann ex post zum gleichen Ergebnis kommen („redoing the calculation“).
Rationalisierung ist demnach ein umfassender Prozess der Regelung des wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhaltens durch Normen und Gesetze. Max Weber spricht auch von „okzidentaler Rationalität” als wesentlicher Eigenschaft einer Gesellschaft; hier insbesondere der europäischen Gesellschaften zu Beginn der Neuzeit. Verrechtlichung, Zivilisierung und Sozialdisziplinierung führen zu Berechenbarkeit wirtschaftlichen und politischen Handelns.
Sich diesem Problem mit der gleichen Lösung zu nähern, also Ziele in einem rationalen Auswahlprozess bestimmen zu wollen, führt unweigerlich in einen Regress, vor dem Bretzke ( 1978, S. 137) bereits gewarnt hat. An irgend einem Punkt muss einmal eine Fixierung der Position erfolgen; leidenschaftsloses technisches Auswählen reicht an diesem Punkt nicht mehr aus.
In der Literatur finden sich diverse, sehr ähnliche Phasenmodelle. So etwa bei Eisenfihr und Weber (1999) oder Hill et al. (1994).
Hier wird abweichend vom Sprachgebrauch nicht von „Stimulus — Organisation — Response“ (S-O-R) sondern von „Stimulus — Hesitation — Choice” gesprochen, um den spezifischen Aspekt der Unterbrechung bzw. Verzögerung der Entscheidungsfindung (Hesitation) durch die Abarbeitung kognitiver Prozesse herauszustellen. Für einen Überblick vergleiche die Zusammenfassung von McGuire (1964).
Zu den Treibem der Überladung vergleiche Driver (1987). Zum Konzept des „Information Overload“ vergleiche zum Beispiel Schick et al. (1990, S. 199), der dort definiert:,,… information overload is defined as occurring when the information processing demands an an individual’s time to perform interactions and internal calculations exceed the supply or capacity of time available for such processing.”
Zu den Details vergleiche Kirsch ( 1994, S. 20 ff) sowie die dort verarbeitet Literatur. Als Beispiele veränderter Informationsverarbeitungsstrategien nennt Kirsch Millers „Chunking“ sowie Lindbloms „Muddling Through”. „Chunking“ bedeutet, dass einlaufende Stimuli gruppiert werden, den Gruppen Namen gegeben werden und später nicht mehr der ursprüngliche Stimulus, sondern nur noch die Gruppe erinnert wird. Lindbloms „Science Muddling Through” ist hier in Bezug auf dessen „Strategie der unzusammenhängenden kleinen Schritte“ relevant: (1) kleine Schritte sind verlockend, da nur „kleine” Prognosen über Konsequenzen erforderlich sind, (2) in der Regel werden nur wenig Alternativen betrachtet, (3) Konsequenzen werden zum Teil ausgeblendet, (4) das Entscheidungsproblem wird nicht endgültig fixiert sondern in Abhängigkeit des Suchprozesses neu defmiert, (5) es wird nicht wirklich erwartet, dass Problem zu lösen; man wird sich noch einmal damit auseinandersetzen müssen; daher ist es nicht so schlimm, nicht an alles gedacht zu haben.
Ähnlich auch Ackoff ( 1974, S. 231): “Actual and potenzial problems can be identified once symptoms and omens (pre-symptoms) have been identified. A symptom is a deviation of a systems behavior from what is considered to be normal behavior.”
Für eine andere Systematisierung der Varianten zur „Problembestimmung“ vergleiche ausführlich Bretzke (1980).
In extensionaler Hinsicht beschreibt ein Ziel, was erreicht werden soll; in intensionaler Hinsicht hingegen, wie viel erreicht werden soll. Bestimmt das extensionale Ziel, dass fir die Kostenstelle „Nahverkehr“ in einer Sammelgutspedition die Kosten pro Zustellstopp eine relevante Zielgröße ist, quantifiziert die intensionale Aussage komplementär dazu ein Zielniveau von beispielsweise DM 28,-. Die intensionale Dimension darf also nicht mit dem Zielerreichungsgrad verwechselt werden.
Vergleiche zu den finanzwissenschaftlichen Budgetierungsverfahren im Überblick Recktenwald (1983).
Ähnlich definieren auch Domsch und Reinecke ( 1989, S. 143) den Bewertungsbegriff, „… dass unter Bewertung die Herstellung einer Rangordnung von Handlungsalternativen nach dem Grad ihrer Zielwirksamkeit zu verstehen ist.“
Womit nicht zwingend gesagt werden soll, dass die Supply Chain Diskussion nicht auch mit den bestehenden, dann aber zusammenzusetzenden Begriffen geführt werden könnte. Für eine intensivere Auseinandersetzung mit den neuen und alten Inhalten des Begriffs vergleiche Kapitel 2.2.3.
Ein alternatives Set generischer Prozesse schlägt Porter ( 1998a, S. 34 ff) vor.
Vergleiche etwa Ford (1990), Cunnigham und Homse (1990) oder Turnbull (1990). Alternative Konzepte zur Bestimmung der Dichte von Beziehungen wurden unter anderem vorgelegt von Hakansson und Johanson (1990) oder Groves und Valsamakis (1998). Für einen detaillierten Vergleich siehe Stabell und Fjeldstad (1998).
Zur Berücksichtigung der Thompson’schen Typen ist kritisch anzumerken: Erstens konzentriert sich die Supply Chain Management-Forschung nahezu ausschließlich auf „Long-linked“-Industrien; für eine der wenigen Ausnahme siehe Stabell und Fjeldstad (1998) oder Goldratt (1997). Ein Transfer wird nicht versucht. Zweitens nehmen viele Autoren unangebrachterweise keine Eingrenzung ihrer Aussagen auf die offensichtlich nur behandelte „Long-linked”-Industrie vor und statten ihre Beiträge mit einer aus dieser Perspektive nicht haltbaren Universalität aus. Vergleiche dazu ausführlicher Otto und Kotzab (1999).
Gleichwohl ist zu beachten, dass es in der Supply Chain Management-Literatur durchaus Beiträge gibt, die das projektartige „Zusammenstecken“ von Kompetenzen, die in unterschiedlichen Unternehmen beheimatet sind, als eine Form des Management einer Supply Chain ansehen. Vergleiche dazu Kapitel 4.2.6, insbesondere die Seiten 192 ff.
Ähnlich auch bei Pfeffer und Novak (1976, S. 399), Kumar und Seth (1998, S. 579 ).
Das Kriterium „Kapitalverflechtung“ benutzen auch Glaister und Buckley (1998, S. 90) zur Typologisierung von Allianzen.
Zur Koordination von Netzwerken durch Regeln vergleiche Burr (1999).
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Otto, A. (2002). Eckpunkte: Controlling sichert Rationalität — Supply Chain als Unternehmensverbindung. In: Management und Controlling von Supply Chains. Neue betriebswirtschaftliche Forschung, vol 290. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10716-3_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10716-3_2
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden
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