Zusammenfassung
Neben dem kernfamilialen Haushaltstyp hat ein weiterer Haushaltstyp deutlich an Gewicht eingebüßt: der Dreigenerationenhaushalt mit Großeltern(teil), Eltern und Kind(ern). Drei- und Mehrgenerationenhaushalte haben allerdings auch in vorindustrieller Zeit nicht die Bedeutung gehabt, die ihnen häufig zugeschrieben wird. Zwar gab es eine große Anzahl von Haushalten mit Eltern, Geschwistern, sonstigen Verwandten und vor allem mit Gesinde. Als eindeutig falsifiziert gilt aber inzwischen die Vorstellung, daß die damaligen Familienverhältnisse durch das Zusammenwohnen von Angehörigen zumindest dreier Generationen bestimmt gewesen seien. Schon von den demographischen Voraussetzungen her bestand in West- und Mitteleuropa (anders als in Osteuropa) eine geringe Chance des Zustandekommens von Dreigenerationenfamilien. Das mittlere Sterbealter der Verheirateten war niedrig — es lag z.B. in Frankreich im 16./17. Jahrhundert zwischen 55 und 60 Jahren —, und das durchschnittliche Heiratsalter in Erstehen lag zwischen 25 und 30 Jahren. Berücksichtigt man noch die hohe Sterblichkeit der Säuglinge, Kinder und Jugendlichen und die oft hohen Geburtenabstände, so ist schon die statistische Wahrscheinlichkeit dafür, daß Großvater (-mutter), Eltern und Kind längere Zeit in einem gemeinsamen Haushalt wohnten, äußerst gering. Auch die begrenzte Belastbarkeit der bäuerlichen Güter ließ den Typus des Dreigenerationenhaushalts nur selten zu, so daß Mitterauer (1977) vom „Mythos der Großfamilie“ spricht. Auch sollte nicht übersehen werden, daß es sich um eine sehr konfliktbehaftete Lebensform gehandelt hat, die eher durch wirtschaftliche Notwendigkeit als durch die Präferenz der Haushaltsmitglieder begründet war und die bei verbesserten Einkommensund Wohnverhältnissen möglichst rasch aufgegeben wurde.
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Peuckert, R. (1999). Rückgang der Mehrgenerationenhaushalte: Zeichen für eine abnehmende Solidarität zwischen den Generationen?. In: Familienformen im sozialen Wandel. Uni-Taschenbucher, vol 1607. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10039-3_11
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