Zusammenfassung
Bei der Würdigung zahlreicher Variablen des primären Beobachtungszeitraums wurde bereits, wenn es sich anbot, eine diachrone Perspektive eingenommen. Insofern behandeln die nächsten Kapitel besondere historische Merkmale, die über diese diachrone Betrachtungen hinausblicken. Begonnen werden soll dabei mit der Periode vor der Kolonialisierung des Kontinents.
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Sollte beispielsweise eine relativ positive d.h. demokratie-kompatible Herrschaftstradition oder deren Überwiegen für einen Staat identifiziert werden können, so ist zu fragen, ob diese Herrschaftstradition auch unmittelbar nach Abzug der Kolonialherren ihre prodemokratische Wirkung entfaltet hat, oder ob nicht zu den Traditionen konträre Entwicklungen beobachtet werden können.
Jedenfalls hat der verklärende Blick auf die präkoloniale Periode auch Kritik innerhalb Afrikas hervorgerufen. Axelle Kabou beschied (1993: 123): yy Das Afrika-dieser-wundervolle-Kontinent-der-vor-dem-Eindringen-der-Kolonisatoren-eine-völlig-harmon-ische-Einheit-bildete ist ein antikolonialistischer Mythos und hat nichts mit der Realität zu tun“
Simuyu (1994) analysierte die Einrichtung des Ältestenrates und das Konsensprinzip und entdeckte eine höchst asymmetrische Entscheidungsstruktur, bei der eine privilegierte Gruppe von alten Männern letztlich das Sagen hatte, während etwa junge Männer und besonders Frauen — freilich wie auch lange Zeit in Europa — davon weitgehend ausgeschlossen waren. Auch das bisweilen unterstellte „gute Regieren“ des Ältestenrats im Sinne der Interessen der Allgemeinheit wird in Frage gestellt und auf die Selbstprivilegierung einer bereits privilegierten Gruppe verwiesen (Weiland 1994: 25).
Die Abwesenheit von Tyrannei und der Imperativ des gemeinnützigen und nicht missbräuchlichen Regierens sei ein gewünschter Idealzustand, vermutlich aber nicht die historische Wirklichkeit. Gerade die gegebene Möglichkeit, tyrannische Herrscher zu beseitigen, verweise auf den Umstand, dass es solche gegeben haben muss.
Die „gute Herrschaft“ mag nach Lesart mancher eine Alternative zur Demokratie darstellen, der Demokratie selbst ist sie aber als Alternative zu ihr — es sei denn, sie versagt — im Grunde nicht förderlich. Festzuhalten bleiben der Mangel an Partizipation, Legitimierung durch das Volk und besonders die häufig gottgleiche Verehrung der Könige. Insofern bestehen kaum Zweifel an dem undemokratischen Charakter afrikanischer Königreiche (Temelli 1999: 65f).
Diese Verbindung von Tradition und Moderne verkörpert der erste Präsident des Landes und Begründer seiner Demokratie gewissermaßen in seiner Person: Seretse Khama als Häuptling der Bangwato verbrachte viele Jahre in Europa und ehelichte eine Europäerin (vgl. Ramsay/Maundeni in Edge/Lekorwe 1998).
Gespräch mit dem BDP-Generalsekretär Daniel Kwelagobe im Juni 1999.
„The European system of franchise, carrying with it the principle of, one man one vote’ was totally unfamiliar to the African and there was no good reason why such practise should be forced upon the latter... The African did not understand a system which allowed prospective members of Parliament to solicit for votes in contrast to his own system under which a man was selected by his fellows after discussion “. (Nuscheler 1978d: 2106).
Forderungen nach Demokratisierung begegneten der Nachfolger Sobhuzas II., Mswati III., und seine Regierung mit dem Hinweis auf die zu bevorzugende traditionelle Herrschaftsform
Vgl. für die koloniale Periode und die Dekolonisation für Botswana u.a. Morton et al. 1989; für Mauritius Selvon 1991; für Kap Verde Lobban/Lopes 1995, für Namibia Grot-peter 1994; Harneit-Sievers 1990; Baumhögger 1990b; Melber 1991 für São Tomé Seibert 1991, Varela 1997, für Burundi Chrétien 1993, Eggers 1996, für Gambia Gailey 1987; für den Niger Decalo 1989; 1997b, für Nigeria Diamond 1988b; Gieler 1993; für den Sudan vgl. Fluehr-Lobban et al. 1992; Malwal 1990; für Swaziland vgl. Sihlonghonyane 1998: fur Za’ire/DRK Bobb 1998 und generell die ausfuhrlichen Länderbeiträge in Nusche-ler/Ziemer 1978.
Dabei wirkte sich verschärfend aus, dass im Südwesten und speziell im Südosten ein gemeinsames Gruppenbewusstsein erst während des Kolonialismus entstand (Adam/Beckett 1978: 1493ff).
Die antitürkische Tradition des Mahdismus machte sie zum Verbündeten der Briten gegen den türkischen Kriegsgegner.
Für die Langzeitdemokratien und Gambia sind das demokratische Regime, für die erfolgreichen Neudemokratisierer und autoritären Regressionen (ohne Gambia) die autoritären Vorgängerregime, für Namibia das späte Kolonialregime, sowie für die permanenten Au-toritarismen mit Ausnahme des Sudan (v.a. Regierung Al-Mahdi 1986–89) diese selbst.
Zur postkolonialen Entwicklung vgl. v.a. die Beiträge bei Nuscheler/Ziemer 1978, bei Nohlen/Nuscheler 1993a; b und diverse Ausgaben von Africa South of the Sahara, sowie für Botswana Edge/Lekorwe 1998; für Mauritius Mathur 1991; für Bénin Hartmann 1999a; Banegâs 1997; für Kap Verde Lobban 1995; für São Tomé Seibert 1999; für den Niger Raynal 1993; für Nigeria König 1994; Gieler 1993; Mundt/Aborisade 1996; für den Sudan Tetzlaff 1992; für Zaïre/DRK u.a. Nzongola-Ntalaja 2002.
Eine eher punktuelle Gewaltbelastung besteht in Benin mit der gewalttätigen ethnischen Eruption der 1960er Jahre bei Massakern im Norden des Landes.
In Sudan wäre ein Transitionsprozess für 1985–1986 zu beobachten, in Zaïre kam es zu Anfang der 1990er Jahre ebenso wie in Swaziland zu Transitionsansätzen, die aber systematisch verschleppt wurden (vgl. Stroux 1997a;b; bzw. Basedau in Nohlen et al. 1999).
Zu den Transitionsprozessen vgl. die Beiträge des Afrika-Jahrbuches, für Benin Hartmann 1999a, Banegás 1997; für Kap Verde und São Tomé Cahen 1991 und Ostheimer 1999; für Namibia u.a. Forrest 1994; für Burundi Mehler 1994 und Des Forges 1994, für den Niger Gervais 1997; für Nigeria u.a. König 1994, Agbese 1998; Ihonvbere 1998; ders./Vaughan 1995.
Dies stellt freilich die Bestätigung bereits gemachter Befunde dar (vgl. II, 3.3; Joseph in ders. 1999).
Der Putschversuch 1981 wurde nicht vom Militär, das erst danach gegründet wurde, sondern der Field Force unternommen. Eine Politisierungstradition ist damit allenfalls bedingt zuzuerkennen (vgl. II, 3.3).
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Basedau, M. (2003). Besondere historische Merkmale. In: Erfolgsbedingungen von Demokratie im subsaharischen Afrika. Junge Demokratien, vol 8. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09965-9_11
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