Zusammenfassung
Einer der ersten literarischen Texte, von denen man mit Fug und Recht sagen darf, sie seien in dem erläuterten Sinne „modern“, ist Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werther“ aus dem Jahre 1774 gewesen. Dieses Buch war mit Abstand der größte Erfolg, den Goethe als Schriftsteller erringen konnte; mit ihm wurde er zu einem europäischen Autor. Es ist bekannt, daß Napoleon, als er 1808 mit Goethe zusammentraf, die Gelegenheit nutzte, um über Einzelheiten des Werther-Romans zu diskutieren. In seinen Lebenserinnerungen hat Goethe selbst davon gesprochen, daß die „Wirkung dieses Büchleins (...) groß, ja ungeheuer“ gewesen sei.l Die umfassend dokumentierten Einzelheiten dieser Wirkung des Romans auf das zeitgenössische Publikum geben uns eine gute Möglichkeit, den Sachverhalt der Ausdifferenzierung der Literatur, der sie modern werden läßt, beispielhaft kennenzulernen. „Ausdifferenzierung“: der Ausdruck wirft ja als erstes die Frage auf, welches „Woraus“ es denn gewesen sei, aus dem sich da etwas ausdifferenziert habe. Das Wort impliziert eine „Vorgeschichte“, die durch ein geringeres Maß an Differenzierung, oder positiv gesagt, durch ein höheres Maß an Integration gekennzeichnet ist. Die Wirkung des „Werther“-Romans ist deshalb historisch so signifikant, weil an ihr die „Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen“ ablesbar wird. Die Modernität von Goethes Roman traf auf eine noch weithin vormoderne Rezeptionshaltung, die sich durch den Inhalt des Romans provoziert fühlte. Modern war der Roman in erster Linie deshalb, weil
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Literatur
J.W. v. Goethe: Hamburger Ausgabe. Bd. 9, S. 589.. 26.
So auch die deutsche Literaturwissenschaft; vgl. exemplarisch für eine ganze Forschungsrichtung H. Schmied: Woran scheitert Werther? In: Poetica 11 (1979).
J.W. v. Goethe: Hamburger Ausgabe. Bd. 9, S. 590.
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Plumpe, G. (1995). Romantik. In: Epochen moderner Literatur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09954-3_3
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