Zusammenfassung
Im vorherigen Kapitel konnte gezeigt werden, daß wohlfahrtsstaatliche Politik zu einem maßgeblichen Anteil die Entwicklung des Arbeitskräfteangebots beeinflußt und damit zu einer Entschärfung oder Zuspitzung der Arbeitsmarktlage beiträgt. In diesem Kapitel wird eine wohlfahrtsstaatliche Politik analysiert, die direkt auf das Problem der Arbeitslosigkeit abzielt: die Arbeitsmarktpolitik. Im folgenden wird der Einsatz der Arbeitsmarktpolitik in den nordischen Ländern einer vergleichenden Analyse unterzogen. Zum einen sollen die politischen Grundlagen der Arbeitsmarktpolitik aufgezeigt und zum anderen die Auswirkungen dieser Politik auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit deutlich gemacht werden. Im ersten Abschnitt wird die passive Arbeitsmarktpolitik analysiert, die den Aufbau und die Leistungsgestaltung der nationalen Arbeitslosenversicherungen reguliert. Die aktive Arbeitsmarktpolitik hingegen wird im zweiten Abschnitt untersucht. Diese Politik verfolgt das Ziel, die Wiedereingliederung der Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt zu fördern. Ein letzter Abschnitt faßt die Ergebnisse zusammen.
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Literatur
An dieser Stelle sollen nicht die politischen Ursachen für unterschiedliche Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherungen dargestellt werden (vgl. dazu Alber 1982, Rothstein 1992). Insbesondere in Schweden stellte die Ausgestaltung der passiven Arbeitsmarktpolitik jedoch ein parteipolitisch heftig umstrittenes Thema dar. Während die bürgerliche Regierung 1994 die Arbeitslosenversicherung verstaatlichte, machte die neu gewählte sozialdemokratische Regierung im selben Jahr diese Reform wieder rückgängig (vgl. OECD 1995f: 52 ).
In Dänemark existierten gegen Ende des Untersuchungszeitraums 39, in Finnland 71 und Schweden 42 regional und berufsspezifisch untergliederte Fonds der Arbeitslosenversicherungen (Ploug & Kvist 1996: 69; OECD 1995c: 54).
Die absolute Höhe der Lohnersatzleistungen in Schaubild 6.2 stimmt nicht mit den Angaben in Schaubild 6.1 überein, da in der Quelle ein Wechsel in der Personengruppe vorgenommen wurde, die der Berechnung der Quoten zugrunde liegt.
In Schweden wurde die Lohnersatzquote sowohl unter der bürgerlichen Regierung 1993 als auch unter der sozialdemokratischen Regierung 1995 von 90 über 80 auf 75 Prozent gesenkt (OECD 1995f: 60); ebenso wurden 1993 fünf Karenztage in der Arbeitslosenversi-
Die dänische Arbeitsmarktreform von 1994 schränkt die Verlängerung der Bezugsdauer auf insgesamt sieben Jahre ein (Lind 1994a). Diese Reform hat jedoch keine Auswirkungen auf das Arbeitsmarktgeschehen im Untersuchungszeitraum.
Es sei hier erwähnt, daß die bürgerliche Regierung in Schweden im Juli 1994 — neben dem Versuch die Arbeitslosenversicherung in eine Zwangsversicherung umzuwandeln — auch die Möglichkeit eines de facto unbeschränkten Bezugs von Arbeitslosengeld einschränkte. Diese Reform wurde jedoch wie die Einführung einer Zwangsversicherung von der sozialdemokratischen Regierung im Oktober 1994 rückgängig gemacht (OECD 1995f: 52).
Wie bereits in Tabelle 6.1 erwähnt müssen die Arbeitgeber seit 1989 den ersten und seit 1993 die ersten beiden Tage der Arbeitslosigkeit finanzieren. Diese Reform verringerte sehr deutlich die Anzahl der kurzfristigen Entlassungen, bei denen nach zwei bis vier Wochen eine Wiederbeschäftigung eingetreten war (Velstand og Velfærd 1995: 436). Die Arbeitsmarktreform von 1994 veränderte von Grund auf die Finanzierungsweise; seit 1994 müssen die Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Kosten der gesamten Arbeitsmarktpolitik tragen (Lind 1994a: 188 ).
In dieser Hinsicht tauschen sich also Layard, Nickell und Jackman (1994: 89), die davon ausgehen, daß in den skandinavischen Staaten die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes eingeschränkt sei, und dies zu den niedrigen Arbeitslosenquoten in der Vergangenheit beigetragen habe.
Welchen Einfluß eine gut ausgebaute Arbeitslosenversicherung auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit hat, kann am Beispiel der Schweiz beobachtet werden. Während in der Beschäftigungskrise der frühen siebziger Jahre die Arbeitslosen abwanderten bzw. statistisch nicht erfaßt wurden, konnte nach einer Reform der Arbeitslosenversicherung 1977 der Beschäftigungsrückgang der zweiten Beschäftigungskrise in den frühen achtziger Jahren deutlicher durch die amtliche Arbeitslosenstatistik erfaßt werden (Schmidt 1985: 112–116).
Um Mißverständnissen zum Schaubild 6.3 vorzubeugen sei nochmals darauf hingewiesen, daß mit der Korrelation keine kausale Verknüpfung zwischen dem Einsatz der aktiven Arbeitsmarktpolitik und der Beschaftigungsentwicklung hergestellt werden soll. Ziel dieser Darstellung ist vielmehr, die Reaktion der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf Veränderungen in der Beschaftigungsentwicklung zu erfassen.
Die skandinavischen Arbeitsvermittlungen bieten auch im Internet ihre Dienste an. Dort sind nicht nur aktuelle Stellenangebote abzurufen, sondem auch weitere Informationen erhältlich (die schwedische Web-Seite hat die Adresse: http://jobb.amv.se/; dort sind auch die Verweise für die anderen skandinavischen Lander aufgeführt).
In den folgenden Schaubildern wird aufgrund unvollständiger Daten nur der Zeitraum von 1986 bis 1994 in den skandinavischen Staaten analysiert.
Die bivariate Korrelation zwischen Anstieg der öffentlichen Verschuldung (in Prozent des Bruttoinlandsprodukts) und Anstieg der Ausgaben für die aktive Arbeitsmarktpolitik (in Prozent des Bruttoinlandsprodukts) beträgt für den Zeitraum von 1988 bis 1994 für 19 OECD-Staaten: r = -,40.
Die dänische Arbeitsmarktreform von 1994 hat jedoch eben diese Unabhängigkeit der Finanzierung von der aktuellen Arbeitsmarktlage beendet, da ab 1994 die Finanzierung — um die Steuerlast zu senken — ausschließlich über Arbeitnehmer-und Arbeitgeberbeiträge erfolgen soll (Lind 1994a: 188). Ob diese veränderte Finanzierungsweise einen Einfluß auf die in den letzten Jahren ausgebaute aktive Arbeitsmarktpolitik haben wird, kann im Rahmen dieser Studie nicht beantwortet werden.
Die Daten entstammen aus OECD (1996a).
Dies gilt natürlich nur unter der Annahme, daß die Entwicklung des Arbeitskräfteangebotes nicht mit berücksichtigt wird (vgl. Kapitel 5).
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Jochem, S. (1998). Die Wege in die Arbeitslosigkeit, Teil III: Die politischen Grundlagen der Arbeitsmarktpolitik und die Folgen für die Arbeitslosigkeit. In: Die skandinavischen Wege in die Arbeitslosigkeit. Gesellschaftspolitik und Staatstätigkeit, vol 16. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09760-0_6
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