Zusammenfassung
Dekonstruktives Denken ermöglicht — entgegen der Skepsis aller Kritikerinnen — neue Formen und Konzepte für politische Handlungsfähigkeit. Es ermöglicht das Aufbrechen binärer Oppositionen wie beispielsweise ‚Wir‘-‚die Anderen‘, einer Opposition, die der binären Logik — ‚die sind ganz anders‘ folgt; eine Logik, die gesellschaftliche Ausschließung legitimiert sowie (hetero-)sexistische und rassistische Gewalt fördert. Mit der Entwicklung des Transversalen im Zusammenspiel von Dekonstruktion und dem Denken der différance wird vorstellbar, wie mit der binären Strukturiertheit identitätslogischer Prinzipien gebrochen werden kann. Transversal ist ein querliegendes Denken, das durch die Dinge hindurch geht. Es bricht mit horizontalen oder vertikalen Aufzählungen von Adjektiven oder Prädikaten, die versuchen, immer wieder ein situiertes Subjekt zu vervollständigen und festzulegen. Festlegung oder Zentrierung bedeutet in diesem Zusammenhang, hegemoniale Machtverhältnisse unangetastet zu lassen. Transversal bedeutet eine Azentrierung hierarchischer Systeme und damit die Machtfrage neu zu stellen. Es befördert eine Enthierarchisierung von Gruppenprozessen oder auch von Kommunikation, denn es verleiht Transpararenz: Wann, wo und unter welchen Bedingungen kommt es zu Blockierungen, Sackgassen und Verhärtungen. Das Transversale ist ein netzwerkartiges Denken, es bietet viele Zugangsmöglichkeiten zu Texten, Analysen, Orientierungen. Texte sind immer vielschichtig und komplex, sie sind eingebettet in ein Geflecht von Beziehungen. Es ermöglicht das Erkennen von Ambivalenz. Jedes Glättenwollen von Zwielichtigem, Verpöntem, Widersprüchlichem geht auf Kosten von Erkenntnis. Das ist beispielsweise bei Freud deutlich geworden. Sein ganzes Schwanken und Spekulieren hätte die postfreudianische Psychoanalyse hellhörig machen müssen. Stattdessen vereindeutigte sie seine Erkenntnisse, der gute Vater, die böse Mutter oder umgekehrt, prädödipal, ödipal, Mann, Frau. Nichts ist bei Freud so unsicher geblieben wie gerade die Vereindeutigung von Männlichkeit und Weiblichkeit.
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Wartenpfuhl, B. (2000). Transversale Differenzen — Transversales Denken: Herausforderungen. In: Dekonstruktion von Geschlechtsidentität — Transversale Differenzen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09574-3_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09574-3_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-2658-3
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