Zusammenfassung
In diesem abschließenden Kapitel werden die zentralen Befunde nochmals zusammengefasst, Konsequenzen für die betriebliche Suchtprävention diskutiert und abschließend die Relevanz der Studie für die Theoriebildung in der Soziologie skizziert.
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Literatur
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf jenen Personenkreis, der trotz der Gratifikationskrise, die u.a. durch die Reduzierung von Arbeitsplätzen bedingt sein kann, seine Beschäftigung behält. Für die Personen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, ergibt sich darüber hinaus die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Begleitung beruflicher Transitionsprozesse. Eine Intervention ist in der Phase des beruflichen Umbruchs, wenn die Stresseinschätzungen sich noch nicht im Sinne von Verlusteinschätzungen verfestigt haben, vermutlich leichter und mit größerem Erfolg durchzuführen als später, wenn sich die Situation des Arbeitslosen chronifiziert hat (vgl. Kieselbach, 1995; Kieselbach, 1996). Von Kieselbach wird deshalb in gewisser Analogie zu so genannten „Outplacement-Programmen“ (vgl. Saur, 1991; Mayrhofer, 1989) die Entwicklung von Konzepten empfohlen, die (I) die unterschiedlichen Dimensionen von Beratung und Begleitung systematisch aufeinander beziehen, (2) berufliche Übergänge im Sinne eines Moratoriums fassen, (3) die Angst vor der Zukunft soweit verringern, dass die Handlungsfähigkeit gewahrt bleibt, (4) eine akzeptierte Identität für die Zeit des Übergangs vermitteln und (5) gesellschaftliche Rahmenbedingun
In diesem Bereich verdient das Arger-und Konfliktbewältigungstraining auf kognitiv-ver-haltenstherapeutischer Grundlage von Schwenkmezger, Steffgen und Dusi (1999) besondere Beachtung. Möglicherweise ist die Integration dieses Trainings in die Konzeption von Siegrist vorteilhaft.
Das Stressimpfungstraining von Meichenbaum (1991) besteht nicht aus einer Einzeltech-nik, sondern ist ein Oberbegriff für ein Trainingsprogramm, das halbstrukturiert und flexibel ist. In Abhängigkeit von den Teilnehmern werden Elemente der sokratischen Gesprächsführung, der kognitiven Umstrukturierung, der Problemlösung und Entspannung, Verhaltens-und Vorstellungsübungen, Selbstbeobachtung, Selbstinstruktionen, Selbstverstärkung und umweltbezogene Strategien kombiniert (ebd., S. 28).
Die Trainingsidee dieses Programms ist es, die rational-emotive Therapie von Ellis (1979a, 1979b) als Therapie für eine Gruppe umzustrukturieren und für präventive Zwecke nutzbar zu machen. Der Grundgedanke der rational-emotiven Therapie besteht darin, dysfunktionale kognitive Prozesse, die in Form von „irrationalen Einstellungen“, bzw. ganzen Bündeln oder Systemen davon bestehen, zu modifizieren (Grawe, Donati & Bemauer, 1994, S. 402). Das therapeutische Vorgehen verfolgt hauptsächlich drei Ziele: (1) Die Aufdeckung von unangemessenen Einschätzungen, Überzeugungen und Bewertungen („irrational beliefs”). (2) Die Entwicklung von neuen Bewertungsmustern. (3) Die neuen Bewertungsmuster werden in unterschiedlichen Situationen unter unterschiedlichen Stressbedingungen angewendet und im Sinne neuer Bewältigungsfertigkeiten eingeübt (ebd.). Aus diesen Zielen lassen sich drei Phasen ableiten: Zunächst erfolgt eine rationale Selbstanalyse, gefolgt von rational-emotiven Imaginationsübungen oder Phantasieübungen und einem abschließenden Verhaltenstraining. Hiermit sind spezifische Interventionstechniken verbunden, die an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden sollen (vgl. Ellis, 19796; Schelp, Gravemeier & Maluck, 1997, S. 130ff.). Generell wird die Effektivität der Therapie als sehr gut eingeschätzt (vgl. Grawe, Donati & Bemauer, 1994, S. 414). Es existieren spezifische Versuche, diesen Ansatz auch bei der Therapie von Alkoholpatienten zu nutzen (vgl. die Darstellung bei Petry, 1998e).
Aus drei Gründen können diese Ergebnisse nur in beschränktem Umfang Planungsgrundlagen für Interventionsmaßnahmen in der Bundesrepublik sein: (I) Die methodische Qualität der Evaluationsstudien ist häufig eher gering einzuschätzen, d.h. es fehlen z.B. Kontrollgruppen, Daten von den unterschiedlichen Trägern des Programms (Beratern, Führungskräfte, ratsuchende Personen) etc. (MacDonald, Lothian & Wells, 1997). (2) Die amerikanischen „Employee Assistance“-Programme sind nur partiell mit den deutschen Interventionskonzepten vergleichbar. Manche Programme zielen nicht nur auf Alkoholabhängige, sondern auf alle Personen, die psychosoziale Probleme haben (MacDonald, Lothian & Wells, 1997). (3) Es ist fraglich, ob und in welchem Maße die in den USA gewonnenen Ergebnisse angesichts der anders gearteten arbeitsrechtlichen Grundlage auf die Situation in Deutschland übertragbar sind (so z.B. die Ergebnisse zum konstruktiven Zwang von Trice & Beyer, 1984; vgl. allgemein Wienemann, 2000, 133ff.).
Allerdings verwendet Coleman einen sehr restriktiven, eigentlich eher für die Modellwelt der neoklassischen Ökonomie typischen Handlungsbegriff, wenn er individuelles Handeln ausschließlich vom Eigeninteresse geleitet sieht (Haller, 1999, S. 357).
Reinecke (1997) bevorzugt allerdings die „Theorie geplanten Verhaltens“ (vgl. eher kritisch zu dieser Theorie: Schwarzer, 1996, S. 60f.)
Pfaff (1995) integriert in diesen Vergleich darüber hinaus die voluntaristische Handlungstheorie, die hier nicht dargestellt wird.
Gerhards (1988) hat ¡ª u.a. in der Perspektive der allgemeinen soziologischen Theorie ¡ª eineSoziologie der Emotionen konzipiert, mit deren Hilfe Stressreaktionen analysiert werden können. Auf dieser Grundlage lassen sich Techniken des emotionalen Copings unterscheiden (ebd., S. 210ff.). Die Aussagekraft dieser sicherlich verdienstvollen Untersuchung für die hier interessierenden eher spezifischen Fragestellungen bleibt allerdings eher vage. „Der handelnde Zugriff auf den Organismus mittels Rauchen oder vermittels der Einnahme von Psychopharmaka mag sich zur Bewältigung emotionaler Stressreaktionen als wirkungsvoll erweisen, bezogen auf die Folgen für die Gesundheit ist es sicherlich die schlechteste Form der Emotionsarbeit“ (ebd., S. 224). Im Hinblick auf die Theorietypologie von Bunge (1996) bleibt es zweifelhaft, ob sich aus einem sehr abstrakten Modell der Emotionen (vgl. Gerhards, 1988, S. 205ff.) ¡ª wie das genannte Zitat illustriert ¡ª empirisch gehaltvolle Hypothesen ableiten lassen.
Diese Zusammenhänge lassen sich allerdings für die Bundesrepublik Deutschland mit Zeitreihenanalysen aggregierter Daten ¡ª wie sie Brenner durchgeführt hat ¡ª nicht replizieren (Henkel, 19986, S. 107).
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Puls, W. (2003). Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick. In: Arbeitsbedingungen, Stress und der Konsum von Alkohol. Forschung Soziologie , vol 160. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09280-3_6
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