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Zentralität von Lebensbereichen und Zufriedenheit mit dem Leben

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Ankunft im Erwachsenenleben

Zusammenfassung

Lebensbereiche — also Beruf und Familie, Wirtschaft und Politik, Verwandtschaft und Religion — sind gleichsam die kulturelle Landkarte für den Lebenslauf. Auf sie aber blickt jeder aus seiner Perspektive. Die Landkarte stellt das Privatleben ins Zentrum und rückt das öffentliche Leben an die Peripherie. Aber manchen Leuten sind nicht Partner und Kinder, sondern der Beruf oder sogar die Politik oder die Religion Zentrum. Es gibt Männer und Frauen, die mit ihrem Beruf verheiratet sind oder sich im Dienst für die Gemeinschaft aufopfern, „Workaholics“ und Asketen, Samariter und Patrioten, Helden und Heilige. Sie werfen einen anderen Blick auf „das Leben“. Denn sie haben andere Leidenschaften als die meisten Menschen. Sie sehen das Leben anders, weil sie eine andere Einstellung zu ihm haben; sie bringen diese Einstellung mit sich, bevor sie Erfahrungen machen, bevor sie eine Familie gründen und einen Beruf wählen, bevor sie also Erfolg im Leben haben. Die Zentralität der Lebensbereiche ist eine Vor-Einstellung. Die Person schaut aus ihrem Blickwinkel auf die kulturelle Landkarte des Lebenslaufs und sucht die Regionen, die ihr am liebsten sind. Aber sie lässt außer Betracht, wo sie selber steht — zumindest zieht sie nicht absichtsvoll den Erfolg als Kriterium heran.

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Literatur

  1. Zufriedenheitsurteile über die Umwelt kann man in großer Breite geben. Denn sie verlangen keine persönliche Bilanz, sondern das Sediment der Wahrnehmung der Umwelt. Wenn — wie z. B. in Untersuchungen zur Lebensqualität (Glatzer/Zapf 1984) — Zufriedenheizen über ein breites Spektrum privater und öffentlicher Lebensbereiche erfragt werden, dann können Unterschiede der mittleren Bewertung zwischen den Bereichen als Unterschiede des wahrgenommenen politischen Erfolgs interpretiert werden — z.B. sind die Deutschen 1990 und 1995 mit „der Wohnung“ vermutlich deshalb zufriedener als mit „dem Zustand der Umwelt in der Region”, weil die entsprechenden Politiken in ihren Augen unterschiedlichen Erfolg hatten (Spellerberg 1997: 444). Aber Urteile über die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben sind gleichsam das Sediment einer inneren Wahrnehmung.

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  2. Über die Entwicklung der Lebenszufriedenheit liegen kaum Längsschnittstudien vor; Querschnittstudien zeigen keine (Inglehart 1990: 223–226, Myers/Diener 1995: 11) oder nur gering negative Einflüsse des Alters auf die Lebenszufriedenheit. Ein Querschnitt von 14–92 Jahren aus dem Jahr 1992 zeigt keine Unterschiede der Zufriedenheit mit „Arbeit und Beruf“, mit „Ehe und Partnerschaft” und im allgemeinen zwischen unter 30jährigen und 31–60jährigen, aber einen Rückgang aller dieser drei Zufriedenheiten im Alter (Schumacher et al. 1995: 20). Im,frühen Erwachsenenalter, also zwischen 30–35 und 36–41 Jahren fand Brandtstädter (1993: 207) einen deutlichen (in der Tat den einzigen über die ganze betrachtete Zeitspanne) Rückgang der Lebenszufriedenheit sowohl im Quer-wie im Längsschnitt; Brandtstädter interpretiert dieses Ergebnis nicht, seine Stichprobe bezieht sich auf die gesamte Bevölkerung. Im mittleren Erwachsenenalter nimmt die Lebenszufriedenheit zwischen 43–46jährigen und 5356jährigen ab (Wittkowski/Zobel 1982). Im hohen Alter, d.h. in einer Stichprobe 70100jähriger, zeigen sich nur geringe (Staudinger et al. 1996: 322) oder gar keine Korrelationen (Smith et al. 1996: 507) der Lebenszufriedenheit mit dem Alter.

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  3. Das gleiche Muster findet sich auch im Bevölkerungsquerschnitt: 1978 haben unter einer Vielzahl von Zufriedenheitseinschätzungen „Ehe/Partnerschaft“ und „Familienleben” die Spitzenplätze vor dem „Leben allgemein“ und dem „Beruf” sowie dem „Erfolg im Leben“ (Glatzer/Zapf 1984).

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  4. Im Projektbericht an die DFG (Birkelbach et al. 2000: Kapitel 11) wird nicht nur die Partnerschaftsgeschichte der gleichen Personen zwischen dem 30. und 43. Lebensjahr, sondern die Partnerbindung zum 30. und 43. Lebensjahr, also in wechselnden Gruppen analysiert. Dabei wurde zwischen Alleinstehend, Partner ohne Lebensgemeinschaft, Lebensgemeinschaft und Ehe unterschieden. Die Übersetzungs-, Kompensations-und Zentralitätshypothese werden in der Analyse der Partnerbindung wie der Partnerschaftsgeschichte bestätigt.

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  5. Man kann natürlich auch die Tatsache der konstanten Verheiratung als „Erfolg“ ansehen; allerdings sind nicht alle der konstant Verheirateten, aber die weitaus meisten mit dem gleichen Partner verheiratet. Die konstante Verheiratung mit dem gleichen Partner ist kein Erfolg im hier gemeinten Sinne des Aufbaus einer Bindung in einer Zeitspanne.

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  6. Im Projektbericht an die DFG (Birkelbach et al. 2000: Kapitel 11) wird nicht nur die Berufsgeschichte der gleichen Personen zwischen dem 30. und 43. Lebensjahr, sondern die Berufsbindung zum 30. und zum 43. Lebensjahr, also in wechselnden Gruppen analysiert. Dabei wurde zwischen nicht berufstätig, teilzeit berufstätig und voll berufstätig unterschieden. Die Übersetzungs-, Kompensations-und Zentralitätshypothese werden in der Analyse der Berufsbindung wie der Berufsgeschichte bestätigt.

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  7. Zudem gilt die gleiche Rangfolge auch, wenn man die Interkorrelationen der Zufriedenheiten bei Wechsel des Alters betrachtet — wie man in den Zeilen (6) bis (8) und Spalten (3) bis (5) sehen kann.

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  8. In einem Bevölkerungsquerschnitt 1992 korreliert die allgemeine Zufriedenheit mit der Zufriedenheit in „Arbeit/Beruf“ und „Ehe/Partnerschaft” mit rund r=.70, während die beiden letzten Zufriedenheiten mit r=.33 korrelieren (Schumacher et al. 1995: 20). Hier wird die allgemeine durch die private also nicht stärker als durch die berufliche Zufriedenheit bestimmt. Aber die allgemeine Zufriedenheit wurde hier nicht gesondert erhoben, sondern als Summenwert 10 bereichsspezifischer Zufriedenheiten gebildet. Aber auch wenn sie unabhängig erhoben wurde, korreliert die allgemeine Lebenszufriedenheit stärker mit der Zufriedenheit mit dem Selbst (also dem Privatleben) als mit der beruflichen Zufriedenheit (Diener 1994: 115).

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  9. Über die Spanne von 13 Lebensjahren einer Kohorte ist die Stabilität der allgemeinen Lebenszufriedenheit mit r=.35 aber immer noch deutlich niedriger als in weniger langfristigen Untersuchungen: Sie beträgt in einem deutschen Bevölkerungspanel über zwei Jahre mit r=.60 (Glatzer/Zapf 1984: 187) und schwankt zwischen r=.50 und.70 in verschiedenen amerikanischen Studien über Zeiträume zwischen einem halben Jahr und sechs Jahren (Myers/Diener 1995:10).

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  10. Alle Korrelationen der Zufriedenheit zwischen dem 30. und 43. Lebensjahr sind niedrig, gemessen an der Stabilität politischer Einstellungen zwischen dem 30. und 43. Lestandenen Jugendlichenstatus in Schule und Studium und dem angesonnenen Erwachsenenstatus im 30. Lebensjahr liegen die Übergänge von der Ausbildung in den Beruf und von der Herkunfts-in die Zielfamilie. Zwischen dem beruflichen und privaten Status im 30. und im 43. Lebensjahr werden hingegen verzögerte Entscheidungen nachgeholt oder unglückliche Entscheidungen revidiert. Die Turbulenzen der Identitätsfindung sind größer als die Turbulenzen der Identitätswahrung. Deshalb ist die Stabilität der Lebenszufriedenheit zwischen dem Jugend-und dem Erwachsenenalter geringer als die Stabilität zwischen dem frühen und dem mittleren Erwachsenenalter.“ bensjahr, die für den „Postmaterialismus” Ingleharts r=.44 und für Wertansprüche an die Politik sowie die Anerkennung von Sachzwängen r=.43 bzw. r=.51 beträgt (Birkelbach et al. 1998, Teil 2: 145). Die Lebenszufriedenheit wird also offensichtlich stärker durch Lebenslaufereignisse zwischen dem 30. und 43. Lebensjahr erschüttert als politische Einstellungen. Erfahrungen schlagen sich zunächst auf persönliche Einschätzung, dann auf allgemeine politische Einstellungen durch.

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  11. Die Stabilität der Zufriedenheit zwischen dem 30. und 43. Lebensjahr ist aber geringer als die Stabilität der Wichtigkeitseinschätzungen (Birkelbach et al. 2000: 352). Die Wichtigkeit der Partnerschaft ist deutlich stabiler als die der privaten Zufriedenheit, die Wichtigkeit des Berufs etwas stabiler als die der beruflichen Zufriedenheit. Der konzeptuelle Unterschied zwischen beiden Dimensionen wird hier empirisch greifbar: Die Zufriedenheit ist leichter durch Erfahrungen zu erschüttern als die Wichtigkeitsschätzung. Die Wichtigkeitsschätzungen sind Vor-Einstellungen, mit denen Erfahrungen interpretiert werden; sie werden durch diskrepante Erfahrungen nur wenig modifiziert. Aber die Zufriedenheit resultiert aus Erfahrungen, so dass der Maßstab an Erfahrungen angepasst werden muss (Brandtstädter 1993). Das bringt schon die grammatische Form zum Ausdruck: Man hält etwas für wichtig, aber man ist zufrieden mit etwas. Wer zum Beispiel den Beruf wichtig nimmt, wird ihn auch nach Misserfolgen nicht für unwichtig halten. Aber wer beruflichen Misserfolg hat, wird die Meßlatte für den beruflichen Erfolg niedriger hängen. Zumindest ist die Rückkopplungsschleife von der Erfahrung zur Einstellung bei den Wichtigkeitsschätzungen schwächer als bei der Zufriedenheit.

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Meulemann, H. (2001). Zentralität von Lebensbereichen und Zufriedenheit mit dem Leben. In: Meulemann, H., Birkelbach, K., Hellwig, JO. (eds) Ankunft im Erwachsenenleben. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09269-8_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09269-8_8

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