Skip to main content

Wie aus ‚Natur’ Politik wird. Zu einer sozialökologischen Konzeption des politischen Moments

  • Chapter
„Natur“

Part of the book series: Reihe „Soziologie und Ökologie“ ((SUÖ,volume 9))

  • 198 Accesses

Zusammenfassung

Zur Debatte zu stellen, wie aus Natur Politik wird, scheint auf den ersten Blick widersinnig. „Natur“ galt lange genau als Inbegriff jenes Bereichs, der dem Politischen prinzipiell entzogen ist, der mit der Wucht des ontologischen Seins sozusagen die grundsätzlich mögliche Politisierung in ihre Grenzen weist. Wo wir von „Natur“ sprachen, war damit jener Bereich gemeint, der „natürlich“, und das meinte ja, gegeben ist, der gerade als Gegenbereich zum menschlich Gestalteten und gesellschaftlich Diskutablem gedacht wurde. Dem unkritischen Anschein nach ist „Natur“ das, was als Grundlage im vorhinein ohne jegliche Diskussion oder Verhandlung einigt, während unterschiedliche Politiken, Leidenschaften, Interessen, Kulturen und Religionen, das sind, was spaltet. Bruno Latour (1995, 1999) kritisiert an diesem „modernen“ Denkschema die unbegründete Gegenüberstellung von „Mononaturalismus“ und „Multikulturalismus“. Während ‚Natur‘ in dieser Epistemologie stets auf etwas Ursprüngliches und zugleich Unabänderliches, eben „Naturgesetzliches“ verwies, wurde und wird das Politische genau entgegengesetzt konzeptualisiert: es bedarf zu seiner Entfaltung just der Entscheidbarkeit und Kontingenz im Sinne eines Möglichkeits- und Gestaltungsraumes. Das Politische erwächst definitorisch aus Situationen, in denen vor dem Hintergrund eines kollektiven Handlungs- und Gestaltungsbedarfs Konsens nicht vorausgesetzt werden kann, sondern irreduzibel plurale Vorstellungen und Einschätzungen die notwendigen Entscheidungen zu einer (u.U. „dezisionistischen“) Aufgabe machen (vgl. Kap. 4.2.1). Wird hingegen „Natur“ als politisches Argument eingesetzt, geschah und geschieht dies genau zum Zwecke der Entpolitisierung einer Frage, zur Negierung von gesellschaftlich zu entscheidender Optionalität und zur Beschwörung von ökologischen Sachzwängen bzw. natürlichen „Normalitäten“. Der Verweis auf „Natur“ bekommt dabei insbesondere in Zeiten raschen sozialen Wandels die Bedeutung eines „Ankerwerks, mit dem das auf dem offenen Meer treibende Zivilisationsschiff sein Gegenteil: das Festland, den Hafen,… beschw...rt“ (Beck 1988: 66) und Kontinuität zu sichern scheint:

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 64.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  • Der kritische Text von Susan Leigh Star (1991) über die versteckte Politik von Standards kussion von,Natur’ und Politik fort: nur so kann es den heimlichen Diktatoren mit ihrer (häufig fundamentalistischen) Rede von der „Natürlichkeit der Verhältnisse“ gelingen, politische Gestaltungsansprüche schnell in ihre Schranken zu weisen, während umgekehrt zurückgelehnte Intellektuelle, agnostisch gegenüber jedweden öko-katastrophischen Szenarien, das letzte und Normierungen sowie James Scotts (1998) Untersuchung der modernen Umgestaltung von Gesellschaften und ihren natürlichen Umwelten nach den „Landkarten staatlicher Lesbarkeit” stehen an dieser Stelle Pate für meine Argumentation.

    Google Scholar 

  • Mit „generalisiertem gesellschaftlichen Naturverhältnis“ ist jenes gesellschaftliche Naturverhältnis gemeint, dass von den meisten modernen Menschen unhinterfragt und,,selbstverständlich” ihrem Alltagswissen und -handeln unterlegt wird. Fragen immer weniger um das Existenzminimum denn um die Teilhabe am Zivilisationsgenuss kreisen, dass die „freie Natur“, die „Reste reiner Naturwüchsigkeit der Landschaft” und „nahezu jedes größere wilde Tier“ in Verwaltung und Pflege übernommen werden müsse, dass der Mensch sich kaum noch als natürlich begrenztes Wesen verstehe, dass persönliche Erfahrungen immer häufiger von vielfach vermittelten, technischen Informationen verdrängt werden, dass menschliche Fähigkeiten zunehmend in technischen Apparaturen vergegenständlicht werden, dass politisches und ökonomisches Handeln immer mehr der „Rechenhaftigkeit” unterworfen werde, dass Humantechniken immer weitere Teile der menschlichen Psyche und Sozialität als technischen Vorgang manipulierten, dass die im geschichtlichen Werdegang entstandenen Institutionen in den „Griff bewusster Planung und Entwicklung“ kämen und dass sogar der Weltraum in die technische Produktion einbezogen werde (vgl. Schelsky 1961:6–9).

    Google Scholar 

  • Vgl.a. Helmut Schelsky: „Der Mensch löst sich vom Naturzwang ab, um sich seinem eigenen Produktionszwang zu unterwerfen. Wir produzieren die wissenschaftliche Zivilisation nicht nur als Technik, sondern notwendigerweise in viel umfassenderem Maße dauernd auch als,Gesellschaft’ und als,Seele’.“ (1961: 17).

    Google Scholar 

  • Daneben diskutiert er sehr kulturpessimistisch das Schicksal der (wissenschaftlichen) Bildung gemessen am humanistischen Ideal.

    Google Scholar 

  • Es ist Nico Stehrs Verdienst, in der Diskussion der Wissensgesellschaft gezeigt zu haben, dass zum damaligen Zeitpunkt konservative wie liberale Denker diese technokratische Einschätzung teilten (vgl. Stehr 1994: 420ff.). So treffen sich Marcuse und Schelsky als Vertreter gegensätzlicher politischer Standpunkte in ihrer szientistischen Einschätzung von Wissenschaft und Technik als exogene, aber Gesellschaften determinierende Entwicklungsfaktoren.

    Google Scholar 

  • Auf das Verhältnis von Wissenschaft und Politik wird notwendiger weise noch genauer zurückzukommen sein (vgl. Kap. 4.2).

    Google Scholar 

  • In diesen Konturen befasste sich die soziologische Klassik mit dem Wandel traditioneller Gesellschaften in Industriegesellschaften. Heute zeichnet sich ein eben solch weitreichender Wandel am Ende der „ersten Modeme“ oder „Industriemoderne” ab. Fraglich ist, ob dieser neuerliche „Epochenbruch“ mit den gleichen Kategorien wie sein Vorgänger beschrieben und verstanden werden kann — eine aus der Sicht der Theorie der Reflexiven Modernisierung allzu lineare Vorstellung.Sie unterlaufen die Zurechnungsroutinen umso mehr, als sie in der Tat, wie Niklas Luhmann (1991) herausstellte, die gängige Praxis der kulturell bedeutsamen Unterscheidung in Entscheider und Betroffene ad absurdum führen. Mit Bruno Latour könnte man sagen, die Netze der heterogenen Akteure kümmern sich nicht um unsere Kategorisierungen.

    Google Scholar 

  • Vgl. die sog. „neuen sozialen Bewegungen“, aber auch noch situativere Formen der Solida- risierung „jenseits von rechts und links”

    Google Scholar 

  • Dieser Blickwinkel täte der soziologischen Diskussion der Risikogesellschaft selbst gut. Während „Risiken“ bei Ulrich Beck in ihrem hybriden, mithin sozialen und natürlichen Gewordensein anfänglich kaum diskutiert wurden, sondern zunächst v.a. als sozial rekonstruierte, objektive Gefährdungen eingeführt wurden, kämen dann nicht nur eindimensional die gesellschaftlichen Folgen der wissenschaftlich-technischen Zivilisation in den Blick, sondern die heterogenen Dynamiken eines wuchernden Phänomenbereichs, der m.E. durchaus die Rede vom „Epochenbruch” rechtfertigt. Demgegenüber folgt die Darstellung der Genese von „Risikogesellschaften“ (die besser „Gefahrengesellschaften” hießen, denn die „neuen Risiken“ folgen genau nicht der modernen Risiko-Definition bezogen auf Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts multipliziert mit der Schadenhöhe oder allgemeiner auf Beherrschbarkeit gegenüber Schicksal) zumindest in der oberflächlichen Rezeption einer dualistischen Logik, die Beck selbst kritisiert (vgl. Beck 1986: 107ff.). Die soziologische Analyse von Risiken sollte nicht länger im Graben von einerseits Meinungs-und Perspektivenpluralismus und andererseits Gefahrenobjektivismus verharren, sondem mit der Verfolgung einer sehr eigenartigen und sehr weitreichenden Form der Wirklichkeitskonstitution beginnen (vgl.a. Adam/ Beck/ van Loon 1999). Erstaunlicherweise scheint auch Karl Mannheim (1929) in diesem Punkt einer technokratischen Vision aufgesessen zu haben. Obwohl er die „Seinsgebundenheit” nahezu allen Wissens postuliert, erwartete er dennoch eine drastische Reduzierung an genuinem Entscheidungsbedarf durch den Zuwachs an wissenschaftlicher Kalkulierbarkeit und Objektivierbarkeit. Die errungene, immer bessere Kenntnis der die Gesellschaft beherrschenden Determinanten (und zwar der,sozialen’ wie der,natürlichen’) überführe immer mehr „gesinnungsethische“ Fragen in „verantwortungsethisches Verwalten” mit der Konsequenz, dass Politik in ferner Zukunft wissenschaftliches Verwalten werde (vgl. ebd.: 165ff.). Ich komme darauf zurück.

    Google Scholar 

  • Die politischen Institutionen werden zu Sachverwaltern einer Entwicklung, die sie weder geplant haben noch gestalten können, aber doch irgendwie verantworten müssen.“ (Beck 1986: 305).

    Google Scholar 

  • Daraus ergeben sich zwei wesentliche Konsequenzen: Zum einen erfolgt ein Nachdenken über Politik damit nicht unabhängig von der vorgefundenen Realität, in der sich der Nachdenkende befindet und prägt somit zwangsläufig auch sein Nachdenken über Politik (Begriffsbildung). Das bedeutet, dass Wissenschaftlerinnen prinzipiell nicht von einem Punkt außerhalb des politischen und gesellschaftlichen Lebens über Politik reflektieren können. Neben der „Kontextualität“ sollte man sich auch des Umstands bewusst sein, dass jedes Nachdenken über politisches Handeln und Politik ein Eingreifen in das Verständnis von Politik und damit in die Politik bedeutet (Realitätskonstruktion). Sprache und die Begriffe der Politik, sowie das Verständnis vom,Politischen’, das in einer Gesellschaft,herrscht’, sind zugleich ein Stück Politik dieser Gesellschaft (vgl. Dörner 1991). Es ist damit für die politische Realität keineswegs unerheblich, was unter „Politik” verstanden wird und wie intensiv der Politikbegriff debattiert wird (vgl.a. Ueberhorst 1996). „Eine völlig politikfreie Bestimmung von Politik kann es deshalb wohl nicht geben.“ (Rohe 1994: 15).

    Google Scholar 

  • Schmitt führt diese Unterscheidung als Bestimmungskriterium „zur Aufdeckung und Feststellung der spezifisch politischen Kategorien“ (1932: 26) ein: „Die spezifisch politische Unterscheidung, auf welche sich die politischen Handlungen und Motive zurückführen lassen, ist die Unterscheidung von Freund und Feind” (ebd.). Dabei behandelt er diese Unterscheidung in einem sehr existentiellen Sinne, da für Schmitt der „Feind“ die Bedrohung der eigenen Lebensweise darstellt. Damit geht es um die Entscheidung, „ob das Anderssein des Fremden im konkret vorliegenden Konfliktfall die Negation der eigenen Art Existenz bedeutet” (ebd. S.27), der durch eine klare Unterscheidung bzw. Entscheidung begegnet werden solle.

    Google Scholar 

  • Hier deutet sich bereits ein Problem an, dass uns weiter beschäftigen wird: wenn sich Demokratien an Verfahren und die Mehrheitsregel binden, inwieweit sind sie dann mit ökologischen Imperativen vereinbar? Ein vergleichbares Problem stellte sich, als die Islamische Heilsfront in Algerien ankündigte, einmal gewählt als erstes die Demokratie abschaffen zu wollen.

    Google Scholar 

  • Nur schon über die Bezugsgröße möglicherweise klimarelevanter Emissionen, nach Landesgröße, Bevölkerungszahl oder Verursachung, (und damit die Benennung von „Schuldigen“) brach ein Konflikt aus, der nicht wissenschaftlichen, wohl aber politischen Faktoren gehorchte, nämlich den intemationalen Konfliktlinien zwischen armen und reichen, industrialisierten und „nachholenden” Gesellschaften (vgl. Kopfmüller 1997, bzw. für eine tieferreichende Kritik: Agarwal/ Narain 1991).

    Google Scholar 

  • Aktuelle Debatten über die Freisetzung und Nutzung gentechnisch modifizierter Organismen vermögen dies Problem wie kein anderer Bereich zu illustrieren. In alle Beurteilungsbemühungen, die sich häufig genug auf Laborkontexte beziehen, gehen angesichts weite-streichender Ungewissheit über mögliche Wirkungsketten zwangsläufig so viele unsichere Hypothesen und wert-und normgebundene Einschätzungen ein, dass von „reiner Wissenschaftlichkeit“ offensichtlich keine Rede mehr sein kann. Ähnliches lässt sich über die Simulationsbemühungen in der Klimawirkungsforschung sagen.

    Google Scholar 

  • Dies gilt in besonderem Maße für Risikokonflikte. Wem auch immer es gelingt, für eine Weile die Definition von Risiken zu bestimmen, der kontrolliert letztlich die Palette der als „rational“ befundenen Lösungsvorschläge und übt in diesem Sinne politische Macht aus.

    Google Scholar 

  • Dieses Missverständnis wurzelt vermutlich in der Tatsache, dass sozialkonstruktivistische Herangehensweisen stark von der britischen Cultural Theory geprägt sind. Während in Großbritannien für die Politisierung der Umweltfrage erst einmal das Argumentationsmonopol der Wissenschaftsautorität, der Royal Society, zerschlagen werden musste, blickt Deutschland auf eine längere Tradition von „Gegenexpertisen“ durch die sog. Öko-Institute zurück. Hier wirkt die Dekonstruktion von wissenschaftlichen Umweltbefunden daher eher entpolitisierend.

    Google Scholar 

  • Vgl. Keller (1997) für einen Überblick über verschiedene Wege, „Diskurse“ zum Gegenstand der Untersuchung zu machen.

    Google Scholar 

  • Unter „Diskurskoalitionen“ versteht Hajer geteilte Interpretationen darüber, was das eigentliche Problem sei, und die,mitunter strategisch, gemeinsam aktualisierten Verständnisse, Begrifflichkeiten und Konzepte (vgl.a. Hajer 1995).

    Google Scholar 

  • An dieser Stelle sei einmal grundlegend der Status von „Expertise“ gegenüber „Wissenschaft” geklärt: unter Expertise wird allgemein ein sachverständiges Gutachten zu einem klärungsbedürftigen Problem verstanden. Expertinnen legitimieren ihre Kompetenz dazu in aller Regel durch eine wissenschaftliche Ausbildung, ein entsprechendes, systematisch angelegtes Spezialwissen und den Eigenanspruch, auf der Basis systematischen Wissens eine berufliche Leistung anzubieten, die für die Gesellschaft von besonderem Wert ist und die Kompetenz umfasst, differenzierte und fundierte Problemlösungen identifizieren zu können. Die Institutionalisierung von Expertisen als politikberatende Konstruktion von Wirklichkeit basiert zentral auf der generalisierten Einschätzung, dass Expertinnen gegenüber den politischen Mandatsträgern und gegenüber Laien über einen zumindest potentiell gesellschaftlich relevanten Wissensvorsprung verfügen. Eine Expertise ist nicht dasselbe wie Wissenschaft, denn wer eine Expertise erstellen muss, hat in der Regel keine Zeit mehr, ausgedehnte Grundlagenforschung zu betreiben. Zudem steht die Expertise in den meisten Fällen im direkten Bezugsrahmen politischer Problembewältigung (vgl. Saretzki 1997: 278f., Hitzler 1994).

    Google Scholar 

  • Wolfgang van den Daele bemerkt allerdings richtig, dass, eben da jedes Wissen in NichtWissen eingebettet und gerichtet ist, dies kein Argument in der Debatte um Expertisen sein könne (vgl. van den Daele 1993: 182). Nicht-Wissen ist der Hintergrund jedes Wissensan- spruchs, sei er nun von Expertinnen, Betroffenen, Politikern oder Moralisten. Prinzipielle Ungewissheit unterliege, so van den Daele, bspw. nicht nur Entscheidungen für riskante Technologien, sondern auch Entscheidungen gegen sie. Das Leben sei eben riskant und ungewiss. Dieser Tatbestand ist m.E. ein Argument, folgenreiche Entscheidungen nicht Expertlnnenzirkeln allein zu überlassen, auf ihre Pluralisierung zu achten und Betroffene bzw. die politische Öffentlichkeit ebenfalls zur Partizipation zu ermutigen.

    Google Scholar 

  • Pikanterweise werden bspw. die Wissenschaftlerinnen für die Enquête-Kommissionen des Bundestags von den Parteien und nach dem jeweiligen Parteienproporz ausgewählt!

    Google Scholar 

  • Dabei müsste die Demokratisierung im Rahmen einer schrittweisen, problembezogenen und rekursiven Konstruktion und Rekonstruktion von Beteiligungsgruppen erfolgen (vgl. Saretzki 1997: 305). Welche Personen-und Akteursgruppierungen in diesem Prozess an welcher Stelle und mit welchen Funktionen eingebunden werden sollten, ist theoretisch bislang offen.

    Google Scholar 

  • Für eine Diskussion der möglichen institutionellen und nicht-institutionellen Formen der Umsetzung dieser Ideen sei an dieser Stelle nur auf die einschlägige Literatur verwiesen (van den Daele/ Neidhart 1996, Kerner 1996, Saretzki 1997, Barthe/ Dreyer/ Eder 1997, Simonis/ Martinsen/ Saretzki 2001 sowie die Beiträge im Sonderheft der Zeitschrift Science and Public Policy 22/3 über wissenschaftliche Expertise in Europa).

    Google Scholar 

  • Vgl.a. Beck (1993), auf den Latour vielfach verweist.

    Google Scholar 

  • Bruno Latour widmet sein Buch Isabelle Stengers, deren „Cosmopolitiques“ (1996, 1997) seine eigenen Überlegungen wesentlich beeinflusst haben.

    Google Scholar 

  • Wie ich in Kapitel 3.2.2 bereits beschrieben habe, erhofft sich Latour davon eine ganz erhebliche Verlangsamerung der Fabrikation riskanter, hybrider Welten.

    Google Scholar 

  • Latour spricht vom Parlament der „Dinge“ mit Verweis auf die etymologische Geschichte, in der „Ding” auf eine Konfliktstoff innerhalb einer Versammlung (vgl. lat. res) deutete, der ein geteiltes Urteil durch gemeinsame Diskussion erforderte. Zur Verhandlung stünde heute bspw. an, unter welchen Bedingungen das mit der Agrarwende intendierte Kollektiv mit oder ohne chemisch erzeugte Futtermittel, Prionen, landwirtschaftlichen Großbetriebe etc. zusammengesetzt werde. Mit einem solchen Verständnis wurde selbstredend auch die hierarchisierende Gegenüberstellung von „Subjekt“ und „Objekt „ zurückgewiesen (vgl.a. Latour 2001a: 105 ff.).

    Google Scholar 

  • An anderer Stelle bezeichnet Latour den „fortschreitenden, vorsichtigen, bescheidenen und langsamen Aufbau der gemeinsamen Welt“ (2001 b: 32) als Politik.

    Google Scholar 

  • „Handeln“ wird hier minimalistisch als „Veränderung anderer Akteure durch eine Abfolge elementarer Transformationen, die man aufgrund eines Versuchsprotokolls festhalten kann” verstanden (vgl. ebd. 108).

    Google Scholar 

  • Für eine genauere Vorstellung der Vorgänge sei hier französisch zitiert: „Chaque proposition nouvelle parcourt d’abord les quatre cases…: elle rend perplexe ceux qui s’assemblent pour en discuter et qui montent les épreuves permettant de s’assurer du sérieux de sa candidature à l’existence; elle exige d’être prise en compte par tous ceux dont elle va modifier les habitudes et qui doivent donc participer à son jury; si elle franchit les deux étapes précédentes, elle ne va pouvoir s’insérer dans les états du monde qu’à la condition de trouver une place dans une hiérarchie qui la précède; enfin, si elle gagne son droit légitime à l’existence, elle va devenir une institution, c’est-à-dire une essence, et va faire partie de la nature indiscutable du bon monde commun.“ (Latour 1999: 173).

    Google Scholar 

  • Mit diesem Spruch wurde gegenüber Monarchen, die sich für so wohlwollend hielten, dass sie glaubten, besteuern zu können, ohne ein Mitspracherecht auf den Staatshaushalt einräumen zu müssen, das Recht auf politische Repräsentation der jeweiligen Interessen eingeklagt. Heute halten sich Expertinnen und Bürokratinnen für so wohlwollend, dass sie sich vorstellen, über die ersonnenen Innovationen und Regulationsbeschlüsse alleine entscheiden zu können. Demgegenüber müssten auch hier, so Latour, die Betroffenen, von der Mikrobe bis zur Bürgerschaft, ein Recht erhalten, repräsentiert und gehört zu werden.

    Google Scholar 

  • Mit der Verwendung der Begriffe „Ligaturen“ und „Optionen” greife ich rein terminologisch auf Dahrendorf (1979) zurück, der individuelle Lebenschancen im Horizont von „Optionen“ als die an einem Ort vorfindlichen Wahlmöglichkeiten und Handlungsalternativen von „Ligaturen” als gesellschaftliche Bezüge, Verankerungen, Einbindungen und Bindungen unterscheidet. Allerdings entleihe ich nur die Begriffe, stelle sie aber in einen Kontext, der sich keinesfalls auf die soziale Welt der gesellschaftlichen Konstruktionen und Möglichkeiten beschränkt.

    Google Scholar 

  • Damit wird der gelegentlich normative Hintergrund dieser Arbeit hier explizit. Sozialwissenschaft, die mit dem Anspruch auftritt, nur uninteressierte Beschreibungen zu erstellen, erscheint mir ohnehin weder möglich noch sinnvoll. lm Sinne meiner Arbeit, die konstruktivistisch von der Situierung aller Definitionsverhältnisse und Kategorisierungen ausgeht (vgl.a. Kap. 3.2), möchte ich mich im letzten Abschnitt an den Definitionsprozessen beteiligen.

    Google Scholar 

  • In den letzten Tagen hat Karl-Werner Brand ein Buch herausgegeben, dass sich unter dem Titel „Politik der Nachhaltigkeit“ (2002) ebenfalls auf die abwägende Suche geeigneter Prozeduren und Kriterien macht. Dort plädieren Gotthard Bechmann und Armin Grunwald, ähnlich der hier vorgetragenen Argumentation für eine „Experimentelle Politik” in Nachhaltigkeitsfragen, in der insbesondere ein neues Verständnis des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik anfällt: „Politik der Nachhaltigkeit bleibt aufgrund der Wissens-und Bewertungsproblematik an die Metapher des Experiments gebunden.“ (2002: 127)

    Google Scholar 

  • Für eine Diskussion legitimer Rechtfertigungen ökologischer Ansprüche vgl. Latour (1998a).

    Google Scholar 

  • Den Begriff metts entleiht Scott der griechischen Mythologie. Odysseus wird dort gelobt,über viel metis zu verfügen, so dass er auf die unterschiedlichsten Anforderungen seiner Expedition (Probleme mit dem Schiff, seinen Leuten, seinen Trieben, dem Wetter und den Umständen) adäquat reagieren konnte.

    Google Scholar 

  • Man könnte auch indigene Pflanzengruppierungen und ihren inhärenten Bezug zu verschiedenen Nutzungen als metis den westlichen Klassifikationssystemen nach „Eigenschaften“ als techné oder „epistemisches” Wissen entgegensetzen.

    Google Scholar 

  • Ich übernehme hier und im Folgenden den Ausdruck „positioneller Politikstil“ von Rainer Ueberhorst (1996: 174), der damit ein überzeugungsorientiertes Auftreten bezeichnet, das fundamental der „Parteienlogik” unterworfen ist. Die einzelnen Standpunkte werden damit unverfügbar der offenen Debatte entzogen, gehorchen nur der eigenen Position.

    Google Scholar 

  • Auch im Isar-Konflikt hatten bspw. Vertreter der Partei Bündnis 90/ die Grünen (vergeblich) um eine „zwischenzeitliche Konzession“ für den Kraftwerksbetrieb ersucht, um den Sinn der Energiegewinnung mittels Wasserkraft an dieser Stelle in einem Raumordnungsverfahren prinzipiell zu klären. Zeitdruck, wie er durch das Konzessionsende und die gemächliche Bearbeitung der anstehenden Fragen in den Genehmigungsbehörden entstanden sei, so ihre Einschätzung, bestätige letztlich immer den status quo zu Lasten der Natur.

    Google Scholar 

  • Vgl. den bereits in Kap. 3.1. referierten Vorschlag von Jahn und Wehling (1998), bspw. sog. „Wasserräte“ zu etablieren.

    Google Scholar 

  • Auch die Förderung reflexiver Expertlnnenkulturen macht aber die Partizipation anderer Betroffenen-und Beteiligungsgruppen nicht überflüssig.

    Google Scholar 

  • In meinen Interviews mit Konfliktakteuren habe ich jeweils auch die zugrunde liegenden Konfliktgründe erfragt. Im „Isar-Fall“ wurden insgesamt über 30 verschiedene Konfliktgründe genannt, von den einzelnen Gesprächspartnern für sich und ihre Kontrahenten jedoch in aller Regel nicht mehr als vier bis fünf aufgeführt. Ein Fall für die Mediation!

    Google Scholar 

  • Im Bayerischen Wald wurde dieser Sorge durch eigens ausgewiesene Schutzgürtel entsprochen, in denen noch auf dem Gebiet des Naturparks Schädlingsvemichtungstechniken zum Einsatz kamen.

    Google Scholar 

  • Viele meiner Interviewpartner haben gerade mit Bezug auf globale Homogenisierungsphänomene die Partikularität der lokalen „Natur“, „Landschaft” bzw. „Heimat“ herauszustellen versucht — verbal und auch materiell.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2002 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Kropp, C. (2002). Wie aus ‚Natur’ Politik wird. Zu einer sozialökologischen Konzeption des politischen Moments. In: „Natur“. Reihe „Soziologie und Ökologie“, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09181-3_5

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09181-3_5

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-3694-0

  • Online ISBN: 978-3-663-09181-3

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics