Skip to main content

Die Fabrikation von Natur, Gesellschaft und Politik. Vermittlungstheoretische Positionen

  • Chapter
„Natur“

Part of the book series: Reihe „Soziologie und Ökologie“ ((SUÖ,volume 9))

  • 194 Accesses

Zusammenfassung

Der kanalisierte Fluss und die umzäunte Wildnis im Bayrischen Wald, der um das Huntington-Chorea-Gen erleichterte Embryo im Reagenzglas, die importierte Stammzelle, das Ozonloch, die Kadaverhaufen von MKS- oder BSE-verdächtigem Vieh — gehören diese eigenartigen „Objekte“ zur Natur oder zur Gesellschaft? Sind sie uns transzendent gegeben oder immanent zu verantworten? Oder handelt es sich um flüchtige Mischwesen, welche die Zuordnung unterlaufen?

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 64.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  • Die tradierte Unterscheidung von naturwissenschaftlichen Wissenschaften als objektiv und hermeneutischen Wissenschaften als reaktiv geht bspw. in der Klimaforschung verloren (vgl. Frederichs/ Bechmann 1997).

    Google Scholar 

  • Auf wen sind die nicht-intendierten Nebenfolgen genetischer Freilandversuche zuzurechnen? Haben Kinder auch dann einen Anspruch, ihre biologischen Eltern zu erfahren, wenn diese Leihmütter, Samenspender oder klonende Ingenieure sind?

    Google Scholar 

  • Vgl. Beck/ Bonß/ Lau (2001) und Latour (1999) für eine Auseinandersetzung mit dem theoretischen Argument im allgemeinen.

    Google Scholar 

  • Habermas unterscheidet „geschlossene“ und undifferenzierte von „offenen” und daher für Reflexivität und kritische Rationalität zugänglichen Weltbildern. Geschlossene Weltbilder sind zentral von der „konzeptuellen Vermengung“ (1988: 81) von Natur und Kultur charakterisiert, „was zur Folge hat, daß das Konzept der Welt mit bestimmten, der rationalen Stellungnahme und damit der Kritik entzogenen Inhalten dogmatisch besetzt wird” (ebd. 83), so dass die moderne Rationalität, deren Universalitätsanspruch im weiteren bestätigt wird, sich nicht entwickeln kann.

    Google Scholar 

  • Die Rationalität moderner Gesellschaften wird bei Habermas vom beschränkten, vormodernen Rationalitätsbegriff und damit verbunden den Möglichkeiten der Handlungsbegründung hinsichtlich der „mangelnden Differenzierung zwischen den fundamentalen Einstellungen zur objektiven, zur sozialen und zur subjektiven Welt“ (Habermas 1988: 85) und einer „fehlenden Reflexivität des Weltbildes, das nicht als Weltbild, als kulturelle Überlieferung identifiziert werden kann,” (ebd.) abgegrenzt. Zu fragen wäre, ob denn die moderne Differenzierung zwischen objektiven, subjektiven und sozialen Welten „reflexiv“ als kulturelle Überlieferung und modernistisches Weltbild identifiziert wird.

    Google Scholar 

  • Ein ontologischer Dualismus à la Descartes wird in der Soziologie, wie weiter oben bereits angemerkt, ohnehin nirgends vertreten.

    Google Scholar 

  • Gleichzeitig kommt — ähnlich der Argumentationslogik in der „Dialektik der Aufklärung“ —langsam zu Bewusstsein, dass auch vorangetriebene Naturbeherrschung auf ihrer Rückseite zu mehr „Naturverfallenheit” führe. So wird nach und nach das Paradox der „Naturwüchsigkeit“ sowohl der verselbständigten, gesellschaftlichen Entwicklung als auch der in unintendierten Nebenfolgen sichtbar, der fortgesetzten Abhängigkeit von der Natur bei gleichzeitig intensivierten Kontrollbemühungen. und politische Entscheidungsdynamik freigesetzt, die in ihrer Konsequenz auch zum Umdenken des Verhältnisses von Natur und Gesellschaft zwingt. (…) Die vorangegangenen Überlegungen bedeuten in ihrer Summe: das Ende der Gegenüberstellung von Natur und Gesellschaft. Das heißt: Natur kann nicht mehr ohne Gesellschaft, Gesellschaft kann nicht mehr ohne Natur begriffen werden. (…) Am Ende des 20. Jahrhunderts ist „Natur” weder vorgegeben noch zugewiesen, sondern geschichtliches Produkt geworden, in den natürlichen Bedingungen ihrer Reproduktion zerstörte oder gefährdete Innenausstattung der zivilisatorischen Welt“ (Beck 1986: 107).

    Google Scholar 

  • Christoph Görg weist zurecht darauf hin, dass in der Sekundärliteratur bezüglich Marx’Konzeptualisierung des gesellschaftlichen Naturverhältnisses eine bemerkenswerte Uneinigkeit herrscht: „Diese [gegensätzlichen Positionen] reichen von der These der Naturvergessenheit des Marxschen Ökonomiebegriffs (Immler 1985) über die Kritik am Marxschen Naturalismus (Eder 1988) bis zu Positionen, die in seinen Schriften eine wichtige, aber auch ergänzungs-oder revisionsbedürftige Grundlage (Schmidt 1993) zur Reflexion gesellschaftlicher Naturverhältnisse sehen.“ (Görg 1999: 43f.)

    Google Scholar 

  • Damit ginge ein Prozess der Automatisierung einher, der den Menschen zunehmend aus dem unmittelbaren Produktionsprozess entferne.

    Google Scholar 

  • o Dieser Überzeugung von der notwendigen und universellen Unterscheidung von Natur und Gesellschaft widerspricht, wie weiter unten ausgeführt wird, Bruno Latour (1999: 195f.) mit Verweis auf die anthropologischen Studien von Philippe Descola (1996).

    Google Scholar 

  • Thomas Jahn spricht auch vom „ wissenschaftlich-technischen Weltverständnis als dominantes Modell gesellschaftlicher Naturverhältnisse“ (Jahn 1990b: 81), das bspw. durch Expertendissens nicht in Frage gestellt, sondern mit jeder Neuauflage als einzig rationelle Logik bestätigt werde.

    Google Scholar 

  • Der Gerechtigkeit halber sei angemerkt, dass Latours theoretische Idee parallel und in enger werden wird, führt diese Vielheit und Multidimensionalität der Naturkonstruktionen in der Logik der Argumentationsfigur von den gesellschaftlichen Vergegenständlichungen „in der Natur“ dort zu einem vergleichbaren „Multinaturalismus” (vgl. ebenfalls Latour 2001). Letztlich kündigt damit bereits die dialektische Behandlung der Natur-Gesellschafts-Zusammenhangs die vollständig symmetrische Auflösung der ehemals stabilen Dichotomie „Natur — Kultur“ an. Die Anerkennung von multidimensionalen, vielfältig gebrochenen und umstrittenen, und so prinzipiell flüssiger und heterogener verstandenen Gegenüberstellungen von,Natur’ und,Kultur’ ermöglicht, den theoretischen Blick in entscheidender Weise zu verschieben: Nun steht die Frage auf dem Programm, wie und mit welchen Bedeutungen diese Differenz in verschiedenen Kontexten hergestellt wird (vgl. a. Keller/ Lau 2001). Auseinandersetzung mit der kultursoziologischen Entwicklung entstanden ist. Die sogenannten cultural studies in der Folge des Birminghamer „Centre for Contemporary Cultural Studies” genau wie postrukturalistische bzw. postkolonialistische Diskursanalysen in der Tradition von Michel Foucault (bspw. Bronfen/ Marius/Steffen 1997) lassen mit der gleichen Vehemenz die tradierten, oft funktionalistisch begründeten Begriffe von Kultur als homogenem, festen Bündel von Normen und Werten einschließlich ihrer Materialisierungen in geographisch und zeitlich abgeschlossenen Räumen lange hinter sich. An ihre Stelle rükken Kulturkonzepte, die von selbstgesponnenen Bedeutungsnetzen, spezifischen sinngebenden Praktiken und handlungsbezogenen Codierungsprozessen ausgehen. So stehen nicht mehr feststehende, kulturelle Horizonte zur Untersuchung an, sondern vielfach gebrochene und umstrittene, relationale, handlungsorientierende Wissens-und Bedeutungsproduktionen, und zwar in den alltäglichen Lebenswelten genau wie in den Funktionssystemen. In genau diesem Sinne spricht Donna Haraway (1996) von „privilegierten Wissensprojekten“ anstatt von „Wissenschaften”.

    Google Scholar 

  • ia In der Politik gilt auf der Suche nach einem solchen Maßstab „Nachhaltigkeit“ bzw. „Sustainability” als Zauberwort. Allerdings beschäftigt die Erarbeitung entsprechender Indikatoren und Kriterien für dies nebulöse Konzept und die darin eingelassenen, höchst widersprüchlichen Werte, schon geraume Zeit ganze Institute ohne greifbares Ergebnis.

    Google Scholar 

  • Für einen Überblick über die jüngere Wissenschaftsforschung vgl. Feh/ Nowotny/ Taschwer (1995: 114ff.), Heintz (1993) und mit Blick auf die hier wesentlichen Fragestellungen Pickering (1993).

    Google Scholar 

  • Vgl.: „Wissenschaften sind durch komplexe, historisch spezifische Erzählpraktiken geprägt. Fakten sind theoriegeladen, Theorien mit Werten durchsetzt und Werte mit Geschichten verwoben. Fakten tragen daher Bedeutung innerhalb von Geschichten.“ (Haraway 1995d: 139).

    Google Scholar 

  • Es sei nicht unterschlagen, dass sich in diesem Gebiet vermutlich mehr Historikerinnen, Philosophinnen, Naturwissenschaftlerinnen und Ethnologinnen als Soziologinnen tummeln.

    Google Scholar 

  • Dieses Problem beschäftigt die Feministische Wissenschaftstheorie seit langem: Wie lässt sich vermeiden, auf der — auch kritischen — Suche nach Unterschieden zwischen den Geschlechtern, genau diese zu reproduzieren (vgl. Hare-Mustin/ Marecek 1990)? Auch hier gilt mittlerweile die Aufgabe der binären „männlich-weiblich-Kodierung“ als sinnvolle Lösung (vgl. Benhabib u.a. 1993).

    Google Scholar 

  • Wenn die Frömmigkeit des Glaubens an die Moderne verabschiedet wird, stürzen beide Glieder des jeweiligen binären Paars ineinander wie in ein Schwarzes Loch. Was mit ihnen aber dort geschieht, ist per definitionem von dem Terrain aus, das Moderne, Modernismus oder Postmodernismus miteinander teilen, nicht sichtbar. (…) Latour und ich stimmen grundlegend darin überein, daß in jenem Schwerkrafttrichter, in dem Natur und Gesellschaft als Transzendentalien verschwunden sind, Akteurinnen/ Aktanten vieler und wunderbarer Arten gefunden werden können.“ (Haraway 1995e: 186f.).

    Google Scholar 

  • Wobei nicht verschwiegen bleiben soll, dass Niklas Luhmann einleitend zu seinem Buch „Die Wissenschaft der Gesellschaft“ das gleiche Beispiel mit genau entgegensätzlicher Intention heranzieht, nämlich um die starke Trennung von Wissenschaft und Politik zu untermauern. So prägen theoretische Perspektiven die Beobachtung! wenn die Netze gleichzeitig real wie die Natur, erzählt wie der Diskurs, kollektiv wie die Gesellschaft sind?” (Latour 1995: 14).

    Google Scholar 

  • Weil Ordnungen, auch soziale, nur über Differenzen bzw. Differenzierungen konstituiert werden können, ist jede Kategorie permanent mit Macht und Herrschaft verknüpft (vgl. auch die knappe Diskussion der identifizierenden Logik am Ende des vorhergehenden Kapitels). Beispielsweise verdeutlicht Zygmunt Bauman (1992) wie insbesondere der tragische Fall des Holocausts auf der Unfähigkeit der Moderne basiert, jene Ambivalenzen zu ertragen, die als Folge der, letztlich totbringenden, Kategorisierungen entstehen. „Geschichten über Wissenschaft können auf überzeugende Weise als Geschichten von Technologien erzählt werden. Diese Technologien sind Lebensweisen, soziale Ordnungen und Visualisierungspraktiken. Technologien sind spezifisch ausgebildete Praktiken. Wie können wir sehen? Von wo aus können wir sehen? Welche Grenzen hat die Sicht? Wofür sollen wir sehen? Mit wem kann man sehen? Wer hat mehr als einen Standpunkt? Wer wird borniert? Wer trägt Scheuklappen? Wer interpretiert das visuelle Feld? Welche anderen sensorischen Fähigkeiten wollen wir neben der Vision kultivieren?” (ebd. 87).

    Google Scholar 

  • Wir werden diesen politisch-epistemologischen Netzwerken unter dem Namen „Kollektive“ bei Bruno Latour (Kap. 3.2.2) wiederbegegnen.

    Google Scholar 

  • Haraway denkt diesbezüglich v.a. an solcherlei marginalisierte Subjekte, deren souveräne Subjektivität den modernen Normierungen zum Opfer fallen, wie bspw. transkulturelle oder homosexuelle Forscher und v.a. ForscherInnen, „Behinderte“ und technisch unterstützte Subjekte und Grenzwesen, wie Primaten in der Intelligenzforschung. Ein Vorläufer dieser Konzeptualisierung könnte in Mannheims Idee der „freischwebenden Intelligenz” gesehen werden.

    Google Scholar 

  • Vgl. dazu auch die Überlegungen zu „boundary objects“ von Susan Leigh Star und James Griesemer (1989).

    Google Scholar 

  • Ich möchte noch einmal betonen, dass es sich um eine unessentialistische Form der Beharrung von „Eigengesetzlichkeit“ handelt, die eben keine irgendwie geartete „prädiskursive” bzw. transzendente,Natur’ voraussetzt. Wie Jutta Weber (1998) sehr klar herausarbeitet, bestimmt Haraway Natur deshalb vor allem über ihre Negativität, um so ihrer Nicht-Identität und ihrem Inkommensurablem gerecht zu werden.

    Google Scholar 

  • Mit „Technoscience“ bezeichnet sie den kapitalistisch geprägten, mittlerweile globalen Zusammenhang von Wissenschaft und Technik, dem sie einen „ausschweifenden Charakter” (Haraway 1996: 386) bescheinigt. der Wissenschaftsgeschichtsschreibung -, das Kennzeichen einer neuen historischen Konfiguration“ (Haraway 1996: 366).

    Google Scholar 

  • Der Begriff „cyborg“ (Abkürzung für „cybernetic organism”) wurde 1960 von australischen NASA-Wissenschaftlern geprägt, die an dem Problem arbeiteten, wie Menschen in der Umwelt des Weltalls überleben können. Er bezeichnet den Idealtyp eines sich selbst regulierenden (kybernetischen) Systems, dessen natürliche Regulationsmechanismen auch feindlichen Umwelten, wie atomar verseuchten Gebieten oder fremden Planeten, trotzen können. Zugleich ist er Metapher für die informations-und biotechnische Rekonstruktion des Menschen in der Science-Fiction-Literatur. Für Donna Haraway ist die Cyborg als Wesen, das abgegrenzte, monolithisch konstruierte Kategorien mehr oder weniger lustvoll vermischt, Zeuge der Verschmelzung von Mensch und Maschine, Natur und Technik, innen und außen. Sie ist zugleich Mythos und Instrument, Repräsentation, ein gefrorenes Moment von und ein Motor für die soziale und imaginäre Wirklichkeit (vgl. Haraway 1989: 138f.). Allerdings verweist Haraway selbst wiederholt auf den durchaus ambivalenten Charakter der Cyborgs und die fragwürdigen politischen Allianzen der Technoscience.

    Google Scholar 

  • Man könnte also auch von „Erkenntnispolitik“ sprechen.

    Google Scholar 

  • Unter „Vernetzung“ darf man sich keinesfalls eine „flotte Verbindung” diverser Akteure und Orte gemäß der Vision des WorldWideWeb vorstellen, sondern die (mitunter verräterische) Übersetzung von Partikularinteressen, eine Serie von Umwandlungen in ein,kollektives’ Projekt der Weltkonstitution. Beispielsweise arbeitete Thomas Hughes (1983) heraus, wie die Elektrifizierung der westlichen Welt über die erfolgreiche und machtbegründende Assoziation von Kohlefadenglühlampen, Regierungen, Laboren und Finanzströmen durch den „heterogenen Ingenieur“ Thomas A. Edison möglich wurde.

    Google Scholar 

  • Latour zieht jedoch die Argumente des Kontextualismus der „Edinburgh School“, der das Soziale ontologisiert, und des Wissenschaftsmacchiavelismus bspw. von Pickering (1980) zusammen und spricht deshalb weniger von Wechselverhältnis als von Ko-Produktion.

    Google Scholar 

  • In seiner selbstkritischen Auseinandersetzung mit dem,entwachsenen Theoriekind’ erwähnt Bruno Latour (1999: 19) diese auf Deleuze bezogene Umbenennung der AkteurNetzwerk-Theorie durch Mike Lynch. Sie räumt gewitzt mit einigen Problemen der üblichen Benennung auf: weder wurde der,Akteur’ von den Urhebern der Methodologie als omnipotenter „Manager-Macchiavelli“ konzeptualisiert, noch steckt im Begriff des Netzwerks die Vorstellung glatter und gleichwertiger Verbindungen ohne rückwirkende Transformation. Schließlich handelt es sich tatsächlich weniger um eine Theorie als um eine epistemologiekritische Ontologie, die — als Methodologie gelesen — ermöglichen soll, jenseits überbrachter und festgefahrener Unterscheidungen das zu sehen, was im Schatten dieser Unterscheidungen liegt (vgl. für eine präzisere Auseinandersetzung Latour 1996a, 1999, Law 1999).

    Google Scholar 

  • Zur Begriffsklärung: „Aktanten“ heißen alle Entitäten, die erfolgreich andere Entitäten in ihre Netzwerke verstricken und deren Identität und Verhalten also im eigenen Sinne zu beeinflussen trachten (vgl. Callon 1991: 140).

    Google Scholar 

  • In Gemeinsamkeit mit dem Laborkonstruktivismus betont Latour daher, dass wissenschaftliche Fakten wie Züge sind, die nicht jenseits ihrer Gleise funktionieren (Latour 1983: 266).

    Google Scholar 

  • Auch die jüngsten landwirtschaftlichen Dramen können diesen Sachverhalt überzeugend illustrieren: Sind Prionen ontologische Naturdinge oder soziale Konstruktionen? Weder noch. Sie sind relational mit der sozialen Organisation der Landwirtschaft genauso verbunden wie mit dem Immunsystem der betroffenen Kühe und den Laborpraktiken, die ihren vermittelten Nachweis ermöglichen. Sie sind fabrizierte Realität (vgl. Latour 2000: 137). Auch der Verlauf der Maul-und-Klauenseuche, die Performanz des Erregers und seine öffentliche Verbrennung gehen gleichermaßen auf menschliche Konstruktionen und Entscheidungen (nicht zu impfen) und nicht-menschliche Dynamiken zurück, die nicht getrennt betrachtet werden können — auch nicht „analytisch“ (vgl. Jahn/ Wehling 1998), es sei denn reduktionistisch.

    Google Scholar 

  • Es scheint mir wichtig für die späteren Erörterungen, mit einem Zitat noch einmal auf die prinzipielle Schieflage der Repräsentation, sowohl der wissenschaftlichen als auch der demokratischen, hinzuweisen: „To speak for others is first to silence those in whose name we speak“ (Callon 1986: 216).

    Google Scholar 

  • Wie häufig kritisiert, bleiben viele Fallbeispiele der symmetrischen Anthropologie auf den wissenschaftlichen Erzeugungsbereich eingeschränkt und verfolgen allzu oft.,Erfolgsgeschichten“. Jedoch gibt es auch Gegenbeispiele. Auch die Bedeutung der wissenschaftlich-technischen Welterzeugung kann gegenwärtig wohl kaum überschätzt werden (vgl. a. Haraway 1997). Obwohl ich meine eigenen Fallstudien in einem Bereich gänzlich außerhalb des Labors durchgeführt habe, kam auch hier den wissenschaftlichen Konstruktionen und Interventionen Bedeutung zu. Insgesamt wäre es sicher sinnvoll, die Vermittlungsarbeit von sog. „boundary objects” (Star/ Griesemer 1989) an der Schnittstelle von institutionalisierter Wissenschaft und Expertentum bzw. offizieller Politik in der Forschung genauer zu betrachten. Meine Vorstudien lassen sogar den Schluss zu, dass eine Übersetzung bzw. „Ko-Produktion“ (Jasanoff/ Wynne 1998) von Wissenschaft und Politik meist konkreter „boundary objects” bedarf, deren Aushandlung ein erster sensibler Schritt wäre.

    Google Scholar 

  • Es wäre nun endgültig an der Zeit, die üblichen Bezeichnungen fallen zu lassen und durch weniger dualistische wie „Welten“, „Kollektive” (Latour) „Naturenkulturen“, „sozialökologische Zusammenhänge” zu ersetzen. Damit wäre die Diskussionslinie aber unterbrochen, die weiteren Erörterungen blieben nur mehr begrenzt anschlussfähig, und so muss das Unbezeichenbare, das stets Differente (vgl.a. Nassehi 1995) hier noch in vielfältigen Kompromissen zur Sprache gebracht werden.

    Google Scholar 

  • Denken wir bspw. an die aktuell erheblichen Schwierigkeiten, auseinander zu halten, was zur Landwirtschaft gehört und was ihrer agrarindustriellen Standardisierung zugerechnet werden muss, wird schnell einsichtig, in welchem Ausmaß die sozio-technische Fabrikation der Welt die Stimmen der einen zugunsten der Interessen der anderen marginalisiert hat.

    Google Scholar 

  • Diese Trennung ist heute so durchgesetzt, dass in Regierungen und Verwaltungsorganen das Selbstverständnis häufig vorzufinden ist (so auch in den von mir durchgeführten Interviews), mit — letztlich dezisionistischen — Entschlüssen, die auf einer möglichst breitgefächerten Sammlung von wissenschaftlichen Expertisen basieren, das Gemeinwohl repräsentiert zu haben.

    Google Scholar 

  • Diese schöne Formel ist zwar schnell verständlich, vereinfacht aber wohl in nicht ganz zulässiger Weise (vgl. Latour 1995:57).

    Google Scholar 

  • An weniger prominenter Stelle spricht Latour auch davon, dass die (Quasi-) Objekte „haarig“ sind, sie reichen stets in andere Bereiche hinein, ziehen lange unerwartete Schwänze nach sich (vgl. Latour 1998a).

    Google Scholar 

  • Gernot Böhme, der 1992 selbst von der „Politisierung der Natur“ schreibt, kritisiert noch im April 2001 auf den „Darmstädter Gesprächen” Latours vermeintlich skandalöse Aufgabe der Unterscheidung von Natur und Gesellschaft und missversteht wie viele andere das hauptsächliche Argument, das an dieser Stelle nicht programmatisch ist, sondern schlicht den veränderten Tatbeständen Rechnung tragen möchte.

    Google Scholar 

  • Unter der intellektuellen Vorherrschaft von Donna Haraway, Bruno Latour, Michel Callon, John Law u.a. sind allerdings eine Reihe hier ungenannt gebliebener Studien entstanden, die sich fall-und themenorientiert mit der Fabrikation von Wirklichkeiten beschäftigen und je nach Orientierung viele weiterführende Ergebnisse produziert haben. Interessiert man sich dafür, ist der von Bruce Braun und Noel Castrée herausgegebene Sammelband (1998) eine hervorragende und inspirierende Quelle.

    Google Scholar 

  • Die Begriffe „Zustände“ oder auch „sozial-ökologische Zusammenhänge” erscheinen besonders wenig festgelegt und weniger mit herkömmlichen Dualismen kontaminiert. Sie bezeichnen genauso exo-wie endogen gedachte Bedingungsgefüge, so dass sie m.E. geeignet wären, um in der Debatte an die Stelle der Begriffe „Naturen“ bzw. „Umwelten” zu treten.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2002 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Kropp, C. (2002). Die Fabrikation von Natur, Gesellschaft und Politik. Vermittlungstheoretische Positionen. In: „Natur“. Reihe „Soziologie und Ökologie“, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09181-3_4

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09181-3_4

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-3694-0

  • Online ISBN: 978-3-663-09181-3

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics