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Das Ringen um die Zuwendung eines aristokratischen Vaters Elisabeth Plessens Mitteilung an den Adel

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Unbequeme Töchter, entthronte Patriarchen

Part of the book series: Literaturwissenschaft/Kulturwissenschaft ((LWKW))

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Zusammenfassung

Die junge Journalistin Augusta erhält in München einen deprimierenden Anruf ihrer Mutter aus Schleswig-Holstein: Ihr Vater ist im Alter von erst 56 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Die Mutter bittet sie, zur Beerdigung nach Hause zu kommen. Augusta sagt zu, setzt sich ins Auto und fährt los. Unterwegs erinnert sie sich an ihre Kindheit und an die Auseinandersetzungen mit ihrem Vater, die schließlich dazu führten, daß sie ihn mied. Augusta ist unter völlig anderen sozialen Verhältnissen aufgewachsen als Heinrichs Protagonistin Conny: ihr Elternhaus ist das Landgut Einhaus, ihr Vater ein Graf, ihre Mutter die Tochter eines Diplomaten. Sie hat eine Schwester und einen Bruder: Johanna und Johannes.

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Literatur

  1. Zum Begriff “Figurenebene” vgl. Jochen Vogt: Aspekte erzählender Prosa, Opladen 1990, S. 148f. Gérard Genette spricht von einem “Erzählebenenunterschied”, den er folgendermaßen definiert: “Jedes Ereignis, von dem in einer Erzählung erzählt wird, liegt auf der nächsthöheren diegetischen Ebene zu der, auf der der hervorbringende narrative Akt der Erzählung angesiedelt ist.” (G. Genette: Die Erzählung, München 1994, S. 163.)

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  2. Diesen Wechsel zwischen Dritter und Erster Person Singular gibt es z.B. auch in Christa Wolfs “Kindheitsmuster” und Max Frischs “Montauk”. Doch bei Wolf drückt die Dritte Person neben der Zeitdifferenz eine innere Abwehrhaltung der Erzählerin aus. Die Erinnerungen sind derart belastend, daß sie vom erzählenden Ich nicht als Erfahrungen des erlebenden Ichs wahrgenommen werden können, sondern nur als die einer anderen, dritten Person: “Der Endpunkt [der Erzählung] wäre erreicht, wenn zweite und dritte Person wieder in der ersten zusammenträfen, mehr noch: zusammenfielen. Wo nicht mehr ”du“ und ”sie“ - wo unverholen ”ich“ gesagt werden müßte.” (Christa Wolf: Kindheitsmuster, Darmstadt 41978, S. 406.) Bei Frisch entspricht die Dritte Person dem Wunsch des Protagonisten nach einer erinnerungsfreien Zeitspanne: “Er möchte bloß Gegenwart. [...] Er bleibt hier. Gegenwart bis Dienstag.” (Max Frisch: Gesammelte Werke, Bd. 4, Frankfurt/M. 1976, S. 680ff.) Doch er wird immer wieder von seinem “Ich” bzw. seinen Erinnerungen heimgesucht.

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  3. Vgl. Jochen Vogt: Aspekte erzählender Prosa, Opladen 1990, S. 88.

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  4. Die Seitenangaben zu Zitaten aus Elisabeth Plessens Roman werden in runden Klammern direkt im Text angegeben. Sie sind folgender Ausgabe entnommen: E. P.: Mitteilung an den Adel (1976), Frankfurt/M. 1990.

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  5. Jochen Vogt: Er fehlt, er fehlte, er hat gefehlt... Ein Rückblick auf die sogenannten Väterbücher, in: Stephan Braese u.a. (Hg.): Deutsche Nachkriegsliteratur und der Holocaust, Frankfurt/M. o.J., S. 393.

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  6. Horst Belke unterscheidet “vier Tagebuchtypen bzw. Stufen der Literarisierung”: “l.Das Tagebuch wird als reines Faktenjournal, als Merkbuch benutzt. Die Aufzeichnungen sind zu ausschließlich persönlich-pragmatischem Gebrauch bestimmt; eine Veröffentlichung ist nicht intendiert [...]. 2. Der Autor benutzt das Tagebuch als ”Speicher“ und ”Werkstatt“. 3. Der Autor überarbeitet und stilisiert sein privates bzw. sein Werkstatt-Tagebuch, um es zu publizieren. 4. Der Autor bedient sich der dem Tagebuch innewohnenden literarischen Möglichkeiten im Hinblick auf ein als Tagebuch angelegtes, für die Publikation vorgesehenes Werk (Literarisches Tagebuch, Fingiertes Tagebuch, Tagebuchroman).” (H. Belke: Literarische Gebrauchsformen, Düsseldorf 1973, S. 133.) mangelndem Kontakt zur Umwelt, aus Isolation und Vereinsamung herrührt. Tagebuchschreiben wird zum Refugium, zum Ersatz für einen menschlichen Partner. Umgekehrt kann aber auch ein Überschuß an Realität Anlaß zum Tagebuchschreiben sein. Zeiten erhöhter äußerer und innerer Aktivität, z. B. Reisen, nötigt dazu, Eindrücke und Reflexionen durch schriftliche Fixierung zu bewältigen.“

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  7. Belke: Literarische Gebrauchsformen, S. 132.

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  8. Peter Boerner: Tagebuch, Stuttgart 1969, S. 25.

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  9. Indirekt läßt sich Augustas Interpretation entnehmen, daß die Fiktionalisierung des Tagebuches dem Vater als Entlastung dient. Die literarische Figur Becker ermöglicht es ihm, sich hinter ihr zu verstecken, schmerzlichen Wahrheiten und Einsichten auszuweichen.

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  10. Jochen Vogt spricht von aporetisch verlaufenden Totengesprächen in vielen “Väterbüchern”. (Vgl. J. Vogt: Er fehlt, er fehlte, er hat gefehlt..., in: Braese u.a.: Deutsche Nachkriegsliteratur und der Holocaust, S. 393.)

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  11. Nach Jan Philipp Reemtsma lieferte das von Borchert 1946 verfaßte Stück “die Formeln und Bilder, mit deren Hilfe sich ein deutsches Publikum von seiner Vergangenheit lossagen konnte, ohne die Frage nach Verantwortung und Schuld stellen, geschweige denn beantworten zu müssen. Aus dem Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung der Sowjetunion kehrte ein Landser mit Gasmaskenbrille zurück, den allein der Gedanke an seine toten deutschen Kameraden um den Schlaf brachte; statt der sechs Millionen ermordeter Juden beschäftigt ihn allein das in den Selbstmord getriebene Ehepaar Beckmann.” (J. P. Reemtsma: Mord am Strand. Allianzen von Zivilisation und Barbarei, Hamburg 1998, S. 370.)

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  12. Der Befehl Reichenaus wird im Katalog zur Austeilung “Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944” zitiert:“Am 10. Oktober 1941 gab von Reichenau einen Befehl heraus, der von Hitler eindringlich begrüßt und sofort in der gesamten Wehrmacht als vorbildlich weiterverbreitet wurde. ‘Betr.: Verhalten der Truppe im Ostraum. [...] Das wesentliche Ziel des Feldzuges gegen das jüdisch-bolschewistische System ist die völlige Zerschlagung der Machtmittel des asiatischen Einflusses im europäischen Kulturkreis. Hierdurch entstehen auch für die Truppe Aufgaben, die über das hergebrachte einseitige Soldatentum hinausgehen. Der Soldat ist im Ostraum nicht nur ein Kämpfer nach den Regeln der Kriegskunst, sondern auch Träger einer unerbittlichen völkischen Idee und Rächer für alle Bestialitäten, die dem deutschen und artverwandtem Volkstum zugefügt wurden. Deshalb muß der Soldat für die Notwendigkeit der harten, aber gerechten Sühne am jüdischen Untermenschentum volles Verständnis haben. [...] Nur so werden wir unserer geschichtlichen Aufgabe gerecht, das deutsche Volk von der asiatisch-jüdischen Gefahr ein für allemal zu befreien.’” (Hamburger Institut für Sozialforschung (Hg.): Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944. Ausstellungskatalog, Hamburg 1996, S.80.)

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  13. Hamburger Institut für Sozialforschung (Hg.): Vernichtungskrieg, S. 7.

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  14. Carl von Clausewitz: Vom Kriege, Bonn 181973, S. 990.

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  15. Ebd. S. 993.

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  16. Günter Dill: Einleitung, in: Günter Dill (Hg.): Clausewitz in Perspektive. Materialien zu Carl von Clausewitz: Vom Kriege, Frankfurt/M. 1980, S. 14.

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  17. Carl von Clausewitz: Vom Kriege, S. 994.

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  18. Vgl. Günter Dill: Einleitung, in: Dill ( Hg. ): Clausewitz in Perspektive, S. 14.

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  19. Clement Ancona: Der Einfluß von Clausewitz’ “Vom Kriege” auf das marxistische Denken von Marx bis Lenin (1965), in: Dill ( Hg. ): Clausewitz in Perspektive, S. 560.

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  20. W. I. Lenin: Krieg und Revolution, in: W. I. Lenin: Werke, Bd. 24, Berlin 1969, S. 396f.

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  21. Ebd., S. 395f.

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  22. Die Initialen “C. A.” lassen an Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757–1828) denken, der den 26jährigen Johann Wolfgang Goethe am 11. Juni 1776 zum Geheimen Legationsrat ernannte.

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  23. Jessica Benjamin: Die Fesseln der Liebe, Frankfurt/M. 1990, S. 32f.

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  24. Bei Shakespeare heißt es: “Mein Vater, Mehr lieb’ ich Euch, als Worte je umfassen,/ Weit inniger als Licht und Luft und Freiheit,/ Weit mehr, als was für reich und selten gilt,/ Wie Schmuck des Lebens, Wohlsein, Schönheit, Ehre,/ Wie je ein Kind geliebt, ein Vater Liebe fand./ Der Atem dünkt mich arm, die Sprache stumm,/ Weit mehr als alles das lieb’ ich Euch noch” (William Sheakespeare: König Lear, in: Shakespeare. Sämtliche Werke, Bd. 3, Heidelberg o.J., S. 588.).

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  25. Anonym: Preis der Kritiker für E. Plessen, in: Buchreport, Nr. 11,18. 3. 1977.

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  26. Vgl. Sybil Gräfin Schönfeldt: Von Adel sein, und das hier und heute, in: Zeit-Magazin, 19. September 1976, S. 4.

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  27. Vgl. Heinz Puknus: Elisabeth Plessen, in: Kritisches Lexikon der Gegenwartsliteratur.

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  28. Andrea Kehle: Der Tod des Vaters im Mai, in: Der Report, 30. 3. 1978.

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  29. Werner Wien: Mitteilungen einer Tochter an ihren Vater, in: Kieler Nachrichten, 20. 9. 1976.

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  30. W.J.M.: “Mitteilung an den Adel”, in: Bayern-Kurier, 21. 8. 1976.

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  31. Elke Kummer: Der Kampf mit dem Vater, in: Die Zeit, 17. 9. 1976.

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  32. Dieter Strothmann: Aufmüpfige Tochter - etwa ziellos, in: Badische Neueste Nachrichten, 16. 4. 1977.

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  33. Kyra Stromberg: Abrechnung mit dem Vater, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 18. 12. 1976.

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  34. Werner Wien: Auf der Suche nach dem Vaterbild, in: Der Tagesspiegel, 5. 9. 1976.

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  35. Dorothee Hammerstein: Private Abrechnung mit dem Vater, in: Badische Zeitung, 29. 12. 1976.

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  36. Ebd.

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  37. Die Verflechtungen des privaten und politischen Bereiches sieht Jochen Vogt in Bernward Vespers “Reise” (1971/77) besonders überzeugend dargestellt: “Wenn er [Vesper] im Medium der Familiengeschichte und besonders in der Auseinandersetzung mit der Vaterautorität anschaulich werden läßt, daß mit dem Kriegsende und dem Übergang in die nachfaschistische Phase noch längst nicht die Voraussetzungen für die Entfaltung einer stabilen nichtfaschistischen Identität garantiert sind, dann deckt er damit einen Nervenpunkt unserer jüngsten Geschichte auf, der von den Verwerfungen an der historisch-politischen Oberfläche lange verdeckt war. Das wird auch dadurch bekräftigt, daß ”Die Reise“ inzwischen als Vorläufer - und in ihrer Schonungslosigkeit bei der Aufdeckung der eigenen faschistoiden Anteile als nicht mehr erreichtes Muster einer ganzen Reihe mehr oder minder autobiographischer Texte zu erkennen ist, in denen schreibende Söhne und Töchter der Jahrgänge rund um 1940 sich mit ihren Nazi-Vätern auseinandersetzen, um sich der eigenen Identität in all ihrer Beschädigung zu versichern.” (Jochen Vogt: ‘Erinnerung ist unsere Aufgabe’. Über Literatur, Moral und Politik 1945–1990, Opladen 1991, S. 101.)

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  38. Dieter Strothmann: Aufmüpfige Tochter - etwa ziellos, in: Badische Neueste Nachrichten, 16. 4. 1977.

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  39. Sigrid Weigel: Die Stimme der Medusa. Schreibweisen in der Gegenwartsliteratur von Frauen, Reinbek 1989, S. 166.

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  40. Unter dem symbolischen Vater bzw. dem Symbolischen überhaupt versteht Weigel die Sprache, die Gesetze und Institutionen. (Vgl. Weigel: Ebd. S. 271)

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  41. Ebd., S. 165.

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  42. Ebd. S. 161.

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  43. Sibylle Cramer: Die Töchter wissen, daß Väter unsterblich sind, in: Rheinischer Merkur, Nr. 8, 23. 2. 1990.

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  44. Nach Dan Diner “eine Auseinandersetzung über moralische Bedeutung, geschichtlichen Ort und historiographische Vergleichbarkeit des Nationalsozialismus und der von ihm begangenen Massenverbrechen”. (D. Diner: Einleitung, in: D.D. (Hg.): Ist der Nationalsozialismus Geschichte?, Frankfurt/M. 1987, S. 7.) Der “Historikerstreit” entbrannte an dem Artikel des Soziologen Jürgen Habermas “Eine Art Schadensabwicklung” in der “Zeit” vom 11.7.86, in dem er vor allem dem Historiker Ernst Nolte “Neo-Revisionismus” vorwarf. Nolte relativiere das nationalsozialistische Regime und seine Verbrechen zugunsten einer äußerst fragwürdigen deutschen Identität: “Wer auf die Wiederbelebung einer in Nationalbewußtsein naturwüchsig verankerten Identität hinauswill [...] der muß den aufklärenden Effekt der Geschichtsschreibung scheuen und einen breitenwirksamen Pluralismus der Geschichtsdeutungen ablehnen.” Er reagierte damit in erster Linie auf den Artikel Noltes “Vergangenheit, die nicht vergehen will” in der FAZ vom 6.6.86. Nolte schreibt dort: “Gerade diejenigen, die am meisten und mit dem negativsten Akzent von ‘Interessen’ sprechen, lassen die Frage nicht zu, ob bei jenem Nichtvergehen der Vergangenheit auch Interessen im- Spiel waren oder sind, etwa die Interessen einer neuen Generation im uralten Kampf gegen ‘die Väter’ oder auch die Interessen der Verfolgten und ihrer Nachfahren an einem permanenter Status des Herausgehoben- und Privilegiertseins. Die Rede von der’Schuld der Deutschen’ übersieht allzu geflissentlich die Ähnlichkeit mit der Rede von der ‘Schuld der Juden’, die ein Hauptargument der Nationalsozialisten war.

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  45. Elisabeth Plessen: Mitteilung an den Adell

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Spooren, D. (2001). Das Ringen um die Zuwendung eines aristokratischen Vaters Elisabeth Plessens Mitteilung an den Adel . In: Unbequeme Töchter, entthronte Patriarchen. Literaturwissenschaft/Kulturwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09070-0_5

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