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Grundzüge und Strukturen der niederländischen Politik

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Niederländische Sozialhilfe- und Arbeitsmarktpolitik

Part of the book series: DUV Sozialwissenschaft ((DUVSW))

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Zusammenfassung

Waren es bis Mitte der neunziger Jahre in der Regel außereuropäische Länder, die als Vorbild für beschäftigungspolitisch erfolgreiche Strategien zitiert wurden, macht seitdem das bis dahin häufig als „überbordender Sozialstaat“ (Schröder/van Suntum, 1996: 37) kritisierte Nachbarland Niederlande als Modell Furore (Funk/Winkler, 1997; Becker, 1998, Christ, 1998). Die Erfüllung der Maastricht Kriterien wird hier ebenso genannt wie die erstaunlich hohe Teilzeitquote beider Geschlechter oder aber damit vermeintlich in engem Zusammenhang stehend die allgemeinen Erfolge in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

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Literatur

  1. Da sich die vorliegende Analyse nicht vorrangig mit der Korporatismusforsclnng auseinandersetzt, mag i.S. einer Definition der Hinweis von Delsen (1993: 601) genügen: “The term ‘corporatism’ is not unambiguously defined in the literature. However, centralization of wage negotiations, shared perspectives an the goals of economic activity and explicit attention to the aims of wage setting seem to be important characteristics of a corporatist society.” Ausfiihrlich beschrieben wird der niederländische Korporatismus und die zentralen Einrichtungen der niederländischen Verhandlungsökonomie von Kleinfeld (1997).

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  2. Um die Kluft zwischen gestern und heute zu schließen, ist bereits aus einer politikwissenschaftlich-vergleichenden Perspektive die Genese des christlichen Wohlfahrtsstaats von Becker/Kersbergen (1986) dargelegt worden. Die Entstehung des niederländischen Wohlfahrtsstaats als einer wechselvollen Entwicklung eines Sicherungssystems Bismarckscher Provenienz hin zum Beveridge-Typ — unter Betonung religiösen Einflusses — mit dem Ergebnis einer Mischform ist von Cox (1993) nachgezeichnet worden; anknüpfend daran hat Josef Schmid (1995) die Entwicklung und den Vergleich von Wohlfahrtskonfigurationen u.a. in Deutschland und in den Niederlanden im Bereich der Wohlfahrtsverbände vorgelegt, wobei neben politökonomischen Faktoren die Wichtigkeit der “vergessenen sozialen Strukturen Kirche, Konfession und Religion” (ebd.: 268) betont wird. Einen prägnanten, die Traditionslinien ebenso berücksichtigenden wie aktuelle Tendenzen einfangenden Überblick über Grundzüge und Perspektiven einer Modernisierung des Sozialstaats Niederlande liefert Kleinfeld (1997). Hier wird explizit eine Unterscheidung zwischen der Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik als liberalen Komponenten einerseits und der Verhandlungsökonomie, dem Korporatismus und der Sozialpartnerschaft andererseits als sozialen Komponenten des niederländischen Modells getroffen.

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  3. Die folgenden Daten sind dein vom niederländischen Arbeits- und Sozialministerium herausgegebenen Band zur sozialen und ökonomischen Lage der Niederlande im europäischen Vergleich entnommen (SZW, 1997d ). Neben EUROSTAT-Daten wurde in geringerem Umfang auch auf OECD-Daten zurückgegriffen, was einige Probleme hinsichtlich der Vergleichbarkeit aufwirft; siehe dazu auch den im Anschluss an dieses Kapitel aufgeführten Exkurs zu Problemen bei der Interpretation von Arbeitslosenstatistiken. An dieser Stelle dienen die Zahlen lediglich zur Illustration des “offensichtlichen niederländischen Erfolges”.

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  4. Poldern“ bezeichnete ursprünglich die für die Niederlande typische Landgewinnung. In der Folge wurdeg der Polder zu einem zentralen ”kulturellen Erbe“ und verpflichtendem Grundgedanken für die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Einzelinteressen mussten sich gemeinschaftlichen Interessen unterwerfen, der Gemeinschaftssinn erscheint als etwas Selbstverständliches, ”man hat gelernt, im allgemeinen Interesse Rücksicht aufeinander zu nehmen“ (Dragstra/Osse, 1998: 26). Dieses ”Aufeinander-Angewiesen-Sein“ hat wiederum zu einer ausgeprägten Verhandlungsbereitschaft geführt, die Kompromisse zur Regel denn zur Ausnahme machen.

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  5. Eine ähnliche Strategie wird bspw. auch von Dänemark — mit knapp 6 Prozent Arbeitslosigkeit in der neueren Debatte um eine erfolgreiche Beschäftigungspolitik ebenfalls häufig zum “Modell” stilisiert — verfolgt (Müller, 1998).

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  6. Kleinfeld (1998a: 119) weist darauf hin, dass “gemeinsame Beratschlagung” treffender den offenen Sinngehalt des Begriffs einfängt wie auch die Permanenz des Dialogs unterstreicht.

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  7. Mit dieser Koalition kam erstmals in der niederländischen Geschichte der parlamentarischen Demokratie eine rein nicht-konfessionelle Koalition zustande (Kleinfeld, 19986: 140).

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  8. Für den Zeitraum von 1985–1994 stellen die Länder USA als liberaler, die Niederlande als sozialdemokratischer und die Bundesrepublik Deutschland als konservativ-korporatistischer Wohlfahrtsstaat in der idealtypischen, von Esping-Andersen (1990) getroffenen Zuordnung im Vergleich zu anderen Ländern gleichen Typs jeweils best cases dar. Die makroökonomische Performance war in allen Ländern gleich, große Differenzen offenbarten sich jedoch in den “weicheren” Wohlfahrtszielen. Auf Grundlage von Panel-Daten bestätigen die gewonnenen Ergebnisse dieser vergleichenden Studie, dass eine Liberalisierung bei gleichzeitigen Modifikationen des Sozialstaats durchaus nicht einer Arbeitsmarktperformance entgegenstehen muss. Betont wird gleichzeitig, that each type of welfare capitalist state would do ‘best’ in pursuing its ’own’ economic and welfare priorities, and less well in regard to the priorities of other states “ (Headey et al., 1998: 34 ).

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  9. Der Begriff verzuiling als gesellschaftliches Organisationsprinzip entstammt der soziologischen Forschung und bezeichnet im engeren Sinn die Zergliederung der Gesellschaft durch das Hervorbringen einer jeweils eigenen Elite, die das gesellschaftliche Leben mit ihren eigenen (religiösen) Gruppierungen bestimmte. Die vier Säulen waren die Organisationen der Katholiken, der orthodoxen Calvinisten, der Sozialisten und des liberalen Bürgertums (MISEP, 1997 ).

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  10. Während der vergangenen 15 Jahre hat die Stiftung der Arbeit über 80 Empfehlungen herausgegeben, zu denen auch der Akkord van Wassenaar (1982) und der Nieuwe Kours (1993) gehören. Zweimal jährlich — zur Vorbereitung des Budgets für das folgende Geschäftsjahr und zu den Lohnverhandlungen — treffen sich Vertreter der Stiftung mit einer Delegation des Kabinetts. Diese Personen nebst ihren Beratern wiederum treffen sich im SER. Zur “Politik der kurzen Wege” gehört auch, dass sich die Stiftung und der Rat im selben Gebäude befinden, welches sich zugleich in unmittelbarer Nähe der wichtigsten Regienngsgebäude befindet (Visser, 1998 ).

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  11. Die Regierungsvertreter wurden mittlerweile durch unabhängige Sachverständige ersetzt (Kleinfeld, 1997).

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  12. Zunächst war die Aufgabe des in Den Haag ansässigen Zentralen Planungsamtes. die Regierung über die zu erwartende konjunkturelle Entwicklung zu informieren. Im Laufe der Jahre wurde es zu einer essentiellen Funktion des Büros, die Inhalte der Parteiprogramme regelmäßig auf ihre Kosten und damit finanzielle Machbarkeit hin zu überprüfen.

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  13. Diese Diskussionen bezogen sich auf die häufig stagnierenden Verhandlungen der Tarifpartner und führten letztlich dazu, dass vor einigen Jahren die gesetzliche Zustimmungspflicht des SER abgeschafft wurde. Nun kann das SER um ein Gutachten gebeten werden (van Paridon, 1998).

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  14. Mit Blick auf die Bundesrepublik verweisen Funk/Winkler (1997: 157) darauf, dass Konsensorientierung nicht mit Konfliktfreiheit zu verwechseln ist: “In der derzeitigen Diskussion in Deutschland wird die Konfliktfreiheit des niederländischen Konsensmodells in der Regel überschätzt, die Kompromissfähigkeit des deutschen Modells meist unterschätzt.”

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  15. Das hohe Maß an Koordination zwischen verschiedenen Interessengruppen beschränkt sich nicht auf Lohnverhandlungen, sondern schlägt sich auch in der außergewöhnlich geringen Zahl von Streiktagen nieder (SZW, I997d: 14).

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  16. Entsprechend harsch fällt teilweise die im Nachbarland selbst geäußerte Kritik aus, wie etwa von cinem niederländischen Korrespondenten vorgetragen: “Das Modell Holland existiert nicht, es ist eine Erfindung. I...I Die Niederlande sind dabei, eine Provinz oder Kolonie Amerikas zu werden. Ein Hongkong am westlichen Rande Europas” (Wansink, 1998: 15 ).

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  17. Hierbei ging es jedoch nicht allein um die Leistungen der Sozialen Sicherungssysteme i.e.S.. In diese Zeit fiel bspw. die Einführung einkommensabhängiger Mietzuschüsse und der Aufbau einer bis dahin in den Niederlanden unbekannten Schulform, der Mittelschule. Ein verstärktes Engagement des Staates wurde im Sinne einer Demokratisierung der bis dahin von Eliten geprägten Gesellschaft befürwortet (SCP, 1998: 11 ).

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  18. Soweit nicht anders angegeben, beziehen sich die folgenden Ausführungen auf die genannten Autoren.

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  19. Der auch heute noch wirksame besondere Schutz unbefristeter Arbeitsverhältnisse in den Niederlanden (ausführlich dazu Weinkopf, 1996: 7lft) geht historisch zurück auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

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  20. Das nach seinem Regierungsantritt 1994 von Wim Kok auf die Agenda gesetzte Diktum “Arbeid, Arbeid, Arbeid” ist also letztlich nichts Neues, sondern erwächst aus dieser Tradition. Ebenso nimmt sich die vielerorts hochgelobte Lohnzurückhaltung in einer historischen Perspektive viel weniger spektakulär aus.

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  21. Im Zeitraum zwischen 1975 und 1982 verlor die Industriegewerkschaft des FNV (Industriebond FNV) annähernd ein Fünftel ihrer Mitglieder (Hemerijck/Kloosterman, 1995: 290). Damit zusammen fiel auch der Zusammenschluss verschiedener Gewerkschaften. Der FNV gehören über 60 Prozent aller niederländischen gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer an (Cox, 1993). Insgesamt sind die niederländischen Gewerkschaften fragmentierter organisiert als die deutschen, mit 28 Prozent ist der Organisationsgrad vergleichsweise gering. Zudem wurde der Einfluss dadurch geschwächt, dass die Gewerkschaften im Gegenzug für ihre Beteiligung in den Beratungsgremien der Wirtschafts- und Sozialpolitik weitgehend auf eine direkte Präsenz in den Betrieben verzichteten (Glotz et al., 1998: 24).

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  22. Esche (1998: 7) weist dieser “zentralisierten Dezentralisierung”, nach der die Arbeitsbeziehungen im wesentlichen auf der Branchenebene geregelt werden und der vorhandene Dezentralisieningstrend von den Tarifparteien kontrolliert wird, eine Vorbildfunktion für die deutsche Diskussion zu.

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  23. Ein Abzug in deutscher Übersetzung findet sich im Anhang. Interessant ist, dass diese Vereinbarung, die noch immer als Beginn einer neuen Ara der niederländischen Arbeitsbeziehungen gilt, inhaltlich nicht einmal zwei Seiten umfasst.

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  24. Die einschneidenden Strukturreformen der Spar-Regierung Lubbers mit seinem Versuch einer “no-nonsensPolitik” brachten dem Premierminister in der internationalen Presse den Beinamen “Ruud Shock” ein, wenngleich im Lande selbst die Regierung Vorbildfunktion mit den Kürzungen der Beamtengehälter und Pensionen um 3 Prozent zeigte, und sich damit entsprechend eine gewisse Rückendeckung der Bevölkerung sichern konnte.

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  25. Schettkat (1997: 194) sieht in der Aufgabe der Lohnindexierung durch den Vertrag von Wassenaar die Grundlage für die faktisch zu diesem Zeitpunkt schon bestehende Währungsunion zwischen Gulden (hfl) und D-Mark.

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  26. Nur am Rande sei auf einen von vielen Mythen hingewiesen: In der Literatur wird als Blaupause für die deutsche Diskussion immer wieder die in den letzten Jahren vollzogene Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten gelobt, so z.B. Schroder/van Suntum (1996: 118): “Deutschlands direkter Nachbar hat außerdem etwas geschafft, mit dein sich die Deutschen seit langem schwer tun — nämlich die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten.” Dem Grundsatz nach stimmt zwar die Aussage. Übersehen wird bei dieser ahistorischen Sicht allerdings, dass erstens die Ausgangslage deutlich ‘kundenfeindlicher’ war als in der Bundesrepublik. Zweitens wird kaum zur Kenntnis genommen, dass diese erst nach der Liberalisierung in etwa vergleichbar ist. Richtig ist zwar, dass viele Supermärkte ’auf der grünen Wiese’ schon seit einiger Zeit bis 20 Uhr und teilweise bis 21 Uhr geöffnet sind und ein verkaufsoffener Sonntag im Monat eingeführt wurde. Der innerstädtische Einzelhandel als Abschöpfreservoir der Konsumquote von Besserverdienenden schließt hingegen nach wie vor seine Pforten um 17.30 bis 18 Uhr.

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  27. In Analogie zur wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit des 17. Jahrhunderts, für die dieser Begriff prägend wurde.

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  28. In diese Logik fügen sich letztlich die seit Ende der siebziger Jahre bis Anfang der achtziger Jahre implementierten und von Arbeitgebern wie Arbeitnehmern immer stärker genutzten Frühverrentungs- und Erwerbsunfähigkeitsprogramme ein. Für Arbeitgeber minimierten sich bei diesen Programmen die Transaktionskosten gegenüber den aufwendigen Proceduren bei Kündigungen erheblich, was diese Form der “Freisetzung” lukrativ erscheinen ließ. Arbeitnehmer zeigten sich wiederum empfänglich für diese Variante, weil die Erwerbsunfiihigkeitsrente in der Regel höher war als Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

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  29. Diese Strategie kann allerdings nicht auf Europa übertragen werden, denn “die stimulierenden Impulse aus den Marktanteilsgewinnen werden von der Abschwächung der Konjunktur in den’ Verliererländern’ ausgeglichen” (Pohl/Volz, 1997: 260). Erreicht wurde die reale Abwertung des Gulden — gegenüber der D-Mark wahrend der letzten zwanzig Jahre um ein Sechstel — über eine konsequent an der Produktivität orientierten Nominalpolitik, wie auch im Akkord van IVassenaar festgelegt.

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  30. Ausgedrückt in Vollzeitarbeitsplätzen ist die Beschäftigung zwischen 1980 und 1990 lediglich um 250.000 gestiegen. War Mitte der achtziger Jahre die durchschnittliche jährliche Arbeitszeit in den Niederlanden und der BRD noch annähernd gleich hoch (1.646 bzw. 1.672 Stunden), lag sie 1995 in den Niederlanden um neun Prozent unter der deutschen (1.452 bzw. 1.592 Stunden) (Schettkatt, 1997: 194).

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  31. Die Pro-Kopf-Arbeitsproduktivität blieb während der letzten Jahre in den Niederlanden um 6,5 Prozent hinter der westdeutschen Produktivitätssteigerung (Pohl/Volz, 1997: 261). Diese rein rechnerische Sichtweise reflektiert im industriellen Bereich i.d.R. zunächst einen Beschäftigungsabbau bei unproduktiveren Arbeitskräften, die allgemein zuerst von Entlassungen betroffen sind. In den siebziger Jahren betrug die Produktivitätssteigerung je Arbeitstunde im privaten Sektor durchschnittlich 4,7 Prozent pro Jahr, diese fiel bis in die erste Hälfte der neunziger Jahre auf lediglich 0,9 Prozent (CPB, 1996: 106). Zum Teil lässt sich diese Entwicklung wiederum mit der Verschiebung vorn sekundären Sektor hin zum Dienstleistungsbereich erklären: Der Anteil der industriellen Arbeitsplätze sank von 1960 bis heute von 33,3 Prozent auf 18,2 Prozent, während der Anteil im Dienstleistungssektor im selben Zeitraum von 40 auf 64 Prozent stieg (SCP, 1996: 89). Dennoch fällt der sich verlangsamende Anstieg der Stundenproduktivität im traditionell männlich dominierten, industriellen Sektor auf: Betrug dieser in den siebziger Jahren noch durchschnittlich 6 Prozent, waren es 2.4 Prozent zu Beginn der neunziger Jahre (CPB, 1996: 106). Siehe hierzu die kritische Einschätzung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit in den kommenden Jahren von Kleinknecht (1998).

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  32. Allerdings sind für die BRD hierbei die geringfiigig beschäftigten Personen nicht angemessen berücksichtigt.

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  33. Zwar ist das traditionelle Modell des Bread-Winners aufgnind der Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit stark rückläufig, jedoch ist der dadurch provozierte Eindruck der Doppelverdiener(ehe) unzutreffend: In der Realität handelt es sich zum größten Teil um “Anderthalb-Verdiener”, nur knapp jede dritte verheiratete, bzw. in einer Partnerschaft lebende Frau (31 Prozent) zwischen 15 und 64 Jahren befand sich Anfang der neunziger Jahre in einem Vollzeit-Beschäftigungsverhältnis. Das durchschnittliche, verfügbare Einkommen des Hauptverdieners betrug 1992 38.500 hfl, während das des (weiblichen) Partners 16.200 hfl betrüg (SCP, 1996: 98 ).

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  34. Da von diesen Steuersätzen jeweils nicht das gesamte Einkommen erfasst wird und ein erheblicher Gnlndfreibetrag zu berücksichtigen ist, liegen die tatsächlichen durchschnittlichen Steuersätze, insbesondere ins unteren Einkommenssegment, deutlich niedriger. Vor der Steuerreform lag der Spitzensteuersatz bei 72 Prozent. Auch die Mehrwertsteuer wurde in den letzten Jahren von 20 auf 17,5 Prozent reduziert. Dennoch liegen auch nach der Reform die Steuersätze noch immer deutlich über denen der Bundesrepublik. Unter dem Gesichtspunkt der Anreizhypothese betrachtet, müssten demzufolge nicht nur die Arbeitsanreize von Transferbeziehern ausgesprochen gering sein.

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  35. Dennoch lag 1996 der durchschnittliche Verdienst von Teilzeitbeschäftigten noch etwa 14 Prozent unter dem von Vollzeitbeschäftigten (CBS, 1997: 53). Wie sich die unterschiedliche Entlohnung auf verschiedene Branchen verteilt, müsste, um eine differenzierte Aussage treffen zu können, noch weiter untersucht werden.

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  36. Die Ausweitung der Teilzeit wird seit 1995 auch rechtlich forciert. Mittlerweile sind in die Hälfte der bestehenden Tarifverträge Regelungen zur Teilzeitbeschäftigung aufgenommen worden (de Jong, 1996).

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  37. Deutlich wird bei dieser groben Skizze, dass bei der Ausgestaltung dieser “atypischen” Beschäftigungsform Regulierungsbedarf erkannt und anerkannt wurde. Deutlich wird ebenso, dass eine zunehmende Flexibilität nicht automatisch mit Deregulierung gleichzusetzen ist, sondern “die Anstrengung, vielfältige und adäquate Formen der Regulierung zu bestimmen” (BBJ, 1998: 11).

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  38. Diesem Memorandum ging innerhalb der Koalition eine heftige Kontroverse über den Einfluss der Sozialpartner auf die wirtschaftliche Entwicklung voran. Letztlich führte dieses Memorandum zu einem detaillierten Gesetzesvorschlag, der dann auch von der Regierung akzeptiert wurde und kann als bisher vornehmstes Beispiel für die enge Zusammenarbeit von Gewerkschaften und Arbeitgebern gesehen werden (Salverda. 1997: 54).

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  39. Derzeit arbeiten rund zehn Prozent der niederländischen Erwerbstätigen im weitesten Sinne innerhalb flexibler Arbeitsverträge. In Abhängigkeit der jeweiligen Definition variieren die Untersuchungen dazu zwischen knapp 8 Prozent und gut 10 Prozent (CBS, 1995; SCP, 1996: 97). Zwar hat sich der Anteil der flexibel Beschäftigten an allen Beschäftigungen seit 1970 verdoppelt, dennoch bedeutet dies, dass nach wie vor mit 89 Prozent der allergrößte Teil der Beschäftigungen Festanstellungen in Teilzeit oder Vollzeit sind. Auch ist die Anzahl der Vollzeitstellen in den vergangenen 25 Jahren etwa gleich geblieben, lediglich hat sich durch den Anstieg der Teilzeit- und Flexstellen das Verhältnis geändert: Bestanden 1970 noch gut zwei Drittel (68 Prozent) aller Beschäftigungen aus Vollzeitstellen, sind dies 1995 nur noch 52 Prozent (SCP, 1998: 375). Diese Verschiebung lässt sich auch für die Bundesrepublik nachzeichnen, auch hier kann nicht generell von einer “Erosion des Normalarbeitsverhältnisses” gesprochen werden. Das “’Normalarbeitsverhältnis’ verliert — gemessen an allen Erwerbstätigen — vielmehr deswegen an Bedeutung, weil die Erwerbsquote steigt und immer mehr vormals Nichterwerbstätige einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen” (Wagner, 1998a: 807). Gleichwohl wird im neusten Bericht des SCP (1998: 372) darauf verwiesen, dass innerhalb der niederländischen Festanstellungen die Flexibilität in Form unregelmäßiger Arbeitszeiten, Nacht- und Wechselschichten und Wochenendarbeit wächst.

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  40. Dieses restriktive Kündigungssystem, bei dem vor einer Entlassung eine Genehmigung vom Direktor der regionalen Arbeitsverwaltung oder einem Bezirksgericht eingeholt werden muss, stellt im europäischen Vergleich einen Solitär dar; die Ausweitung “atypischer” Beschäftigungsformen in den Niederlanden (etwa Arbeitnehmerüberlassung oder befristete Beschäftigungsverhältnisse) scheint auch ein direkter Reflex auf diese Rigiditäten zu sein.

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  41. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist ebenfalls, dass der Staat als Arbeitgeber — ebenso wie in der Bundesrepublik — wenig als beschäftigungspolitisches Vorbild agiert: Das vielpropagierte Teilzeitmodell wird fast ausschließlich in der Privatwirtschaft realisiert (Franzmeyer, 1997: 729).

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  42. Die Regelung zur finanziellen Unterstützung, die seit 01.10.1998 rechtskräftig ist, soll für solche Arbeitnehmer gelten, die ihre Berufstätigkeit für einen Zeitraum von zwei bis maximal 18 Monaten — eine dreimalige Aufteilung ist unter bestimmtem Voraussetzungen möglich — unterbrechen wollen. Die ihre Berufstätigkeit unterbrechende Person wird ersetzt durch wieder “in den Arbeitsmarkt eintretende Personen” (inforMISEP, 1998e: 29). Voraussetzung für Arbeitnehmer ist, dass die Unterbrechung für Pflegetätigkeiten oder Bildungsmaßnahmen genutzt wird. Die Höhe der Unterstützung liegt bei maximal 960 hfl monatlich, finanziert wird diese aus dem Allgemeinen Arbeitslosenfonds (inforMISEP, 1997e: 29). Ebenso erwähnenswert ist die seit Sommer 1997 eingeführte Liberalisierung des Elternurlaubs. Seitdem ist es möglich, statt der auf sechs Monate befristeten unbezahlten Teilzeiturlaubsregelung — bei einer gleichzeitigen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 20 Stunden — drei Monate “Vollzeiturlaub” zu nehmen. Die Frist, innerhalb derer Erziehungsurlaub genommen werden kann, wurde von vier auf acht Jahre erhöht, gültig für beide Elternteile (inforMISEP, 1997b: 24 ).

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  43. Eine weitere Studie, das “EC ad hoc labour market survey” von 1989 und 1994 bestätigt im wesentlichen das oben genannte Ergebnis: So konstatiert Dathe (1998: 4f.) auf dieser Grundlage, dass die gestiegene Priiferenz der Arbeitnehmer für eine Arbeitszeitverkürzung die Folge des hohen Stellenwertes der Arbeitsumverteilung innerhalb der Beschäftigungspolitik sei. Ein anderes Bild zeigt sich fiir Deutschland, im Vergleich von 1989 zu 1994 ist hier der Anteil derjenigen, der eine Lohnsteigerung (bei gleicher Arbeitsstundenzahl) gegenüber einer Reduzierung der Arbeitszeit (bei gleichbleibender Entlohnung) bevorzugen würde, von 42 auf 54 Prozent gestiegen (ebd.). Weitere Untersuchungen zur Situation in der Bundesrepublik auf der Basis von Panel-Daten weisen ebenfalls in diese Richtung (Holst/Schupp, 1998: 667ff; Bothfeld. 1997).

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  44. Die niederländischen Statistiken zur Arbeitslosigkeit sind ein Labyrinth, in dein man leicht vom rechten Weg abkommt“ (Reuten, 1998: 112).

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  45. Der Vergleich internationaler Langzeit-Arbeitslosenzahlen ist insgesamt mit einigen Problemen verbunden, da die Definition und die statistische Erfassung z.T. voneinander abweichen. Ausführlich dazu siehe Karr (1997). Die Schwierigkeiten der angemessenen quantitativen Bewertung lassen sich auch auf die Beurteilung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen übertragen (Weinkopf, 1996). Zu der Problematik internationaler Vergleiche im Bereich der Arbeitsmarktpolitik siehe auch Walwei (1993).

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  46. Zum Folgenden siehe ausführlich Eckert (1996), Peters (1998) und Stille (1998).

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  47. Nach den Bestandsdaten der Arbeitsverwaltungen waren bspw. 1996 ein Drittel der Arbeitslosen in der BRD länger als ein Jahr arbeitslos, hingegen betrug diese Quote nach den Arbeitskräfteerhebungen 48 Prozent (Stille, 1998: 6). Diese Differenz spiegelt die unterschiedliche Berücksichtigung der kurzzeitigen Unterbrechungen wider. Über solche definitorischen Differenzen hinaus zeigen die deutschen Angaben zu den abgeschlossenen Arbeitslosigkeitsperioden in der jährlichen Abgangsstatistik, “daß der in Arbeitslosigkeitstagen gerechnete Anteil der Langzeitarbeitslosigkeit mit 58 Prozent fast doppelt so hoch ist wie der Anteil im Bestand, der auf Stichtagserhebungen beruht” (ebd.).

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  48. Das einseitige Heranziehen der Daten der Arbeitsverwaltung war auch deshalb für die Ermittlung aussagekräftiger Arbeitslosenquoten wenig geeignet, da die Registrierung der Arbeitssuchenden nach einer gewissen Frist erlischt.

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  49. Zum Vergleich: In der Bundesrepublik zählen nach der amtlichen Statistik zu den registrierten Arbeitslosen Personen, die derzeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, beim Arbeitsamt gemeldet sind, eine Tätigkeit von mindestens 15 Stunden suchen und diese kurzfristig aufnehmen können. Bis zum 31.12.1997 betrug die Mindeststundenzahl 18 Stunden (Düll/Vogler-Ludwig, 1998: 21 ).

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  50. Die sich aus der zweiten Definition ergebende Zahl verwendet das Centraal Planbureau (Zentrales Institut für Wirtschaftsforschung; CPB) für seine Wirtschaftsanalysen.nicht kurzfristig zur Verfügung steht (z.B. Alleinerziehende mit kleinen Kindern, Zeitarbeitnehmer, die gerne in eine Festanstellung oder einen Arbeitsplatz mit höherer wöchentlichen Stundenzahl wechseln würden oder Personen, die sich gerade in einer Umschulung befinden). Von der Gruppe, die kurzfristig eine Arbeit aufnehmen könnten, hat wiederum nur gut die Hälfte in den letzten vier Wochen aktiv nach Arbeit gesucht. Zwei Drittel derjenigen, die in dieser Zeit nicht gesucht haben, haben dies bereits innerhalb des letzten halben Jahres nicht getan. Die Gruppe dieser entmutigten Arbeitnehmer stellte 1996 immerhin 1 14.000 Personen. Betrachtet man alle Personen innerhalb dieser Einteilung als arbeitslos, die mindestens 12 Wochenstunden arbeiten wollen, war die Gesamtzahl der Personen 1996 über doppelt so hoch wie die offizielle arbeitslose Erwerbsbevölkerung und nahm einen Wert von 15 Prozent an (Peters, 1998: 67 ).

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Hackenberg, H. (2001). Grundzüge und Strukturen der niederländischen Politik. In: Niederländische Sozialhilfe- und Arbeitsmarktpolitik. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08791-5_5

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