Zusammenfassung
Dieses Kapitel dient dazu, die in der Literatur über die Kapitalflucht hochverschuldeter Länder aufgeworfene Frage, inwieweit von der Verschuldungskrise selbst Anreize zur Kapitalflucht ausgehen, zu analysieren. Als zentrales Problem erweist sich dabei die Konkretisierung des exogenen Impulses „Ausbruch der Verschuldungskrise“ derart, daß eine Anwendung bestehender Modelle auf die vorliegende Fragestellung möglich erscheint.
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Literatur
vgl.: Kapitel 1.3.
Zum Zusammenhang von Aufbringung und Staatsbudget vgl. z.B. Reisen (1987) und Swoboda/Dornbusch (1973).
Zur exakten Spezifizierung dieser Annahme im Strom-Bestands-Modell vgl.: Abschnitt
Die zentrale Bedeutung, die dem Aufbringungsproblem und damit dem Staatsbudget im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Verschuldungskrise zukommt, drückt sich in einer ganzen Flut von Veröffentlichungen zu diesem Thema aus. Vgl.: Melo (1990), Rodrik (1990), Reisen (1989), Easterly (1989a,b).
So auch Weltbank ( 1989, S. 74) und Reisen (1989, S. 5 ).
So auch: Easterly (1989a, S. 93), Anand/Wijnbergen (1989, S. 21f.).
Robinson/Stella ( 1987, S. 17f) zeigen auf, daß Wechselkursgarantien der Zentralnotenbank gegenüber privaten Wirtschaftssubjekten, mit denen die Intention verfolgt wird, inländische Nehmer von Auslandskrediten vor Abwertungen der heimischen Währung zu schützen, Verluste der Zentralnotenbank verursachen, sobald die inländische Währung abwertet und Schuldendienstzahlungen auf die wechselkursgarantierten Auslandsschulden erfolgen. Dadurch reduziert sich für die Regierung der Anreiz, die inländische Währung abzuwerten.
vgl. auch: Reisen (1989, S. 11). a
Dabei ist unterstellt worden, daß die Zentralnotenbank keine Kredite an sonstige Wirt schaftssubjekte vergibt.
Die Darstellung von Anand/Wijnbergen (1989) unterscheidet sich insofern von der hier vorliegenden, als Anand/Wijnbergen einen Gewinn der Zentralnotenbank unterstellen.
Da die PSBR die nominalen Veränderungen der Nettoverbindlichkeiten des öffentlichen
Sektors erfaßt, handelt es sich um eine “below the line”-Größe. Dagegen werden in den “above the line”-Größen die Tilgungen vernachlässigt. Dahinter steht der Gedanke, daß das Staatsbudgetdefizit darüber informieren soll, welche über die Staatseinnahmen hinausgehenden privaten oder ausländischen Quellen benötigt werden, um die Staatsausgaben zu decken. Dies ist insofern von Interesse,. als dadurch die Güter-und Finanzmärkte berührt werden.
Hinsichtlich der Tilgungen werden diese Effekte dadurch neutralisiert, daß implizit unterstellt wird, weder das Konsumverhalten der Inhaber des Wertpapiervermögens, noch deren Verhalten auf den Bondmärkten werde durch geänderte Tigungszahlungen beeinflußt, da diese Beträge bereitwillig für den Kauf neu emittierter Staatspapiere verwendet werden (TanziBlejer/Teijeiro, 1987, S. 719; TanziBlejer, 1988, S. 238). Angesichts des fehlenden Zugangs zum internationalen Kapitalmarkt ist diese Annahme jedoch im Falle der hochverschuldeten Länder nicht als realistisch anzusehen. Das in den Tabellen nicht enthaltenen “Financial Deficit” schließt sowohl die Zinsen als auch Tilgungen ein. Damit deckt das “Financial Deficit” lediglich die Lücke auf, die durch Nettoneuausleihungen der Regierang am Kapitalmarkt bzw. bei der Zentralnotenbank zu decken ist (Tanzi/Blejer/Teijeiro, 1987, S. 714). Zu weiteren Staatsbudgetabgrenzungen vgl.: Easterly/Schmidt-Hebbel (1991, S. 87f.).
In der Literatur über “Sustainable Deficits” (Melo, 1990; Anand/ Wijnbergen, 1988, 1989) wird versucht, das Maximum der Finanzierung und damit das Minimum an Anpassung zu ermitteln, welches mit dem Ziel der Stabilisierung der Staatsverschuldung und des Preisniveaus einhergeht. A
Reisen ( 1989, S. 6) nennt einige praktische Beispiele für derartige Praktiken.
Zu den Auswirkungen von Privatisierungen von Staatsuntemehmen auf das Staatsbudget vgl.: Mansoor (1987).
Zu den Auswirkungen von Transferzahlungen in keynesianischen Modellen vgl.: Currie/Katz (1978) und Swoboda/Dombusch (1973).
Ein derartiges Zwei-Länder-Modell ist Gegenstand der Studie von Ohr (1980).
Zum Empfangsproblem vgl. auch: Abschnitt 2.2.1.
Portfoliomodelle werden auf Tobin (1969) zurückgeführt, der allerdings anstelle ausländischer Wertpapiere Realkapital als dritten Aktivamarkt betrachtet.
Schmidberger (1983) untersucht in einem Strom-Bestandsmodell die Auswirkungen expansiver Fiskalpolitik einer kleinen offenen Volkswirtschaft und berücksichtigt explizit Bond-und Geldmengenfinanziemng der Staatsbudgetdefizite. Die Zeithorizonte dieses
Modells unterscheiden sich insofern von dem hier vorgestellten Modell, als eine zeitlich vorgelagerte Phase analysiert wird, in der nur der Gütermarkt auf die expansive Fiskalpolitik reagiert. In dieser Phase haben die aus der expansiven Fiskalpolitik resultierenden Salden des Staatsbudgets bzw. der Handelsbilanz und die Ersparnis noch keinen Einfluß auf die Finanzmarktbestände Die Finanzmarkt-und Gütermarktreaktion werden dann in einem mittelfristigen
Bender analysiert in einem derartigen Modell Fragen der monetären Autonomie und der Abschirmungsmöglichkeiten eines kleinen Landes gegen externe monetäre Störungen (Bender/Schmitt-Rink, 1992, S. 330–337).
Die Nachfrage nach ausländischem Geld kann ebenso wie die nach inländischer
Kassenhaltung sowohl dem Transaktions-als auch aus dem Spekulationsmotiv folgen. Vgl.: Calvo/Rodriguez (1977, S. 617). Das Ausmaß der Nachfrage nach Auslandswährung aus dem Transaktionsmotiv ist daher auf der einen Seite davon abhängig, ob die institutionellen Regelungen eines Landes es zulassen, ausländisches Geld zu Transaktionen im Inland zu verwenden. Auf der anderen Seite ist der Anteil des Außenhandels, der in Auslandswährung abgewickelt wird, für die Nachfrage nach ausländischem Geld bedeutsam. Für das Ausmaß der Nachfrage nach ausländischem Geld aus dem Spekulationsmotiv gilt dagegen die Abwertungserwartung als bestimmend.
Fasano-Filho ( 1986, S. 20) sieht Analogien zwischen den Motiven, die der Kapitalflucht und der Währungssubstitution zugrunde liegen, wenn die Abwertungserwartung die entscheidende Auslöserin beider Transaktionen ist. Nicht in diese Schnittmenge fällt dann die Kapitalflucht, die auf andere Ursachen, z.B. politische Risiken zurückzuführen ist und die Währungssubstitution, die dem Transaktionsmotiv folgt. Gegenüber der Kapitalflucht ist die Währungssubstitution insoweit vorziehenswürdig, als das Kapital
Der Begriff der Währungssubstitution bezeichnet Änderungen des im Inland gehaltenen
Bestandes an ausländischem Geld. Vgl.: z.B. Miles ( 1978, S. 429 ).
Die Annahme entspricht nicht den in den untersuchten Ländern vorliegenden Be-
dingungen. Zur empirischen Bedeutung der Haltung ausländischen Geldes in hochver- schuldeten lateinamerikanischen Ländern vgl.: Ramirez-Rojas (1985) und Ortiz (1983).
Der Inlandszins geht nicht in das Entscheidungskalkül der ausländischen Wirtschafts-
einheiten ein, da diese weder inländisches Geld, noch in Inlandswährung emittierte Wertpapiere nachfragen.
a
Wenn zwei der drei Vermögensmärkte im Gleichgewicht sind, gilt dies wegen: 120 Da im kurzfristigen Finanzmarktmodell annahmegemäß von Realkapital abstrahiert wird
Dabei ist zu beachten, daß sich das Defizit in der Dienstleistungsbilanz durch eine Repa-
triation von Fluchtkapital zunächst vergrößert, da die privaten Zinserträge auf das Auslandsvermögen sinken. Des weiteren kommt es zu einem Rückgang des privaten Vermögens.
Der Wechselkurseffekt auf den Konsum wird an dieser Stelle vernachlässigt. Vgl.:
Laursen/Metzler (1950)..
Der zusätzliche Handelsbilanzüberschuß, der erwirtschaftet werden muß, um die
Verteuerung der Zinszahlungen auf die Auslandsschuld und des Kapitalbilanzdefizits durch die Abwertung zu finanzieren, wird hier vernachlässigt.
Der von Ize/Ortiz (1987) abgeleitete Effekt einer indirekten Zahlungseinstellung auf die
Inlandsschuld infolge einer durch die Ab’Wertung induzierten Inflation, wird anhand des hier vorliegenden Modells aufgrund der Annahme der Preisstarrheit nicht abgebildet.
Würde dagegen unterstellt, daß sich in der Leistungsbilanz aufgrund der Abwertung
kurzfristig ein Defizit und erst mittelfristig ein Überhang einstellt (J-Kurven-Effekt), würde das Defizit in der Zahlungsbilanz weiter verstärkt.
Rodrik (1990) leitet in einem Modell einer kleinen offenen Volkswirtschaft eine weitere
Konsequenz ab, die eine Abwertung der Inlandswährung auf das Staatsbudget haben kann: den Steuerausfall auf nicht international handelbare Güter.
Wie das hier vorgestellte Modell analysiert Rodrik die Auswirkungen von öffentlichen Schuldendienstzahlungen auf die Staatsbudget-und die Zahlungsbilanzrestrikton. Im Gegensatz zu dem hier vorgestellten Modell unterstellt er aber implizit, daß die öffentlichen Schuldendienstzahlungen in derselben Periode aufzubringen und zu übertragen sind, in der sie anfallen. Demzufolge erfordert die Anpassung der Zahlungsbilanz an die Schuldendienstzahlungen eine Abwertung der Inlandswährung.
Die Aufbringung kann annahmegemäß nur über die Besteuerung nicht international handelbarer Güter erfolgen.
Rodrik leitet in diesem Zusammenhang ab, daß der prozentuale Anstieg des Steuersatzes den prozentualen Anstieg der Schuldendienstzahlungen (in Devisen) übersteigen muß und
führt dies darauf zurück, daß nicht nur der Wert des zusätzlichen Handelsbilanzüberschusses an den Staat transferiert werden muß, sondern darüber hinaus der auf die Umschichtung der Produktion von den nicht handelbaren Gütern auf die handelbaren Güter zurückzufiihrende Steuerausfall auf die nicht handelbaren Güter zu kompensieren ist.
Dieser Steuerausfall dürfte in der Realität der betrachteten Ländern keine entscheidende Rolle spielen, da die Annahme der Besteuerung nicht handelbarer Güter als einziger Einnahmequelle des Staates nicht zutreffend ist. Dabei fällt vor allem die Vernachlässigung jeglicher Vermögenseffekte ins Gewicht.
Reisen (1988) zeigt auf, daß darin ein wesentlicher Unterschied gegenüber
südostasiatischen Staaten besteht. Während Koreas Anteil der Exporte an der Inlandsprodution im Zeitraum 1980–82 30% ausmacht, liegt dieser in Brasilien bei 3% und in Mexiko sogar nur bei 1,3%.
Das Staatsbudgetdefizit ist abgegrenzt als konsolidierte nominale PSBR zuzüglich des
operationalen Defizits der Unternehmen im Staatsbesitz (vgl.: Easterly/Schmidt-Hebbel, 1991, S. 88).
Zur Methodik vgl.: Easterly/Rodriguez/Schmidt-Hebbel (1989).
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Büntjen, C. (1994). Negative öffentliche Nettotransfers aus Kreditbeziehungen und Kapitalflucht. In: Kapitalflucht aus lateinamerikanischen Ländern. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08622-2_4
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