Zusammenfassung
Jede Existenzgründung hat durch das Entscheidungsproblem Standortwahl eine regionale Komponente. Die Theorie der Standortfaktoren thematisiert diese Determinanten des Gründungsgeschehens und unterteilt sie in harte und weiche Standortfaktoren. Dem liegt die Hypothese zugrunde, daß die Entstehung neuer Existenzen stets vor dem Hintergrund des übergeordneten Regionalsystems zu sehen ist264. Diese regionale „embeddedness“ des Gründungsgeschehens soll im folgenden an der Region HochFranken expliziert werden, die als Modellregion für das Zusammenwachsen von alten und neuen Bundesländern, aber auch für den Prozeß der Osterweiterung der Europäischen Union betrachtet werden kann.265
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Literatur
Vgl. z.B. Albert, J. [Regionalsysteme, 1994], S. 52 und Kirschbaum, G. [Gründungsproblematik, 1982 ], S. 15.
Vgl. Friedrich, H. [Tor, 2000 ]. Das regionale Existenzgründergeschehen ist in dieser Region von dem Prozeß des wirtschaftlichen Zusammenwachsens Bayerns mit Tschechien überlagert. Daraus ergibt sich die Fragestellung, welche grenzüberschreitenden Aspekte für Existenzgründer eine Rolle spielen.
Vgl. o.V. [Oberfranken, 1998 ], S. 2.
Vgl. Auweck, F. et al. [Raumkonzept, 1999 ], S. 19.
Vgl. o.V. [Oberfranken, 1998 ], S. 5.
Vgl. ders. S. 7. Der Standortkoeffizient gibt das Verhältnis zwischen dem regionalen Beschäftigtenanteil der Branche und dem Beschäftigtenanteil der Branche in Bayern wieder; bayerischer Durchschnitt = 100.
Vgl. Schultheiß, B. [EU-Osterweiterung, 1999], S. 55/56. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß die Anerkennung einer besonderen Situation der Grenzgebiete — etwa in Form der Ausweisung eines Sonderfördergebietes — von seiten der Europäischen Kommission entschieden abgelehnt wird. Im Gegenteil, im Rahmen der Reform der Regionalförderung (Agenda 2000) ist eine drastische Verringerung der Fördergebiete in Oberfranken geplant. Vor dem Hintergrund dieses Szenarios haben sich die Wirtschaftskammern an den Grenzen zu den EU-Beitrittsländern in einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen, um für eine Übergangszeit eine besondere Unterstützung der Anpassungsprozesse der Grenzregionen zu erreichen (sog. Frankfurter Erklärung v. 07. 10. 1998 ).
In Bayern existiert ein Landesentwicklungsprogramm, das durch Regionalpläne ergänzt wird. Dort finden sich grundlegende Aussagen zur räumlichen Entwicklung für das ganze Land und dessen Teilgebiete, nicht zuletzt auch zur weiteren Entwicklung des Grenzraums zur Tschechischen Republik, vgl. Auweck, Fritz et al. [Raumkonzept, 1999 ], S. 20.
Vgl. Maier, J. [HochFranken, 1998 ], S. 4. Im Prinzip geht es bei diesen Ansätzen um eine Übertragung der Begriffe Management und Marketing von der Betriebswirtschaftslehre auf die Regionalwissenschaft. Werden sie in dieser auf das Erkenntnisobjekt „Betrieb“ angewandt, so beziehen sie sich in jener auf das Erkenntnisobjekt „Region”.
Zum Arbeitsamtsbezirk Hof gehört ein kleiner Teil des Landkreises Tirschenreuth, mithin eine Gebietsbestandteil außerhalb der Region HochFranken (Anmerkg. d. V.).
Vgl. Schultheiß, B. [EU-Osterweiterung, 1999 ], S. 54.
Bei der Gemeinschaftsinitiative Interreg handelt es sich um Förderprogramme zur Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit an den bisherigen EU-Außengrenzen. Dem liegt das Ziel zugrunde, möglichst frühzeitig eine homogene Entwicklung der grenznahen Gebiete zu erreichen. Das Pendant zu dem Programm Interreg stellt auf tschechischer Seite das Programm Phare CBC (Cross Border Cooperation) dar. Die Grundlagen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit stellen grenzüberschreitende Entwicklungskonzepte für das Dreiländereck Bayern-BöhmenSachsen sowie das Interreg III-Phare CBC Raumkonzept für den bayerisch-tschechischen Grenzraum dar, vgl. aktuell Auweck, F. [Raumkonzept, 1999] mit einer Zusammenstellung der für das Untersuchungsgebiet ausgewählten Projektvorschläge.
Dabei handelt es sich um die Entwicklung eines Fernlehrangebots (Fernuniversität), das Bildungsmodule im Internet zur Verfügung stellt. Gleichzeitig soll das Bildungsangebot der bayerischen Fachhochschulen und Universitäten gebündelt und koordiniert werden.
Ähnlich argumentieren bezüglich der „Münchner Gründerstudie“ und der Untersuchungsregion Oberbayern Brüderl et al. [Erfolg, 1996], S. 75f.
Vgl. z.B. Brüderl et al. [Erfolg, 1996], S. 283.
Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit Unternehmensgründungen im regionalen Kontext siehe etwa Albert, J. [Regionalsysteme, 1994 ]. Kennzeichnend für diese Forschungsrichtung ist die systemtheoretische Betrachtung von Unternehmensgründungen als Subsysteme im Kontext regionaler Systeme. Neu entstehende Unternehmen und bestehende Systemstrukturen unterliegen dabei wechselseitigen Relationen (Funktionszusammenhängen).
Eine interessante Forschungsfrage ist, inwiefern Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit sich evtl. bevorzugt den Zukunftsfeldern einer Region zuwenden, oder ob eher „traditionelle“ Branchen und Geschäftsfelder angesteuert werden. Dem liegt die These zugrunde, daß geographische Regionen sich ähnlich wie Firmen im internationalen Wettbewerb mit ihren (räumlichen) Kernkompetenzen positionieren müssen. Um diese Frage zu beantworten, bedarf es ebenfalls einer Thematisierung regionaler Potentiale.
Die Deskription der Standortfaktoren baut i. w. auf einer Studie der Forschungsstelle für Raumanalysen, Regionalplanung und Verwaltungspraxis an der Universität Bayreuth e. V. über den Unternehmens-und Existenzgründerraum HochFranken auf, vgl. Maier, J. [HochFranken, 1998 ].
Allerdings sind hierbei, wie oben dargestellt, die hohen Anteile von Geringqualifizierten sowie von Frauen zu berücksichtigen. Bei letzteren besteht oft ein Handicap durch zu geringe Mobilität. Durch die fortwährende Restrukturierung von Arbeitsprozessen mit ständig ansteigenden Qualifikationsanforderungen kommt es häufig zu einem Auseinanderlaufen von Arbeitsangebot und -nachfrage (sog. „Mismatch-Arbeitslosigkeit“).
Vgl. zum Begriff z. B. Harrison, B. [Districts, 1991 ], S. 472 ff.
Friedrich, H. [Mittelstand, 1999]. Im Rahmen der EU-Strukturfonds geht es um insgesamt 213 Milliarden Euro, die bis Ende des Jahres 2006 in die 15 Mitgliedsstaaten fließen. Nach Ansicht des Autors geht diese Förderung am Mittelstand vorbei.
Maier, J. [HochFranken, 1998 ], S. 44.
Das Kuratorium HochFranken e. V. besteht seit 1997 als eingetragener Verein und tritt seitdem als Träger von Projekten für zahlreiche bayerische Ministerien auf. Vorsitzender des Vereins ist der ehemalige Bundesverkehrsminister Dr. Jürgen Warnke. Im Vorstand sind daneben die regionalen Kreditinstitute als Sponsoren des Vereins, die Landräte der Region sowie Vertreter der Medien zusammengeschlossen.
Vgl. John, B. et al. [Datenatlas, 1998], S. 9. Für die Bildung derartiger „Euroregiones“, also grenzüberschreitender Gebietskulissen entlang der Nachbarstaaten Deutschlands, gibt es mehrere Motive. Zum einen sollen die zwischen Räumen bestehenden Disparitäten mit umfassenden, aufeinander abgestimmten und integrierten Handlungskonzepten abgebaut werden. Zum anderen bedarf es solcher grenzüberschreitender Plattformen als Vorbedingung für eine Förderung durch die Regionalprogramme der EU (vgl. weiter oben die Aussagen zu den EU-Programmen Interreg und Phare CBC). Schließlich wird mit diesem Ansatz der Tatsache entsprochen, daß es sich bei dem bayerischtschechischen Grenzraum um einen gewachsenen, homogenen Siedlungs-, Wirtschafts-und Lebensraum handelt.
Vgl. dies., S. 12.
Vgl. Maier, J. [HochFranken, 1998 ], S. 127.
Vgl. für Oberfranken z. B. Jarosch, D./Maier, J. [Motivationsimpuls, 1997]. Eine Beschreibung charismatischer Industriekapitäne in ganz Deutschland findet sich bei Weimer, W. [Kapitäne, 1995]. Darin enthalten ist auch die Biographie eines prominenten Existenzgründers aus HochFranken, nämlich die Philipp Rosenthals aus Selb. Ein aktuelles Beispiel ist der aus Hof stammende Unternehmer des Jahres 1999, Karl Matthäus Schmidt, dessen Discount-Brokerhaus Consors innerhalb weniger Monate den Sprung unter die Top fünf der deutschen Banken schaffte, vgl. Busse, C. [Bankvorstand, 1999 ], S. 12.
Vgl. Maier, J. [HochFranken, 1998 ], S. 161.
Vgl. ders., S. 162.
Vgl. Brüderl et al. [Erfolg, 1996], S 77.
Vgl. Birch, D. L. [Job Creation, 1987 ].
Vgl. Fritsch, M. [Betriebsgründungen, 1992 ]. Da in der Münchner Gründerstudie eine prosperierende Region betrachtet wird, kommen die Autoren durch die Anwendung des Ergebnisses von Fritsch zu dem Ergebnis, daß ihr Untersuchungsgebiet dann auch eine überdurchschnittliche Sterberate aufweisen müßte. Die Autoren leiten daraus ab, daß die Betriebe der Untersuchung dann eher weniger Erfolg haben müßten als im deutschen Durchschnitt. Dieser Schluß ist jedoch logisch unzulässig, weil die Sterberate kein Indikator für den Erfolg des durchschnittlichen Betriebes ist.
Vgl. Schmude, J./Leiner, R. [Messung, 1999 ], S. 121ff.
Vgl. Breithecker, V./Baumann, A. [Beratereinfluß, 1998 ], S. 221ff.
Vgl. ausführlich Bensch, D. [Problemperzeption, 1992 ].
Vgl. Hebig, M. [Gestaltungshinweise, 1999 ], S. 27.
Vgl. Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie [Existenzgründungen, 2000 ], S. 5. Die Adresse lautet: http://www.gruenderzentrum.de
Vgl. Dieterle, W. K. M. [Gründungsberatungen, 1996 ], S. 23ff.
In diesem Zusammenhang ist es von Interesse, eine systematische Verfügbarkeit des Gründungs-Knowhows zu sichern. Einen Schritt in diese Richtung stellen beispielsweise die „Grundsätze ordnungsgemäßer Gründungsberatung“ (GoG) dar, die von der deutschen Vereinigung beratender Betriebs-und Volkswirte (VBV) herausgegeben werden, vgl. Koch, L. T. [Gründungskultur, 1999], S. 317, Fn. 46.
Vgl. Müller-Böling, D./Kirchhoff, S. [Expertensysteme, 1991 ].
Vgl. Wolski-Prenger, F./Rothardt, D. [Soziale Arbeit, 1996 ], S. 138.
Vgl. dies., S. 153. Die soziale Arbeit mit Arbeitslosen wurde maßgeblich von den Kirchen ins Leben gerufen (Katholische Arbeitnehmerbewegung, Evangelische Kirche in Deutschland) und nahm in den 80er Jahren einen deutlichen Aufschwung. So existierten 1978 ca. 100 Arbeitslosenprojekte, 1980 bereits 200, 1984 540, 1988 schon 1 125 Projekte.
Beratungsprojekte für die spezielle Zielgruppe der Frauen haben dagegen eine längere Tradition, vgl. z. B. Ambros, I. [Qualifizierung, 1991] oder Wonneberger, E. [Modellprojekt, 1999 ].
o.V. [IAB-Werkstattbericht, 1996 ], S. 24. Der Bericht weist nach, daß diejenigen Gründungen besonders erfolgreich sind, die durch gut qualifizierte Arbeitslose erfolgen.
Vgl. Maier, J. [HochFranken, 1998 ], S. 163f.
Vgl. Maier, J. [HochFranken, 1998 ], S. 174.
Existenzgründungen von Frauen rücken in jüngster Zeit zunehmend in das Interesse wissenschaftlicher Abhandlungen, vgl. z.B. Wonneberger, E. [Modellprojekt, 1999], Oltmann, I. [Frauen, 1999], Buschmann, B. [Konzepte, 1999], Buschmann, B./Menzel, K./Oltmann, I. [Not, 1999], Lischke, G. [Gründungsvoraussetzungen, 1999 ].
Vgl. Wießner, F. [Sprung, 1998], S. 3. Die einzelnen Programme sind unter http://www.bmwi.de aktuell abrufbar.
Vgl. zu vergleichbaren Programmen in anderen Ländern z.B. Wießner, F. [Starthilfen, 1997 ], S. 1 FN 3. So boten bereits im Jahre 1989 17 von 24 OECD-Mitgliedsstaaten Existenzgründungsprogramme für Arbeitslose an.
Das AFG hat das bis 1969 bestehende „Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ (AVAVG) abgelöst und wurde seinerseits zum 01.01.1997 durch das SGBIII ersetzt.
Eine Ausweitung der Überbrückungsgeldleistungen erfolgte allerdings schon 1988 mit der Verlängerung der Dauer des Leistungsbezugs von drei auf sechs Monaten sowie der Verringerung der Dauer des vorherigen Leistungsbezugs von zehn auf vier Wochen, vgl. Kaiser, M./Otto, M. [Übergang, 1990 ], S. 284.
Vgl. Brinkmann, C./Otto, M./Wiedemann, E. [Existenzgründungen, 1995 ], S. 1.
Vgl. Ellerbrock, B. [Existenzgründung, 1997 ]. Demgegenüber sieht die Autorin kaum Möglichkeiten für erfolgreiche Gründungen von Sozialhilfeempfängern.
SGB III: „Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Überbrückungsgeld erhalten.“
Vgl. Wießner, F. [Sprung, 1998 ], S. 3.
Vgl. Lang-Neyjahr, R./Weber, A. [Innovation, 1996 ], S. 23.
Hier ist auf das am 01.05.1999 eingeführte Kreditprogramm „DtA-Startgeld“ der Dt. Ausgleichsbank hinzuweisen, das sich speziell an Arbeitslose und Frauen richtet. Mit dem Programm sollen Kleinvorhaben gefördert werden, die 50.000 E nicht überschreiten; die Haftungsübernahme erfolgt auf Wusch zu 80% durch die Dt. Ausgleichsbank.
Der Arbeitsmarkt-und Sozialfonds wurde 1996 mit einer Dotierung von 400 Mio. DM im Rahmen des Beschäftigungspakts Bayern aufgelegt. Im Rahmen dieses Pakts sind die Organisationen der bayerischen Wirtschaft, die Gewerkschaften und die Bayerische Staatsregierung für alle Wirtschaftsbereiche bindende vertragliche Verpflichtungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eingegangen. Für die entsprechenden Maßnahmen für Beschäftigung und soziale Infrastruktur wurden 1,23 Mrd. DM aus Privatisierungserlösen bereitgestellt.
Für den Arbeitsmarkfonds müssen an eine von diesem beauftragte Firma statistische Daten zur Evaluation des Projekts übermittelt werden, die Regierung von Oberfranken erhält monatlich einen Sachstands-und Tätigkeitsbericht.
Innerhalb der Kreditinstitute kommt insbesondere den Regionalbanken (auf Hoch-Franken bezogen weisen besonders die Sparkassen, die Volks-und Raiffeisenbanken sowie die SchmidtBank als Privatbankhaus eine regionale Identifikation auf) eine besondere Verpflichtung und Bereitschaft zur Förderung der Regionalentwicklung zu. Dies kommt u.a. in der Tatsache zum Ausdruck, daß die Hälfte der Existenzgründerdarlehen, die die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung ausreicht, über bayerische Volksbanken und Raiffeisenbanken weitergeleitet werden (vgl. Maier, J. [HochFranken, 1998 ], S. 56 ).
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Seidel, M. (2002). Regionaler Bezugsrahmen und Pilotprojekt „Arbeitslose potentielle Existenzgründer im Grenzraum HochFranken/Tschechien“. In: Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit. DUV Wirtschaftswissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08033-6_3
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