Zusammenfassung
Die Publizität parlamentarischer Vorgänge gehört nicht nur zum unumstrittenen Kernbestand der demokratischen Regierungsweise, sie genießt im politischen System der Bundesrepublik Deutschland Verfassungsrang. “Der Bundestag verhandelt öffentlich”, heißt es in Art. 42 (1) GG. Entsprechendes gilt für Landesparlamente. Der Grundsatz allgemeiner Parlamentsöffentlichkeit leitet sich dabei unmittelbar aus dem Prinzip parlamentarischer Demokratie und dem Gedanken der Volkssouveränität als deren basalem Legitimationsprinzip ab. Danach übt das Volk seine Staatsgewalt nicht direkt, sondern durch Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe aus, unter anderen durch solche der Gesetzgebung. Die Repräsentation des Volkes durch parlamentarische Versammlungen kann aber nur dann funktionieren, wenn sie gewissermaßen unter Beobachtung der Bevölkerung stattfindet. Nur unter diesen Bedingungen können verbindliche Entscheidungen, die auf dem Weg parlamentarischer Verfahren zu Stande gekommen sind, auf freiwillige Zustimmung oder Duldung der Betroffenen hoffen. Parlamentsöffentlichkeit ist aber nicht nur für die Geltung politischer Entscheidungsinhalte konstitutiv, sondern auch für die Legitimation der exekutiven Verfassungsorgane, die ihre Billigung nicht direkt vom Wahlvolk ableiten können, sondern über das Parlament beziehen, von dessen Unterstützung sie regelmäßig abhängig sind. Auch dieser Legitimationszufluss kann nur dann funktionieren, wenn er nachvollziehbar, das heißt vor den Augen der Öffentlichkeit stattfindet.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Similar content being viewed by others
Literatur
Benz, Arthur, 1998, Postparlamentarische Demokratie? Demokratische Legitimation im kooperativen Staat, in: Greven, Michael T., (Hrsg.), Demokratie — eine Kultur des Westens?, Opladen, S. 201–222.
Benz, Arthur/ Scharpf, Fritz W./ Zintl, Reinhard, 1992, Horizontale Politikverflechtung. Zur Theorie von Verhandlungssystemen, Frankfurt a.M./New York.
Beyme, Klaus von, 1997, Der Gesetzgeber. Der Bundestag als Entscheidungszentrum, Opladen.
Czada, Roland/ Schmidt, Manfred G., 1993, Verhandlungsdemokratie, Interessenvermittlung‚legierbarkeit, Opladen.
Czerwick, Edwin, 1999: Verhandlungsdemokratie — ein Politikstil zur Überwindung von Politikblockaden, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft, 9. Jg., S. 415–438.
Fischer, Jörg-Uwe,: Parlamentsdebatten: politische Erziehung oder politisches Theater? Zur Diskussion um die Rundfunkübertragungen von Reichstagsdebatten und-reden während der Weimarer Republik. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 4/94, S. 637-652.
Kilian, Jörg, 1996, Das alte Lied vom Reden und Handeln. Zur Rezeption parlamentarischer Kommunikationsprozesse in der parlamentarisch-demokratischen Öffentlichkeit der Bundesrepublik, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 3/96, S. 503-518.
Lehmbruch, Gerhard, 1976: Parteienwettbewerb im Bundesstaat, Stuttgart u.a.
Lehmbruch, Gerhard, 1996, Die korporative Verhandlungsdemokratie in Westmitteleuropa, in: Swiss Political Science Review 2, S. 19–41.
Linke, Joachim, 1992, Die Parlamentsöffentlichkeit, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 4/92, S. 673-708.
Marschall, Stefan, 1997: TV-Berichterstattung aus dem Parlament: in neuer Form, auch mit neuem Format? in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 2/97, S. 279-293.
Mayntz, Gregor, 1993, Die Fernsehberichterstattung über den Deutschen Bundestag. Eine Bilanz, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 3/93, S. 351-366.
Mayntz, Renate/Neidhardt, Friedhelm, 1989, Parlamentskultur: Handlungsorientierungen von Bundestagsabgeordneten — eine empirisch-explorative Studie, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 3/89, S. 370-387.
Negrine, Ralph, 1998, Parliament and the media. A study of Britain, Germany and France, London und New York.
Oberreuther, Heinrich 1988, Parlament und Medien in der Bundesrepublik Deutschland, in Thaysen, Uwe/ Davidson, Roger, H./ Livingston, Robert G. (Hrsg.) US-Kongress und Deutscher Bundestag. Bestandsaufnahmen im Vergleich, Opladen, S. 500–515.
Oberreuther, Heinrich 1996, Was nicht in den Medien ist, ist nicht Wirklichkeit, in: Bayerischer Landtag (Hrsg.), Colloquien zum Landesparlamentarismus II und III der Akademie für politische Bildung Tutzingen, München, 105–120.
Sarcinelli, Ulrich, 1998, Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft. Beiträge zur politischen Kommunikationskultur, Opladen.
Scharpf, Fritz W., 1992, Die Handlungsfähigkeit des Staates am Ende des 20. Jahrhunderts, in: Kohler-Koch, Beate (Hrsg.), Staat und Demokratie in Europa, Opladen, S. 93–115.
Scharpf, Fritz W., 1993, Legitimationsprobleme der Globalisierung. Regieren in Verhandlungssystemen, in: Böhret, Carl/ Wewer, Göttrick (Hrsg.), Regieren im 21. Jahrhundert — Zwischen Globalisierung und Regionalisierung, Opladen, S. 165–185.
Schatz, Heribert, 1971, “Tagesschau” und “heute” — Politisierung des Unpolitischen? in: Zoll, Ralf, (Hrsg.), Manipulation der Meinungsbildung, Opladen, S. 109–123.
Schatz, Heribert, 1992: Televising the Bundestag, in: Franklin, Bob, (Ed.), Televising Democracies, London, S. 234–253.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 2000 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Marcinkowski, F. (2000). Die Medien-Öffentlichkeit des Parlaments in der “Verhandlungsdemokratie”. In: Jarren, O., Imhof, K., Blum, R. (eds) Zerfall der Öffentlichkeit?. Mediensymposium Luzern, vol 6. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-07953-8_5
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-07953-8_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-13555-7
Online ISBN: 978-3-663-07953-8
eBook Packages: Springer Book Archive