Zusammenfassung
Bevor Überlegungen zu Veränderungen des Ehrenamtes im Zusammenhang mit einem Wandel der Sinnorientierungen und biographischen Verläufe erfolgen, sollen zunächst die Ergebnisse der vorliegenden Forschungsarbeit mit Aspekten der einschlägigen Ehrenamts-Debatte kontrastiert werden.
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Referenzen
Dies wird etwa in Wendungen wie “unbezahlte soziale Arbeit” (vgl. Vogt 1988; Bendele 1988; Rabe-Kleberg 1988) sowie auch in Versuchen zur Entwicklung von Kriterien für ehrenamtliches Engagement (vgl. Rauschenbach 1991, 3–4) deutlich.
Gegen Ende der Interviews wurden die Gesprächspartner gefragt, was sie denn von einer Bezahlung ehrenamtlicher Tätigkeiten halten würden.
In dieser Weise äußert sich etwa Anna Neufeld.
Vgl. dazu etwa in Karl Winters Erzählung die Konstruktion einer “gewissen Kontinuität” seines christlichen Engagements sowie die Darstellung des durchgeführten “Rollentauschs”.
Dewe/Otto (1987) weisen aber auch auf die Gefahr hin, daß das in sozialpädagogischen und sozialarbeiterischen Interventionen vermittelte Wissen auch zu einer Enteignung des im Verlauf der Biographie von den Klienten erworbenen Erfahrungswissens führen kann: “Derartige wissenschaftsrationalistisch fundierte Interventionen in den Handlungs- und Orientierungshaushalt der Adressaten sozialer und sozialpädagogischer Dienste untergraben das Bewußtsein praktischer Gewißheiten. Lebenspraktisches Orientierungswissen büßt die Fähigkeit ein, die Erfahrung und Kenntnis spezieller Sachverhalte in handlungsrelevante Zusammenhänge der eigenen Lebenswelt einzuordnen. Es kommt letztlich zu einer Erosion von milieuspezifischen Alltagsgewißheiten”. (Dewe/Otto 1987, 307–308)
Dieser Vorgang läßt sich sehr schön in der Erzählung Hannelore Wiegands nachvollziehen. Ihre Fähigkeiten zur Reflexion und daraus resultierende Veränderungen der Handlungsvollzüge sind allerdings nicht nur Ergebnis von Reflexions- und Qualifizierungsprozessen im Rahmen ihres ehrenamtlichen Engagements, sondern basieren auf biographisch älteren Wissensbeständen, die sie im Verlauf ihrer Tätigkeit als Lehrerin und im Zusammenhang mit ihrem langjährigen politischen Engagement erworben hat.
Dies wird in den Thematisierungen ehrenamtlichen Engagements in der Fachdiskussion der 60er und 70er Jahre deutlich (vgl. dazu etwa Kosmale 1967).
Dies gilt für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Typen “Realisierung eigener biographischer Themen mit ehrenamtlichen Tätigkeiten” und “Soziale Ehrenamtlichkeit als Instrument der Suche nach biographischer Orientierung” — nicht jedoch für die Mitarbeiterin des Typus “Soziale Ehrenamtlichkeit als biographisch randständiges Ereignis” und auch nicht für M. Müller-Baumann, die dem Typus “Suche nach biographischer Orientierung” angehört.
Selbsthilfegruppen, deren Mitglieder auch soziale Dienstleistungen wie Beratungsangebote u.ä. für Personen außerhalb der Gruppe anbieten, gehen damit über die Dimension einer bloßen Selbsthilfe hinaus (vgl. Schaeffer 1985).
Ergebnis der folgenden Ausführungen wird sicherlich keine erschöpfende historischvergleichende Analyse sein, sondern es wird bei ersten Überlegungen zu einem Wandel des ehrenamtlichen Engagements bleiben. Um Veränderungen im historischen Ablauf umfassend zu untersuchen, müßten die autobiographischen Thematisierungen von Ehrenamtlichen früherer Generationen mit den heutigen Selbstthematisierungen ehrenamtlich tätiger Personen verglichen werden. Da dies im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht möglich ist, werden sich die Ausführungen zu Veränderungen des Ehrenamtes auf erste Überlegungen beschränken.
Imhof (1988, 153–154) verweist auch auf Zusammenhänge zwischen den kulturellen Traditionen einer christlichen Caritas und der modernen Sozialgesetzgebung.
Salomon äußert sich hier als Vertreterin der “Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit”, die an der Heranziehung von Frauen zu sozialen Aktivitäten interessiert war. Ihre Äußerungen müssen nicht mit den Selbstdeutungen der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen übereinstimmen. Sie geben allerdings einen damaligen öffentlichen Diskurs wieder, in dem das soziale Engagement von Frauen verhandelt wurde.
Vgl. etwa Hannelore Wiegands Wandlungsprozeß vom “strammen BDM-Mädchen” zur ‘linken Lehrerin’.
Deutlich wird dies etwa bei den Befragten in der untersuchten Telefonseelsorge. Die Einrichtung wird zwar von konfessionellen Verbänden getragen, für eine ehrenamtliche Mitarbeit ist jedoch eine Konfessionszugehörigkeit keine zwingende Voraussetzung. So ist etwa Margret Müller-Baumann schon seit Jahren kein Kirchenmitglied mehr.
Vgl. dazu die Ausführungen in dem Kapitel “Aspekte geschlechtsrollenspezifischen Handelns in den Typen sozialer Ehrenamtlichkeit”
Auf einen Zusammenhang zwischen Prozessen einer “Biographisierung von Erleben und Handeln” und der Inanspruchnahme von psychosozialen Angeboten verweisen Brose/Hildenbrand (1988, 21). Vgl. auch Keupp/Strauss/Gmür (1989); Beck (1989, 218).
Die angebotenen Psychodrama-Wochenenden sind so begehrt, daß ein Verteilungsschlüssel erdacht werden mußte, um allen interessierten Mitarbeitern eine Teilnahme in gewissen Zeitabständen zu ermöglichen.
Diese Information erhielt ich sowohl von dem Leiter der mir bekannten Telefonseelsorge sowie auch aus der Fachliteratur (vgl. von Brachel/Schramm 1989).
Dies umschreibt der Leiter der mir bekannten Telefonseelsorge folgendermaßen: “Da passiert mehr, da bricht mehr auf.” (Zitat aus einem protokollierten Gespräch). Um dies zu gewährleisten, wird etwa die Vorbereitungsphase für die Tätigkeit am Telefon in Form von Blockseminaren durchgeführt, zu denen sich die zukünftigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Tagungsstätten außerhalb der gewohnten Umgebung treffen. Die Dynamik innerhalb der jeweiligen Gruppe befördert dabei Prozesse der Selbsterfahrung.
Bude (1988) spricht in diesem Zusammenhang von “trivialisierter Therapie”, deren Ablauf er anhand von Beratungssituationen analysiert.
Zur Diskussion um eine “Therapeutisierung” vgl. auch Keupp (1987, 1987a)
Eigene Handlungsinitiativen und eine vorsichtige Annäherung an das ehrenamtliche Betätigungsfeld werden von allen Ehrenamtlichen, die den selbstbezogenen Varianten angehören, beschrieben (vgl. dazu etwa die Erzählungen von H. Klages und H. Wiegand).
Vgl. dazu etwa die Erzählung K. Winters
Für die Analyse derartiger Konflikte sind narrative Interviews mit ehrenamtlich Tätigen nicht ausreichend. Ein Zugang könnte über Interviews mit den an einer helfenden Beziehung Beteiligten, den Hilfebedürftigen, Vertretern der Organisation sowie den ehrenamtlichen Helfern, geschaffen werden.
Dies ist auch das Resümee der DLRG-Studie: “Ehrenamtliche Mitarbeit ist für Jugendliche nur dann attraktiv, wenn sie darin auch eigene subjektive Interessen realisieren können.” (Reichwein 1992)
Die Bedeutung von Gelegenheiten zur individuellen und kollektiven Reflexion, um Erfahrungen des Engagements zu bearbeiten, hebt auch Olk (1991, 98) hervor.
Dies kann sich auch in einer verstärkten Beteiligung der Ehrenamtlichen an verbandlichen Entscheidungsprozessen und der Gründung von Selbstvertretungsgremien ausdrücken (vgl. Born 1988).
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Jakob, G. (1993). Überlegungen zu einem Wandel sozialer Ehrenamtlichkeit. In: Zwischen Dienst und Selbstbezug. Biographie und Gesellschaft, vol 17. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-07671-1_3
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