Zusammenfassung
Die Biogenese der Knochen wie auch der Zahnhartsubstanz der Vertebraten und von homo sapiens erscheint nach allem als das Paradigma einer Verwirklichung des Matrizenprinzips in der Biokristallographie. Schon 1924 postulierte W.J. SCHMIDT auf Grund seiner rein polarisationsoptischen Analyse ihrer Gewebe, dieser Wienerschen Stäbchenmischkörper (mit der Textur- und der Eigendoppelbrechung ihrer Komponenten, der starken optisch positiven der Kollagensubstanz und der schwachen negativen des „Erdsalzes“ (vgl. Bild 111), daß die Herausbildung dieser Fasertextur durch die induzierende und richtende, die „inotrope“ Wirkung der Kollagenfibrillen auf die sich bildenden Kriställchen des Hydroxylapatits zustandekomme. Diese Ansicht wurde erst später durch eine große Zahl von röntgenographischen, Elektronenbeugungsund elektronenmikroskopischen Untersuchungen im Grundsätzlichen sichergestellt (Bild 114). Es ist die Priorität dieser Entdeckung durch W. J. SCHMIDT in der gesamten Weltliteratur außerhalb Deutschlands stark mißachtet worden. Vielleicht ist der Befund hier und da neu entdeckt. Bis in die letzten Einzelheiten ist indes dieser wichtige biogenetische Vorgang in seiner Molekularkinetik bis heute noch keineswegs einem vollen Verständnis erschlossen. Es ist empfehlenswert, gerade an diesem Beispiel das matrizenhafte Geschehen im Interesse des Gesamtverständnisses des Prinzips etwas systematischer zu analysieren.
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Literatur
K. J. MÌNZENBERG und M. GEBHARDT (Dtsch. Med. Wschr. 94, 1969, 1325) wollen an wenige Tage alten Kaninchenknochen einmal eindeutig auch Brushit röntgenographisch festgestellt haben, im übrigen bei allen sonstigen Proben stets nebeneinander Octocalciumphosphat und karbonathaltigen Hydroxylapatit. Daß das OCP stets die genetische Vorstufe des HP sei, lehnen sie ab.
Es ist doch interessant, daß HAYEK zur Geschichte feststellt, daß das Ergebnis seiner Bemühungen „eigentlich nichts anderes ist als eine Bestätigung und Verfeinerung mit modernen Methoden der von Berzelius schon vor 140 Jahren gemachten Feststellung, daß die Knochensubstanz aus „Oktacalciumphosphat“ und Calciumcarbonat besteht.“
BLAKEY & HAPPEY (16) haben festgestellt, daß das Kollagenmolekül einer reversiblen Dehnung von etwa 7–10% ohne eine molekulare Transformation unterworfen werden kann, wenn es vergleichbar den Drehungen mit Transformation in der k.m.e.f. Gruppe der Proteine behandelt wird. — Wenn daher Polysaccharide mit dem Hauptkomplex assoziiert sind, gehören sie nach diesen Autoren nicht zur „Struktur“, verantwortlich für das Röntgendiagramm. Mucopolysaccharide bilden daher, — „extrakristallin“ — nur ein stabilisierendes Häutchen um das kristalline Protein herum, das selbst den fibrillären Charakter des „kollagenen Mucoproteins“ bestimmt.
Was die Quervernetzungen der Trihelices (als Grundeinheiten) im Kollagenmolekül anbetrifft — das ist für unsere Fragestellung gar nicht unwichtig —, so erfolgen sie z. T. durch Hexosen unter Ausbildung zweier esterartiger und einer glykosidischen Bindung (nach H. HÖRMANN (88a), vgl. Bild 120)).
Eine Serie sehr schöner Messungsergebnisse von Mar. HARDERS-STEINHAUSER (1938) dazu findet man z. B. mit Bildern in dem Buch von SCHMIDT-KEIL reproduziert.
Unter den amphoteren Eigenschaften von Aminosiuren wird speziell auch berichtet, daß Asp und Glu an CaCO3 adsorbiert werden können (Ph. ABELSON (1963))!
Zusatz während der Korrektur: Alle diese Versuchsserien sind inzwischen abgeschlossen und zum Druck gegeben. — Vgl. auch H. SEIFERT, Umschau in Wissenschaft und Technik 1970, Heft 15, S. 480.
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Seifert, H. (1971). Calcifikation von Geweben bei Vertebraten und Invertebraten. In: Strukturgelenkte Grenzflächenvorgänge in der unbelebten und belebten Natur. Sammlung Vieweg, vol 132. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-06834-1_9
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Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
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