Zusammenfassung
In den vorangegangenen Kapiteln sind Beispiele dafür erörtert worden, daß und wie ökologische Probleme in den Funktionssystemen der modernen Gesellschaft Resonanz auslösen. Über der Analyse der Einzelsysteme darf man als Soziologe aber nicht die Einheit der Gesellschaft aus dem Auge verlieren. Schon die Vergleichbarkeit der Funktionssysteme und gewisse Übereinstimmungen in den Strukturen ihrer Ausdifferenzierung — wir hatten auf die Differenzierung von Codes und Programmen abgestellt, aber das ist nur einer von vielen Gesichtspunkten — weisen darauf hin. Die Einheit des Gesamtsystems liegt in der Art seiner Operation und im Formtypus seiner Differenzierung. Je deutlicher die gesellschaftliche Evolution auf eine einzige Art von Operation, nämlich sinnhafte Kommunikation, und auf einen Primat funktionaler Differenzierung gegenüber anderen Formen der internen Systembildung hinausläuft, desto prägnanter bilden sich entsprechende Strukturen aus.
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Referenzen
Vgl. statt vieler Jeffrey L. Pressman/Aaron Wildavsky, Implementation: How Great Expectations in Washington are Dashed in Oakland, Berkeley, Cal. 1973.
Vgl. Niklas Luhmann, Soziale Systeme, a.a.O., S. 37 ff.
Nach E. T. A. Hoffmann, Des Vetters Eckfenster, Werke, Berlin-Leipzig, o. J., Bd 12, S. 142–164.
Hierzu in historisch-semantischer Hinsicht Niklas Luhmann, Temporalisierung von Komplexität: Zur Semantik neuzeitlicher Zeitbegriffe, in ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik, Bd. 1, Frankfurt 1980, S. 235–300.
Vgl. André Béjin, Différenciation, complexification, évolution des sociétés, Communications 22 (1974), S. 109–118 (114) im Anschluß an Henri Atlan, L’organisation biologique et la théorie de l’information, Paris 1972, S. 270 f.
Die noch wenig geklärte (vor allem: für die Zeit vor der Mitte des 19. Jahrhunderts noch wenig geklärte) semantische Karriere des Wertbegriffs dürfte hier eine ihrer Anregungen gehabt haben. Es ist zwar sicher unrichtig, daß der Wertbegriff erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Ökonomie in die Moral, die Literatur, die Ästhetik und die Philosophie übernommen wird. (Der Abbé Morellet, Prospectus d’un nouveau Dictionnaire de Commerce, Paris 1769, Nachdruck München 1980, S. 98 ff. stellt zum Beispiel umgekehrt eine Einengung auf ökonomischen Nutzen fest; aber das gesamte 18. Jahrhundert kennt auch einen sehr allgemeinen Wortgebrauch). Ebenso deutlich ist jedoch, daß der Fortsetzung Fußnote 6 Wertbegriff erst in den letzten hundert Jahren wie eine Letztgarantie für Sinn und damit widerlegungssicher verwendet wird.
Das geschieht sowieso, wird dann aber auch vielfach gefordert und sogar als Vorbedingung für Problemlösungen angesehen. Vgl. nur Karl-Heinz Hillmann, Umweltkrise und Wertwandel: Die Umwertung der Werte als Strategie des Überlebens, Frankfurt-Bern 1981.
Vgl. Talcott Parsons, On the Concept of Value-Commitments, Sociological Inquiry 38 (1968), S. 135–160 (153 ff.).
Zum Vergleich: Die Selbstbeschreibung stratifizierter Gesellschaften hatte durchweg einen moralischen Schematismus benutzt — sei es in der direkten moralischen Kritik des typischen Verhaltens in den einzelnen Schichten, sei es in der Formulierung von Perfektionstypen, an denen jeder mit vorgehaltenem Daumen den Abstand abmessen konnte.
Vgl. z.B. Simon-Nicolas-Henri Linguet, Le fanatisme des philosophes, Londres-Abbeville 1764; Peter Villaume, Über das Verhältnis der Religion zur Moral und zum Staate, Libau 1791, und natürlich die verbreitete Kritik der französischen Revolution als Ausbruch naiven Prinzipienglaubens.
Für manche hat es nahegelegen, dann gleich auf: „Revolution“ durchzuschließen — bei sehr geringen empirischen Anhaltspunkten für Möglichkeiten und Folgen. Typischer findet man, daß das Schema manifest/latent ohne weitere Reflexion wie eine Beschreibung von Tatsachen eingeführt und mit Analysen besetzt wird. So vor allem seit Robert K. Merton, The Unanticipated Consequences of Purposive Social Action, American Sociological Review 1 (1936), S. 894–904.
Jürgen Habermas verurteilt schärfer und läßt zugleich mehr Hoffnung. Er sieht das Problem nur theorieimmanent in einer semantischen Fehlsteuerung der Aufklärung durch die Theorie des Subjekts und ihre Gegner und sieht die Problemlösung deshalb im Übergang zu einem neuen Paradigma intersubjektiver Verständigung. Vgl. Der philosophische Diskurs der Moderne: Zwölf Vorlesungen, Frankfurt 1985. Für Fortsetzung Fußnote 12 soziologischen Gebrauch müßte dann aber noch geklärt werden, wie diese Fehlsteuerung und die Möglichkeit ihrer Korrektur mit der Struktur der modernen Gesellschaft zusammenhängen.
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Luhmann, N. (2004). Funktionale Differenzierung. In: Ökologische Kommunikation. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-05746-8_16
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