Zusammenfassung
Der Wirtschaftsaufbau in der Bundesrepublik Deutschland, der nach dem totalen Zusammenbruch im Frühjahr 1945 mit der Neuordnung des Geldwesens im Juni 1948 einsetzte, hat bis zum heutigen Tage kaum eine wesentliche Unterbrechung erfahren. Konjunkturabschwünge und Rezessionen, denen der USA oder anderer Staaten vergleichbar, blieben bisher aus; soweit derartige externe Einflüsse die deutsche Wirtschaft überhaupt tangierten, berührten sie nur wenige Branchen. Das Bruttosozialprodukt stieg fast kontinuierlich Jahr für Jahr zwischen 7 und 11 % an; betrug es 1949 rund 97 Milliarden DM, so erreichte es 1960 den Stand von über 275 Milliarden DM1).
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Referenzen
Vgl. Wirtschaft und Statistik, Heft 1/1961, S. 17 ff.
Institut für Demoskopie, Nach der Rentenreform. Praxis und Perspektiven der Altersvorsorge 1958; Gerhard Schmidtchen, Die befragte Nation. Über den Einfluß der Meinungsforschung auf die Politik, Freiburg i. Br. 1959. Beide hier zitiert nach Preisbindung und Ordnungsfunktion des Markenartikels, Ein Gutachten des Instituts für Demoskopie, Allensbach, Der Markenartikel, Heft 5/1961, S. 268 ft 3) Hier insbesondere Walter Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Bern und Tübingen 1952.
Für ein Spezialgebiet hat der Verfasser diesen Nachweis zu führen versucht. Vgl. Olaf Triebenstein, Die industriellen Staatsunternehmen und die Möglichkeit und Notwendigkeit ihrer instrumentalen Verwendung in marktwirtschaftlich organisierten Volkswirtschaften, Diss. Freie Universität Berlin, 1958, S. 11 ff., S. 135 ff., S. 161 ff.
Die Sozialenzyklika Mater et Magistra vom 15. Mai 1961, die am 14. Juli 1961 veröffentlicht wurde, nimmt zu dieser Frage mit den folgenden Worten Stellung: „Wo die politischen Herrschaftssysteme das Recht auf privates Eigentum, auch an Produktionsgütern, nicht zuerkennen, da sind auch die fundamentalen Ausdrucksformen der Freiheit entweder unterdrückt oder ganz erstickt; das läßt darauf schließen, daß sie in jenem Recht eine Gewähr und einen Ansporn finden.“ Zitiert nach Deutsche Zeitung, Stuttgart und Köln, Nr. 167/1961, S. 6.
So schreibt Wolfgang Fleck (in seinem Aufsatz „Aufgaben der Grundlagenforschung zu Theorie und Politik des Binnenhandels“, FfH-Mitteilungen, Neue Folge, Heft 1/1961, S. 1) in diesem Zusammenhang: „Solange die Grundprinzipien des gesellschaftlichen Bedarfsdeckungsprozesses nicht so deutlich herausgearbeitet werden können, daß jeder der daran Beteiligten sie klar zu erkennen und zur Richtlinie seines Tun und Lassens zu machen vermag, bleibt unsere freiheitliche Wirtschaftsverfassung grundsätzlich gefährdet. Es genügt nicht, Soziale Marktwirtschaft zu wollen, man muß auch wissen, wie allein sie funktionieren kann. Sonst wird eines Tages festzustellen sein, daß man bereits in bestem Glauben die Axt an ihre Wurzel gelegt hat.“
Auf welch festem und hohem sittlichen Fundament sich die Idee der Sozialen Marktwirtschaft bei Ludwig Erhard aufbaut, zeigt in bisher überzeugendster Weise der Aufsatz von Wolfgang Wagner: „Wenn Erhard Kanzler würde ... Portrait eines Nonkonformisten“, Die politische Meinung, Bonn/Köln, Heft 59 vom April 1961, S. 21 ff.
Vgl. zu diesem Abschnitt: Heinrich Herkner, Die wirtschaftlich-sozialen Bewegungen von der Mitte des 18. bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, Propyläen Weltgeschichte, 7. Band, Berlin 1929, S. 331 ff., insbesondere S. 343 ff.; ders., Volkswirtschaft und Arbeiterbewegung, a. a. O., 8. Band, Berlin 1930, S. 387 ff., insbesondere S. 420 ff.
Friedrich Bülow, Volkswirtschaftslehre. Eine Einführung in das wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Denken, Berlin und Frankfurt a. M. 1957, S. 22 ff.
Julius Hirsch, Der moderne Handel, seine Organisation und Formen und die staatliche Binnenhandelspolitik, zweite, völlig neubearbeitete Auflage, Grundriß der Sozialökonomik, V. Abteilung, II. Teil, Tübingen 1925, S. 7 ff. und S. 56 ff.
Kurt Wiedenfeld, Gewerbepolitik, Enzyklopädie der Rechtsund Staatswissenschaften, Abteilung Staatswissenschaften, Herausgeber Arthur Spiethoff, 39. Band, Berlin 1927, S. 5 ff.
Die unmittelbar befreiende Wirkung des Deutschen Zollvereins wird häufig überschätzt; so schreibt Herkner in seinem oben (Fußnote 8) genannten Beitrag (S. 420) „Wenn innerhalb des Zollvereins der Verkehr auch nicht mehr durch Zölle gehemmt wurde, so gab es doch eine große Anzahl anderer Mittel, mit deren Hilfe die einzelnen deutschen Staaten ihre Sonderinteressen zu wahren suchten. Die Vergebung öffentlicher Aufträge erfolgte zumeist nur an Firmen des eigenen Landes. Das Zunftsystem in Verbindung mit Konzessionen für Großbetriebe und Aktiengesellschaften, die fehlende Freizügigkeit, die Verschiedenheit des bürgerlichen und Prozeßrechtes, das alles unterband den Blutkreislauf des deutschen Wirtschaftskörpers.“
Sie betrug 1820 noch 20 Millionen Menschen, im Jahre 1860 aber bereits 37 Millionen.
Die Version, daß die Industrialisierung in Deutschland in erster Linie ein Werk kleiner und kleinster Handwerksmeister und -betriebe gewesen sei, welche sich dann im Laufe der Jahrzehnte zu großen und größten Unternehmen entwickelten, ist zwar weit verbreitet, entspricht aber den historischen Tatsachen nur wenig. — Vgl. hierzu u. a.: Julius Hirsch, a. a. O., S. 57 ff.; Werner Sombart, Die Juden und das Wirtschaftsleben, Leipzig 1911, S. 129 ff.; Kurt Wiedenfeld, a. a. O., S. 174.
Vgl. Julius Hirsch, a. a. O.
Über die Einzelheiten des „Verlagssystems“, das sich in seinen Anfängen bis auf das 14. Jahrhundert zurückverfolgen läßt (flandrische und florentinische Tuche; Lübecker Bernsteindrechslerei) vgl. die Darstellungen bei Wiedenfeld, a. a. O., S. 5 ff. und Bülow, a. a. O., S. 22 ff.
Julius Hirsch, a. a. O., S. 57 (Sperrung im Original).
In seiner unübertroffenen Art bemerkt Julius Hirsch (a. a. O.) zu diesem Vorgang: „Einige Theoretiker verraten eine gewisse Besorgnis darüber, daß der Verleger damit seine wissenschaftlich umrissene Eigenschaft als Händler verliere, weil er in die Verarbeitung eingreift. Ihn selber beunruhigt das wenig. Er übernimmt willig all diese Aufgaben noch täglich neu, wo Massenbedarf sich bildet oder auch geweckt werden kann, und wo sich zu dessen Befriedigung die freien Arbeitshände finden; von der Marktschuhmacherei zu Pinsk oder der rasch entstehenden und schwindenden Klein-Lohnstickerei in Plauen oder St. Gallen bis zur Großkonfektion von New York, London, Berlin und Stettin.“
Kurt Wiedenfeld, a. a. O., S. 6.
Vgl. Friedrich Bülow, a. a. O., S. 24 f.
Hier zitiert nach Julius Hirsch, a. a. O., S. 59.
Zu der völligen Unhaltbarkeit dieser Auffassung vgl. u. a.: Karl Chr. Behrens, Produktivität und Besteuerung im Handel, Der Wirtschaftstreuhänder, Stuttgart, Heft 8 v. 1953, S. 162 ff.
Wolfgang Fleck, Rationelle Vertriebspraxis als Produktivitätsfaktor, Steigerung der Produktivität — Hebung des Lebensstandards, Berlin 1953, S. 84 f.
Wolfgang Fleck, Aufgaben der Grundlagenforschung zu Theorie und Politik des Binnenhandels, FfH-Mitteilungen (Forschungsstelle für den Handel, Berlin), Neue Folge, 2. Jg., Heft 1/1961, S. 2 ff.
Erinnert sei an gewisse sogenannte „Erbfeindschaften“, die zwar ihren realen Hintergrund längst im Laufe der Zeit verloren haben mögen, im Bewußtsein oder Unterbewußtsein der Menschen aber weiterhin eine erhebliche Rolle spielen können, wie dies beispielsweise für die Einschätzung der Schweden vielerorts in Mecklenburg gilt, die bis in unsere Tage durch die Eindrücke aus dem Dreißigjährigen Krieg mitbestimmt wird.
Von dem bekannten schwedischen Nationalökonomen Bertil Ohlin wird in dessen Eigenschaft als Fraktionsführer der Liberalen im schwedischen Reichstag zu dieser Frage kolportiert, daß er bei der Verabschiedung eines sehr einschneidenden neuen Wohlfahrtsstaatsgesetzes in Schweden dem Sinne nach geäußert habe: „Die liberale Fraktion würde diesem Gesetz dann zustimmen können, wenn die Mehrheit des Reichstages dafür die Garantie übernehmen könnte, daß mit der Verabschiedung dieses Gesetzes mindestens ein gutes Dutzend überragender Unternehmer, zusätzlich zu den in Schweden vorhandenen, an wichtigen Stellen wirken könnte.“
Vgl. Julius Hirsch, a. a. O., S. 58.
Vgl. ders., a. a. O.
Vgl. Julius Hirsch, a. a. O.
Ders., a. a. O., S. 59.
Wilhelm Kantorowicz, Zur Psychologie der Kartelle, Berlin 1904, S. 20 f.
Hugo Bonikowsky, Der Einfluß der industriellen Kartelle auf den Handel in Deutschland, Jena 1907, S. 9.
Daß der Handel sich diese Entwicklung zu einem guten Teil durch sein früheres eigenes Verhalten gegenüber der Produktion selbst zuzuschreiben hatte, haben wir im vorigen Abschnitt versucht aufzuzeigen.
Hugo Bonikowsky, a. a. O., S. 314 (Sperrung im Original). Bei dieser Aussage handelt es sich um eine frühe Vorwegnahme eines Gedankens, der erst fast 40 Jahre später in der sogenannten „counter-vailing-power-Theorie“ von J. K. Galbraith erneut wissenschaftlich seinen Niederschlag fand. Vgl. dazu die Ausführungen unten auf S. 89 f.
So u. a. Cuc Pohle, Die Kartelle der gewerblichen Unternehmer, Leipzig 1898, S. 26; H. Bonikowsky, a. a. O.
Vgl. hierzu wie zur Stellung des Handels in Kriegszeiten überhaupt die hervorragende Darstellung bei Adolf Lampe, Allgemeine Wehrwirtschaftslehre, Jena 1938. insbesondere die Seiten 41 ff.
Martin Sogemeier, Die öffentliche Hand in der privaten Wirtschaft (Bericht über die Versammlung der wirtschaftlichen Spitzenverbände in der Singakademie am 1O. November 1926), Berlin o. J. as) Arno Sölter, Nachfragemacht und Wettbewerbsordnung, Der Betrieb, Düsseldorf 196O.
John Kenneth Galbraith, American Capitalism, The concept of countervailing power, 1952.
Deutsche Ausgabe: Der amerikanische Kapitalismus im Gleichgewicht der Gegenkräfte, Stuttgart, Wien, Zürich 1956, S. 124 ff.
Vgl. die Kritik des Verfassers an diesem Vorgehen: Olaf Triebenstein, Systemgegebene Grenzen von Marktmacht und Marktgegenmacht. Ein Beitrag zur Problematik vertikaler Machtphänomene, Vortrag, gehalten am 15. März 1961 vor dem Plenum des Bundeskartellamtes (Pressemanuskript).
Es sei hier dahingestellt, ob die in der Sölterschen Schrift für die Einführung des Mißbrauchprinzips gerittene Attacke tatsächlich, wie von ihrem Verfasser behauptet wird, nur dem Schutz mittelständischer Produzenten dienen, oder ob hinter diesem Vorwand einer erneuten Kartellierung der deutschen Industriewirtschaft in ihrer Gesamtheit, ob Groß, Klein oder Mittel, der Boden bereitet werden sollte.
Vgl. dazu u. a. Oswald Kathrein, Nachfrage im Wettbewerb, Der Betrieb, Düsseldorf 1960
W. Fikentscher, Nachfragemacht und Wettbewerbsbeschränkung, Wirtschaft und Wettbewerb, Düsseldorf 1960, S. 680 ff.
Wolfgang Fleck, Olaf Triebenstein, Die Marktstellung der Handelsbetriebe, FfH-Mitteilungen (Forschungsstelle für den Handel, Berlin), Neue Folge, Heft 3/1960; vgl. ferner die sehr objektive Zusammenstellung des literarischen Niederschlages dieser Debatte in dem Aufsatz von Arno Sölter (Nachfragemacht und Gegengewichtsprinzip, Der Markenartikel, Heft 5/1961, S. 337 ff.), in dem Sölter sich ausführlich mit seinen Kritikern auseinandersetzt.
Vgl. zum folgenden Adolf Lampe, Umrisse einer Theorie des Handels. Aus dem Nachlaß herausgegeben von Dr. Rudolf Rohling, Schriftenreihe der Forschungsstelle für den Handel, Dritte Folge Nr. 1, Berlin 1958, S. 21 ff.
Ders., a. a. O., S. 26. 40) Von der Sortimentspolitik her versucht Horst Schwarz in seinem sehr gründlichen Aufsatz (Divergenzen und Wechselwirkungen zwischen der Sortimentspolitik des Einzelhandels und dem technischen Fortschritt in der industriellen Produktion, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, Herne-Berlin, Heft 4/1961, S. 205 ff.) das uns gestellte Problem zu analysieren, wobei er zu sehr ähnlichen Schlußfolgerungen gelangt.
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© 1962 Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden
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Triebenstein, O. (1962). Der Wandel in den Beziehungen zwischen Produktion und Handel. In: Behrens, K.C. (eds) Wandel im Handel. Studienreihe Betrieb und Markt, vol 6. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02785-0_5
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