Zusammenfassung
Über den frühesten Charakter dieser beiden Sonatenformen gehen die Meinungen verschiedener alter Musikschriftsteller auseinander. Man kann jedoch mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass beide im allgemeinen die Grundzüge unserer Suite besassen, nämlich, dass sie Sonata dal aus mehreren, mehr oder weniger lose zusammenhängenden und aus derselben Tonart gehenden Sätzen (gewöhnlich 3 oder 4) bestanden. In der Sonata da Camera, wie der Name — Kammer-Sonate — bezeugt, waren die Sätze von weltlichem Charakter, d. h. sie bewegten sich entweder in leichtwiegenden, alten Tanzweisen (balletti) wie die Giga, Gavotte, BourrS (Menuett), oder sie waren ernsterer Natur, wie in der Allemanda, Pavane, Corrente, Ciacona; oder sie bestanden auch aus Arien, Madrigalen, Canzonen.
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Referenzen
Dass es, unabhängig von diesen zwei Hauptformen (zu denen auch Torellis Concerto-Form, siehe IV. Kapitel, gerechnet werden muss), noch Kompositionen für Violine von anderem, gemischtem Charakter, z. B. der Thema- und Variationen-Art gab, zeigt sich in jener bemerkenswerten Ciacona von Tommaso Vitali. Dieselbe bestellt aus einem kurzen charakteristischen Thema und einer Anzahl höchst ingeniöser, rhythmisch abwechslungsreicher und fein mitein-ander kontrastierender Variationen. Sie muss in der Tat als eine würdige Vorläuferin der berühmten wunderbaren Ciacona gelten, welche den Schluss von Bachs 4. Sonate für Solo-Violine bildet.
Giovanni Battista Vitali (1644—92) wird gewöhnlich als der erste Meister betrachtet, der die Sonata da Camera unter dem Titel „Balletti, Balli, Corrente usw. da Camera“ pflegte.
Fayolle erzählt, dass Tartini selbst als alter Mann nicht eine Woche hingehen Hess, ohne sein übliches Solo in der Kirche heiligen Antonius zu spielen; als Krankheit in seinen letzten Tagen ihn am Gehen verhinderte, bestand er darauf, dass man ihn zu selbigem Zwecke zur Kirche trug.
Händel, der uns auch eine Anzahl anmutiger Blüten seiner Muse in dieser Form schenkte, kann kaum als ein Nachfolger und Nachahmer des paduaner Meisters angesehen werden.
Die Frage, wie die Form der alten Sonate sich unter den Händen von Emanuel Bach, Haydn etc. in die moderne Sonatenform umwandelte, gehört füglich in ein anderes Ge¬biet und entzieht sich unserer, notwendigerweise den Gegen¬stand nur andeutenden, Betrachtung.
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Stoeving, P. (1913). Die Herrschaft der Sonate. In: Von der Violine. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02782-9_39
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