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Zusammenfassung

In manchen Unterhaltungen mit Professor Karl Gustav Specht ergab sich zwischen ihm und mir volle Übereinstimmung in der Meinung, daß besonders für die Generation der heute Studierenden und für Forscher auf den zahlreichen Nachbargebieten der Soziologie kurze, das Wesentliche hervorhebende Schriften über die wichtigsten Autoren der beiden letzten Jahrhunderte notwendig wären. Daß die Werke der Vergangenheit selbst Seite für Seite gelesen und verarbeitet werden, kann man aus mancherlei Gründen von der großen Mehrzahl der Lernenden nicht mehr erwarten. Es kann aber nicht ausbleiben, daß in Zeiten, die auf allen Gebieten große Wandlungen bringen, die Aufmerksamkeit allzusehr auf die neuen Aufgaben gerichtet ist und vieles, was die Vergangenheit beschert hat, vergessen wird. Manches tritt mit dem Anspruch auf, als neu und noch nicht dagewesen anerkannt zu werden, was in Wahrheit eine Wiederholung ist — freilich kaum jemals eine völlige Wiederholung, vielmehr eine sich teilweise vollziehende Repetition. Man sollte das Vergangene daraufhin betrachten, was und bis zu welchem Grade es weitergetragen werden darf. Dabei findet sich stets manches, was einst besser und klarer ausgesprochen und verwirklicht worden ist, als es die Gegenwart leistet; einiges muß dagegen fallengelassen oder umgestaltet werden. Verhängnisvoll und höchst anfechtbar ist die oft zu beobachtende Neigung der Kritik, das Veraltete und Widerlegte aufzubauschen, das Gültige zu übersehen und, weil das Werk der Vergangenheit heute in einigen Zügen nicht mehr aufrechtzuerhalten ist, das ganze Werk als längst überholt hinzustellen. Der jungen Generation wird geraten, diese jahrzehntealten Erzeugnisse gar nicht erst in die Hand zu nehmen, wobei nicht in Betracht gezogen wird, daß man auch aus den Fehlern der Vorgänger lernen kann und gerade der Vergleich von gestern und heute aufschlußreich ist. Nicht um Ahnenkultus zu treiben, sondern um an Einsicht zu wachsen, sollten wir gerade in bewegten und problemreichen Zeiten studieren, was in den älteren Werken steht.

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Anmerkungen

  1. Vgl. dazu L. v. Wiese, Soziologie, Geschichte und Hauptprobleme, Sammlung Göschen, Band lo1, 6. Aufl., Berlin ig6o, S. 74f.

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  2. Vgl. Herbert Spencer, The Study of Sociology, London 1894, Williams and Norgate, 21. Aufl., 1. Aufl. 1872.

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  3. Vgl. Herbert Barnes, Spencer and the Evolutionary Defence of Individualism, Chicago 1948.

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  4. Näheres über den Lebensgang, die Werke Spencers und die Literatur habe ich in Kürze im Handwörterbuch der Sozialwissenschaften,;3. Lieferung, 1956, mitzuteilen versucht; ich muß darauf verweisen. Vom Stu ylliegt eine Übersetzung ins Deutsche vor, die leider manche Fehler und Willkürlichkeiten aufweist: Heinrich v. Marquardsen: Einleitung in das Studium der Soziologie, Leipzig 1896, Brockhaus.

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  5. Die Seitenzahlen betreffen die englische Ausgabe von 1894.

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  6. In der deutschen Ausgabe irrtümlich mit „Entwicklung“ übersetzt.

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  7. Vgl. L. v. Wiese, Philosophie und Soziologie, Berlin 1959, Duncker and Humblot, S. 76.

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  8. Ich möchte dies besonders für Seminarübungen empfehlen.

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  9. Vgl. L. v. Wiese, Philosophie und Soziologie, S. 84/85.

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  10. In der deutschen Übersetzung ist das Wort „Tier“ erweiternd, aber sinngemäß durch „individuellen Körper” ersetzt.

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© 1960 Westdeutscher Verlag · Köln und Opladen

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v. Wiese, L. (1960). I. In: Herbert Spencers Einführung in die Soziologie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02567-2_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-02567-2_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-663-00654-1

  • Online ISBN: 978-3-663-02567-2

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