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Alternative Reaktionen auf die Situation

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Freiheit und geplante Demokratie
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Zusammenfassung

Die oben beschriebene Situation wurde in Mitteleuropa früher deutlich als in den westlichen Demokratien. Dieser Teil der Erde war den Problemen des völligen Chaos bereits ausgesetzt, ehe die Siegermächte des ersten Weltkrieges der grundlegenden Wandlungen überhaupt gewahr wurden. (Auslassung Seite 22) Die Innen- und Außenpolitik Deutschlands und Italiens zwischen den beiden Weltkriegen wird erst durch die Tatsache verständlich, daß sich diese Länder schon damals mit den Problemen abmühten, denen sich seitdem in der einen oder anderen Form auch die westlichen Demokratien gegenübersehen. Die deutsche und italienische Reaktion auf die Herausforderung der neuen Situation sind abzulehnen; sie stellen aber doch zumindest den Versuch dar, diese Situation zu bewältigen. Im Gegensatz dazu wurden in den westlichen Demokratien lediglich die traditionellen Mittel angewendet, um der Krise Herr zu werden. Noch heute neigt man hier dazu, über soziale Probleme hinwegzugehen, anstatt sich auf die umfassenden Wandlungen der modernen Gesellschaft einzustellen. Ein neuer politischer Ansatz ist nur dann möglich, wenn man die verschiedenen neuen sozialen und politischen Systeme als Experimente verschiedener Nationen betrachtet, die Schwierigkeiten unseres Zeitalters zu bewältigen. Als Reaktionen auf das Problem einer völlig veränderten Sozialstruktur können die neuen Ansätze also nach ihrem Erfolg beurteilt werden. Bislang gibt es erst zwei derartige Reaktionen auf den Desintegrationsprozeß:

  1. 1.

    Die totalitäre Planung faschistischer und kommunistischer Provenienz;

  2. 2.

    eine demokratische Planung, die sich langsam aus der fortschrittlichen Politik demokratischer Staaten entwickelt. Die ihr zugrunde liegenden Werte und Techniken und ihre Struktur sind jedoch bislang noch nicht umrissen und entwickelt worden. Es ist das Ziel dieses Buches, in Umrissen die Grundzüge der demokratischen Planung zu beschreiben.

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  10. Ein Vergleich der Konzepte von „Reich und Arm“, „Proletariat und Lumpenproletariat”, „Masse und Klasse“ bei Marx, Bakunin und Sorel, ist zu finden bei: Freund, M., George Sorel: Der Revolutionäre Konservativismus,Frankfurt, 1932, S. 41 ff., S. 286 ff.

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  12. Vor dem Ersten Weltkrieg beobachtete Rudolf Hilferding das Entstehen des „neuen Mittelstandes“, dessen Wachstum das des Proletariats übertrifft. Er sagte voraus, daß „die Entwicklung gerade diese für die Produktion unentbehrlichen Schichten auf die Seite des Proletariats treiben” (wird), „besonders, wenn die Machtverhältnisse bereits ins Wanken gekommen“ (sind).

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  13. Siehe: Hilferding, R., Finanzkapital. Eine Studie über die jüngste Entwicklung des Kapitalismus,Frankfurt, 1968, S. 474 ff.(Neudruck).

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  14. Diese Voraussage ist nicht eingetroffen. Mit Ausnahme der österreichischen Sozialdemokratischen Partei gelang es weder den revisionistischen, noch den revolutionären marxistischen Parteien auf dem europäischen Kontinent, die Unterstützung des antikapitalistisch gesonnenen Mittelstandes zu gewinnen. Der Nationalismus und imperialistische Militarismus obsiegten. Die leninistische Verbindung von Proletariat und Bauernschaft konnte in Mitteleuropa nicht nachvollzogen werden.

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  15. Die leninistische Theorie konzipierte eine revolutionäre „Strategie der Niederlage“ im Zeitalter des imperialistischen Krieges und verband die Probleme der Revolution und des Krieges. Der spanische und chinesische Bürgerkrieg und die agrarische Revolution in Osteuropa unter sowjetischer Besatzung haben die Beziehungen zwischen Krieg und Revolution deutlich gemacht.

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  16. Siehe Kapitel VI, Anmerkung 5, des vorliegenden Buches.

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  17. Georg Lukacs schreibt hierzu: „Die Freiheit kann ebensowenig wie die Sozialisierung einen Wert an sich darstellen. Sie hat der Herrschaft des Proletariats, nicht aber diese ihr, zu dienen.“

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  18. Siehe: Lukacs, G., Geschichte und Klassenbewußtsein, 1923, S. 296

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  19. Siehe: Lukacs, G., siehe auch S. 317 ff., 322, 324.

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  20. Die Aufzählung der Prinzipien, die Eingriffe in eine im Wandel begriffene Umwelt leiten sollten, ist ein erster Schritt zur Anwendung wissenschaftlichen Denkens auf den sozialen Bereich. Wenn wir handeln, tun wir das meist in bezug auf einen oder mehrere Leitwerte, auch wenn diese Werte unausgesprochen bleiben. Das praktische Handeln gleicht daher oft dem Verhalten eines Kindes, das im Handlungsverlauf sein Ziel wechselt.

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  21. Wenn wir sinnvoll handeln, entscheiden wir uns nun aber für einen der konkurrierenden Werte und handeln dementsprechend. Beim politischen Handeln gehen wir wiederum auf eine gleichsam infantile Weise vor. Die anerkannte Werthierarchie ist uns zwar geläufig, unsere Neigungen sind jedoch labil. Selbst wenn wir uns auf einen Wert festlegen, der unsere Entscheidungen bestimmen soll, versäumen wir es, alternative wünschbare Möglichkeiten sorgsam abzuwägen. In einer ungeplanten Gesellschaft ist das sozusagen die natürliche Lage der Dinge. Je weiter wir jedoch in die Richtung einer geplanten Gesellschaft fortschreiten, in der in den meisten Bereichen die Nichteinmischung des Staates anerkanntes Prinzip ist, um so mehr wird die allmähliche Durchsetzung und Bewußtheit einer allen gemeinsamen Werthierarchie zum Normalfall. Danach kann eine genaue Bewertung der zur Verfügung stehenden Mittel erfolgen. Nur auf diese Weise ist es möglich, eine Übereinkunft über langfristige politische Maßnahmen zu erzielen.

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  22. Aus diesem Grunde versuchen wir im folgenden, die obenstehende willkürliche Aufzählung der Ziele und Mittel demokratischer Planung systematisch zu ergänzen. Das wird zur Konsistenz der von uns getroffenen Wahl beitragen.

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  23. Dicey, A. V., Lectures an the Relation between Law and Public Opinion in England during the Nineteenth Century, London, 1905.

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© 1970 Westdeutscher Verlag GmbH, Köln und Opladen

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Mannheim, K. (1970). Alternative Reaktionen auf die Situation. In: Freiheit und geplante Demokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02460-6_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-02460-6_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-663-00547-6

  • Online ISBN: 978-3-663-02460-6

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