Zusammenfassung
Die Diskussion um die Beteiligung der Mitarbeiter am Erfolg des arbeitgebenden Unternehmens, die sich im sozialethischen, gesellschaftspolitischen und wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum seit dem 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart herein in Perioden unterschiedlicher Intensität niedergeschlagen hat, war und ist bis zum heutigen Tage stark an den besonderen Bedingungen der Erzeugungswirtschaft orientiert. Auch die Fachliteratur zur Erfolgsbeteiligung der Arbeitnehmer basiert meist mehr implizit als explizit formuliert auf den besonderen Bedingungen des Industriebetriebes und der Mitarbeiter in solchen Wirtschaftseinheiten. Allenfalls erstreckte sich die sogenannte Gewinnbeteiligungsdiskussion — insbesondere im 19. Jahrhundert — zusätzlich noch auf die Agrarwirtschaft, indem etwa im Anschluß an die Untersuchung der Ertragsentstehung bei der agrarischen Erzeugung Ansätze für eine Teilhabe der Arbeitnehmer am Erfolg der landwirtschaftlichen Betriebe erörtert wurden 1. Demgegenüber haben die Möglichkeiten und Probleme der Erfolgsbeteiligung der Mitarbeiter in distributiven Wirtschaftszweigen nur eine sehr nachgeordnete Behandlung erfahren 2, obwohl es zumindest im angelsächsischen und deutschen Wirtschaftsgebiet seit Jahrzehnten eine Anzahl von Einzelhandelsbetrieben gibt, die ihre Mitarbeiter in teils sehr unterschiedlichen Formen am erwirtschafteten Erfolg beteiligen 3. Der Rückgriff auf die von solchen Einzelhandelsbetrieben angewandten Beteiligungsverfahren und auf die von ihnen gewonnenen Erfahrungen erlauben es, einige Gestaltungsfragen, die mit der Erfolgsbeteiligung der Mitarbeiter im Einzelhandel verbunden sind, nicht nur im deduzierenden Vergleich zu den einschlägigen Problemen des Industriebetriebes, sondern in unmittelbarer Verbindung mit den konkreten Eigenheiten der Handelsbetriebe zu erörtern.
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Literatur
Beispielsweise resultierte die Beteiligung, die Johann Heinrich von Thünen vom Jahre 1847 bis zur Jahrhundertwende seinen landwirtschaftlichen Arbeitern am Ertrag seines Gutes Tellow in Mecklenburg gewährte, aus seinen intensiven wirtschaftswissenschaftlichen Forschungen über die Entstehung des Agrarertrages. Vgl. dazu Johann Friedrich von Thünen, Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie, Bd. II, Der naturgemäße Arbeitslohn und dessen Verhältnis zum Zinsfuß und zur Landrente, Rostock 1850.
Mehr als manche andere Fachliteratur geht Seyffert — im Anschluß an die Lehre von Heinrich Nicklisch — auf die Problematik der Ertragsverteilung unter Bezug auf Handelsbetriebe ein. Vgl. Rudolf Seyffert, Wirtschaftslehre des Handels, 4. Auflage, Köln und Opladen 1961, S. 478.
Vgl. u. a. die entsprechenden Beschreibungen von Erfolgsbeteiligungsverfahren in Einzelhandelsbetrieben in: Guido Fischer, Partnerschaft im Betrieb, Heidelberg 1955, S. 162 ff.; E. A. Halter, Praxis der Erfolgsbeteiligung, 2. Auflage, Zürich 1960, S. 9 ff. und S. 36 ff.; Robert S. Hartman, Die Partnerschaft von Kapital und Arbeit, Köln und Opladen 1958, S. 237 ff. und S. 259 f.; Franz Spiegelhalter, Ergebnisbeteiligung und Vermögensbildung, Essen 1962, S. 54/55, S. 72/73, S. 79, S. 80, S. 92/93, S. 95, S. 97, S. 145/146; Eduard Gaugler, Leistungsbeurteilung und Leistungsbeteiligung im Einzelhandel, in: Mensch und Arbeit, 1955, S. 177 ff.; ferner die Firmenbeispiele in den AGP-Mitteilungen Nr. 12/ 1955, Nr. 6–7/1956, Nr. 11/1956, Nr. 12/1957, Nr. 2/1958, sowie das in Fußnote 4 genannte Beispiel.
Ursula Krems, Frank Seidl, Erfolgsbeteiligung im Einzelhandel, Das Beteiligungsverfahren der H. Hettlage OHG, Recklinghausen; München 1966, S. 3–5.
Zu den Grenzen einer unmittelbar leistungsbezogenen Entlohnung in der Distribution vgl. u. a. Fritz Klein-Blenkers, Die Okonomisierung der Distribution, Köln und Opladen 1964, S. 223/224.
Zur Problematik einer leistungsbezogenen Entlohnung im Handel vgl. u. a. K. Berets, Das Entlohnungsproblem im Einzelhandel, Stuttgart 1930; F. W. Heimann, Zeit stiehlt Geld, Arbeits-und Zeitstudien im Einzelhandel, Köln 1961; B. Meier, tYber Sinn und Möglichkeit einer Leistungsentlöhnung im Detailhandel, Diss. Basel 1955; W. Mies, Schwierigkeiten der Leistungsentlohnung im Einzelhandel, in: Rationeller Handel, Heft 1/1965, S. 40 ff.; o. V., Leistungsprämien im Einzelhandel weit verbreitet, in: IFO-Schnelldienst, Heft 42 vom 15. Oktober 1965, S. 11–18.
Vgl. dazu u. a. Konrad Schubert, Reisende und Vertreter richtig entlohnen, München 1962.
Zum Unterschied zwischen Provisionen und Verkaufsprämien vgl. u. a. Waldemar Koch, Grundlagen und Technik des Vertriebes, 2. Auflage, Band I, Berlin 1958, S. 672; Erich Kosiol, Die Arbeitsentlohnung, in: Handbuch des Einzelhandels, herausgegeben von Rudolf Seyffert, Stuttgart 1932, S. 241 ff.; Paul W. Meyer, Ausbildung und Führung der Verkäufer im Außendienst, in: Das Handbuch der Verkaufsleitung, München 1956, S. 376 ff.; Otto R. Schnutenhaus, Absatzpolitik und Unternehmungsführung, Freiburg 1961, S. 438 f. und S. 324/325.
Vgl. Hermann Böhrs, Leistungslohn, Wiesbaden 1959, S. 108.
Erich Kosiol, Leistungsgerechte Entlohnung, Wiesbaden 1962, S. 170.
Rudolf von Knüpf fer, Erfolgsbeteiligung im Einzelhandel, in: AGP-Mitteilungen, Nr. 1/1961, S. 5.
E. A. Halter, a.a.O., S. 17.
Diese und die folgenden kritischen Überlegungen zur Verwendung umsatzorientierter Vergütungen beziehen sich grundsätzlich nur auf Verkaufspersonal im Anstellungsverhältnis. Für angestellte Mitarbeiter gibt eine einseitige Abhängigkeit des (zusätzlichen) Entgelts von der Umsatzentwicklung keine Veranlassung zur Aufwandsminimierung. Das Arbeitsentgelt dieser Verkaufskräfte stellt — abgesehen von den Abzügen der Lohnsteuer und der anteiligen Beiträge zur Sozialversicherung — ein Netto-Einkommen dar. Anders dagegen sind die Umsatzprämien und -provisionen bei selbständigen Absatzpersonen (Vertreter, Makler etc.) zu beurteilen. Für diesen Personenkreis stellen die umsatzbezogenen Vergütungen grundsätzlich ein Brutto-Einkommen dar, aus dem die entsprechenden Aufwendungen zur Erzielung des Umsatzergebnisses zu bestreiten sind. Obwohl das Brutto-Einkommen der selbständigen Absatzpersonen primär oder ausschließlich von dem von ihnen erzielten Umsatz abhängt, resultiert ihr Netto-Einkommen aus einer Optimierung der Differenz zwischen umsatzorientierter Vergütung und umsatzprozeßbedingtem Aufwand. Somit genügt bei diesem Personenkreis grundsätzlich eine umsatzbezogene Vergütung, weil sie hier das Interesse an beiden Dimensionen des wirtschaftlichen Erfolges zu stimulieren vermag, während sie bei den nichtselbständigen Verkaufskräften lediglich zu einer Umsatzmaximierung veranlassen kann.
Deshalb sieht es Koch im Hinblick auf das Ziel des Unternehmens als einen „indirekten Weg“ an, wenn der Verkäufer am Umsatz beteiligt wird. Den „direkten Weg” zum Ziel des Unternehmens gehen nach Koch jene Betriebe, die „den Verkäufer nach dem Gewinn bezahlen, den er für das Unternehmen erzielt“. Waldemar Koch, a.a.O., S. 673.
Zu den zahlreichen Erfolgsgrößen, die für eine Beteiligung der Mitarbeiter in Frage kommen, und zur Problematik ihrer Auswahl vgl. u. a. Josef Mand, Terminologische Analyse von Ertrag und Gewinn, in: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, 1953, S. 582 ff.; Guido Fischer, Partnerschaft im Betrieb, a.a.O., S. 92/93; Reinhard Hector, Die Leistungsbeteiligung und ihre Durchführung auf der Grundlage der Plankostenrechnung, Diss. München 1956, S. 14 ff.; Franz Spiegelhalter, Die Formen der Ergebnisbeteiligung, Darmstadt 1954, S. 16 ff.; M. R. Lehmann, Zur Problematik der Ausgangsgrößenwahl bei der Gewinnbeteiligung der Belegschaft, in: Die Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer, Wiesbaden 1951, S. 94/95; Karl Lechner, Die Gewinnbeteiligung, Wien 1958, S. 17 ff.; Adolf Mann, Aus der Praxis der Ertragsbeteiligung, Bonn—Frankfurt 1954, S. 28 ff.; Hans Bayer, Gewinnbeteiligung, Wien 1952, S. 80; Alfred Hellinger, Die Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer im Steuerrecht, Köln 1954, S. 25 ff.; Walter Huppert, Erfolgsbeteiligung der Arbeitnehmer, Berlin—München 1953, S. 24 ff.
Waldemar Koch, a.a.O., S. 677 ff.
Eugen Schmalenbach, Pretiale Wirtschaftslenkung, Bd. 2; Pretiale Lenkung des Betriebes, Bremen 1948; Kurt Bender, Pretiale Betriebslenkung, Essen 1951; ders., Grundgedanken der pretialen Betriebslenkung, in: Neue Betriebswirtschaft, 1954, S. 67 ff.; Günter Danert, Technische Grenzen dezentraler Betriebsorganisation — Ein Beitrag zum Problem pretialer und bürokratischer Betriebslenkung, in: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, 1952, S. 407 ff.; Wilhelm Hasenack, Maßnahmen des Rechnungswesens zur Gestaltung der Eigenverantwortlichkeit in der Unternehmung, in: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, 1957, S. 307 ff.
Hans-Rudolf Merian, Die Betriebstantieme, Essen 1954; ders., Die Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer nach Leistungsgemeinschaften, in: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, 1953, S. 588 ff.
Großbetriebe des Einzelhandels führen teilweise sogar mit Hilfe des Computers eine Umsatzstatistik für jeden einzelnen Artikel. Vgl. beispielsweise den Bericht über „G 1 — Der neue Globus in Zürich“, in: Schweizerische Handels-Zeitung, Nr. 41 vom 12. Oktober 1967, S. 21 ff.
Vgl. Marianne Bitting, Das Kostenproblem in einer Umsatzgruppenrechnung im Einzelhandelsbetrieb, Diss. München 1959, sowie die dort angegebene Spezialliteratur. — Zur Einschätzung einer solchen abteilungsbezogenen Erfolgsrechnung unter allgemeinen Aspekten der Führung eines Handelsbetriebes. Vgl. u. a. Rudolf Seyffert, Wirtschaftslehre des Handels, 4. Auflage, Köln und Opladen 1961, S. 524/525.
Eine Parallele zur Beteiligung der Mitarbeiter des Einzelhandels am Abteilungsbzw. Artikelgruppenerfolg für Verkaufspersonal im Außendienst ist die sog. „bezirksbezogene Ergebnisbeteiligung“. Die Praktikabilität einer Teilhabe der Außendienst-Mitarbeiter an partialen Erfolgsgrößen weist Schubert durch ein entsprechendes Berechnungsverfahren nach. Vgl. Konrad Schubert, a.a.O., S. 94–102.
Vgl. dazu Rolf Wunderer, Systembildende Betrachtungsweisen der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre und ihr Einfluß auf die Darstellung des Unternehmers, Berlin 1967, Kapitel 33; ferner die dort angegebene Spezialliteratur.
Rudolf Seyffert, Der Mensch als Betriebsfaktor — Eine Kleinhandelsstudie, Stuttgart 1922, ferner: Rudolf Seyffert, Über Begriff, Aufgaben und Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre, 4. Auflage, Stuttgart 1957, S. 13/14. Vgl. zur Systematik der Leistungsfaktoren im Handel insbesondere auch Fritz Klein-Blenkers, a.a.O., S. 196 ff.
Verschiedene praktizierte Beteiligungsverfahren trennen die Unternehmertätigkeit aus mancherlei Überlegungen vom Faktor Arbeit und teilen dann den Erfolg nicht auf zwei, sondern auf drei Leistungsfaktoren auf. Für die Zurechnungsproblematik ergibt sich damit ein nur geringfügig veränderter Tatbestand, weil natürlich auch bei einer Aufteilung des Erfolges auf zunächst zwei Faktoren der Anteil des Faktors Arbeit dann nochmals auf die Personen mit und ohne unternehmerische Funktion aufgegliedert werden muß.
Eduard Gaugler, Die Zurechnungsproblematik bei der Ertragsbeteiligung, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 1966, S. 786–802. Vgl. dazu insbesondere auch die dort in Fußnote 17 angegebene Spezialliteratur.
Rudolf von Knüpf f er, a.a.O., S. 5/6.
Eduard Gaugler, a.a.O., S. 795–799.
Gerade auch für den Handelsbetrieb betont Seyffert, daß der individuelle Erfolgsanteil „als Leistungsprämie auszuschütten ist“. Rudolf Seyffert, Wirtschaftslehre des Handels, a.a.O., S. 478.
Eduard Gaugler, Leistungsbeurteilung und Leistungsbeteiligung im Einzelhandel, in: Mensch und Arbeit, 1955, S. 177–180. Hier sind auch die oben angeführten Beurteilungsmerkmale sowie das ganze Beteiligungsverfahren im einzelnen dargelegt.
Ursula Krems, Frank Seidl, a.a.O., S. 20–22.
Vgl. zu diesem Problemkreis insbesondere die in einem Einzelhandelsbetrieb eingeführten Lösungsmöglichkeiten bei Ursula Krems, Frank Seidl, a.a.O., S. 38–45.
G. Schelp, K. Schmitt, W. Haase, Kommentar zum Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, 2. Auflage, Heidelberg 1965, insbesondere S. 253 ff.
Vgl. dazu insbesondere Gottfried Johannes Noppeney, Das Auskunftsrecht der Arbeitnehmer bei Vereinbarung von Gewinn-und Ergebnisbeteiligung. Diss. Köln 1967.
Eduard Gaugler, Innerbetriebliche Information als Führungsaufgabe, Hilden 1962.
Vgl. dazu u. a. Chester I. Barnard, The Functions of the Executive. Sixteenth Printing, Cambridge (Mass.) 1964, S. 139 ff.; William McNair Fox, The Management Process, Homewood (Ill.) 1963, S. 70 ff.; William Wallace, Prescription for Partnership, London 1959, S. 168 ff.; William F. Whyte, Lohn und Leistung, Köln und Opladen 1958; Fritz Baierl, Produktivitätssteigerung durch Lohnanreizsysteme, 2. Auflage, München 1958. Vgl. ferner auch die einschlägige Literaturübersicht bei Heinz K. Grössle, Der Mensch in der industriellen Fertigung, Wiesbaden 1957, S. 132 ff.
In analoger Weise behandelt Sundhoff bei seiner Beschäftigung mit der Umsatzprovision eine Ergänzungsmöglichkeit dieser Entgeltform: „Auch die regelmäßige Bekanntgabe der erzielten Umsätze in Form einer Tabelle, auf der niemand als letzter stehen möchte, dient als Leistungsanreiz.“ Edmund Sundhoff, Absatzorganisation, Wiesbaden 1958, S. 74.
Eduard Gaugler, Das Verkaufspersonal in Industrie und Handel, Die Praxis seiner Auswahl, seiner Schulung und seiner Kontrolle, Schriftenreihe der Forschungsstelle für Betriebswirtschaft und Sozialpraxis e. V. München 1958, S. 54–104.
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Gaugler, E. (1968). Erfolgsbeteiligung im Einzelhandel. In: Kosiol, E., Sundhoff, E. (eds) Betriebswirtschaft und Marktpolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02365-4_8
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