Zusammenfassung
Das Jahrzehnt, das auf die Berggesetznovelle von 1892 folgt, ist gekennzeichnet durch zwei bedeutsame Entwicklungen: einen anhaltenden starken Aufschwung der Industrie und die Organisation der Bergleute in Gewerkschaften. Durch beide wurde die sozialpolitische Situation im Ruhrbergbau tiefgreifend umgestaltet. Kennzeichnend für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahrzehnt war die zunehmende Konzentration der Betriebe, die sich in zwei Richtungen vollzog: Die Durchschnittsgröße des einzelnen Betriebs nahm zu, indem kleinere Zechen durch Fusion zu größeren und infolgedessen leistungsfähigeren Anlagen vereinigt oder aber von großen Werken aufgekauft und dann stillgelegt wurden, damit ihre Beteiligungsziffer am Kohlensyndikat auf andere Zechen übertragen werden konnte. Ein viel wichtigerer Vorgang war jedoch die wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Konzentration, die zu einer Konzern- und Trustbildung größten Stiles führte. So konnten im Jahre 1907 vier große Aktiengesellschaften ein Drittel der gesamten Produktion des Reviers auf sich vereinigen 260. Hinzu traten die gewaltigen Familienunternehmungen (Haniel, Krupp, Stinnes, Thyssen). Die Statistik des Oberbergamtes zählte für das Jahr 1907 156 Gruben; dem Kohlensyndikat gehörten zur gleichen Zeit jedoch nur 76 Mitglieder an, wobei die Familienzechen zum Teil noch als einzelne Mitglieder gezählt waren.
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Referenzen
Gelsenkirchener Bergwerks AG, Harpener Bergwerks AG, Hibernia und Phönix (Jüngst, Festschrift S. 17f.).
Jüngst a. a. O. und „Entwicklung“ S. 44f.
Jüngst S. 106. Die absoluten Zahlen (Hauerlöhne) : 1886 = 850 M jährlich 1891 = 1.220 M „ 1900 = 1.600 M „ 1907 = 1.870 M „ Diese Löhne lagen weit über den im Saarbergbau und in Oberschlesien gezahlten.
Vgl. das Schaubild bei Osthold a. a. O. S. 98.
Die einzige Ausnahme bildete der sogenannte „Herner Polenstreik“ vom Juni 1899, dessen Anlaß die Erhöhung der Knappschaftsbeiträge war und der fast ausschließlich von der polnischen Belegschaft der Herner Zechen getragen wurde. Die örtlichen Behörden — deren Verhalten von dem Essener Polizeikommissar Nausester als nervös, unbesonnen und taktlos bezeichnet wurde — riefen sofort nach Militär, das dann auf unmittelbare kaiserliche Anordnung hin nicht nur mit dem geforderten einen, sondern mit vier Bataillonen einrückte. Für die Arbeiterorganisation kam der Streik völlig überraschend; der sozialdemokratische Alte Verband sandte sogar einen Deputierten zu Nausester, um ihn zu bitten, in Herne beruhigend auf die Streikenden einzuwirken (!) (Berichte des Bezirkspolizeikommissars Essen vom 27. 6. und 30. 6. 1899, RD 24720).
Vgl. Koch S. 68 ff.
1898 wurden Polizeikommissariate eingerichtet (für den Ruhrbezirk vier), denen die Überwachung der sozialdemokratischen und anarchistischen, aber auch der ganzen Arbeiterbewegung überhaupt oblag (OD 119.239).
Oberpräsident Münster an Verein für Innere Mission vom 21. 1. 1887 (RA 107).
RA 107.
RA 170.
OD 119.240–243.
Bericht des Polizeikommissars Essen vom 18. 12. 1896 (RD 24717).
Pieper, Die Lage der Bergarbeiter im Ruhrgebiet, S. 119 u. 131.
In den Jahren 18801889 verunglückten tödlich 3 297 Bergleute = 4,36 pro Tausend; in den Jahren 1890–1899 waren es 4 957 = 2,97 pro Tausend.
Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 24. 2. 1898.
Oberbergamt Dortmund an Regierung Düsseldorf vomn 4. 3. 1897 (RD 24717).
Dieser Weg wurde von Düsseldorf schon 1897 vorgeschlagen (an Oberbergamt Dortmund vorn 4. 3. 1897, RD 24717).
Rundverfügung des Handelsministers an die Oberbergämter vom 5. 3. 1898 (RD 10663).
Ebenda.
Berichte der Landräte und der Regierung Düsseldorf vom April 1898 (RD 10663).
Oberbergamt Dortmund an Handelsminister vom 24. 4. 1898 (OM 2825 II).
Kölnische Volkszeitung vom 27. 2. 1898 (OD 2.29).
Bericht an den Oberpräsidenten in Koblenz vom 20. 4. 1898 (RD 10663).
Bergpolizeiverordnung vom 25. 1. 1899.
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Kirchhoff, H.G. (1958). Die Reform der Staatlichen Bergaufsicht. In: Die staatliche Sozialpolitik im Ruhrbergbau 1871–1914. Wissenschaftliche Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, vol 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02235-0_7
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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