Zusammenfassung
Durch die Diskussion um die geplante Europäische Währungsunion ist einer breiteren Öffentlichkeit vor Augen geführt worden, daß die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich ihrer finanzpolitischen Stabilität und Solidität keineswegs mehr zur europäischen „Spitzenklasse“ zählt. 1996 und auch 1997 wird Deutschland das haushaltspolitische Konvergenzkriterium des EG-Vertrages wohl nicht erfüllen können. Dieses fordert von den potentiellen Teilnehmern der Wirtschafts- und Währungsunion die Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite.1 Der Begriff „übermäßiges Defizit“ wird näher konkretisiert durch das Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (5. Protokoll). Dessen Art. 1 bestimmt die Referenzwerte für das übermäßige öffentliche Defizit wie folgt: 3% für das Verhältnis zwischen dem geplanten bzw. tatsächlichen öffentlichen Defizit und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen sowie 60% für das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen. Durch Art. 2 des Protokolls ist festgelegt, daß zum öffentlichen Defizit im Sinne der Vorschrift auch die Defizite der regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften sowie der Sozialversicherungseinrichtungen gehören.
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Literatur
Siehe Art. 109 j Abs. 1 EG-Vertrag und das 6. Protokoll (Protokoll über die Konvergenzkriterien); Art. 104 c EG-Vertrag und das 5. Protokoll.
Hierzu siehe etwa Wolfram H6fling, Verfassungsrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Zentralfragen der Staatsverschuldung, Staatswissenschaften und Staatspraxis 1995, 421 (439, 441) m.w. Nachw.
Siehe BMF, Innerstaatliche Umsetzung von EG-rechtlichen Vorgaben zur Vermeidung übermäßiger Defizite, 13. Juni 1996; dazu demnächst: Wolfram Höfling, Haushaltsdisziplinierung der Länder durch Bundesrecht?, ZRP 1997.
Zum folgenden Bemerkungen 1995 des Hessischen Rechnungshofs zur Haushalts-und Wirtschaftsführung mit Bemerkungen zur Landeshaushaltsrechnung 1994, LT-Drucks. 14/1630, S. 28 ff.
Gegenüber 1993 stiegen die Zinsausgaben um 2,5%; die Zinsausgaben aller alten Länder (ohne Berlin) wuchsen dagegen um lediglich durchschnittlich 1,6%; a.a.O., Tz. 29.
Allgemein hierzu Wolfram Höfling, Staatsschuldenrecht. Rechtsgrundlagen und Rechtsmaßstäbe für die Staatsschuldenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland, 1993, S. 12 ff.
S. Carl Dietzel, Das System der Staatsanleihen im Zusammenhang der Volkswirthschaft betrachtet, 1855.
a. S. 152, 187 ff., 210 ff.; vgl. auch hierzu Heinz Haller, Carl Dietzels Staatsanleihenkonzeptaus heutiger Sicht, in: FS für W. Ehrlicher, 1985, S. 125 ff.
So Adolph Wagner, Finanzwissenschaft (Lehr-und Handbuch der politischen Oekonomie, 4. Hauptabtheilung), Erster Theil, 3. Aufl. 1883, S. 165 ff.
Siehe Adolph Wagner, Die Ordnung der Finanzwirtschaft und der öffentliche Kredit, in: Handbuch der politischen Ökonomie, 3. Bd. 1. Halbbd., 4. Aufl. 1897, S. 747 (786).
So Lorenz von Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft, 2. Aufl. 1871, S. 666.
Zum ganzen s. Höfling (oben Fußn. 11), S. 115 f.
Siehe etwa Johann Caspar Bluntschli, Lehre vom modernen Staat, 2. Theil: Allgemeines Staatsrecht (5. Aufl. des 2. Bandes des Allgemeinen Staatsrechts), 1876, S. 531 f.
Siehe auch Hartwig Donner, Verfassungsgrenzen der Staatsverschuldung, ZParl 1987, 436 (438); Karl-Heinrich Hansmeyer, Der Öffentliche Kredit I, 3. Aufl. 1984, S. 74.
Ernst Moritz Saemisch, Das Staatsschuldenwesen, in: Anschütz/Thoma (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 2. Band, 1932, S. 435 (438).
Hierzu mit Nachw. Höfling (oben Fußn. 11), S. 118 ff.
Werner Patzig, Zur Problematik der Kreditfinanzierung staatlicher Haushalte, DSV 1985, 293 (296).
Vgl. Erwin A. Pisluch, Bundeshaltshaltsrecht, 2. Aufl. 1996, Anhang § 18.
Ähnlich auch Werner Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 146.
Ausführlich hierzu Höfling (oben Fußn. 11), S. 243 ff.; in der Sache übereinstimmend etwa Mahrenholz, in: AK-GG, 2. Aufl. 1989, Art. 109 Rdnr. 30; Peter Badura, Staatsrecht, 1985, I 84.
Albert Schaffle, Zur Theorie der Deckung des Staatsbedarfes, Zeitschrift für die gesamten Staatswissenschaften 39, 1883, 273 (283).
So auch der Präsident des Hessischen Rechnungshofes Udo Müller, Investitionen und verfassungsmäßige Verschuldungsgrenze, DÖV 1992, 1005 (1006).
Siehe hierzu schon Wolfram Höfling, Verfassungsfragen einer kreditfinanzierten Konjunkturpolitik, in:Peter/Rhein (Hrsg.) Wirtschaft und Recht, 1989, S. 9 (25 f.); zustimmend etwa Karl-Heinrich Friauf Staatskredit, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, IV, 1990, § 91 Rdnr. 34 f.
Im Ergebnis übereinstimmend v. Zezschwitz (oben Fußn. 12), Erörterung VI 3 zu Art. 141.
Siehe etwa Bemerkungen 1994 des Hessischen Rechnungshofs zur Haushalts-und Wirtschaftsführung mit Bemerkungen zur Landeshaushaltsrechnung 1993, in: Hessischer Landtag, Drucks. 14/176, S. 28, Tz. 29.
So zu Art. 115 Abs. 1 S. 2 1. HS GG ausdrücklich BVerfGE 79, 311 (334); übereinstimmend etwa Paul Henseler, Verfassungsrechtliche Aspekte zukunftsbelastender Parlamentsentscheidungen, AöR 109 (1983), 489 (511); Hans Herbert v. Arnim/Dagmar Weinberg, Staatsverschuldung in der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 108; Friauf (oben Fußn. 43), § 91 Rdnr. 45.
Siehe auch Thies Thormählen, Ist die Staatsverschuldung eine „Zeitmaschine“?, Konjunkturpolitik 26 (1980), 77 ff.
Siehe etwa die Darstellung bei Otto Gandenberger, Theorie der öffentlichen Verschuldung, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. III, 3. Aufl. 1981, S. 3 (31 f.);
Arnim Bohnet, Finanzwissenschaft: Staatliche Verteilungspolitik, 1989, S. 132 f.;
Rudi Kurz/Lothar Ralf InterpersonelIe und intertemporale Verteilungswirkung und öffentliche Verschuldung, 1983, S. 137 ff.
Hierzu ausführlich Höfling (oben Fußn. 11), S. 188 ff.; im wesentlichen zustimmend (der Leiter der Präsidialabteilung und Prüfungsgebietsleiter im Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen) Hans-Hermann Bäcker/Uwe Michalke, Von der Investitionssume zur Kredithöchstgrenze. Zur Korrektur einer fragwürdigen Berechnungspraxis im Anwendungsbereich von Art. 115 GG, Verwaltung und Management 1996, 156 (158).
In diesem Sinne schon Wissenschaftlicher Beirat beim BMF, Gutachten zum Begriff der öffentlichen Investitionen, 1980, S. 44 f., 48; ferner etwa Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1990/91, in: BT-Drucks. 11/8472, Tz. 351; Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen, Jahresbericht mit Ergebnissen der Prüfung im Geschäftsjahr 1990/91, S. 35 ff.
Zu diesem Affront Höfling (oben Fußn. 11), S. 207 ff.; von minimalistischer Umsetzung des Auftrags des Bundesverfassungsgerichts spricht Müller, DÖV 1992, 1005 (1009).
Hierzu auch Rudolf Kriszeleit/Jörg Molthen, Kredithöchstgrenze und Haushaltsvollzug, DOV 1995, 461 ff.; Susanne Tiemann, Die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze im Haushaltsvollzug, DÖV 1995, 632 ff.; Udo Müller, Die Geltung der verfassungsrechtlichen Kredithöchstgrenze des Art. 115 Abs. 1 S. 2 GG im Haushaltsvollzug, DÖV 1996, 490 ff.; Josef Isensee, Staatsverschuldung im Haushaltsvollzug, DVBI. 1996, 174 ff.; zum Problem auch schon Häfling (oben Fußn. 11), S. 340 ff. m. w. Nachw.
Die Argumentation nochmals zusammenfassend Josef Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Festschrift für Karl-Heinrich Friauf, 1996, S. 705 (719 ff.).
Hierzu bereits Wolfram Höfling, Verfassungsrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Zentralfragen der Staatsverschuldung, Staatswissenschaften und Staatspraxis 1995, 421 (437 ff.); demgegenüber geht ein im Juni 1996 vorgelegtes Diskussionspapier des BMF davon aus, eine Verfassungsänderung sei entbehrlich (s.o. Fußn. 3).
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Höfling, W. (1997). Die Verschuldungsgrenze nach der Hessischen Verfassung — Zum Geltungsanspruch des Art. 141 HV. In: Eichel, H., Möller, K.P. (eds) 50 Jahre Verfassung des Landes Hessen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01677-9_15
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-01677-9_15
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