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Peter Weiss’ Die Ästhetik des Widerstands: Schreiben als Selbstvergewisserung

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Widerstand und Konformismus

Part of the book series: Literaturwissenschaft ((Liwi))

  • 74 Accesses

Zusammenfassung

Trotz der stetig wachsenden und langsam unübersichtlich werdenden Menge an Literatur zu Weiss’ Roman lassen sich eine Reihe von immer wieder auftauchenden methodologischen Besonderheiten feststellen, die die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Roman wie Leitmotive durchziehen. Leider birgt sich hinter diesem Sachverhalt nicht ausnahmsweise ein gewisser Konsens unter den Literaturwissenschaftlern, er verrät vielmehr eine gewisse Ratlosigkeit im Umgang mit diesem Roman, der seinen Kommentar immer schon mitliefert, sich selbst ständig reflektiert3 und schon selbst so viele ihn selbst bestätigende oder divergierende Stimmen in sich aufgenommen hat (nicht unbedingt aber mit dem Resultat einer diskursiven Offenheit, wie zu zeigen sein wird), daß dem Kritiker oft nicht viel anderes übrigbleibt, als diese wieder aufzuspüren und explizit zu machen.4 Dies ist die erste Konstante in dem den Roman überlagernden kritischen Diskurs: Er wird als Praxis verschiedener ästhetischer und politischer Theorien gelesen, seien es die Benjamins, Gramscis oder Adornos,5 der Roman wird zum “Erfüllungsgehilfen”, der Kommentar ist lediglich eine “Resemantisierung” des Textes, das heißt eine Umdeutung der Aussagen des Romans in den Worten dieser oder jener von außen herangetragenen Theorie.6

Erst wenn es langweilig wird, wird es interessant.

Nichts betrüblicher als ‚Spannung’.2

Wie sein Buch ohne Ende war, so war auch sein ganzes Vorhaben endlos, nicht mit einem Einzelfall befaßte er sich, sondern mit dem gesamten Dasein, das zwar keine Hoffnung, doch Handeln enthielt.1

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Literatur

  1. Peter Weiss, Die Ästhetik des Widerstands (Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag, 1983; dreibändige Ausgabe in einem Band) I 182; nachfolgend sind Verweise auf dieses Buch im Text nachgewiesen als (A Band (römische Zahl), Seite (arabische Zahl)).

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  2. Peter Weiss, Notizbücher 1971–1980 (Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1981) II: 499.

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  3. Eine ganze Monographie beschäftigt sich mit dem Phänomen der Selbstreflexivität: Stephan Meyer, Kunst als Widerstand - Zum Verhältnis von Erzählen und ästhetischer Reflexion in Peter Weiss’ “Die Ästhetik des Widerstands” ( Tübingen: Niemeyer, 1989 ).

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  4. Ein Symptom dafür ist die Tendenz zu langen Zitaten, da man an vielen Stellen den Text am besten für sich selbst sprechen läßt. Diese Art des nacherzählenden Kommentars findet sich beispielsweise in den meisten Aufsätzen in Hinter jedem Wort die Gefahr des Verstummens. Sprachproblematik und literarische Tradition in der ’Ästhetik des Widerstands“ von Peter Weisshg. Hans Höller (Stuttgart: Hans-Dieter Heinz, Akademischer Verlag, 1988) (diese Sammlung hat das Zitat bereits im Titel) und bei Christian Bommert Peter Weiss und der Surrealismus - Poetische Verfahrensweisen in der Ästhetik des Widerstands (Opladen: Westdeutscher Verlag, 1991).

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  5. Hans-Peter Burmeister, Kunst als Protest und Widerstand - Untersuchungen zum Kunstbegriff’ bei Peter Weiss und Alexander Kluge (Frankfurt a.M.: Peter Lang, 1985) liest Weiss beispielsweise mit und durch die Ästhetik Adornos.

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  6. Vgl. Genia Schulz, Die Ästhetik des Widerstands - Versionen des Indirekten in Peter Weiss’ Roman (Stuttgart: Metzler, 1986) 256 und 257. Sie verweist hier darauf, daß den meisten der bisher erschienenen Sammelbänden zu der Ästhetik des Widerstands dieses Nacherzählen eigen ist.

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  7. Hervorragend und gründlich hat Volker Lilienthal Literaturkritik als politische Lektüre - Am Beispiel der Rezeption der “Ästhetik des Widerstands” von Peter Weiss (Berlin: Wissenschaftsverlag Volker Spiess, 1988) nachgewiesen, wie in der Kritik Übereinstimmung mit den politischen Aussagen des Romans einhergeht mit ästhetischer Hochschätzung, während sich in den Verrissen politische Gegnerschaft hinter der Herabminderung der künstlerischen Leistung versteckt.

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  8. Die hier berührten Ansätze werden bei deren näheren Analyse mit Belegen aus der Sekundärliteratur ausgewiesen werden.

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  9. Jost Hermand, “Obwohl. Dennoch. Trotzalledem. Die im Konzept der freien Assoziation der Gleichgesinnten aufgehobene Antinomie von ästhetischem Modernismus und sozialistischer Parteilichkeit in der Ästhetik des Widerstands und den sie begleitenden Notizbüchern, Peter Weiss - Die Ästhetik des Widerstands,hg. Alexander Stephan (Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1983) 79103; hier 79.

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  10. Burkhardt Lindner, “Halluzinatorischer Realismus - Die Ästhetik des Widerstands, die Notizbücher und die Todeszonen der Kunst”, Stephan 164–204; hier 165.

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  11. Peter Weiss, Fluchtpunkt (Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1962) 216ff.

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  12. Genia Schulz 17; die Passage, auf die ich mich hier beziehe, beginnt so: “Seine Kartothek enthielt Fragmente aus allen Gebieten des täglichen Lebens, die in seinem Universalbuch behandelt werden sollten. ”(Fluchtpunkt,216)

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  13. Z.B. Meyer 13 und Robert Cohen, Versuche über Weiss’ Die Ästhetik des Widerstands

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  14. Cohen ist ein besonders ausgeprägtes Beispiel dafür, wie ein Marxist aus Begeisterung über den Roman die etwas fragwürdige Methode anwendet, ihn vermittels Einfihlung in das Leben des Autors und seiner Äußerungen nachzuerzählen.

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  15. Genia Schulz, “Der Tod in den Texten von Peter Weiss”, Ästhetik, Revolte, Widerstand: Zum literarischen Werk von Peter Weiss,hg. Jürgen Garbers, Jens-Christian Hagsphil, Sven Kramer und Ulrich Schreiber (Jena: Universitätsverlag und Luneburg: Dietrich zu Klampen) 162–172; hier 169.

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  16. Karl-Heinz Götze, “Abseits als Zentrum. Die ”Ästhetik des Widerstands“ in der deutschen Gegenwartsliteratur”,,Ästhetik des Widerstands’ lesen. Über Peter Weiss,hg. Karl-Heinz Götze und Klaus R. Scherpe (Argument-Verlag: Berlin, 1981) 95–111; hier 99.

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  17. William H. Rey, “Kein Ort. Nirgends - Der heimatlose Sozialismus des Peter Weiss”, Orbis Litterarum 41 (1986): 66–90; hier 66.

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  18. Vgl. Gerhard Friedrich, “Auf der Suche nach Herakles: Zu Peter Weiss’ Romantrilogie Die Ästhetik des Widerstands”, Monatshefte 77.2 (1985): 171–180; hier 172f.

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  19. Harry Timmermann, “Vom Helden zum Heiligen. Überlegungen zu einigen Funktionen des Herakles-Mythos in der Ästhetik des Widerstands”,Garbers et al. 258–271; hier 261 und 271.

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  20. Ferenc Feher, “The Swan Song of German Khrushchevism - With a Historic Lag: Peter Weiss’ Die Ästhetik des Widerstands”, New German Critique 30 (1983): 157–169; hier 162f. Feher stimmt nicht mit der politischen Aussage des Romans überein, erklärt aber mit diesem Terminus, wie die Anlage des Romans eine solche Rezeption bei anderen nahelegen kann.

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  21. Peter Horn, “Die Synthese von,Kultur’ und,Politik’ im,organischen Intellektuellen’ der Arbeiterklasse. Zu Peter Weiss’ Die Ästhetik des Widerstands”, Akten des VII. Internationalen Germanisten-Kongresses - Göttingen 1985: Kontroversen, alte und neue Band IX: Deutsche Literatur in der Weltliteratur - Kulturnation statt politischer Nation?hg. Franz Norbert Mennemeier und Conrad Wiedemann (Tübingen: Niemeyer, 1986; hg. der gesamten Akten Albrecht Schöne): 251–262; hier 262.

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  22. Rober Cohen, Bio-Bibliographisches Handbuch zu Peter Weiss’ “Ästhetik des Widerstands ( Hamburg: Argument-Verlag, 1989 ) 165.

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  23. Lisa Abendroth und Wolfgang Abendroth, “Die Ästhetik des Widerstands als Beitrag zur Geschichte der Arbeiterbewegung”, Götze/Scherpe 18–28; hier 28.

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  24. Vgl. Christian Geissler, “Von der Zärtlichkeit menschlichen Lernens. Von der Härte menschlichen Hoffens”, Götze/Scherpe 12–17; hier 16.

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  25. Gemeint ist zum Beispiel die ADS (Aktion Demokraten und Sozialisten) an der FU Berlin; meine bis jetzt anhaltenden Vorbehalte gegen Die Ästhetik des Widerstands haben sicher auch mit dieser Erstbegegnung mit Weiss’ Roman zu tun. Ob die damalige Vereinahmung von realsozialistischer Seite im Roman vorgegeben ist oder gegen ihn vorgenommen wurde, soll im nachfolgenden erhellt werden.

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  26. Es sei denn, man interpretiere es als Signal für Bischoffs Fähigkeit, sich anzupassen; darauf wird im Abschnitt über Weiss’ Darstellung von Frauen zurückzukommen sein.

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  27. Silvia Schlenstedt und Dieter Schlenstedt, “Geschichte und Utopie. Die Ästhetik des Widerstands als Roman einer Epoche lesen”, Götze/Scherpe 74–84; hier 75.

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  28. Ludger ClaBen und Jochen Vogt, “,Kein Roman überhaupt’?? Beobachtungen zur Prosaform der Ästhetik des Widerstands”,Stephan 134–163, sehen durch das filmische Element die Beschreibung in den Roman eingearbeitet und darin eine Widerlegung des Lukâcs-Verdikt gegen das Beschreiben.

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  29. Im folgenden beziehe ich mich auf die Definition der Termini bei David Bordwell und Kristin Thompson, Film Art - An Introduction (New York: Knopf, 19862).

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  30. Burkhardt Lindner, “Ich Konjunktiv Futur I oder die Wiederkehr des Exils”, Götze/Scherpe 85–94. Die Formgl wird u.a. übernommen von Günter Samuel, “Kafka hinter Dantes Schultern. Textfiguren und Schattenkörper in der Ästhetik des Widerstands”,Grabers et al. 272–293; hier 284.

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  31. Zur Distanz erzähltes Ich - erzählendes Ich vgl. Martin Rector, “Örtlichkeit und Phantasie - Zur inneren Konstruktion der Ästhetik des Widerstands”,Stephan 104–133; hier 104.

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  32. Peter Weiss, Fluchtpunkt ( Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1965 ) 13.

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  33. Zitiert nach Alfons Söllner, “,Verstehst du, was geschehen ist?’ -,Die Besiegten’ als Modell deutscher Sebstreflexion”, Garbers et al. 9–33; hier 22. Peter Weiss, Die Besiegten - Mit einem Anhang (Sechs Reportagen aus Deutschland) und einem Nachwort von Gunilla PalmstiernaWeiss, ö. Beat Mazenauer ( Frankfurt a.M.: Suhrkamp: 1985 ).

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  34. Peter Weiss, “Meine Ortschaft”, Rapporte ( Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1968 ).

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  35. Arnold im Gespräch mit Peter Weiss 15.

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  36. Peter Weiss zitiert nach einem Brief an Klaus R. Scherpe, “Reading the Aesthetic of Resistance: Ten Working Theses”, New German Critique 30 (1983): 97–105; hier 100.

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  37. Ursula Heukenkamp, “Angelus Novus oder der Erzähler in der Ästhetik des Widerstands”,Kremlin 100–121; hier 111. Die Verfasserin vergleicht den Erzähler mit dem Engel der Geschichte bei Benjamin.

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Weidauer, F.J. (1995). Peter Weiss’ Die Ästhetik des Widerstands: Schreiben als Selbstvergewisserung. In: Widerstand und Konformismus. Literaturwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01633-5_5

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