Zur Steuerbarkeit funktionaler Teilsysteme: Akteurtheoretische Sichtweisen funktionaler Differenzierung moderner Gesellschaften

Zusammenfassung

Trotz aller theoretischen Differenzen beginnt sich in der deutschen, durch die Systemtheorie wiederbelebten Staatsdiskussion (Ellwein u.a. 1987) ein Konsens über die abnehmende Bedeutung einseitig-hoheitlicher Entscheidungen des Staates in modernen, funktional differenzierten Industriegesellschaften und die zunehmende Bedeutung von mit der Gesellschaft vernetzten Handlungssystemen für die staatliche Entscheidungsproduktion abzuzeichnen (s. beispielhaft Hesse 1987; Fürst 1987; Hartwich 1988; Willke 1983; Scharpf 1991). Die Meinungen gehen allerdings bezüglich der hieraus folgenden Konsequenzen für die Steuerungsfähigkeit der politisch Handelnden und die Steuerbarkeit gesellschaftlicher Bereiche auseinander. Während mehr empirisch orientierte und in der Theoriebildung eher auf eine mittlere Reichweite von Aussagen abstellende Policy-Analysen die Beantwortung dieser Frage offenhalten und nach den historischen und nationalen Bedingungen fahnden, die den Policy-Output des „kooperativen Staates“ (Ritter 1979) bestimmen (siehe als Überblick Schmidt 1988), erklären systemtheoretisch geprägte Differenzierungstheorien von vornherein, daß ein Steuerungsverlust des politischen Systems in funktional differenzierten Gesellschaften unausweichlich sei (so z.B. Luhmann 1981). Die Gesellschaft würde sich insgesamt besser stellen, so diese Autoren, wenn sich der Staat dieser Einsicht beugen würde, seinen umfassenden Steuerungsanspruch aufgäbe und als „Supervisor“ (so Willke 1992) den Teilsystemen zur Verbesserung der eigenen Steuerungsleistungen verhelfen würde. Zur Herleitung dieser Thesen werden zwei „Master Variables“ verwendet: die funktionale Differenzierung der Gesellschaft in Teilsysteme und die autopoietische Operationsweise dieser Teilsysteme.