Zusammenfassung
Um die sozialkulturellen Orientierungen der PriWaKi-Familien noch differenzierter erfassen zu können, haben wir verschiedene identitätsprägende Faktoren näher zu bestimmen versucht und entsprechende Fragen sowohl in den Fragebögen als auch in den vertiefenden Interviews formuliert. Diese Fragen bezogen sich auf die Religion, die Zugehörigkeit zum „Centralverein“, die Einstellung zum Zionismus, den jeweiligen Grad der Akkulturation deutscher Kultur, den der Assimilation (als Abbau des jüdischen Bewußtseins) und den der sozialen Integration, womit die sozialen Beziehungen zur nichtjüdischen Umgebung gemeint sind. Darüber hinaus ist auch nach der politischen Orientierung gefragt worden.
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Literatur
Ein besonders prägnantes Beispiel für eine solche Überidentifikation mit dem Deutschtum lieferte eine Gruppe um den Rechtsanwalt Dr. Naumann, die sich 1921 vom C.V. wegen dessen politisch liberaler Grundeinstellung abspaltete und den Verband nationaldeutscher Juden gründete, der die Duldung von Ostjuden in Deutschland ablehnte und sogar zur Wahl der antisemitischen DNVP aufrief. (Vgl. Richarz 1982, S. 38; Rheins 1980)
Vgl. dazu auch Gershom Scholem 1987, S. 37 und ausführlich Kap. 8 dieser Arbeit.
Monika Richarz meint: „ Über die Struktur solcher Sozialbeziehungen des Alltags ist bisher nicht geforscht worden, und Memoiren allein reichen dafür als Quellen nicht aus. Es ist in den hier vorliegenden Erinnerungen unbekannter Juden oft nur schwer festzustellen, wieweit die Verfasser Sozialkontakte zu Juden und zu Nichtjuden unterhielten und welche überwogen.“ (Richarz 1982)
Th. Veblen, zit. in Scholem 1987, S. 38.
Vgl. z.B. die Erfahrungen von Akiba Avni (Hans Stein) in Emden in den 20er Jahren. In: Melzer, Fölling 1989, S. 31f. u. 40.
Vgl. z.B. Bendix 1985, S. 219f., Ruppin 1985, S. 64f., Blumenfeld 1962, S. 27 und 33, Scholem 1978, S. 83.
Möglicherweise sind solche und andere positiven Erfahrungen mit Kontakten zu Nichtjuden in Deutschland auch mit ein Grund dafür, daß die Söhne und Töchter aus diesen Familien unsere Fragebögen ausgefüllt haben. Dann wäre allerdings die Fragebogengruppe in diesem Punkt nicht unbedingt repräsentativ für die PriWaKi-Familien.
So etwa bei Peter Gay, der die Weimarer Republik einmal als „Republik der Außenseiter“ (1989) bezeichnet und dazu auch die hinter dieser Demokratie stehenden jüdischen Deutschen zählt, und an anderer Stelle feststellt, daß die Juden der Weimarer Zeit „in Deutschland zu Hause” (1986, S. 31) gewesen seien. Beide Feststellungen lassen sich vielfach belegen.
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Fölling, W. (1995). Spezifische Einstellungen und Identitätsmerkmale. In: Zwischen deutscher und jüdischer Identität. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01395-2_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-01395-2_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-1269-2
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