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Demokratische Parteien und die Parteiendemokratie

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Book cover Parteien und Demokratie

Part of the book series: Sozialwissenschaftliche Studien ((SWS,volume 18))

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Zusammenfassung

Zwei Fragen sind es, mit deren Beantwortung in einem letzten größeren Teil diese Studie abgeschlossen werden soll.

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Anmerkungen

  1. Wesentlicher Befund der internen Erforschung von Elitenausleseprozessen ist der für die gleichgewichtige Repräsentation von Interessen folgenreiche Faktor einseitiger Aufstiegsbegünstigung von Mittelschichtenangehörigen. Die Elitenbildung in Parteien kann deshalb auch kaum als offen und für alle Parteimitglieder mit gleicher Chance zugänglich betrachtet werden, sondern es bestehen eindeutige schichtenspezifische Auslesefilter, die sich in der exorbitanten Überreprä-sentation der Mittelschichten in den Führungspositionen aller Parteien dokumentieren, wobei sie mit der Höhe der innerparteilichen Führungsposition im Verzerrungsgrad extrem zunimmt und auf der parlamentarischen Repräsentationsebene ihren Gipfel erreicht. Für diese Aussage sprechen die diversen Befunde von Maurice Duverger 1969: 420 f.; Dietrich Herzog 1973: 126 f.; Jürgen Dittberner 1973b: 479; Karl-Heinz Na)3macher 1973: 553; Joachim Raschke 1974: 25 ff.; Armbruster und Leisner 1975: 125 ff.; Horst WE Schmollinger 1974: 79 - ff.; Wolfgang Clement 1976: 25 f.; Hans See 1976: 440 ff.; Güliner und Marvick 1976: 127; des weiteren Samuel J. Eldersveld 1964: 53; Richard Rose 1974a: 158 ff., 1974b: 50 ff.; T. Forester 1976: 68 f. und Hirschfeld Swanson und Blank 1971: 252. Zu den jüngsten Befunden der bundesdeutschen Abgeordnetensoziologie siehe die Angaben bei Heino Kaack 1971b: 646 ff.; Kaack und Kaack (Hrsg.) 1977: 322 ff.; Uwe Thaysen 1975: 16 ff., 1977: 183; Adalbert Hess 1976: 34 ff. und Emil-Peter Müller 1977a: 18 ff., 1977b: 423 ff. Bei den Praktiken der Führungsauslese selbst gelangen verschiedenste Autoren zu dem Ergebnis, daß in der Tendenz Elitenauswahlprozesse oligarchisch von oben unter Berücksichtigung von Gruppenproporzerwägungen geplant und gesteuert werden, wobei die jeweils angewandten statuarischen Prozeduren dieser Tendenz entgegenkommen. Siehe schon Robert Michels 1970: 153 ff.; Maurice Duverger 1959: 151 ff.; Renate Mayntz 1959: 142 ff.; Jean Blondel 1972: 114 ff.; Thomas M. Watts 1968: 318 f. und Alf Mintzel 1975: 499 ff. Für den bereits gescheiterten Demokratisierungsversuch der Parteitagsdelegiertenauswahl der demokratischen Partei in den USA siehe Saloma und Sontag 1972: 11 ff. und Judith A. Center 1974: 333 ff. Hinsichtlich der spezifischen Karrierebedingungen und -muster von Parteieliten vgl. auch Kornberg et. al. 1970: 443 ff.; Richard Rose 1974a: 186 f.; Samuel J. Elders-veld 1964: 153; Dietrich Herzog 1973: 115 ff., 1975: 43 ff.; Rolf-Peter Lange 1973: 167 f. und Heino Kaack 1971b: 526. Speziellen horizontalen oligarchischen Bedingungen unterliegen in diesem Zusammenhang die parteiinternen Auswahlprozesse von Wahlkreisbewerbern. Siehe hierzu Heino Kaack 1969: 82 ff., 1971b: 596 ff.; Klaus von Beyme 1971: 76 ff.; Bodo Zeuner 1971: 174 ff. und Peter Staisch 1973: 35 ff., 1974: 250 ff. Davon abweichend belgische Befunde bei Jeffrey Obler 1974: 172, 184 f. und das Ausleseverfahren bei den britischen Konservativen (Robert T. McKenzie 1961: 171 f.).

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  2. 2 An der Sollnorm demokratischer Willensbildung von unten nach oben gemessen, gelangen vorliegende Parteitagsstudien zu recht ernüchternden Aussagen. Siehe von der Heydte/Sacherl 1955: 214 ff.; Jürgen Dittberner 1968: 117, 128; Wolfgang Steiner 1970: 20, 63 ff., 90; Friedrich Schäfer 1971: 291 und Grube/Richter/Thaysen 1976: 152 ff.

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  3. Schon Fred C. Engelmann (1957: 436) verweist auf die Defiaite, die die Parteienforschung auf dem Gebiet der Erforschung parteiinterner Willensbildungsprozesse aufweist, und mehr als ein Jahrzehnt später kann William J. Crotty (1970b: 279) hinwiederum nur feststellen, daß die Parteienforschung nur allzuwenig darüber weiß, wie über parteiinterne Konversionsmechanismen Inputs in Outputs umgewandelt werden.

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  4. Der Untersuchungsbereich, auf den sich in einem engeren Sinne parteiinterne Demokratieforschung richtet, kann als ein funktional spezifisches und durch besondere Rollen und Handlungsmuster ausdifferenziertes politisches Subsystem der Gesamtpartei begriffen werden, das horizontal und vertikal gegliedert ist. Es setzt sich aus Wählern, Interessengruppen, Eliten, Exekutiven und Bürokratien zusammen, die über spezifische Kommunikations-und Interaktionsstrukturen miteinander kooperieren. Die Entscheidungsbildung und Machtausübung werden über besondere ausdifferenzierte• Leitungs-, Legitimations-, Kontroll-und Schieds-und Schlichtungsorrgane geregelt. Sein besonderes Charakteristikum ist die Fähigkeit zur Machtausübung und Kontrolle über die Gesamtpartei. Es ist das Subsystem, welches über die Steuerungs-und Zielverwirklichungskapazitäten der Partei verfügt.

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  5. Herbert Kühr (1976: 41) unterscheidet zumindestens zwei Untersuchungsansätze — einen radikal-demokratisch-normativen und einen realistischen Ansatz —, wobei wir später feststellen werden, daß diese häufiger konstruierte Dichotomie weder in sich ganz stimmig ist noch einen hinreichenden Anhaltspunkt liefert, um die parteiinternen Demokratievorstellungen der uns interessierenden drei paradigmatischen Denkansätze in der Parteienforschung in ihrer Gänze erfassen zu können. Wie Frieder Naschold (1969: 17 f.) zudem aufzeigt, können parteiinterne Demokratievorstellungen sich auch an weit mehr als zwei demokratietheoretischen Leitwerten orientieren, wenngleich die Auflistung dieser Ansätze bei Naschold völlig zusammenhanglos in Hinblick auf Querbezüge zu bestimmten Parteienmodellen geschieht.

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  6. Unseren Überlegungen nahe — allerdings in einseitiger integrationsparadigmatischer Hinsicht — kommt Peter Haungs (1965: 58), der fordert, daß „zunächst einmal die Rolle der politischen Partei im modernen demokratischen Prozeß und insbesondere im Rahmen des repräsentativparlamentarischen Regierungssystems zu bestimmen“ sei. „Daraus ergibt sich dann erst der Maßstab, mit dem sich die innerparteiliche Meinungs-und Willensbildung beurteilen läßt”.

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  7. Wenn es unsinnig ist, innerparteiliche Demokratieforschung ohne Einbezug von vorauszusetzenden Funktions-und Strukturcharakteristika spezifischer Parteiformen zu betreiben, dann zieht diese Aussage natürlich enge Grenzen nicht nur hinsichtlich der Möglichkeit, Demokratiecharakteristika eines Parteityps wahllos auf andere Parteitypen zu übertragen. Sondern vollends problematisch wird der undifferenzierte Transfer von funktions-und strukturgebundenen Demokratiekonzepten dann, wenn ihm ein gänzlich inhaltsleerer Organisationsbegriff zugrunde-gelegt wird. Denn nur wenn man von Funktions-und Struktureigentümlichkeiten unterschiedlicher Partei-und Organisationsformen gänzlich abstrahiert, kann man wie Frieder Naschold (1969: 62 ff.) Demokratisierungsprobleme und -strategien von Parteien, Verbänden und Unternehmen und Verwaltungen als austauschbar und identisch behandeln, so daß Leistungssteigerungsprobleme von Betrieben auch jene sind, mit denen sich dann auch Freiwilligenorganisationen wie Verbände und Parteien herumschlagen, während parteispezifische Organisationsprobleme durch die Brille des unternehmerischen Organisationsmodells gar nicht erst erkannt, geschweige denn thematisiert werden. Insofern stiftet die pauschale Vermengung unternehmensbezogener Partizipationsforschung mit innerparteilicher Demokratieforschung eher theoretische Verwirrung und Falschaussagen, als daß sie zur Klärung partei-und verbandsinterner Entscheidungsprozesse und -prozeduren etwas Gehaltvolles beitrügen. 8 Das empirisch immer wieder bestätigte Oligarchiephänomen weist zwei wohl interdependente Erscheinungsseiten auf: Einerseits den Sachverhalt, daß die Partei von einer Oligarchie beherrscht wird, die im Sinne eines „top down“-Modells die internen Entscheidungsprozesse weitgehend monopolistisch und zentralistisch steuert. Hierfür sprechen Belege bei von der Heydte und Sacherl 1955: 213; Seymour M. Lipset 1962a: 20 ff.; Klaus Schütz 1455: 244; Valen und Katz 1964: 91 f.; Ute Müller 1967: 65 ff.; Bodo Zeuner 1970: 97; Karl-Heinz Seifert 1975: 29; Alf Mintzel 1975: 492 ff. und Thomas Ellwein 1977: 168. Andererseits korrespondiert parteiinterne Oligarchie mit dem Phänomen der Apathie weitester Mitgliederkreise, die die Oligarchisierung der Partei wenn nicht gerade ermöglichen, so doch immerhin widerspruchslos hinnnehmen. Zu Apathiebefunden siehe Renate Mayntz 1955: 64, 1959: 36 ff., 153; T. E. M. McKitterick 1960: 312; Hartmut Schellhoss 1967: 143; Arthur B. Gunlicks 1967: 388 ff.; Niels Diederich 1968: 108; David R. Berry 1970: 111 f.; Alf Mintzel 1975: 418 f. und T. Forester 1976: 82 f. Im Gegensatz zu faktisch hohen Apathieraten scheint zumindestens die erklärte Teilnahmebereitschaft von Parteimitgliedern in eine andere Richtung zu weisen. Siehe Günter D. Radtke 1976: 59. Ferner bieten diverse Erklärungshypothesen für das Phänomen der Mitgliederapathie an: Marinus van de Vall 1965: 206 f.; Samuel H. Barnes 1967: 220, 1968: 119 f. und 1971: 476; Hartmut Schellhoss 1967: 28 ff.; Renate Mayntz 1959: 148 f.; Bodo Zeuner 1970: 37 ff.;Helmuth Fritz 1974: 197 und Joachim Raschke 1975: 29.

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  8. Michael Th. Greven (1977: 204) zieht aus der Tatsache, daß die parteiinterne Demokratieforschung trotz des fortwährenden gegenteiligen Beweises immer noch an der empirischen Geltung der Demokratienorm festhält, den gar nicht so fern liegenden Schluß, daß sie damit gegenüber einer undemokratischen Wirklichkeit einen Beitrag zu deren systemnotwendigen ideologischen Verschleierung leiste.

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  9. So wichtig parteienrechtliche und statuarische Regelungen auch für die Macht-und Entscheidungsstruktur von Parteien sind, so ist aus ihnen über die Realität innerparteilicher Demokratie recht wenig herauszulesen. Deshalb geben auch entgegen der Ansicht von Ulrich von Alemann (1972: 185 ff.) formale Parteisatzungen — ob vor oder nach Verabschiedung des Parteiengesetzes — denkbar wenig Aufschluß über die faktische Bedürfnisoffenheit und -berücksichtigungskapazität von Parteien, woran aber von Alemann parteiinterne Demokratie messen will.

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  10. Peter Y. Medding (1970: 16) kleidet all das, was u. E. eine parteiinterne Machtverteilungsanalyse umfassen müßte, in eine erkenntnisleitende Frage: „How much power is exercised by whom, and in what ways; how much reciprocal influence and mutual deference are there? Who initiates, who vetoes, who compromises, who backs down; how and why do they do so?

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  11. Niklas Luhmann (1975: 25) definiert Macht als einen „Mechanismus der Übertragung vonSelektionsleistungen, und zwar von Selektionsleistungen, die durch Entscheidung erbracht worden sind. Wer Macht besitzt, kann andere motivieren, seine Entscheidungen als Verhaltensprämissen zu übernehmen, also eine Selektion aus einem Bereich möglicher Verhaltensalternativen als bindend zu akzeptieren.“ Zu den hier nachfolgend ausdifferenzierten Dimensionen parteiiinterner Machtanalyse siehe auch in allgemeiner Hinsicht die Ausführungen von Robert A. Dahl 1973a: 36 ff.

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  12. Eine vielfach genannte Machtbasis von Parteiführungen stellt deren exklusive Verfügung und Kontrolle über wichtige Informationen dar. Siehe Grube/Richter/Thaysen 1976: 162. In allgemeiner Hinsicht siehe hierzu auch Andrew M. Pettigrew 1972: 189 ff. Zu den Elementen eines Kontrollsystems insgesamt vgl. auch Ernst-Bernd Blümle 1976: 59 f.

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  13. So kann mit dem Einsatz von Macht schlicht gedroht werden; sie kann präventiv oder ex post eingesetzt werden; die eingesetzten Machtmittel können dosiert, gestaffelt, konzentriert und eskaliert werden. Die Machtanwendung kann nach Amitai Etzioni (1964: 4 f.) aber auch danach unterschieden werden, ob durch Zwang, Entschädigung oder Manipulation symbolischer Belohnungen die Fügsamkeit der Machtunterworfenen herbeigeführt wird.

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  14. Wie David Mechanic (1964: 142) betont, darf nicht vergessen werden, daß auch einfache Mitglieder von Organisationen faktische Macht über die Zugangskontrolle zu Personen, Informationen und Arbeitsmitteln besitzen.

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  15. Wie Heino Kaack (1971b: 498 ff.) z. B. bemerkt, können auch zwischen Parteieinheiten ungleiche Machtbeziehungen bestehen, die für die Machtverteilung von Parteien von erheblicher Aussagekraft und Bedeutung sind. Für ein empirisch angelegtes Beispiel der Einflußdominanz von Experten-Oligarchien siehe die Untersuchung des bildungspolitischen Willensbildungsprozesses der CDU von Helmuth Fitz (1974).

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  16. Die detaillierte Analyse von gegenstandsbezogenen Entscheidungsbildungsprozessen mit genauer Aufschlüsselung der Prozeßphasen, der Entscheidungsakteure, der eingesetzten Machttechniken und des Entscheidungsergebnisses sind ausgesprochen selten nur in der Parteienliteratur vorzufinden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die exemplarische Willensbildungsanalyse von Helmut Köser 1975: 31 ff., der den Godesberger Programm-und Strategiewandel der SPD als einen elitär gesteuerten und nach Machtkategorien beleuchteten Innovationsprozeß beschreibt. Siehe auch die rein deskriptive phasenspezifische Verlaufsbeschreibung der parteiinternen Ablösung eines Landtagsabgeordneten durch die alternierende Oppósitionsstrategie einer sich etablierenden Gegenoligarchie bei Schneider und Lindner 1974: 1097 ff. Für eine erste und exemplarisch auf Entscheidungsbildungskriterien der Dissensmeidung und Konsensfindung abgestellte parteiinterne Willensbildungsanalyse siehe auch Heinz Fischer 1974: 60 ff.

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  17. Arnim Meyer (1968: 197) benennt die Gründe, warum allgemeine entscheidungstheoretische Kategorien bislang kaum auf die Analyse von Entscheidungsprozessen in Parteiorganisationen Anwendung fanden.

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  18. Fundstellen, wo dieses Modell den analytischen Rahmen für die Untersuchung von parteiinternen Interessenartikulations-und -entscheidungsprozessen liefert, lassen sich bei Renate Mayntz 1959: 91; Manfred Hättich 1969b: 387 f. und Helmut Fitz 1974: 13 f. finden. Für den Einbezug dieses Modells in den parteienübergreifenden politischen Prozeß siehe auch Karl-Heinz Seifert 1975: 71 ff. und Fehlau und Neddens 1975: 24 ff. In der Sache ist es vor allem Manfred Hättich,der den Begriff der politischen Willensbildung strikt von dem der Entscheidung getrennt wissen will, weil die „eigentliche verbindliche politische Entscheidung in einer Sache ein Herrschaftsakt (ist)“, während der „Begriff der Willensbildung sich auf die der eigentlichen Entscheidung vorangehenden Phasen (bezieht)” (1970a: 56). Bei dieser Art Begriffsdiskrimination wird ausgeblendet, daß im Entscheidungsbildungsprozeß, der sogenannten Willensbildung, die in einer verbindlichen Entscheidung enden mag, Wahlentscheidungen verschiedenster Art getroffen werden, und sei es auch nur die Entscheidung, sich nicht zu entscheiden bzw. sich einer Entscheidung zu enthalten. Insofern besitzt die Diskrimination von Willensbildung und Entscheidung keine hinreichende Trennschärfe. Deshalb sollte auch terminologisch eindeutiger die Intention dieses Differenzierungsansatzes offengelegt werden. Denn warum diese Unterscheidung überhaupt einen Sinn ergibt, wird nur erklärbar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß dieses Modell die im Rahmen sogenannter Willensbildung fallenden Entscheidungen für die Entscheidungsakteure auf parlamentarischer Ebene als unverbindlich qualifizieren möchte, während allerdings den Entscheidungen genannten Wahlhand-lungen der Alternativenreduktion durch „herrschaftliche“ Entscheidungsträger Verbindlichkeit gegenüber den Entscheidungsbetroffenen zugebilligt wird.

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  19. Für die Unterscheidung des synoptischen und inkrementalen Willensbildungsmodells siehe Charles E. Lindblohm 1975: 161 ff., und Hans Peter Widmaier 1976: 123 ff.

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  20. Bekannt ist auch die am Entscheidungsgegenstand aufgezäumte Typologie von Frieder Naschold,die sich nach Zweck-, Krisen-, Innovations-, Machtzuwachsentscheidungen und Entscheidungen zur Entscheidungsentlastung differenziert. Doch gibt sie u. E. für die Entscheidungsanalyse in Parteien denkbar wenig her — wer entscheidet darüber, welcher Entscheidungsgegenstand gerade ansteht? —, was allerdings ihre Brauchbarkeit für andere Organisationsformen, speziell eindeutig zweckgebundene Verwaltungen und Industrieunternehmen, nicht in Abrede stellen soll. Siehe Naschold 1969: 59 f. Dagegen weist Helmuth Putz (1974: 7) mit recht darauf hin, daß es vonnöten sei, „den Einfluß verschiedenartiger Interessen innerhalb des sachpolitischen Willensbildungsprozesses aufzuzeigen und die Interesseneinwirkungen von außerhalb der Parteien auf diesen Prozeß empirisch zu untersuchen“. Denn nur über einen Interessenberücksichtigungsansatz ist dem politischen Prozeß einer Interessenorganisation u. E. beizukommen.

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  21. Für auch im Rahmen parteiinterner Entscheidungsprozeßanalyse brauchbare, wenngleich in ihrer Substanz unterschiedliche Prozeßmodelle politischer Entscheidungsbildung und -durchsetzung siehe Wolf-Dieter Narr 1969: 24 ff., Fritz W. Scharpf 1973: 34, 45, und insbesondere Rakoff und Schaefer 1975: 144 ff.

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  22. Interessant wäre in diesem Zusammenhang zu prüfen, welchen Politikfeldern die jeweils im Aufnahme-und Verarbeitungsprozeß interner Interessenberücksichtigung überlebenden und eliminierten Alternativen zuzuordnen sind, wobei nach dem Binnenpluralismus vorherrschender Volksparteien in den westlichen Massendemokratien zu vermuten ist, daß nur jene Politik-Alternativen intern berücksichtigungsfähig erscheinen, die im Sinne von Theodore J. Lowi (1975: 137 ff.) auf dem Feld distributiver Politik angesiedelt sind, während regulierende Politik kaum noch und redistributive Politik schon gar nicht damit rechnen könnte, beim innerparteilichen Kuhhandel oder wechselnder Koalitionspolitik ein akzeptables Tauschobjekt abgeben zu können, sondern eher die Gewißheit besteht, daß sie an festgefugten Vetogruppen aufzulaufen pflegen.

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  23. Zum Versickungs-und symbolischen Ersatzbefriedigungseffekt des Konsensfindungs-und Aushandelungssystems pluralistischer Willensbildung siehe Fritz W. Scharpf 1975: 59 f. In diesem Zusammenhang der Blockierung und Verhinderung von Entscheidungen ist es bei der internen Prozeßanalyse von Parteien nicht nur wichtig zu ermitteln, warum getroffene Entscheidungen so und nicht anders zustandegekommen sind. Zugleich muß auch die Frage gestellt werden, warum und infolge welcher Vetomachtstrukturen und Entscheidungsprozeßinterventionen bestimmte Alternativen keine Chance besitzen, in den Wertberücksichtigungsprozeß eingebracht oder gar durchgebracht zu werden. Insofern ist es bei der hohen Selektivität von interessenrelevanten Alternativenauswahlprozessen weit interessanter zu prüfen, welche möglichen Politik-Alternativen von vorneherein ausgesperrt bleiben, und welche mit dem fortschreitenden Prozeß der Entscheidungsverdichtung damit zu rechnen haben, exkludiert zu werden. Hierbei böte sicherlich das im Rahmen von Gemeindemachtuntersuchungen entwickelte Konzept von „Nichtentscheidungsprozessen“ (Bachrach und Baratz 1972: 223 ff.) ein Analyseinstrumentarium, dessen Rezeption und Anwendung auch in der Parteienforschung zur Aufdeckung des bislang vernachlässigten Phänomens von Vetomachtstrukturen im Inputbereich parteiinterner Willensbildung führen könnte.

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  24. a Zu unterschiedlichen Methoden der Konfliktregelung vgl. auch Hans Otto Mühleisen 1970: 405 ff.

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  25. Der Elitenbegriff ist im Rahmen dieses Ansatzes nicht mehr vergleichbar mit jenem des älteren liberal-elitären Demokratieverständnisses. Waren es früher durch Herkunft und geistigen und sozialen Rang privilegierte Werteliten, so handelt es sich nach Otto Stammer (1965: 81) heute um Funktionseliten, die sich nicht durch geistige Überlegenheit oder Qualifikation, sondern durch ihre Funktion im politischen System legitimatorisch ausweisen. Vgl, hierzu auch Bodo Zeuner 1971: 167 ff.

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  26. Im integrationistischen Konzept parteiinterner Demokratie paaren sich zentrale deskriptive Aussagekomponenten gruppenpluralistischer und elitistischer Konkurrenzdemokratie, die in empirischer Hinsicht den internen Entscheidungsprozeß und die Machtverteilung nach ihren Kategorien zu deuten versuchen; ferner fließen in dieses Konzept normative Elemente des liberal-elitären Demokratieverständnisses ein, die legitimatorisch über die Doktrin des freien Mandats die überragende Rolle von Parteieliten bei der Machtverteilung und Entscheidungsbildung als wünschenswert und notwendig im Sinne der Imperative gesamtpolitischer parlamentarisch-repräsentativer Demokratie abzusichern bemüht sind. Alle drei Richtungen zusammen lassen sich vereinen unter dem gemeinsamen Nenneider Idee einer machtbegrenzten, ausbalancierten, alternierenden, verantwortlichen, responsiven und zugleich effektiven Elitenherrschaft von Parteiführungen, die sich durch Wahlen demokratisch legitimieren.

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  27. Für integrationistisches Denken geht es nicht um ein größtmögliches Ausmaß an Mit-und letztlich Selbstbestimmung der Parteimitglieder, also um „eine weitgehende Herrschaft des Parteivolkes…, sondern nur um das Ziel, Gegenströmungen von unten wirksam werden zu lassen, eine Diktatur der Parteiführung zu verhindern und Machtverschiebungen zu ermöglichen“ (Karl-Heinz Seifert 1975: 196).

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  28. Daß es sich bei der Debatte um Stärkung oder Schwächung des Partizipationspotentials der Parteibasis um ein Machtverschiebungsproblem handelt, bringen Valen und Katz beiläufig zum Ausdruck. Für sie (1964: 90) „it should be noted that if the local units are very active in their discussion and formulation of matters to go before the national Congress and if they send their delegates to the Congress well informed, well prepared, and well motivated to press for a given stand for the party, the national leaders will have a great deal of difficulty in opposing them“. Für eine eingehende Darstellung und Kritik der basisdemokratischen Partizipationsausweitungskonzepte parteiinterner Willlensbildung aus integrationistischer Sicht siehe in diesem Kontext Wolfgang Jäger 1973: 116 ff.

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  29. Unterschwellig schwebt hier ein Willensbildungsmodell mit, dem Ferdinand A. Hermens (1968: 171) Ausdruck verleiht: „.. politische Willensbildung…, die im echten Sinne des Wortes staatspolitisch, also auf den Staat und nicht auf Interessen und Ideologien ausgerichtet wäre“.

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  30. Sehr ähnlich argumentiert auch Ulrich Lohmar 1968: 118. f.

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  31. Am konsequentesten wenden noch Hans Friedrich und Winfried Zehetmeier (1965: 110) die Repräsentativverfassung als Basis des freien Mandats auf die innerparteiliche Ordnung an. Sie schreiben: „Die Vollmachten der Führungsmannschaft in einer demokratischen Partei entsprechen denen eines Parlamentes und der Regierung in einer repräsentativen Demokratie. Beschlüsse von politischer Tragweite werden also nur von der Parteispitze gefaßt. Die Masse der Mitglieder muß nicht gefragt werden und wird es auch nicht. Ein plebizitärer Modus, solche Beschlüsse durch das Parteivolk beeinflussen zu lassen, ist nicht vorgesehen; insofern ist die innerparteiliche Demokratie als parlamentarisch-repräsentativ mit einem starken Zug zum Prä-sidialsystem anzusprechen, das dem Parteivorsitzenden weitgehende Vollmachten verleiht.“ Ernst Fraenkel ist dagegen einer der wenigen integrationistisch gesonnenen Forscher, fur die die Pflege plebizitärer Elemente in den Parteien und Verbänden ein notwendiges Fundament der politischen Repräsentativverfassung bildet (1968: 119).

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  32. Diesen Gedanken weiß Joachim von Merkatz (1963: 79) sehr bündig in Worte zu kleiden, wenn er sagt: „Verlangt wird die demokratische Legitimation der Parteiführung, nicht mehr, aber auch nicht weniger.“ Für das diesem Konzept zugrundeliegende Konsensusmodell parteiinterner Elitenherrschaft vgl. auch Dietrich Hilger 1956: 194.

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  33. Die eher legitimatorisch gemeinte Losung der „verantwortlichen Repräsentation des Gemeinwesens“ läßt sich empirisch auch dahingehend beleuchten, wen oder was nun ein Abgeordneter wirklich repräsentiert. Auf jeden Fall weder das Gemeinwohl noch das Gemeinwesen, sondern bei Karl-Heinz Naßmacher (1973: 565) ist es die Partei, aus der der Kommunalabgeordnete hervorgeht; bei John C. Wahlke und Mitarbeitern sind es Affinitäten zur Interessenpolitik, die mit der Länge der Amtsdauer von Abgeordneten anwachsen (1966: 126), und bei Arthur B. Gunlicks sind es die sich überschneidenden Erwartungen von Wählern, Gruppen und der Partei, denen sich ein Abgeordneter verpflichtet fühlt (1967: 353 f.). Badura und Reese zeigen schließlich die introversiven Anpassungsmechanismen von Jungbundestagsabgeordneten an die Erwartungs-und Wertestruktur innerparlamentarischer Subkultur auf (1976: 136), die nach ihren Befunden bei den Befragten zur hierarchischen Abschließung und Entfremdung gegenüber den Wählern führe (ebda: 140 ff.). Siehe auch Jürgen Reese 1976: 4 ff. Welchen Bezugsgruppenerwartungen ein Abgeordneter sich auch immer verpflichtet fühlen mag, und wie immer er diese Bezugsgruppen und -werteorientierung erworben haben mag — es sind zumindestens nicht schwer faßbare Gemeinwohl-und Gemeinwesenobjekte, die-nach eigener Einschätzung ein Abgeordneter repräsentiert. Wenn gegen diese wenig überraschenden empirischen Befunde gleichwohl auf eine Gemeinwohl- repräsentationsdoktrin insistiert wird, dann kann dies für Arthur B. Gunlicks nicht unwider- sprochen bleiben. Denn: „Die Forderung, daß Politiker — ganz gleich, welcher Ebene sie an-gehören — nur das Gemeinwohl auf Grund ihrer eigenen Überzeugung repräsentieren sollen, bedeutet nicht nur eine unzulässige Vereinfachung des politischen Prozesses. Sie könnte sogar, wenn sie konsequent befolgt würde, zu gefährlichen Folgen führen; denn sie impliziert, daß die Repräsentation von Wählern, Parteien und Gruppen kein legitimes Anliegen des Abgeordneten darstellt. Ist es aber nicht gerade eine der größten Leistungen der Demokratie, daß sich unterschiedliche Interessen und Auffassungen in friedlicher Auseinandersetzung begegnen?” (1968: 302).

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  34. Auf der einen Seite kann das freie Mandat über die Gemeinwohl-und Wählerverantwortlichkeit des unabhängigen Abgeordneten legitimiert werden. Dieser Argumentationsweise bedienen sich beispielsweise Carl Otto Lenz 19–70: 479; Karl Wienand 1970: 368 ff.; Kaltefleiter und Veen 1974: 247 f. und Karl-Heinz Seifert 1975: 336 f. Wenn man bei diesem Legitimationskonstrukt das Verantwortlichkeitsprinzip sehr genau nimmt, entbehrt es natürlich sehr schnell selbst eines Geltungsgrundes, weil die postulierte Verantwortlichkeit sich kaum zu materialisieren weiß. Zugleich ist der Rekurs auf beide Bezugsobjekte — Gemeinwohl unnd Wähler — insofern tendenziell kontradiktorisch, weil entweder der Abgeordnete nur seinem Elektorat gegenüber in Verantwortung stehen kann, oder aber dem Gemeinwohl, was immer das sei; beides zusammen ist aber schlecht miteinander kompatibel, es sei denn, der Wählerwille entspreche dem Gemeinwillen, was dann aber wieder die Verantwortlichkeit des Abgeordneten gegenüber seinem Wahlkreiselektorat problematisiert. Bei diesen Ungereimtheiten und tendenziellem Ideologieverdacht, der sich schnell im Rahmen des ersteren Legitimationsansatzes einzuschleichen vermag, ist ein technisch-funktionales Begründungskonzept des freien Mandats, das sich von der älteren elitär-liberalen Repräsentationsdoktrin abgrenzt, weit eher geeignet, plausiblere Geltungsgründe für seine Erfordernis anzuführen, indem auf den gesamtstaatlich notwendigen Konsensfindungsprozeß verwiesen wird, der nur über einen gestuften und rückgekoppelten Repräsentationsprozeß zwischen einer Vielzahl von politischen Akteuren herbeigeführt werden kann. Dabei ist im übrigen nicht zu vergessen, daß das freie Mandat auch als Schutzinstrument des Abgeordneten gegenüber den Pressionen von Parteioligarchien und Gruppeninteressen seine durchaus akzeptablen guten Dienste erfüllt. Siehe hierzu Christoph Müller 1966: 206 ff.; Günter Trautmann 1971: 65 ff.; Rüdiger Wolfrum 1974: 68 ff. und Robert Leicht 1974: 26 f. Für die weit pragmatischere und auch empirisch offenere Explikationsweise des Repräsentationsbegriffs im anglo-amerikanischen Sprachraum vgl. ferner A. H. Birch 1971: 105 ff. und Heinz Eulau 1967: 53 ff., 77 ff.

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  35. Zur empirisch unzutreffenden aber im integrationistischen Denken häufig gebrauchten Gleichsetzung von ideologischer Orientierung einerseits und einer dogmatischen, autoritären, intoleranten, antipluralistischen und gegenüber Andersdenkenden feindlichen Haltung andererseits siehe die Befunde bei Robert D. Putnam 1972: 372 f.

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  36. Carl Otto Lenz (1970: 480) schreibt hierzu: „Das imperative Mandat würde den Abgeordneten von der Verpflichtung freistellen, auf die Interessen aller Wähler Rücksicht zu nehmen und seine Entscheidung der Verfügungsgewalt der kleinen Minderheit der aktiven Parteimitglieder unterwerfen. Das imperative Mandat ist deshalb sehr viel geeigneter, die Herrschaft einer kleinen Minderheit über die schweigende Mehrheit herbeizuführen, ohne daß von den Verfechtern dieser These die Frage nach der Legitimation dieser Herrschaft gestellt wird“ (im Original hervorgeh.).

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  37. 37 Die Sorge integrationistischen Denkens um eine im Vergleich zu, den normalen Wählern stärkeren ideologischen Orientierung von Parteiaktiven scheint sich in empirischer Hinsicht recht verbreitet zu bestätigen. Siehe hierzu die Angaben bei T. E. M. McKitterick 1960: 317; McClosky Hoffman und O’Hara 1968: 494 ff.; Hirschfield Swanson und Blank 1971: 250 f., 264 ff.; Ladd Jr. und Hadley 1973: 24 ff. und Güllner und Marvick 1976: 130. Vgl. auch die von Gerhard Lehmbruch (1969: 294 ff.) zusammengestellten umfangreichen Befunde. Einschränkend bei aller empirischen Relevanz muß die oben gemachte Aussage wohl dahingehend präzisiert werden, daß nicht alle Parteiaktiven über einen Kamm geschoren werden dürfen. Denn differenziert nach Mitgliedertypen ergibt sich zumindestens eine Zweiteilung von Parteiaktiven, von denen die eine Hälfte als sogenannte „amateurs“ oder „militants” stärkere ideologische Werthaltungen an den Tag legen, während die andere Hälfte aus Pragmatisten, „professionals“ oder unpolitischen Partizipanten sich zusammensetzt. Siehe hierzu die verschiedenenorts erhobenen Befunde bei Samuel H. Barnes 1968: 118, 1971: 481; Soule und Clarke 1970: 888 ff.; T. E. McKitterick 1960: 316 ff.;. Stern Tarrow und Williams 1971: 548 f., 555 f. und T. Forester 1976: 36. Was jedoch bei der ganzen Debatte um die Ideologiehaftigkeit von Parteiaktiven leicht verdrängt wird, ist die Frage, ob nicht — entgegen impliziter Annahme integrationistischen Denkens —auch die Parteiführer über ein gerüttelt Maß an sogenannter Ideologiehaftigkeit verfügen, das dem Glauben an ihren erwünschten Pragmatismus wenig Rückhalt verschafft. Die amerikanischen Befunde lassen sich schon deshalb in die Richtung der Ideologiethese deuten, weil es sich bei den Befragten gewöhnlich — infolge mangelnder regulärer Mitgliedschaft der Parteien — um Parteifunktionäre handeltEdmund Constantinis Befunde (1971: 279 ff., 287) weisen hierbei niedrigen Rängen eine stärkere ideologische und höheren Rängen eine moderatere Einstellung zu. Dagegen ermitteln Flinn und Wirt eine starke weltanschauliche Polarisierung zwischen gegnerischen Parteiführern (1971: 242 ff.) — ein Befund, der von William E. Wright (1971a: 318) bestätigt wird, indem er anhand einer Befragung Westberliner Parteiführer deren starke weltanschauliche Fundierung ermitteltSo schmal die empirische Basis all dieser Daten ist, sollte man sich jedoch zumindestens vor einem hüten, in höheren Parteiführern dem Wunsche gemäß Ideologische Anwälte des Ganzen zu erblicken, wenn nicht in diesem Fall der Wunsch Vater des Gedankens sein soll.

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  38. Am Untersuchungsgegenstand innerparteilicher Machtverteilung reproduziert sich im verkleinerten Maßstab die Kontroverse um die Struktur gesellschaftlicher Machtverteilung, wobei diese einmal nach dem Konzentrationsmodell der „Machtelite“ von C. W. Mills oder nach dem pluralistischen Interessengruppenmodell von Riesman konzeptualisiert zu werden vermag. Siehe hierzu William Kornhauser 1966: 202 f. Die gleiche Kontroverse wird übrigens auch auf dem Gebiet der community power-Forschung ausgetragen. Vgl. hierzu die von Ralf Zoll (1972) herausgegebene Aufsatzsammlung zur kommunalen Machtanalyse.

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  39. Die integrationistische parteiinterne Demokratieforschung rezipiert in diesem Kontext den Gedanken der Elitenzirkulation von Vilfredo Pareto. Was sie allerdings nicht dabei übernimmt, ist dessen eindeutige Charakterisierung der Umstände, wie es zu dieser Elitenzirkulation kommt. Denn nach Pareto (1975: 117 ff.) ist es nicht der friedliche Wettbewerb, der zum Austausch regierender Eliten führt, sondern die Eliten begegnen sich mit Machtsicherungs-und -unterwerfungstechniken, die ganz unbeschönigt auf List, Täuschung, Betrug und Korruption beruhen. Andererseits greift die Theorie parteiinterner Elitenherrschaft auf geradezu zum Traditionsbestand politischer Theorie gehörende Gedanken der Machtbeschränkung und -teilung zurück, die in der Idee pluralistischer Konkurrenz nur einen neuen Ausdruck erfahren. Hierzu schreibt W. G. Runciman (1967: 85): „Es gibt tatsächlich nur zwei allgemeine Prinzipien, die für den Schutz der Bürger gegen Oligarchen aufgestellt werden können. Keines ist neu. Beide sind überall anwendbar, ganz gleich, wie demokratisch ein System ist (und wie man den Ausdruck versteht). Sie verkörpern zudem die Grundlage der Vernunft für die Prinzipien der Repräsentation und der Konkurrenz. Das erste lautet, daß die herrschende Elite irgendwie ersetzbar sein muß für diejenigen, deren Interessen (nicht deren Merkmale) sie „repräsentiert“. Das zweite lautet, daß die herrschende Elite eine angemessene Streuung haben muß. Das erste ist mindestens so alt wie die Praxis des Scherbengerichts im alten Athen; das zweite ist mindestens so alt wie Polybios’ Analyse der römischen Verfassung und die Lehre von der Teilung der Gewalten.” Vgl. auch Otto Stammer 1965: 81 ff.

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  40. Mit der Verwerfung des „bottom up“-Modells partizipatorischer Demokratie wird nicht nur die Fragé generell nach dem Mitgliedereinfluß einseitig zur Seite gelegt (Raymond Aron 1974: 569), sondern selbst die Frage nach dem Zustand parteiinterner Demokratie wird zudem auch über und durch die Aussagen von Parteieliten erhoben. Dies ist schon ein charakteristisches Merkmal der Eldersveld-Studie, setzt sich aber z. B. bei Arthur B. Gunlicks insoweit prototypisch fort, daß er den Zustand parteiinterner Demokratie von niedersächsischen Parteigliederungen daran mißt, inwieweit sich auf Befragen lokale, Landes-und Bundestagsabgeordnete mit ihr als sehr zufrieden erklären (1970: 246 f.).

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  41. Welchen Fragen•und Problemstellungen die pluralistische Elitenforschung im allgemeinen nachgehen sollte, listet Raymond Aron (1970: 944 auf: „1. Zuallererst: Wer ist Teil der Oligarchie? Wer gehört zur herrschenden Minderheit und wie leicht ist es, in sie hineinzukommen? Ist die herrschende Minderheit mehr oder weniger zugänglich oder unzugänglich? 2. Welche Art von Menschen hat in dem jeweiligen Regime Aussicht, in das politische Personal aufgenommen zu werden? 3. Welcher Privilegien erfreuen sich die Angehörigen der herrschenden Minderheit? 4. Welche Garantien bietet diese Art von Regime den Beherrschten? 5. Wer besitzt in einem Regime dieser Art die Macht, und was bedeutet der so geläufige Begriff „die Macht besitzen“?”

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  42. Dietrich Herzog (1970: 249) nennt drei dimensionale Charakteristika, die im Gegensatz zu Michelschen Aussagen für die Machtstruktur moderner Parteien typisch sind: 1. läßt sich die Partei betrachten als „complex structure of communication and reciprocal influence“.2. kommt sie einem „pluralistic system” gleich, d. h. „the hierarchy of authority ist not only stratified vertically (from the top to the bottom) but also horizontally…“ und3. muß die Partei in,,functional” Dimensionierung analysiert werden, die die Beziehungen zwischen funktional spezialisierten Subgruppen offenlegt. Jüngst erst stellt allerdings Herzog in einem anderen Zusammenhang dieses pluralistische Design der Partei selbst wieder in Zweifel. Er schreibt (1976: 34), „daß das beträchtliche Ausmaß an vertikaler und horizontalen Ämterkumulationen einer Verkrustung innerparteilicher Machtverhältnisse Vorschub leistet. Die zahlreichen Verknüpfungen von Parlamentsmandat und Vorstandspositionen in der Partei oligarchisieren die innerparteiliche Willensbildung; sie blockieren stark die für eine lebendige innerparteiliche Demokratie notwendige Chance der Personalfluktuation und des Führungswechsels; sie verstärken die Abhängigkeit der Partei von der Fraktion.“

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  43. Eine Kurzfassung der Gewerkschaftsstudie At bei Lipset 1964a: 162 ff. nachzulesen. Vgl. aber auch die gelungene Darstellung bei Frieder Naschold 1969: 34 ff.

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  44. So sehr der Begriff des Zweiparteiensystems auch in der parteiinternen Demokratieforschung Furore macht, darf jedoch nicht übersehen werden, daß es sich im Rahmen der ITU-Studie um einen höchst mißverständlichen und auch ungeeigneten Begriff zur Bezeichnung institutionalisierter innergewerkschaftlicher Gruppenbildung handelt, die im Falle der ITU eine duopolistische Form angenommen hat. Dagegen sollte der Parteibegriff nur für den Gegenstand benutzt werden, für den er einsteht: für eine politische Organisationsform, die nach den bisherigen Ausführungen unserer Arbeit sich durch spezifische Charakteristika auszeichnet und im Binnenleben von Gewerkschaften per definitione nicht anzutreffen ist.

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  45. Das Gesamt an funktionalen Voraussetzungen für das „Zweiparteiensystem“ in der ITU ist bei Lipset/Trow/Coleman 1956: 414 ff nachzulesen. Zu weiteren und ausdifferenzierten Systemüberlebensbedingungen organisatorischer Demokratie siehe aber auch Craig und Gross 1970: 21 ff. In diesem Zusammenhang der Requisitenforschung muß ferner auch die 1965 durchgeführte Studie Samuel H. Barnes über einen Gebietsverband der Sozialistischen Partei Italiens (1967) genannt werden, die insofern zusätzliche Akzente setzt, als Barnes in der dezentralen föderalistischen Struktur von separaten Subeinheiten, die durch „multiple autonomous channels of communications” (ebda: 249) horizontal und vertikal miteinander verknüpft sind, und in der „inability of the leadership to dominate all communications channels reaching the membership“ (ebda: 230) zentrale strukturelle Erfordernisse zur Machtbegrenzung der Parteispitze erblickt. Bei aller Parallelität zum duopolistischen Gruppenwettbewerbsmodell Lipsetscher Provenienz — auch Barnes untersucht die Ursachen für das Entstehen und die Etablierung eines „Zweiparteiensystems” am Beispiel der PSI — läßt sich Barnes freilich in der Tendenz mehr von einem partizipatorischen Demokratiemodell leiten, was ihn von dem Elitismus der Vertreter integrationistischen Denkens erheblich unterscheidet.

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  46. Dies von Lipset und Mitarbeitern konzeptualisierte duopolistische Wettbewerbsmodell alternierender Eliten stellt, wenn man es an der Typologie parteiinterner Faktionalismusformen von Raphael Zariski (1960: 34 ff.) mißt, einen Sonderfall des Bifaktionalismus dar, der bei Lipset noch unter Gleichgewichtüberlegungen thematisiert wird. Abzugrenzen ist dieser approach von alternativen analytischen Ansätzen des organisationsinternen Gruppenwettbewerbs oder — anders formuliert — innerverbandlicher Opposition. So kann innerverbandlicher/innerparteilicher Faktionalismus in Gestalt organisierter Oppositionsbildungen auch anders als nach dem bei Lipset vorliegenden Konkurrenzmodell dahingehend konzeptualisiert werden, ob a) die Oppositionsgruppen im Sinne programmatisch ausgerichteter Fundamentalopposition gegeneinander konfligieren (Konfliktmodell); b) die Gruppen im Sinne gleichstarker Gegenmächte sich wechselseitig in Schach halten (Paritätsmodell); c) die Gruppen sich innerhalb eines geschlossenen oligarchischen Kartells wechselseitig befehden und zugleich sukzessive assimilieren (Amalgamierungsmodell) oder schließlich d) die Oppositionsgruppen proporztechnisch auf der Basis der Bargainings miteinander kooperieren (Konkordanzmodell).

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  47. Was die oppositionellen Binnenstrukturen der von Lipset und Mitarbeitern untersuchten Druckergewerkschaft ITU auch für die gewerkschaftlichen Demokratieforschung zu einem nicht übertragbaren Ausnahmefall macht, ist die einmalige, mit Legitimität versehene Institutionalisierung von Opposition — Lipset spricht selbst davon, daß „this system ist almost unique in American-private associations (1964a: 176) —, die bei aller Verbreitung innergewerkschaftlichen Faktionalismus sonstwo kaum eine Parallele findet. Wenngleich Graham Wootton an einem englischen Beispiel allenfalls ein weiteres, allerdings „embryonic“ und ohne Legitimität versehenes Zweiparteiensystem in der Association of Engeneering and Shipbuilding Draughtsmen entdecken konnte (1961: 155), wandte sich die gewerkschaftliche Demokratieforschung alsbald von Lipset und seinem soziologischen Untersuchungsansatz informeller Strukturen ab und machte sich auf die Suche nach verbreitereren und brauchbareren formalen Indikatoren für Demokratie, wobei allerdings unterschiedliche Ergebnisse erzielt wurden. So schlägt J. David Edelstein vor, gewerkschaftliche Demokratie rein formal durch das Vorhandensein effektiver Opposition bei den Wahlen für höhere Führungsposten zu bestimmen, gemessen an „close elections”, d. h. Kopf-an-Kopf-Wahlen, und der „frequency of defeats“ (1967: 22; 1968: 256 f.), wobei sich nach diesen Kriterien für verschiedene Beispiele britischer und amerikanischer Gewerkschaften effektive Oppositionsbildungen verzeichnen lassen (Edelstein/Warner/Cooke 1970: 160). Von diesem Ansatz grenzt Roderick Martin seinen Vorschlag ab, innergewerkschaftliche Demokratie ausschließlich nach dem „survival of faction”, die weder institutionalisiert noch demokratisch sein muß, zu bestimmen, wobei sich nach seiner Ansicht der Forscher allein auf die Ermittlung von „constraints upon union leaders to tolerate faction“ (1968: 208) beschränken sollte. Während sich diese Diskussion weitestgehend mit der Konzeptualisierung und Operationalisierung von Oppositionsbildungen und deren demokratiefördernde Bedeutung beschäftigt, widmet sich eine andere Richtung mehr der schon von Michels vorgezeichneten Frage nach dem Beziehungsverhältnis zwischen der Gewerkschaftsführung und der Gewerkschaftsbasis. Dabei schält sich, wenn man einmal von dem ausschließlich auf externe Schlagkraft gewerkschaftlicher Interessenvertretung zielenden Exklusionskonzept jeglicher Mitgliederpartizipation von V. L. Allen (1954: 63) absieht, die empirisch gestützte Ansicht heraus, daß zwischen Basis und gewählter Spitze ein der Verbandsführung größte Handlungsfreiheiten sicherndes, konsensgetragenes Tausch-und Interessenberücksichtigungsverhältnis von Erwartungen besteht. Siehe hierzu Frieder Naschold 1967: 161 ff.; Petra Bauer 1971: 255 f. und Joachim Bergmann 1973: 243 ff. Wählt man schließlich nicht gerade, wie es Richard J. Wiley (1971: 6 ff.) für den Deutschen Gewerkschaftsbund tut, polyarchische Kriterien zur Beurteilung innergewerkschaftlicher Demokratie, so lautet letztlich fast einhellig das Urteil, daß es mit ihr trotz gegebener Satzungsnormen beileibe nicht allzu gut bestellt ist, sondern im Regelfall grassierende Mitgliederapathie und massive Oligarchisierungstendenzen auf der Tagesordnung stehen. Siehe S. M. Lipset 1960: 237 f.; Gerhard Bosch 1974: 116 ff. und Günther Teubner 1977: 25.

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  48. Die Stratarchie ist eine pluralisierte Oligarchie, die von Richard Rose (1974a: 281) folgendermaßen definiert wird: „A stratarchy is charactericed by different people ruling at different levels of an organization“.Eldersveld selbst entlehnt den Begriff bei Lasswell und Kaplan,die ihm folgende Fassung geben (1951: 219 f.): „Intermediate between an oligarchy and a republic is a type of rule which might be called stratarchy. The ruling group proliferates into an extensive hierarchy, to such a degree that a high proportion of the body politic may be exersising some weight of power. The oligarchy has been stratified and considerably enlarged.” Im deutschsprachigen Raum berufen sich auf dieses Modell Dietrich Herzog 1966: 252; Peter Haungs 1973: 515; Helmuth Pütz 1974: 19 und Emil Hübner 1976: 55.

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  49. Hans Daalder verallgemeinert dieses Pluralismusmodell parteiinterner Machtverteilung in kritischer Abgrenzung gegenüber Robert Michels zum Regelfall europäischer Parteienverhältnisse. Er schreibt (1966: 71): „Parties, in other words, are. almost certainly agencies of elite-recruitment and elite-maintenance, but they also serve as transmission belts for pressures from lower down. Most European parties would seem to be comparatively open agencies that allow for a great deal of intra-elite conflict as well as for the rise of new elite groups in competition to older ones. Parties work, moreover, generally in a democratic environment that permits publicity and criticism by competitors and outsiders and that forces actual accountability to independent electoral groups; this cannot but blunt oligarchical proclivities.“

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  50. Konkret beim Wort genommen erweist sich das Modell der individuell verantwortlichen undresponsiven politischen Elite oder Regierung als uneinlösbare Fiktion. Denn: „On any particular issue, different segments of the public will have different views; some will have no position, others will have varied views held with varied intensity. And on such issues, there will by many other forces brought to bear over and above the preferences and participatory acts of the public: The governmental decision-makers have their own views and own preferences, the situation itself exerts pressures (as filtered through the perceptions of the decision-makers), resources are limited, previous decisions and commitments loom large, and so forth. What does it mean to talk of public participation under such circumstances? Elections, which simplify the participatory influence of the citizenry into a choice among candidates rather than a choice among policies, cannot reflect the distribution of preferences in a society, for the very reason that they simplify the range of policy preferences into a choice among a few candidates“ (Verba und Nie 1972: 6 f.).

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  51. Der Begriff der Zustimmung oder des Konsenses bleibt insofern rein formal und einseitig, als er nicht im Sinne einer Tauschhandlung mit äquivalentem Geben und Nehmen, sondern ausschließlich mit Gewährung generalisierten Vertrauens verbunden ist, auf deren kostenfrei erworbenen Grundlage die gewählten Parteieliten sich in keinerlei verbindliche Vertragsabsprachen begeben.

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  52. Genereller formuliert besteht in der Tendenz ein Gegensatz zwischen Binnen-und Außenorientierung einer Partei. Denn „the satisfaction of member wants requires in part obtaining resources from the environment while the effective exploitation of the environment frequently requires the centralized mobilization of member action“ (James Q. Wilson 1973: 237 ).

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  53. Schon Max Weber (1964: 214) hielt es für das parteiinterne Machtgefälle kennzeichnend, „daß einem Kern von Personen, in deren Händen die aktive Leitung: die Formulierung der Parolen und die Auswahl der Kandidaten liegt, sich „Mitglieder“ mit wesentlich passiverer Rolle zugesellen, während die Masse der Verbandsmitglieder nur eine Objektrolle spielt, und die Wahl zwischen den mehreren von der Partei ihnen präsentierten Kandidaten und Programmen hat. Dieser Sachverhalt ist bei Parteien ihres voluntarischen Charakters wegen unvermeidlich und stellt das dar, was hier „Interessenten”betrieb genannt ist“ (im Orig. hervorgeh.).

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  54. Für Robert T. McKenzie läuft die parteiinterne Machtverteilung sowohl bei der konservativen als auch bei der Labour Party auf eine Autokratie und ein „Führerprinzip“ der Parteiführer hinaus (1961: 51 ff., 202 ff., 298). Lees und Kimber (1972: 22) bestätigen diese Aussage zumindestens für die Rolle des konservativen Parteiführers, während sich Richard Rose (1974b: 342 f.) entschieden gegen die undifferenzierte Gleichsetzung von konservativer und Labour Party bei McKenzie wendet. Interessant für unsere Diskussion scheint überdies zu sein, daß bei McKenzie der ansonsten breiter gefaßte Begriff des Politikerteams gleichsam cäsaristisch auf die Partei-und Parlamentsführer in einer Person zugeschnitten ist, während der „unabhängige” Abgeordnete nicht etwa zu diesem entschlußsouveränen Politikerteam gezählt werden darf, sondern ganz von der Bildfläche abtritt (McKenzie 1961: 383).

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  55. Da das ganze Mitgliedsschaftsproblem im Rahmen kompetitiven Denkens von der Warte der Kosten-Nutzen-Kalküle der Parteiführungen angegangen wird, gerät das empirisch wichtige voluntaristische Eintritts-und Partizipationsmotiv der Mitgliedschaft an den Rand der Diskussion und macht einer rationalistischen Denkweise Platz, bei der Mitglieder analog zu Belegschaften von Betrieben behandelt werden, und die Frage im Mittelpunkt der Überlegung steht, über welche Zahlungen die Parteispitze Mitglieder zur Kontribution. von benötigten Parteiressourcen bewegt werden können. Diese Denkweise bezieht sich nicht nur auf das Stimmenerwerbsmodell der Partei, sondern Wellhofer und Hennessey gehen soweit, sie auch bei der Analyse der demokratischen Willensbildungspartei anzuwenden (1974: 287 ff.). /Da überdies im Rahmen des konkurrenzparadigmatischen Denkschemas jedem Akteur in irgend einer Form utilitaristische Motive seines Handelns unterstellt werden, paßt das idealistisch und weltanschaulich gesonnene Parteimitglied schon deshalb nicht in das Klischee, weil es sich durch unverständliche altruistische Handlungsmotive auszeichnet, die beim besten Willen nicht mit der Prämisse utilitaristisch-zweckrationalen Verhaltens zu vereinbaren sind. Denn, was kann es anderes als schlicht irrationales oder ideologisch borniertes Verhalten sein, wenn ein Parteimitglied unbeirrt kollektive Ziele verfolgt, die nicht etwa den eigenen Nutzen zu mehren vermögen, sondern ganz im Gegenteil nur Kosten an Zeit, Arbeitsaufwand und schließlich doch auch individueller Lustentsagung erzeugen.

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  56. Diese Interpretation ist schon bei Max Weber zu finden. Er schreibt (1971: 533): „Die Parteigefolgschaft, vor allem der Parteibeamte und -unternehmer, erwarten vom Siege ihres Führers selbstverständlich persönliches Entgelt: Ämter oder andere Vorteile. Von ihm — nichtoder doch nicht nur von den einzelnen Parlamentariern: das ist das Entscheidende. Sie erwarten vor allem• daß die demagogische Wirkung der Führerpersönlichkeit im Wahlkampf der Partei Stimmen und Mandate, damit Macht zuführen und dadurch jene Chancen ihrer Anhänger, für sich das erhoffte Entgelt zu finden, möglichst ausweiten werde“ (im Orig. hervorgeh.).

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  57. 57 Für eine diesem Denken entsprungene Reduktion der Mitgliedsrolle auf externe Propagandafunktionen bei gleichzeitiger Monopolisierung des Wissens an der Parteispitze siehe Manfred Hättich 1970b: 106 f.

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  58. James Q. Wilson definiert den „amateur“ als „a person who finds an enterprise — here, politics — intrinsically rewarding because it expresses a commitment to a larger purpose” (1973: 106). Kann der „amateur“ nicht mit spürbarem Wohlwollen rechnen, so sind weit eher adäquat zum konkurrenzparadigmatischen Konzept der Partei „non-issue-oriented political activists”, zu denen John H. Fenton (1966: 15) „people in search of a government job or government contracts and those who work for a party for the „fun of it“ or for ego fulfillment” zählt. Für beide Mitgliedsschaftstypen liefern Conway und Feigert (1968: 1165 ff.) einige empirisch erhobene Charakteristika.

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  59. Der Kern des Problems der Mitgliederpartizipation liegt darin begründet, daß sich eine konsequent betriebene Wählermaximierungsstrategie in der Folge gegen eine Strategie richten muß, die die Interessen der Mitglieder zu berücksichtigen sucht. Denn „leaders face a problem of marginal substitutability of members and of the cost of voters’ claims: with the high cost of the membersphip’s claims the possibility of reducing membership while increasing voters is appealing since voters are less able to make claims on the party than members…In short, the costs of information, infrastructure and claims as well as the obvious multiple benefits of public office serve as incentives for the leadership to give serious consideration to the opportunities present in an electoral strategy over and against a party strategy“ (Wellhofer und Hennessey 1974: 298, im Orig. hervorgeh.).

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  60. Vgl. hierzu auch Leon D. Epstein 1967a: 233 ff. Liepelt und Schacht (1975: 138 ff.) skizzieren für die Bundesrepublik ein seismographisches, demoskopisches Indikatorensystem von Erwartungs-und Verhaltensdispositionsschwankungen und -veränderungen der Wählerschaft, das die „Saugwurzel“-Funktion von Parteimitgliedern gänzlich überflüssig machen könnte.

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  61. Hans-Otto Mühleisen (1970: 293 f.) erblickt wenigstens in der Mitgliederbeschränkung von Parteien den Vorteil, daß der „Poweraspirant“ dadurch zu mehr Macht und größerer Interessenbefriedigung zu gelangen vermag.

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  62. Wie Hermann Scheer von einer anderen Warte aus bemerkt (1973: 165), besteht gerade bei einer modernen Wählerpartei, die aus einer Massenpartei mit demokratischer Tradition hervorgegangen ist, das Dilemma, ein unerwünschtes partizipationsfreudiges Mitgliederpotential anzuziehen, was der einseitigen Verfolgung von Stimmenerwerbsintentionen Widerstände entgegenbringen muß. Allerdings ist er es auch, der den Verzicht auf demokratische Willensbildung zugunsten „effizienter“ Handlungsweisen als eine höchst wahrscheinliche Variante von Strategiealternativen der SPD erblickt (1975: 207).

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  63. a Anton Pelinka (1976: 112) deutet das Modell der mitgliederorientierten innerparteilichen Demokratie noch in Analogie zur repräsentativ-parlamentarischen Demokratie, bei der die „Parteidelegierten ebenso wie die Mitglieder der Parteiexekutive ein freies Mandat (besitzen)“. Nach unseren bisherigen Ausführungen muß deutlich geworden sein, daß diese Analogie nicht mit den Leitwerten transmissiver innerparteilicher Demokratie konform geht, da ein freies Mandat der Parteidelegierten einer Willensbildung von unten nach oben auf jeder Delegationsstufe zuwiderlaufen maßte.

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  64. Warum es unabdingbar darauf ankommt, die Partei im transmissiven Sinne über ein ununterbrochenes Band von Transmissionsstufen an die Interessen-und Bedürfnisstruktur der sozialen Umwelt, in die sie eingebettet ist, anzubinden und zu verklammern, macht Samuel H. Barnes (1968: 136) deutlich: Denn „(w)hen a party loses sight of it collective abjectives, when it becomes an electoral machine dedicated to supporting particular politicans, then it forfeits its status as a mass party“ — jene Parteiform, die in ihrer funktional-strukturellen Charakteristik allein den unterprivilegierten Massen zur Organisation und Durchsetzung ihrer Interessen zu verhelfen mag.

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  65. Schon Fritz Bieligk und seine Mitautoren insistieren im Rahmen ihres sozialistisch-demokratischen Klassenparteikonzepts auf die Realisation basisdemokratischer Willensbildung als Waffe gegen die Oligarchie der Parteibürokratie. Sie fordern (1931: 124): „Verankerung der politischen Willensbildung der Arbeiterbewegung in den Massen durch Überwindung der Apparatherrschaft und die Anwendung der Grundsätze der proletarischen Demokratie, einer Demokratie von unten nach oben, auf die Arbeiterbewegung selbst.“.

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  66. Der Bericht der Parteienrechtskommission (1975) gelangt in seinem Abschnitt über die demokratische Gestaltung der inneren Ordnung von Parteien ebenfalls zu einem partizipatorischen Ansatz. Hier steht auch der bekannte, auf den Art. 21 GG gemünzte Satz des „bottom up“-Modells parteiinterner Willensbildung. „Sie (die Binnenordnung der Partei, E. W.) setzt eine Willensbildung „von unten nach oben” innerhalb der Partei voraus, und steht einem autoritären Aufbauprinzip bei•Leitung und Gliederung der Partei entgegen“ (ebda: 157). Genauso, wie Arthur B. Gunlicks die empirieferne und am Gemeinwohl orientierte deutschsprachige „idealisit theory of representation” (1967: 48) kritisiert, wendet er sich gegen die in der Aussage der Parteienrechtskommission zum Ausdruck kommende „perfectionist doctrine of intraparty democracy“ (ebda), die sich jenseits jeglicher Realität politische Willensbildung nur auf der Einbahnstraße von unten nach oben vorstellen könne.

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  67. Der transmissive Ansatz erachtet es im demokratietheoretischen Sinne als unzulänglich, wenn ex post die Bürgerschaft den souveränen Entscheidungen von Partei-und Staatseliten und deren Outputs akklamiert. Für, ihn steht vielmehr das Kredo im Mittelpunkt seines Denkens, daß nur dann die Outputs des politischen Prozesses demokratische sein werden, d. h. die Wünsche und Bedürfnisse der Bürgerschaft voll befriedigen werden, wenn es das Volk — in Gestalt der in Parteien organisierten Aktivbürgerschaft — selbst ist, das die Inputs in den politischen Prozeß eingibt und deren wunschgerechte Verarbeitung kontrolliert; und dies kann eben unter den Bedingungen von Massendemokraten nur im Rahmen mitgliederstarker, demokratischer Willensbildungsparteien geschehen, in denen die wesentlichen Interessen der Bevölkerung ein organisatorisches Sprachrohr finden, um sich organisieren, artikulieren und in staatlicherseits entscheidungsrelevanten Parteiforderungen transformieren zu können.

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  68. Das Zielkonzept und das Mittelkonzept politischer Partizipation lassen sich auf je unterschiedliche liberale und demokratische Wurzeln zurückführen, was aber für das Partizipationspostulat selbst nur unwesentlich ist. VgL hierzu Gisela Zimpel 1970: 22 ff., 1972: 44 ff. und Iring Fetscher 1975: 194 f.

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  69. Bernhard Barber (1950: 488) liefert eine Explikation dessen, worauf sich die Partizipationsnorm legitimatorisch bezieht: „By definition, then, the democratic assocation states the desirability of and makes provision for the active participation of all members, that is, for their regular and frequent attendance at meetings, their taking part in discussion, their working an committees and holding office at some time: in short, for their participation in the formulation and realization of policy.“ Ein weiteres, aus den insgesamt recht eng gezogenen Teilnahmemöglichkeiten außerhalb der Parteien abgeleitetes Argument läuft noch darauf hinaus, daß gerade in den Parteien die Partizipationschancen möglichst extensiv strukturell verankert sein müssen, weil für den Bürger „das staatliche System in aller Regel nur über die Parteien „erreichbar” ist“ (Ellwein/Lippert/Zoll 1975: 130).

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  70. Für ein Analysekonzept effektiver Partizipation siehe auch Wolf-Dieter Narr (Narr/Naschold 1971: 158 f.). Ulrich von Alemann (1972: 185) erweitert den partizipatorischen Demokratieansatz um die Angabe jener Bedingungen, unter denen es sich innerparteilich realisieren läßt. Sie lauten: „Politische Parteien sind responsive, wenn sie das Bedürfnis der Mitglieder zu direkter Beteiligung am Prozeß der Entscheidungsbildung berücksichtigen, indem sie Politisierung und politische Erziehung fördern, multiple, autonome Kommunikationskanäle bereitstellen und so organisierte politische Aktivität erleichtern und stimulieren.“

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  71. Frieder Naschold,dessen Ansichten verschiedenenorts schon in unsere Arbeit eingeflossen sind, versucht über einen informationstheoretisch verwurzelten, entscheidungstypologischen Ansatz jene strategischen Demokratisierungsspielräume in Organisationen theoretisch aufzuspüren, die je nach Entscheidungssituation mehr oder minder extensiv für die Partizipation von Organisationsmitgliedern genutzt werden könnten. Die Modellanalyse erfolgt dabei unter dem Blickwinkel, eine „Steigerung organisationsinterner Demokratie bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung, wenn nicht gar Steigerung der Leistung“ (1969: 10) herbeizuführen. Nur leidet dieser Konzertierungsansatz von Leistung und Demokratie generell darunter, daß er sich auf einer rein formal-abstrakten Ebene informations-und entscheidungstheoretischer Argumentation bewegt (ebda: 56 ff.), während er tatsächlich bestehende oligarchische und disparitäre binnenorganisatorische Einfluß-und Machtverhältnisse auch im Rahmen von Entscheidungssituationen und -abläufen nicht mit in die Partizipationsausweitungsanalyse einbezieht, was allerdings für das Durchsetzungsproblem der „participatory democracy” unerläßlich erscheint. Zudem gelingt es dem als „Systemzielmodell“ ausgeworfenen Analyseansatz nur schein-bar, das für Parteien sicherlich zentrale Kompatibilitätsproblem von innerparteilicher partizipatorischer Demokratie und Organisationseffizienz zu lösen, indem über ein formales Differenzierungsschema von Entscheidungsarten sich „Leistungssteigerung wie Demokratisierung eines Systems simultan verbinden” lassen (1968: 516), da Naschold den Begriff der Partizipation mehrdeutig und den der Leistung als Leerformel benutzt (vgl. Dieter Oberndörfer 1971: 587), wobei beide vor dem organisationstheoretischen Hintergrund eines unternehmerischen SystemUmwelt-Konzepts in Beziehung gesetzt werden. Führt man sich den Managementbezug der Nascholdschen Argumentation (1969: 65) vor Augen — der nur durch einen speziell für die Parteienforschung untauglichen allgemeinen Organisationsbegriff (ebda: 11) überdeckt wird —, dann zeigt sich alsbald, daß mit dem Begriff der Leistung inhaltlich nur eine betriebswirtschaftliche Nutzen-Kosten-Relation, gemessen am Output bzw. Gewinn eines Unternehmens, gemeint sein kann, und mit Partizipation jene aus der Human-Relations-Schule hervorgegangene Überlegung, mit dosierten Erweiterungen von Partizipationsspielräumen bei der Arbeitsplatzgestaltung und dem Vollzug von oben kommender Arbeitsanordnungen den Output eines Unternehmens zu steigern (ebda: 67 f.). Die innerparteiliche Demokratieforschung kann aus diesem Ansatz so gut wie keine brauchbaren Erkenntnisse schöpfen. Denn zum einen steht die Partizipationsausweitungsstrategie bei Naschold eindeutig im Dienst der Organisationsleistung — also mehr Effizienz durch mehr Partizipation —, die sich an einem Betriebszweck bemißt, der freilich dem Partizipationszugriff der Organisationsbasis entzogen bleiben muß. Dabei wird nicht einmal thematisiert, ob diese Art von Partizipationsausweitung für die Partizipanten selbst effizient ist. Zum anderen zeigt schließlich die ganze Diskussion, daß sie mit „participatory democracy“ nur entfernt etwas und mit innerparteilicher Demokratie so gut wie nichts zu tun hat, weil für Parteien sowohl der Partizipations-als auch der Leistungsbegriff mit anderen Inhalten — adäquat für normative Freiwilligenorganisationen — versehen werden müssen. Für eine gründliche Kritik des Nascholdschen Konzertierungsansatzes von Demokratie und Effizienz aus unterschiedlicher Richtung siehe Dieter Oberndörfer (1971: 577 ff.) und Wolf-Dieter Narr (Narr und Naschold 1971: 27 ff., 158 ff.). Zum auf verstärkte Arbeitsmotivierung und Betriebsidentifikation abzielenden Partizipationskonzepte des Human-Relations-Ansatzes am Arbeitsplatz siehe C. J. Lammers 1967: 203 ff.

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  72. Für einen Integrationsansatz transmissivtr und integrationistischer Willensbildungsvorstellungen siehe Helmuth Pütz 1974: 17. Er schreibt: „Innerparteiliche Demokratie erschöpft sich nicht in der Schiedsrichterrolle der Mitglieder im Konkurrenzkampf um die Parteiführung. Auch ist die Verfassung von Massenparteien nur denkbar als Repräsentativverfassung, allerdings mit dem Ziel größtmöglicher Mitgliederpartizipation im Willenbildungsprozeß. Wenn auch innerparteiliche Demokratie nicht ausschließlich mit der Willensbildung von unten nach oben gleichgesetzt werden kann und das Verständnis von innerparteilicher Demokratie mit der Idee einer demokratischen Repräsentativverfassung vereinbar sein muß, so bleibt doch die permanente Frage, ob die faktischen Verhältnisse in unseren Parteien im Rahmen unserer demokratischen Gesellschafts-und Staatsordnung demokratischen Anforderungen entsprechen. Die Antwort auf diese Frage und das kontinuierliche Reformziel liegen im Grad der Mitgliederpartizipation am Willensbildungsprozeß, in der umfassenden Information der Parteimitglieder, in den Kontrollmöglichkeiten der Mitglieder über die Führungsgruppen bis zu deren Abberufung, in der Möglichkeit zur öffentlichen Austragung von Meinungsverschiedenheiten und auch in der Chance zur Meinungsbildung von unten nach oben.“

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  73. Daß das Pluralismusmodell parteiinterner Demokratie überhaupt zu funktionieren vermag, wird von Jürgen Seifert (1960: 768 f.) mit dem Argument angezweifelt, daß es nicht zu den Eigentümlichkeiten der modernen Massenparteien gehöre, internen Oppositionsbildungen echte Überlebungschancen einzuräumen.

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  74. Gemessen an der These, daß das Konfliktmodell innerparteilicher Opposition als „angemessenes Organisationsmodell zur Annäherung an radikaldemokratische Normen verstanden werden kann“ (Raschke 1975: 19), weisen die Befunde Raschkes im Rahmen seiner Oppositionsstudie der Berliner SPD in eine andere Richtung. Denn „radikaldemokratische Normen” haben angesichts der faktischen Oligarchisierung auch der Oppositionsführungen, insbesondere wenn man sie an Partizipationsausweitungseffekten bemißt, das Nachsehen. Siehe Raschke 1974: 108 ff., 274 ff.; 1975: 22 ff. Für die demokratiefördernden Erfordernisse innerparteilicher Oppositionsbildung vgl. auch Bodo Zeuner 1970: 117.

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  75. Wie wenig über das Beispiel der Berliner SPD hinaus im Rahmen einer Partei wie der SPD innerparteiliche Demokratiewerte Geltung finden, die allein von der offiziellen Parteilinie ab-weichende Meinungen hinzunehmen bereit sind, belegt eindrucksvoll Klaus Günther 1973: 24 ff.

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  76. Dies ist in einer Kurzform der sich auf die Rolle des Abgeordneten beziehende Gehalt der These vom parteienstaatlichen Strukturwandel des repräsentativen Parlamentarismus, wie sie von Gerhard Leibholz entwickelt wird. Sie führt ihn, wie einleitend schon ausgeführt wurde, zur Bejahung des faktischen als auch juristisch-normativen Primats des „massendemokratischen Parteienstaats“ über den mit ihm nicht mehr kompatiblen und obsoleten liberalen Parlamentarismus, einem Produkt und adäquate Strukturform des vorangegangenen vordemokratischen, bürgerlichen 19. Jahrhunderts. Über die Demokratisierung des Wahlrechts und als Kind des massendemokratischen Zeitalters im 20. Jahrhundert wandelt der Parteienstaat die Rolle des Abgeordneten faktisch und legitimatorisch grundlegend. Über sein Parteimandat verliert er nicht nur seine Unabhängigkeit, sondern auch „die Legitimität, eine von der Partei und Fraktion grundsätzlich abweichende Linie in der Politik zu verfolgen” (Gerhard Leibholz 1951: C7). Die Unterwerfung des Abgeordneten unter den Parteiwillen geht sogar so weit, daß er konsequenterweise mit seinem möglichen Ausschluß aus der Partei den Verlust seines Abgeordneten-Mandats zu vergegenwärtigen hat. „Der recall ist daher institutionell mit dem modernen massenpolitischen Parteienstaat aufs engste verbunden“ (ebda: C8). Diese mit dem Argument der notwendigen Homogenität von Partei und Fraktion begründeten Rechtfertigungsposition eines gebundenen Parteienmandats des heutigen Abgeordneten, dem die Wähler nur in einem plebizitären Akt der Wahl ihre Zustimmung geben, vertritt Leibholz bis heute noch mit einer sprichwörtlichen Beharrlichkeit. Erst jüngst wieder (1978: 36 ff.) legt Leibholz Zeugnis davon ab, wie sehr er Wort für Wort seinen vor Jahrzehnten formulierten Gedanken die Treue hält.

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  77. Für solch ein langfristig als realisierbar betrachtetes, recht detailliertes Organisationsmodell des imperativen Mandats auf der Basis abgestufter Instruktions-und Sanktionierungsrechte lokaler Parteiorganisationen gegenüber ihrem Abgeordneten siehe Udo Bermbach 1974: 76 ff.

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  78. Deutlich wird bei dieser zirkulären Argumentation Michels,daß, wie Philip J. Cook 1971: 786 bemerkt, mit seinem identitären Demokratiebegriff das kleinste faktische Abrücken von der Norm direkter Volksherrschaft bereits ex definitione der Abschaffung bzw. Beseitigung von Demokratie gleichkommt. Umgekehrt formuliert muß man sogar sagen, daß selbst nach Michels eigenen Worten dieses Konzept nicht die Spur einer Realisierungschance besitzt. Denn „das durchschlagendste Argument gegen die Souveränität der Masse liegt in dem Hinweis auf ihre mechanische und technische Unausführbarkeit (Robert Michels 1970: 29).

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  79. Über die Strukturformen und Ursachen partei-und organisationsinterner zentralistisch-bürokratischer Oligarchiebildung und den dabei angewandten Techniken oligarchischer Herrschaftssicherung geben insbesondere Philip Selznick 1943: 51 ff. und Maurice Duverger 1959: 166 ff. Auskunft. Sie füllen damit eine Lücke im Hinblick auf die Frage, durch welche Strukturmerkmale sich eine Oligarchie auszeichnet, worauf Michels nur unbefriedigende Antworten gibt. James L. Payne konzeptualisiert in diesem Zusammenhang Oligarchie auf der gesellschaftlichen Ebene als ein gruppenspezifisches Macht-Attibutionsmodell (1968: 439). Oligarchisch ist eine identifizierte Gruppe dann, wenn sie über folgende vier distinktive Macht-Attribute verfügt: „I. power as the extended tenure of political office; II. power as the ability to prevail against other members of society an selected issues; III.power as the ability to control opinion so that other members of society do not oppose the group’s position; IV. (an attribute that, as argued below, embodies a fallacy) power as a group’s presumed ability to cause any state of affairs from which it benefits“ (ebda: 441). Auf innerparteiliche Machtverhältnisse übertragen verspricht dieses Oligarchiebestimmungskonzept einige Brauchbarkeit.

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  80. Was Robert Michels als Elitentheoretiker im Hinblick auf die Binnenanalyse herrschender Eliten von Pareto und Mosca unterscheidet und damit auch für die Denkschule demokratischer Elitenherrschaft nicht mehr akzeptabel macht, ist sein Fusionsmodell „amalgamierender“ Elitenherrschaft, das èr deutlich gegen die seines Erachtens unzutreffende Vorstellung der „Zirkulation von Eliten” abgrenzt (1970: 352). Seine Begründung: „Früher oder später endet der Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Cliquen. in den herrschenden Klassen stets mit der Versöhnung, zu dem — unbewußten — Zweck, sich auf diese Weise das Dominium über die Massen zu teilen bzw. zu erhalten“ (Michels 1975: 110). — Eine Position, die sowohl die Offenheits-, Pluralismus-und Au stauschbarkeitsannahme, kurzum das Stratarchiemodell parteiinterner demokratischer Elitenherrschaft in Zweifel zieht.

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  81. Die Kritik an Michels spaltet sich bezeichnenderweise in zwei Richtungen. Die eine, die. im integrationistischen Denkansatz verwurzelt ist, nimmt vorrangig an seinem identitären Demokratiebegriff und geschlossenen Oligarchiemodell Anstoß. Siehe hierzu C. W. Cassinelli 1953: 778 f.; John D. May 1965: 419; Juan Linz 1968: 266 f.; Ulrich Lohmar 1968: 110 ff.; Peter Y. Medding 1970: 8 ff. und Gordon Hands 1972: 158 f. Die andere — transmissionsparadigmatisch beeinflußte — Richtung kritisiert vor allem die ahistorische Hypostasierung des ehernen Gesetzes der Oligarchie und die massenpsychologischen Anleihen in den Aussagen Robert Michels. Siehe Georg Lucâcs 1928: B14; Alexander Schifrin 1968: 524 ff.; Frieder Naschold 1969: 13; Rolf Ebbighausen 1969: 37 ff und Bodo Zeuner 1970: 106.

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  82. Bei aller Psychologisierung des Führer-Gefolgschaftsverhältnisses bei Robert Michels steht er der klassentheoretischen Argumentation keineswegs fern. Man könnte sogar, überspitzt formuliert, das eherne Gesetz der Oligarchie auch als dichotomes Klassenkonzept in dem Sinne deuten, daß die ausgebeutete proletarische Klasse, die mittels der Partei gegen die herrschende Klasse antritt, aus ihrer eigenen Mitte heraus eine herrschende Klasse generiert, die mikrokosmisch das externe Ausbeutungs-und Unterwerfungsverhältnis kapitalistischer Herrschaft in der Binnenstruktur der proletarischen Klassenpartei reproduziert. Die parteiinterne Oligarchie wird zur bürgerlichen Klasse, weil sie sich die Produktionsmittel der Partei aneignet; sie parlamentarisiert sich und wird auch nach außen hin zu einem integralen Bestandteil jener herrschenden bürgerlichen Klasse, zu deren Niederwerfung die proletarische Massenpartei einst angetreten ist. Zur klassentheoretischen Argumentationsweise Robert Michels vgl. auch Cook 1971: 791 f. und Wilfried Röhrich 1972: 31 ff., 50.

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  83. Für die entdemokratisierenden Handlungsgesetzmäßigkeiten von modernen wählerorientierten Volksparteien entwickelt Heinz Fischer folgenden Ablaufzirkel: „Entideologisierung und Entpolitisierung stärken die (auch so vorhandene) Tendenz zur Personalisierung politischer Entscheidungen; diese Personalisierung vergrößert naturgemäß die „persönliche Haftung“ des Betreffenden für Erfolg oder Mißerfolg. Und diesem Ausmaß an persönlicher Haftung entspricht logischerweise — man müßte fast sagen notwendigerweise — ein entsprechend hohes Maß an Alleinentscheidung” (1974: 67). Vgl. auch die ähnliche Argumentation bei Friedrich J. Bröder 1970: 1170.

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  84. Das Verhältnis der jüngeren transmissionsparadigmatischen Parteienforschung zu Robert Michels ist alles andere als besonders eng oder gar intellektuell anregend. Im Gegenteil wird er kaum noch kritisch rezipiert, vielleicht nicht einmal gründlich gelesen, seitdem er weit intensiver von integrationistischer Warte aus rezipiert, aber zugleich weitestgehend von seinem sozialistischen parteientheoretischen Grundverständnis abstrahiert und über den Rekurs auf seine spätere Entwicklung zum faschistischen Elitentheoretiker in eine Reihe mit Pareto und Mosca gestellt wurde. So hat Michels nach dem zweiten Weltkrieg der integrationistischen Parteienforschung in kritischer Abgrenzung weit mehr an intellektuellen Anregungen eingebracht als jener Denkschule, für die sein Name größtenteils paradigmabildend einsteht.

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  85. Als wirksamen Schutz zur Abschirmung des etablierten und kartellisierten Verhandlungssystems pluralistischer Gruppenkonkurrenz mit seiner Bindung an den status quo vor politischer Willensbildungseinflüssen nennen Streeck und Streeck (1972: 42 f.) drei Voraussetzungen: „die Parteispitze muß in der Lage sein, Mitgliederwillen und Wählerstruktur nicht als politische Instruktionen zu betrachten... Die Partei muß… versuchen, ihre wirkliche Politik und die Motivierung ihrer Mitglieder voneinander zu trennen. Drittens müssen die Ziele der systemkonformen Partei ohne Mobilisierungsprozesse formulierbar und durchsetzbar und die von ihr vertretenen Bedürfnisse vor allem solche Bedürfnisse sein, die dem eingelebten Selbstverständnis individualisierter politischer Konsumenten, dem faktisch vorhandenen Bewußtsein vordringlich erscheinen“.

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  86. In empirischer Hinsicht ist es weitgehend unumstritten, daß die Mandatsträgerorganisation der Partei, die Fraktion bzw. die Partei im Parlament, gegenüber der Parteiorganisation außerhalb der parlamentarischen Gremien eindeutige Überlegenheit genießen. Siehe hierzu die Belege bei Renate Mayntz 1955: 59; Heinz Josef Varain 1964: 347; Christoph Müller.1966: 12; Arthur B. Gunlicks 1967: 278 f.; Ulrich Lohmar 1968: 74 ff.; Frank Sorauf 1968: 350; Fritz Bieligk u. a. 1931: 76 f.; Peter Haungs 1973: 513; Rolf-Peter Lange 1973: 166;’Harry Nowka 1973: 135, 139; Richard Rose 1974b: 264 ff.; T. Forester 1976: 54 ff. und Grube, Richter und Thaysen 1976: 81, 187. Allerdings müssen diese empirisch orientierten Befunde dahingehend differenziert werden, daß, so sehr auch Fraktionen von den Mitgliederorganisationen unabhängig sein mögen, einerseitsdie fraktionsinterne Willensbildung weitestgehend von oben nach unten vorprogrammiert und gesteuert wird, und daß andererseits zwischen den engeren Fraktions-und Parteispitzen überkreuzte Personalverschränkungen bestehen, bei denen kaum eindeutig zu klären ist, ob wesentliche Entscheidungen mehr in den Fraktions-oder Parteispitzengremien fallen.

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Wiesendahl, E. (1980). Demokratische Parteien und die Parteiendemokratie. In: Parteien und Demokratie. Sozialwissenschaftliche Studien, vol 18. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01374-7_5

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