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„Gemeinschaft und Gesellschaft“ und die Kritik der Gebildeten am deutschen Kaiserreich

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Hundert Jahre „Gemeinschaft und Gesellschaft“

Zusammenfassung

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs schreiben Historiker häufig über die Kritik der Gebildeten am deutschen Kaiserreich. Und zwar mit gutem Grund: Das kaiserliche Deutschland mit seiner raschen Wandlung von einer traditionellen zu einer modernen Gesellschaft schien in vieler Hinsicht die Probleme und Möglichkeiten, die Freiheiten und die Gefahren des zwanzigsten Jahrhunderts vorwegzunehmen. Seine gebildete Schicht beobachtete diesen Wandel mit einem hohen Grad an Reflektiertheit und hinterließ eine Fülle von kritischen Schriften, die uns immer noch direkt ansprechen. In ihrem Eifer, die Aktualität der Vergangenheit zu entdecken, haben Historiker in dieses Thema aber eine Einheit und Geradlinigkeit hineingelesen, die es nicht hatte. So entdecken wir Beweise für die „Politics of Cultural Despair“, von Angst und Abscheu gegenüber der Massengesellschaft (Fritz Stern, 1965). Aber wir können auch ein Bekenntnis zur Industrialisierung und Technologie ebenso wie die Bejahung der wachsenden Rolle der Massen in der Politik und eine Sympathie für die Aspirationen der Arbeiter finden. Eine so große Schicht wie das gebildete Bürgertum im kaiserlichen Deutschland widersetzt sich schneller Verallgemeinerung.

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Literatur

  1. Für zwei Kritiken an Tönnies aus der Perspektive der Modernisierungstheorie siehe Peter Gay (1968, S. 80) und Ralf Dahrendorf (1967, S. 127 – 131).

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  2. Zur Krise des Liberalismus Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre siehe James J. Sheenan (1978, Kap. 5); Dan White (1976); Heinrich August Winkler (1978) und James C. Hunt (1978).

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  3. Zu Tönnies’ Liberalismuskritik siehe Ferdinand Tönnies/Friedrich Paulsen (1961a, Briefe vom 9. Juli 1878, S. 28 ff.; 29. Sept. 1878, S. 46 ff ; 7./8. Okt. 1878, S. 51–52; 29. Aug. 1880, besonders S. 86; und 6. März 1881, S. 109). Der Kontrast zwischen Tönnies’ Begriffsschema und liberaler Sozialtheorie wird in Tönnies’ Brief vom 9. Jan. 1881 deutlich (Ferdinand Tönnies/Friedrich Paulsen, 1961a, S. 101–102; vgl. Ferdinand Tönnies, 1979, S. 198–200).

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  4. Tönnies an Lily Braun, 30. Okt. 1892, im Tönnies-Nachlaß der SchleswigHolsteinischen Landesbibliothek (Ferdinand Tönnies, o.J.).

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  5. Vgl. hierzu insbesondere den Bericht über die Eisenacher Tagung im August 1893 ([Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur], 1893, S. 280, 287, 295f.) und den Bericht über den Berliner Gesellschaftstag im Jahre 1894 (Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur, 1894). Für Tönnies’ Engagement in der Deutschen Gesellschaft für ethische Kultur siehe auch seine zahlreichen Aufsätze, Artikel, Berichte und Besprechungen in der Berliner Wochenzeitschrift „Ethische Kultur“. Bereits der erste Jahrgang (1893) verzeichnet einen umfassenden Aufsatz, einen Artikel, zwei Rezensionen und einen Tagungsbericht. Vgl. auch seine Broschüre „Ethische Cultur und ihr Geleite“ (Ferdinand Tönnies, 1893a, S.13,17, 28 f.; auch 1893b).

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  6. Auch war die Mitgliedschaft der Gesellschaft nicht gerade umfangreich. So gehörten während der frühen neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts nur etwas mehr als tausend Mitglieder der Gesellschaft an. Der Bericht über den Gesellschaftstag (13. -15. Oktober 1894 in Berlin) nennt die Zahl von 1611 Mitgliedern. Vgl. Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur (1894, S. 335).

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  7. Tönnies brachte am dritten Tag der Gesellschaftstages in Berlin den nachfolgenden Antrag ein und begründete ihn ausführlich: „Der Gesellschaftstag wolle beschließen: Nachdem die 19. Sektion des Kongresses für Hygiene und Demographie sich am 5. Sept. 1894 zu Budapest prinzipiell für den Achtstundentag und für die Abschaffung der Nachtarbeit ausgesprochen hat, nimmt die D.G.E.K. mit Genugthuung von dieser Thatsache Akt und erklärt, daß diese Reformen auch ethisch notwendige seien, mithin ihre entschiedene Unterstützung fordern.“ (Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur, 1894, S. 336). Der Bericht über den Gesellschaftstag vermerkt hierzu u.a.: „Die große Mehrheit der Delegierten sprach sich gegen den Antrag Tönnies aus. Sie erklärte sich zwar für die Verkürzung der Arbeitszeit, beanstandete aber den Ausdruck ‚Achtstundentag‘ als das Schlagwort einer Partei ...“ (336).

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  8. Selbst die Rezensenten der Erstausgabe bewunderten Tönnies’ Wissen und Scharfsinn. Siehe die Rezensionen von Gustav Schmoller (1888); Friedrich Paulsen (1888); Herbert Blunt (1888) und Émile Durkheim (1889).

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  9. Zu Lagarde siehe Ferdinand Tönnies/Friedrich Paulsen (1961a, passim) und Tönnies’ Brief an Lagarde vom 8. Jan. 1884 im Lagarde-Nachlaß (Paul de Lagarde, o.J.). Lagardes Aufruf zur Wiederbelebung des deutschen Nationalbewußtseins gegenüber behielt Tönnies kritische Distanz, wie man aus dem folgenden Absatz eines Briefes an Paulsen ersehen kann (der nicht in den Tönnies-Paulsen-Briefwechsel aufgenommen wurde): „Lagarde 2. Bd. bekam ich von meinem Leipziger Buchhändler, von dem ich mehrere Exemplare des ersten zum Verschenken gekauft habe. Es ist auch in diesem viel Eindringliches enthalten, er tritt aber mit seinen Plänen in einer Zuversichtlichkeit auf, von der ich zweifle, ob sie nur der Wirkung halber angenommen ist oder wirklich den Urheber beseelt. Dabei erkennt er auch jetzt nicht, wie mich dünkt, den ursächlichen Zusammenhang der Dinge und daß alles Gute mit einer ökonomisch-rechtlichen Revolution anheben müßte.“, Tönnies an Paulsen, 10. März 1881, im Tönnies-Nachlaß (Ferdinand Tönnies, o.J.).

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  10. Siehe auch Tönnies an Paulsen, 21. Okt. 1880; 27. März 1881; undatierter Brief — zwischen dem 15. März und dem 4. Mai 1889, wahrscheinlich nie abgeschickt — (Ferdinand Tönnies/Friedrich Paulsen, 1961a, S. 94 f.; 120 f., 265 f.).

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  11. Diese Ambivalenz charakterisiert Tönnies’ Werke „Ethische Cultur und ihr Geleite“ und „Der Nietzsche-Kultus“. Siehe auch den Brief von Tönnies an Elisabeth Förster-Nietzsche vom 1. Sept. 1900 in: Cay von Brockdorff (1937, S. 14–16).

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Lars Clausen Carsten Schlüter

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© 1991 Leske + Budrich, Opladen

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Liebersohn, H. (1991). „Gemeinschaft und Gesellschaft“ und die Kritik der Gebildeten am deutschen Kaiserreich. In: Clausen, L., Schlüter, C. (eds) Hundert Jahre „Gemeinschaft und Gesellschaft“. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01367-9_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-01367-9_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-663-01368-6

  • Online ISBN: 978-3-663-01367-9

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