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Zusammenfassung

Während und nach den jugendlichen Protestbewegungen der ausgehenden sechziger Jahre hat die Zahl der Arbeiten über Verhaltens und Reaktionsweisen Jugendlicher und über theoretische Ansätze zu ihrer Erklärung so an Umfang zugenommen, daß ein Überblick nur noch selektiv möglich ist. Gleichzeitig mehrten sich die erzieherischen und politischen Reaktionen auf die Proteste. Neben der Umsetzung der Unruhen in reformerische Bestrebungen wurden die Proteste auch durch ‚sekundäre Institutionalisierungen’ eingeschnürt oder durch soziale Kontrollen gelenkt und abgewehrt. Immer häufiger fand der Begriff ‚Jugendpolitik‘ Verwendung und brachte damit ins öffentliche Bewußtsein, daß es in einem die einzelnen Felder der sozialen Praxis von Jugendhilfe und Jugendarbeit übergreifenden Rahmen ein speziell auf die Jugend gerichtetes politisches Handeln gibt1. Die Jugendprobleme zeigten sich als eine gesamtgesellschaftliche Frage, „als Aufgabe der Erkenntnis, Zielsetzung, Planung und ‚policy‘, d. h. Durchführung des Planes im Detail politischer und verwaltungsmäßiger Entscheidungen, aber immer unter Befassung der höchsten Führungskräfte der Gesellschaft und mit dem ständig zu wiederholenden Versuch, das allgemeine Interesse und Verständnis für Jugendfragen zu wecken“ (Rosenmayr 1969, S. 73).

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Anmerkungen

  1. Die Suche nach Hinweisen zum Begriff Jugendpolitik in Lexika, Handwörterbüchern und Bibliographien ist recht aufschlußreich. Bis auf die einschlägige »Dokumentation Jugendforschung, Jugendhilfe, Jugendpolitik des Deutschen Jugendinstituts (siehe Literaturverzeichnis) wird die Jugendpolitik durchweg in Bibliographien nicht beachtet. Dies hst seine Ursache zunächst im einfachen Umstand, daß es nur ganz wenige Buchtitel gibt, in denen der Begriff Jugendpolitik benutzt wird: so in den Publikationen von Dübel 1964 und Keil 1969. Mag es noch ein Zufall sein, daß eine weitverbreitete und in hohen Auflagen erschienene Bücherkunde zur Politischen Bildung selbst die bekannte Arbeit von Keil (1969) nicht führt und Jugendpolitik auch im Sachregister nicht kennt (Politische Bildung. Eine Bücherkunde 1971), wohl aber den Begriff Familienpolitik führt, so erscheint Jugendpolitik in speziellen Bibliographien zur Politik (z. B. BracherfJacobsen 1970, wo die Familienpolitik mit Wingen 1966 vertreten ist) wohl deshalb nicht, weil sich die Jugendpolitik erst in den letzten Jahren als eigenständige Teüpolitik etabliert hat. Darüber hinaus wundert es nicht, daß auch Teügebiete der Jugendpolitik (Jugendhilfe, Jugendschutz etc.) durchweg keine Beachtung finden. Dies verweist auf das geringe Interesse, das die Politikwissenschaft derartigen Teübereichen des politischen Handelns bislang entgegengebracht hat. In einschlägigen pädagogischen Nachschlagewerken sind die Hinweise auf die Arbeitsfelder der Jugendhilfe dagegen kaum zu übersehen und recht vielfältig. Das Stichwort Jugendpolitik findet man jedoch in der Regel nicht, was darauf hindeutet, daß man die Jugendhilfe, ihre Institutionen und ihr erzieherisches Handeln in der Vergangenheit nur selten in politische und allgemein gesellschaftliche Zusammenhänge einordnete. Ausnahmen bilden hier die Artikel von Rothe im Staatslexikon (1959) und Pöggeler im Lexikon der Pädagogik (1970), die die Jugendpolitik teilweise auf die Jugendhilfe reduzieren und insgesamt sehr verkürzte Definitionen bieten.

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  2. Bislang haben sich erst wenige Arbeiten dem Gesamtkomplex der Jugendpolitik gewidmet (u.a. Keil 1969 und Dehler 1973, beide allerdings unter speziellem Bezug auf den Bundesjugendplan). Bei der längeren Tradition sozialwissenschaftlicher Jugendforschung im deutschen Sprachraum (dazu Rosenmayr 1962 und1969) mag das zunächst überraschen. Die Sozial Wissenschaften haben sich insbesondere mit zwei großen Themenkomplexen eingehender beschäftigt. (1) Seit der historischen deutschen Jugendbewegung und in nicht geringem Maß von dieser beeinflußt, wurden in kaum noch zu übersehender Fülle Schriften und Studien über die Rolle jugendlicher Gruppen und über Jugendverbände und -Organisationen vorgelegt (vgl. die Angaben bei Seidelmann 1970/1971). Grob vereinfacht läßt sich aber sagen, daß die von den jugendlichen Gruppenbildungen in Deutschland ausgehende Faszination dazu führte, deren Wirkungen auf die Lebenslagen Jugendlicher vor allem von den dort selbstformulierten normativen Postulaten ausgehend zu beschreiben. Forderungen, die Wirkungen empirisch zu untersuchen, blieben bis heute unerfüllt, und es gibt nur wenige Arbeiten, die Ansätze dazu aufgezeigt haben (vgl. Schefold 1972). (2) Insbesondere im Nachkriegsdeutschland dominierte ein zweiter Komplex von Studien, in denen primär Einstellungen, Verhaltensweisen und Meinungen Jugendlicher analysiert wurden. Sie wurden aber weitgehend isoliert von der Fragestellung behandelt, welche Wirkungen gesellschaftliche Großgruppen und Institutionen auf diese Verhaltensweisen und Einstellungen haben. Ein recht illustratives Beispiel dafür ist die Art und Weise, wie man jahrelang das Verhäll-nis von Jugend und Politik thematisierte (stellvertretend: Jaide 1964, 1965, Friedeburg/Hübner 1964, Habermas 1967 oder Menacher 1971). Vorherrschend waren hier Studien, die fast ausnahmslos Fragen des Selbstverständnisses der Jugendlichen in unserer Gesellschaft sowie deren Einstellungen zu aktuellen und zeitgeschichtlich bedeutsamen Gegebenheiten in den Vordergrund stellten. Die Reaktionen der Politik und der Politiker gegenüber der Jugend allgemein und ihren Einstellungen im besonderen schienen offenbar einer näheren wissenschaftlichen Analyse nicht bedürftig. Der entscheidende Grund für die Ausblendung jugendpolitischer Fragestellungen aus der Jugendforschung liegt m. E. aber in ganz bestimmten historisch-politischen Umständen: in den Erfahrungen einer totalitären Jugendpolitik der NS-Zeit und in der Konfrontation mit der Jugendpolitik in dfer DDR. Die sich daraus entwickelnden ideologisch-politischen Hemmungen, über Jugendpolitik zu sprechen, spiegeln sich auch in der Definition der Jugendsoziologie bei Schelsky wider. In Abgrenzung von der gesamtgesellschaftlichen Perspektive Mannheim notierte er: „Hier herrscht eine Gleichheit des Erkenntnisansatzes von den politischen Volkslehren der Romantik bis zu der des Nationalsozialismus, von der revolutionär-marxistischen Auffassung der Jugend bis zum gesellschaftlichen Planungsdenken Mannheims. Die Unterschiede, die in diesen Auffassungen der Jugend zutage treten, sind daher weniger in Verhaltens- und Rollenänderungen der Jugend als in der unterschiedlichen politisch-sozialen Grundstruktur oder gar politischen Programmatik begründet (1963, S. 26). Schelskys Auffassung gemäß hat der jugendsoziologische Ansatz zunächst die Jugend als einen relativ autonomen Gegenstand zu begreifen, „als eine Form oder ein Gefüge des Verhaltens, dessen soziale Bestimmtheit und Formierung zu erforschen, seine primäre Erkenntnisabsicht ist. Das geschieht in der Weise, daß er soziale Zusammenhänge und Tatsachen als determinierende Faktoren des Jugendverhaltens heranzieht und erkennt. Im Verhältnis zum gesamtgesellschaftlichen Aspekt ist diese soziologische Fragestellung eingeschränkter und konzentriert sich auf einen relativ isolierten Gegenstand Jugend, konstituiert damit aber auch erst die Selbständigkeit einer sozialwissenschaftlichen Teildisziplin,Jugendsoziologie4 (1963, S. 25). Die Skepsis und Voreingenommenheit gegenüber der gesamtgesellschaftlichen Perspektive ist hier deutlich zu erkennen. Die daraus resultierende unzureichende Definition des Gegenstandes der Jugendsoziologie (Friedrichs 1973 b, S. 167) hat in den letzten zwei Jahrzehnten dazu geführt, daß sich die Jugendforschung weitgehend jenseits von Jugendarbeit und Jugendpolitik etablierte, wie die jüngste Kritik an der Isolation der Jugendsoziologie als Bindestrich-Soziologie betonte (Neidhardt 1973, S. 179). Ursprünglich politische Hemmnisse, den Gegenstand Jugendpolitik zu beachten, fanden in einer perspektivisch verengten Jugendforschung ihre Fortsetzung. So fand man auch in Übersichten und Literaturberichten (z. B. Markefka 1967 und Müller 1967) kaum mehr als knappe Hinweise auf die Existenz einer Jugendpolitik. In jüngster Zeit ist jedoch die gesamtgesellschaftliche Betrachtung des „Systemverhältnisses zwischen Jugend und Gesellschaft (Rosenmayr 1969, S. 71) aktualisiert worden. Wenn sich die Jugendsoziologie als ein „interinstitutionelles und interorganisationelles Studium konstituieren soll, dann ist es ihre Aufgabe, die Wirkungen der verschiedenen gesellschaftlichen Einrichtungen auf die Jugend differenziell und systematisch zu untersuchen (Rosenmayr 1972, S. 416).

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© 1976 Leske Verlag + Budrich GmbH, Opladen

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Nikles, B.W. (1976). Einleitung. In: Jugendpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-00100-3_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-00100-3_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-663-00101-0

  • Online ISBN: 978-3-663-00100-3

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