Im Folgenden wird erstmalig die innere Tonio Kröger-Übersetzungsgeschichte aufgearbeitet, indem die Einzelschritte des vierschrittigen Algorithmic Criticism samt den jeweiligen Ergebnissen ausführlicher vorgestellt werden. Die vier Analyseschritte beziehen sich dabei im Sinne eines Scalable Reading sukzessive auf unterschiedliche Skalierungsebenen, beginnend mit einer vorwiegend quantitativen Makroanalyse der Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen den Gesamttexten und abschließend mit einer qualitativ-vergleichenden Mikroanalyse ausgewählter Übersetzungstokens in sämtlichen Übersetzungsvarianten. Erst, nachdem alle Analyseschritte bzw. die jeweiligen Ergebnisse vorgestellt wurden, erfolgt dann der Rückbezug der Erkenntnisse zur inneren Übersetzungsgeschichte auf die im vorherigen Kapitel herausgearbeiteten Ergebnisse zur äußeren Übersetzungsgeschichte.

5.1 Vergleich auf der Ebene der Gesamttexte

Im ersten der vier Analyseschritte wurden zunächst zwei unterschiedliche Vergleichshierarchien auf der Korporaebene entworfen, die thematische Ähnlichkeitswerte bezüglich der Gesamttexte bestimmen. Sie basieren auf den jeweils für die Gesamttexte berechneten Mittelwerten der thematischen Ähnlichkeitswerte s_min3 und s_min2, wogegen der ebenfalls in der entsprechenden SQL-Abfrage (s. Anhang 9.1.1 EZM) enthaltene Wert max(s_min3) nicht berücksichtigt wurde. Die Berechnungsergebnisse für sämtliche Korporapaarungen wurden tabellarisch aufbereitet, die so entstandenen Tabellen (s. Tab. 5.1–5.4 EZM) dupliziert und jeweils nach avg s_min2 und nach avg s_min3 sortiert. Hierdurch entstanden Ähnlichkeitshierarchien, die alle möglichen Korpora- bzw. Textpaarungen in absteigender Sortierung darstellen – von der am stärksten ausgeprägten zur am schwächsten ausgeprägten quantitativen Ähnlichkeit.

Die Analyseergebnisse wurden infolgedessen in zwei Ähnlichkeitstypen eingeteilt: In denjenigen Fällen, die sowohl für avg s_min2 als auch für avg s_min3 quantitativ ausgeprägte Ähnlichkeitsbeziehungen aufweisen (Ähnlichkeitstyp 1), ist davon auszugehen, dass diese Ähnlichkeitsbeziehungen jeweils sowohl die gesamten Texte als auch einzelne Textbereiche im besonderen Maße charakterisieren. Zusätzlich wurden auch Ähnlichkeitsbeziehungen berücksichtigt, die ausschließlich für avg s_min2, nicht aber für avg s_min3 ausgeprägt sind (Ähnlichkeitstyp 2). Hier ist davon auszugehen, dass die entsprechenden Ähnlichkeitsbeziehungen nur auf der Ebene der Gesamttexte, aber nicht schwerpunktmäßig in einzelnen Textbereichen realisiert sind. Diese Einschätzung liegt in der jeweiligen Charakteristik der Werte s_min2 und s_min3 begründet, die bereits im Methodenkapitel 2 dargelegt worden ist: Fällt s_min3 hoch aus, konzentriert sich eine große Anzahl der den betrachteten Topiczusammenhang realisierenden Tokens auf wenige Absatzdokumente; fällt s_min2 hoch aus, weisen alle Absatzdokumente der untersuchten Korpora insgesamt viele entsprechende Tokenbelege auf. Ist also nur s_min2, nicht aber s_min3 erhöht, ist die entsprechende quantitative Ähnlichkeitsbeziehung zwar auf der Ebene des Gesamttextes realisiert, aber nicht in spezifischen Textbereichen. Allerdings stützen sich die Ähnlichkeitshierarchien nicht auf s_min2 bzw. s_min3, sondern auf deren Durchschnittswerte, da sich s_min2 und s_min3 jeweils nur auf einzelne Topicpaare, die Durchschnittswerte aber auf alle möglichen Topic-Kombinationen eines Korpora- bzw. Textpaares beziehen. Dabei sollten der Gesamttextbezug von s_min2 und der Textbereichbezug von s_min3 auch für die jeweiligen Durchschnittswerte grundsätzlich erhalten bleiben, sofern die entsprechenden quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen nicht nur aus einem einzigen spezifischen Topiczusammenhang resultieren.

Darüber hinaus weisen einzelne Korporapaarungen (Saneyoshi 1927/Satō 1966.7; Satō 1966.7/Ueda 1970; Fukuda 1965/Satō 1966.7) ausschließlich in Bezug auf die avg s_min3-Hierarchie konstant hohe Ähnlichkeitswerte auf (vgl. Tab. 5.6, 5.8 EZM). Hier ist davon auszugehen, dass die entsprechenden Textpaare ausschließlich in bestimmten Textbereichen eine quantitative Ähnlichkeitsbeziehung realisieren; da es jedoch der Anspruch der vorliegenden Analyse ist, im Distant Reading die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen der Gesamttexte (und nicht nur einzelner Textbereiche) zu berücksichtigen, wurden diese Beispiele nicht eingehender untersucht.

Beide Typen von Ähnlichkeitshierarchien wurden außerdem für unterschiedliche Berechnungskonfigurationen erstellt, um möglichst konfigurationsstabile, valide Ergebnisse zu erhalten. Berechnet und verglichen wurden daher die Konfigurationen MISC12KG, MISC20KG, MISC8OG und NVA12OG20. Die Signatur MISC bezieht sich dabei auf den Einbezug aller Wortarten (miscellaneous), während NVA eine Beschränkung auf echte Nomina, Verben und Adjektive nahelegt. Hierauf folgt mit 8, 12 und 20 die Anzahl der jeweils berechneten Topics. Die Signatur KG ist ferner darauf zurückzuführen, dass keine Ober- oder Untergrenzen der Dokumentbeleganzahlen, ab denen ein Term berücksichtigt wird, festgelegt wurden, während sich die Signatur OG darauf bezieht, dass hier nur Terme in die Analyse eingingen, die in weniger als 80 Absatzdokumenten belegt sind (bzw. in weniger als 20 Absatzdokumenten bei OG20). Entsprechend wurden mithilfe dieser vier unterschiedlichen Konfigurationen die Auswirkungen aller relevanten Konfigurationsparameter auf die Ähnlichkeitshierarchien getestet.

Für alle vier Konfigurationen wurde je eine nach avg s_min2 und eine nach avg s_min3 sortierte Ähnlichkeitshierarchie erstellt und anschließend pro Sortierung in je einer Tabelle zusammengeführt (s. Tab. 5.5, 5.7 EZM). Diese tabellarische Übersicht wurde (wie im Abschnitt 2.4.3 bereits thematisiert) vertikal unterteilt in ein oberes, besonders ausgeprägte Ähnlichkeitsbeziehungen repräsentierendes Drittel sowie in ein mittleres und unteres Drittel, in denen moderate oder schwache Ähnlichkeitsbeziehungen verortet sind. Infolgedessen wurde überprüft, welche Korporapaarungen für alle vier Berechnungskonfigurationen eine erhöhte, d. h. im oberen Drittel der jeweiligen Hierarchie lokalisierte Ähnlichkeit bzw. eine im mittleren oder unteren Drittel lokalisierte Ähnlichkeitsbeziehung aufweisen. Hiervon ausgehend wurden für beide Sortierungen diejenigen Korporapaarungen ermittelt, die konstant im oberen oder unteren Drittel verortet, also durch konfigurationsstabile, besonders stark oder besonders schwach ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen charakterisiert sind (s. Tab. 5.6, 5.8 EZM). Sprachübergreifende Korporapaarungen, die sich auf Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen dem deutschsprachigen Ausgangstext und seinen jeweiligen Übersetzungen ins Japanische beziehen, wurden hierbei in die Ähnlichkeitshierarchien integriert, aber bei der vertikalen Drittelung des quantitativen Ähnlichkeitsspektrums separat betrachtet, da sie bis auf wenige Ausnahmen den unteren Abschluss der Ähnlichkeitshierarchien bilden und so in ihrer relationalen Charakteristik klar von den übrigen Textpaarungen abgegrenzt sind. Folglich wurden auch innerhalb dieses separaten Hierarchieabschnittes sprachübergreifende Korporapaarungen ermittelt, die konfigurationsstabil im oberen oder unteren Bereich des Sonderabschnitts lokalisiert sind.

Auf diese Weise konnte für die folgenden Korporapaarungen eine in den Ähnlichkeitshierarchien beider Sortierungsvarianten ersichtliche, sowohl bezüglich der jeweiligen Gesamttexte als auch bezüglich spezifischer Textbereiche relevante, konfigurationsstabile Erhöhung der quantitativen Ähnlichkeitswerte festgestellt werden (vgl. auch im Folgenden Tab. 5.9 EZM): Satō 1966.7 und Takeyama 1941, Saneyoshi 1927 und Takeyama 1941, Toyonaga 1940 und Takeyama 1941, Takeyama 1941 und Kataoka 1973, Kojima 1968 und Takeyama 1941, Ueda 1970 und Takeyama 1941 sowie Fukuda 1965 und Takeyama 1941. Dabei fällt auf, dass sich alle genannten Ähnlichkeitsbeziehungen auf Takeyama Michios 1941 erschienene Tonio Kröger-Übersetzung beziehen, sodass Takeyamas Übersetzungstext zu sieben der vierzehn, d. h. zur Hälfte der übrigen Übersetzungstexte eine besonders ausgeprägte quantitative Ähnlichkeit aufweist.

Ebenso wurden für die folgenden Text- bzw. Korporapaarungen die niedrigsten avg s_min2- und avg s_min3-Werte festgestellt, was eine quantitative Unähnlichkeit sowohl auf der Ebene der Gesamttexte als auch hinsichtlich einzelner Textbereiche nahelegt: Asai 1955 und Maruko 1990, Morikawa 1966.5 und Mukasa 1928, Maruko 1990 und Mukasa 1928, Hirano 2011 und Mukasa 1928, Maruko 1990 und Asai 2018 sowie Maruko 1990 und Hirano 2011. Auch wenn im Falle der quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen keine vergleichbare Fokussierung wie im Falle der Ähnlichkeitsbeziehungen erkennbar ist, betreffen auch diese nur eine begrenzte Anzahl von Texten, zu denen v. a. Mukasa Takeos 1928 veröffentlichte zweitälteste Tonio Kröger-Übersetzung, Maruko Shūheis 1990 publizierte Retranslation sowie Hirano Kyōkos Neuübersetzung von 2011 gehören.

Takeyama Michios 1941 erschienene Übersetzung nimmt darüber hinaus auch in Bezug auf die sprachübergreifenden Ähnlichkeitsbeziehungen insofern eine Sonderstellung ein, als die entsprechende Korporapaarung mit dem Ausgangstext konstant im oberen Drittel der sprachübergreifenden Sonderhierarchie lokalisiert ist bzw. für die Konfiguration MISC8OG sogar höhere Ähnlichkeitswerte aufweist als einige intrasprachliche Korporapaarungen. Da dies für beide Ähnlichkeitshierarchien gilt, ist anzunehmen, dass Takeyamas Retranslation auf der Gesamttextebene und in spezifischen Textabschnitten besonders ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen sowohl zum Ausgangstext als auch zur Hälfte der übrigen Übersetzungstexte realisiert.

Diese Dominanz der Takeyama-Retranslation wird teilweise relativiert, sofern man sich auf die für avg s_min2 erstellte Ähnlichkeitshierarchie bezieht, also auf Ähnlichkeitsrelationen, die ausschließlich für die Gesamttexte festzustellen sind. Hier sind für die folgenden Korporapaarungen konfigurationsstabil erhöhte Ähnlichkeitswerte erkennbar: Takahashi 1967 und Takeyama 1941, Saneyoshi 1927 und Toyonaga 1940, Morikawa 1966.5 und Takeyama 1941, Saneyoshi 1927 und Kataoka 1973, Toyonaga 1940 und Kataoka 1973, Nojima 1968 und Toyonaga 1940, Takahashi 1967 und Toyonaga 1940 sowie Ueda 1970 und Toyonaga 1940. Neben der Takeyama-Übersetzung ist es hier v. a. Takeyamas unmittelbarer Vorgänger Toyonaga Yoshiyuki, auf dessen 1940 publizierten Übersetzungstext sich die gesamttextlichen Ähnlichkeitsrelationen mehrheitlich konzentrieren. Eine vergleichbare Konzentration der quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen ist auch in Hinblick auf das untere Ende der nach avg s_min2 sortierten Ähnlichkeitshierarchie erkennbar: die nur für diesen Hierarchietyp, also nur für die jeweiligen Gesamttexte nachweisbare Unähnlichkeit betrifft insbesondere die Korporapaare Hirano 2011 und Kataoka 1973, Asai 1955 und Hirano 2011, Nojima 1968 und Hirano 2011, Ueda 1970 und Hirano 2011, Morikawa 1966.5 und Hirano 2011 sowie Hirano 2011 und Asai 2018. Folglich beziehen sich die quantitativen Unähnlichkeitsrelationen der Gesamttexte schwerpunktmäßig auf Hirano Kyōkos 2011 erschienene Neuübersetzung.

Die Konzentration der gesamttextlichen quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen auf Toyonaga 1940 sowie der gesamttextlichen Unähnlichkeitsbeziehungen auf Hirano 2011 setzt sich hinsichtlich der sprachübergreifenden deutsch-japanischen Korporapaare fort: Während sich Toyonagas Retranslation auch hier durch konfigurationsstabil hohe gesamttextliche Ähnlichkeitswerte zum Ausgangstext auszeichnet, weist Hiranos Neuübersetzung – ebenso wie Maruko Shūheis 1990 publizierte Retranslation – konstant niedrige Ähnlichkeitswerte auf. Anzunehmen ist deshalb, dass Toyonaga Yoshiyukis Übersetzung in Bezug auf den Durchschnitt sämtlicher Textaspekte ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsrelationen sowohl zum Ausgangstext als auch zu fünf weiteren Übersetzungstexten aufweist, während Hiranos Neuübersetzung durch entsprechende Unähnlichkeitsrelationen charakterisiert ist.

Demzufolge legen die für Ähnlichkeitstyp 1 ermittelten Ergebnisse nahe, dass sich um die 1941 erschienene Tonio Kröger-Übersetzung Takeyama Michios eine Art Kerngruppe formiert, die Thomas Manns deutschsprachigem Ausgangstext sowohl in Hinblick auf die Gesamttextcharakteristiken als auch in Hinblick auf spezifische Textbereiche besonders nahesteht. Zu dieser Kerngruppe gehören die Übersetzungen Satōs (1966.7), Saneyoshis (1927), Toyonagas (1940), Kataokas (1973), Nojimas (1968), Uedas (1970) und Fukudas (1965). Von ihnen unter denselben Gesichtspunkten abgegrenzt sind dagegen insbesondere die Übersetzungstexte Mukasas (1928) und Marukos (1990), daneben auch diejenigen Hiranos (2011), Morikawas (1966.5) und Asais (2018). Diese Retranslations zeichnen sich sowohl in Bezug auf andere Übersetzungstexte als auch in Bezug auf den Ausgangstext durch besonders schwach ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsrelationen aus, sodass sie als Außenseiter eingestuft werden können.

Ebenso zeigen die für den Ähnlichkeitstyp 2 ermittelten Ergebnisse, dass Toyonagas Übersetzung auf der Ebene der Gesamttexte eine besonders ausgeprägte quantitative Ähnlichkeit nicht nur zum Ausgangstext, sondern auch zu fünf weiteren Übersetzungstexten realisiert, von denen vier erst nach 1940 veröffentlicht wurden und sich demzufolge an Toyonaga orientiert haben könnten. Außerdem wurde festgestellt, dass sich die konfigurationsstabilen Unähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Typs auf Hirano Kyōkos 2011 publizierte Neuübersetzung konzentrieren, die damit einerseits von den übrigen Übersetzungstexten, andererseits ebenso wie Maruko (1990) auch vom Ausgangstext abweicht.

Bemerkenswert ist zudem, dass an den zentralen Ähnlichkeitsbeziehungen zu Takeyama 1941 (Ähnlichkeitstyp 1) bzw. zu Toyonaga 1940 (Ähnlichkeitstyp 2) in beiden Fällen die 1927 erschienene Erstübersetzung Saneyoshi Hayaos beteiligt ist. Takeyama Michios Übersetzung dürfte damit sowohl gesamttextlich als auch in Bezug auf einzelne Textbereiche, diejenige Toyonaga Yoshiyukis zumindest gesamttextlich von Saneyoshis Erstübersetzung beeinflusst sein. Fraglich ist derweil, warum dies bei den übrigen Übersetzungstexten der Kerngruppe nicht ebenso zu höheren Ähnlichkeitswerten in Bezug auf die Saneyoshi-Übersetzung führt. Anzunehmen ist, dass sich die Erstübersetzung Saneyoshis und die Retranslations Takeyamas und Toyonagas jeweils unter spezifischen Gesichtspunkten ähneln, die Takeyama- und Toyonaga-Texte und weitere Retranslations hingegen unter anderen Gesichtspunkten. Die Übersetzungstexte Takeyamas und Toyonagas könnten so dahingehend als eine Art übersetzungsgeschichtliches Bindeglied zwischen Saneyoshis Erstübersetzung und den nachkriegszeitlichen Retranslations aufgefasst werden, dass sie spezifische, von den übrigen Übersetzenden in deutlich geringerem Maße aufgegriffene Charakteristiken der Erstübersetzung übernehmen, zugleich aber auch neue, nachhaltig einflussreiche Übersetzungsvarianten einführen. Diese These wird im relationalen Close Reading überprüft.

Im Rahmen des ersten Analyseschrittes konnte somit eine relationale Basisklassifikation erstellt werden, die insbesondere die Retranslations Takeyama Michios (1941) und Toyonaga Yoshiyukis (1940) sowie ferner die Übersetzungstexte Saneyoshi Hayaos (1927), Fukuda Hirotoshis (1965), Satō Kōichis (1966.7), Nojima Masanaris (1968), Ueda Toshirōs (1970) und Kataoka Keijis (1973) auf Grundlage quantitativ ausgeprägter Ähnlichkeitsbeziehungen des ersten Ähnlichkeitstyps einer Kerngruppe der japanischen Tonio Kröger-Übersetzung zuordnet. Über eine eventuelle Zuordnung der Retranslations Morikawa Toshios (1966.5) und Takahashi Yoshitakas (1967) zu dieser Kerngruppe kann, da diese nur Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Typs aufweisen, anhand der folgenden Analyseschritte entschieden werden. Darüber hinaus lässt die am ersten, sowohl gesamttextlich als auch schwerpunktmäßig in einzelnen Textbereichen realisierten Ähnlichkeitstyp orientierte Analyse eine Übersetzungsperipherie erkennen, in der insbesondere die Retranslations Mukasa Takeos (1928), Maruko Shūheis (1990) und Hirano Kyōkos (2011) sowie die Texte Asai Masaos (1955) und Asai Shōkos (2018) lokalisiert sind. Zu den die Übersetzungsperipherie konstituierenden Außenseitern gehören folglich einerseits die neueren und neuesten Tonio Kröger-Retranslations, andererseits mit der Retranslation Mukasa Takeos jedoch auch der zweitälteste im Rahmen dieser Analyse berücksichtigte Übersetzungstext. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Mukasa-Retranslation von späteren Übersetzenden vielfach ignoriert worden ist, während sich die jüngeren Retranslations bewusst von der Übersetzungstradition der Vorgänger abgegrenzt haben dürften.

5.2 Vergleich auf der Ebene der Topics

Vor dem Hintergrund dieser Basisklassifikation wurden im zweiten Analyseschritt die Ähnlichkeitsbeziehungen auf der Ebene einzelner, die Ähnlichkeitsbeziehungen konstituierender Topics betrachtet. Die Berechnungsgrundlage bildeten erneut Durchschnittswerte für s_min2 und s_min3. Im Unterschied zu den in Schritt 1 betrachteten Durchschnittswerten bezieht sich die in Schritt 2 genutzte SQL-Abfrage (s. Anhang 9.1.2.1 EZM) aber nicht auf den Durchschnitt der Ähnlichkeitswerte für sämtliche Topics eines Korpus A in Bezug auf sämtliche Topics eines Korpus B, sondern auf den Durchschnitt der Ähnlichkeitswerte für ein spezifisches Topic aus Korpus A in Bezug auf sämtliche Topics eines Korpus B. Deshalb repräsentieren die Werte avg s_min2 und avg s_min3 im zweiten Analyseschritt die durchschnittliche quantitative Ähnlichkeit eines spezifischen Topics aus Korpus A zu allen Topics von Korpus B; sie bezeichnen also (noch) keine konkreten Topicpaare, da diese erst im darauffolgenden dritten Analyseschritt bestimmt werden können. Dementsprechend ist der zweite Analyseschritt ein für den darauffolgenden Rückbezug auf die Textebene erforderlicher Zwischenschritt, der sogenannte Top- und Bottom-Topics als Grundlage für die weiteren Berechnungen bestimmt. Top-Topics sind in diesem Zusammenhang diejenigen Topics, die die Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen einem Korpus A und einem Bezugskorpus B im durchschnittlich höchsten Maße bedingen; Bottom-Topics sind diejenigen, die dies mit der geringsten quantitativen Ausprägung tun. Infolgedessen kann die ähnlichkeitsbasierte Basisklassifikation aus Schritt 1 anhand der die (Un-)Ähnlichkeitsbeziehungen jeweils maßgeblich konstituierenden Topics semantisch näher charakterisiert werden, indem für Korporapaare mit ausgeprägter quantitativer Ähnlichkeit Top-Topics, für quantitativ unähnliche Korporapaare Bottom-Topics ermittelt werden. Dass für bestimmte Korporapaare zwei Top- bzw. Bottom-Topics identifiziert wurden, ist dadurch bedingt, dass sich auch der zweite Analyseschritt sowohl auf avg s_min2 als auch auf avg s_min3 stützt. Bei moderaten Abweichungen zwischen diesen Werten bzw. zwischen den entsprechenden Sortierungen der Ergebnistabellen wurden beide Ergebnisse berücksichtigt. Die Differenzierung zwischen den beiden Ähnlichkeitstypen 1 (gesamttextlich und spezifische Textbereiche) und 2 (nur gesamttextlich) wurde beibehalten.

Ebenso wie für die darauffolgenden Analyseschritte 3 und 4 konnten die entsprechenden Berechnungen im Rahmen dieses Projekts nur für eine Konfiguration durchgeführt werden. Hierfür ausgewählt wurde die Konfiguration MISC12KG, die in Hinblick auf 12 zu berechnende Topics alle Wortarten berücksichtigt sowie keine Ober- oder Untergrenzen der Dokumentanzahlen festlegt, also die Berechnungsergebnisse auf Konfigurationsebene im geringstmöglichen Ausmaß beeinflusst. Die hieraus resultierenden, sich vielfach nicht unmittelbar semantisch erschließenden Ergebnisse sind anschlussfähig an die semantisch unklaren Topics nach Rhody, die gerade durch besagte Deutungsschwierigkeiten potenziell neuartige Perspektiven für die literaturwissenschaftliche Interpretation eröffnen (Rhody 2012: 31–33).

Auf diese Weise wurden für die Korporapaare, für die sich in Schritt 1 ausgeprägte Ähnlichkeitsbeziehungen des ersten Typs feststellen ließen, folgende Top-Topics bestimmt: Für das Korporapaar Satō 1966.7/Takeyama 1941 das Topic SATO_9 (s. Tab. 5.10 EZM), für das Korporapaar Saneyoshi 1927/Takeyama 1941 das Topic SANEYOSHI_8 (s. Tab. 5.11 EZM), für das Korporapaar Toyonaga 1940/Takeyama 1941 die Topics TOYONAGA_7 und TOYONAGA_2 (s. Tab. 5.12 EZM), für das Korporapaar Takeyama 1941/Kataoka 1973 das Topic TAKEYAMA_10 (s. Tab. 5.13 EZM), für das Korporapaar Nojima 1968/Takeyama 1941 das Top-Topic NOJIMA_5 (s. Tab. 5.14 EZM), für das Korporapaar Ueda 1970/Takeyama 1941 die Top-Topics UEDA_0 und UEDA_6 (s. Tab. 5.15 EZM) sowie für das Korporapaar Fukuda 1965/Takeyama 1941 die Top-Topics FUKUDA_0 und FUKUDA_1 (s. Tab. 5.16 EZM). Für die besonders ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehung der Takeyama-Übersetzung zu Thomas Manns deutschsprachigem Ausgangstext wurde außerdem das Top-Topic TONIO_7 ermittelt (s. Tab. 5.17 EZM; auch im Folgenden wird auf Ausgangstext-Topics mit dem Kürzel TONIO referiert). Dabei beziehen sich sämtliche Top- und Bottom-Topics wie eingangs erwähnt auf die Berechnungskonfiguration MISC12KG. Sie sind für die weitere Analyse insofern von Bedeutung, als sie die in Schritt 1 ermittelten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen semantisch näher bestimmen. Ihre jeweiligen Terme konnten anhand einer entsprechenden SQL-Abfrage (s. Anhang 9.1.2.2 EZM) eingehender betrachtet werden. Die Ergebnisse wurden in Form von Tabellen exportiert, die – analog zur Darstellung im User Interface von Topic Explorer – auflisten, welche Terme die jeweiligen Topics quantitativ dominieren, also in einer besonders großen Anzahl von Absatzdokumenten belegt sind (s. Tab. 5.25, 5.44, 5.45 EZM).

Anhand der Tabellen lässt sich die semantische Zusammensetzung der die Ähnlichkeitsbeziehungen des ersten Typs konstituierenden Top-Topics nachvollziehen, wobei (wie in Abschnitt 2.3.3 bereits dargelegt) insbesondere zwischen klassisch interpretierbaren Inhaltswörtern, d. h. den Nomina, Verben und Adjektiven einerseits und andererseits Funktionswörtern ohne eigene lexikalische Semantik (Konjunktionen, Artikel, Pronomen, Präpositionen und Hilfsverben) zu differenzieren ist (DWDS 2021). Auch in Hinblick auf unsere Ergebnistabellen ist dabei eine quantitative Dominanz rein funktionaler Textelemente zu erkennen: Die sich auf die japanischsprachigen Übersetzungskorpora beziehenden Top-Topics sind mehrheitlich durch Partikeln, Hilfsverben und Interpunktionszeichen charakterisiert; auch das in Bezug auf den deutschsprachigen Ausgangstext ermittelte Top-Topic beinhaltet in erster Linie hochfrequente Hilfsverben (SEIN), Artikel (DIE, EINE), Präpositionen (IN, BEI, ALS) und Konjunktionen (UND). Diese Beobachtungen legen nahe, dass die in Schritt 1 ermittelten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen überwiegend stilistischer bzw. stilometrischer Natur sind. Demzufolge wäre im Zusammenhang der auf Basis von MISC-Konfigurationen berechneten Topics auch ein word intrusion test nach Chang et al. (2009: 3–4) kaum sinnvoll, da Funktions- im Vergleich zu Inhaltsvokabular weniger themenspezifisch ist und somit den Topics willkürlich hinzugefügtes Sprachmaterial mit geringerer Wahrscheinlichkeit auffiele. Dennoch können auch die stilistischen bzw. stilometrischen Top-Topics ein spezifisches Sprachregister repräsentieren, das im Sinne der semantisch unklaren Topics nach Rhody insbesondere im literaturwissenschaftlichen Kontext innovative Interpretationszugänge eröffnet (Rhody 2012: 31–33).

Betrachtet man die ersten 20 Positionen innerhalb der für die unterschiedlichen Top-Topics erstellten Termhierarchien (s. Tab. 5.25, 5.44 EZM), fällt außerdem auf, dass das deutschsprachige Top-Topic TONIO_7 im Vergleich zu seinen japanischsprachigen Pendants eine deutlich geringere Anzahl von Funktionstermen mit vielen Dokumentbelegen enthält. Hierdurch besetzen Inhaltsterme wie ALT höhere Positionen in der Termhierarchie, sodass das deutschsprachige Top-Topic im direkten Vergleich eher interpretierbar wirkt. Ein Blick auf die Kategorie NUMBER_OF_DOCUMENT_TOPIC verdeutlicht jedoch, dass diese deutschen Inhaltsterme tendenziell eher in einer geringeren Anzahl von Dokumenten belegt sind als ihre vereinzelt auch in den Termhierarchien der japanischen Top-Topics auftauchenden Entsprechungen. Somit ist das deutschsprachige Top-Topic nicht semantisch transparenter als die japanischsprachigen Top-Topics; Letztere enthalten nur insgesamt mehr Funktionsterme, die daher im japanischen Text quantitativ dominieren.

In Bezug auf diejenigen Bottom-Topics, die die Unähnlichkeitsbeziehungen des ersten Ähnlichkeitstyps aus Schritt 1 konstituieren, konnte für das Korporapaar Asai 1955/Maruko 1990 das Bottom-Topic ASAI_5 (s. Tab. 5.18 EZM) und für das Korporapaar Morikawa 1966.5/Mukasa 1928 das Bottom-Topic MORIKAWA_0 bestimmt werden (s. Tab. 5.19 EZM). Weitere Bottom-Topics sind das Bottom-Topic HIRANO_10, das sich auf die Korporapaarung Hirano 2011/Mukasa 1928 bezieht (s. Tab. 5.21 EZM), sowie das Bottom-Topic MARUKO_9, das sich auf die Korporapaarungen Maruko 1990/Mukasa 1928 und Maruko 1990/Asai 2018 ebenso bezieht wie auch auf die Korporapaarung Maruko 1990/Hirano 2011 (s. Tab. 5.20, 5.22, 5.23 EZM). Diesbezüglich fällt auf, dass drei der insgesamt fünf hier betrachteten Unähnlichkeitsbeziehungen durch das Bottom-Topic MARUKO_9 konstituiert sind. Anzunehmen ist folglich, dass Maruko in Textaspekten, die dem genannten Bottom-Topic zugeordnet werden können, systematisch von Mukasa 1928, Asai 2018 und Hirano 2011 abweicht. Darüber hinaus lassen die die Bottom-Topics semantisch charakterisierenden Hierarchien der Terme und ihrer Dokumentbelege (s. Tab. 5.25 EZM) eine quantitative Dominanz der Funktionswörter erkennen, sodass auch die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen in erster Linie stilistisch bedingt sind. Nahe liegt dies insofern, als Funktionsvokabular in Prosatexten gegenüber Inhaltsvokabular quantitativ dominiert. Diese Dominanz wird in der vorliegenden Analyse bewusst nicht als statistische Verzerrung eingestuft, da das quantitative Funktionsvokabular auch im Übersetzungsprozess einen wesentlichen, wenn auch in der Übersetzungsrezeption und -kritik oft wenig beachteten Teil der Übersetzungsleistung ausmacht.

Entsprechend wurden außerdem die Top- und Bottom-Topics für die Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, ausschließlich gesamttextlichen Typs bestimmt. Dabei wurden für die Korporapaarungen Takahashi 1967/Takeyama 1941 und Takahashi 1967/Toyonaga 1940 die gemeinsamen Top-Topics TAKAHASHI_1 und TAKAHASHI_5 ebenso ermittelt (s. Tab. 5.26, 5.32 EZM) wie das gemeinsame Top-Topic SANEYOSHI_8 für die Korporapaarungen Saneyoshi 1927/Toyonaga 1940 und Saneyoshi 1927/Kataoka 1973 (s. Tab. 5.27, 5.29 EZM). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich einerseits die Retranslations Takahashis, Takeyamas und Toyonagas, andererseits die Übersetzungstexte Saneyoshis, Toyonagas und Kataokas jeweils hinsichtlich ähnlicher, denselben Top-Topics zugeordneter Textaspekte gesamttextlich nahestehen. Weitere Top-Topics konnten ferner für die Korporapaarungen Morikawa 1966.5/Takeyama 1941 (Top-Topic MORIKAWA_9, s. Tab. 5.28 EZM), Toyonaga 1940/Kataoka 1973 (Top-Topics TOYONAGA_7 und TOYONAGA_2, s. Tab. 5.30 EZM), für das Korporapaar Nojima 1968/Toyonaga 1940 (Top-Topics NOJIMA_3 und NOJIMA_5, s. Tab. 5.31 EZM) sowie für die Korporapaarung Ueda 1970/Toyonaga 1940 (Top-Topic UEDA_0, s. Tab. 5.33 EZM) identifiziert werden. Hinzu kommt für die sprachübergreifende Korporapaarung, die sich neben dem Ausgangstext auf Toyonagas Retranslation (1940) bezieht, das Top-Topic TONIO_7 (s. Tab. 5.34 EZM). Auch hier sind die Terme, die die Top-Topics der für den zweiten Ähnlichkeitstyp ermittelten Korporapaarungen in besonders vielen Absatzdokumenten repräsentieren, durch Funktionswörter bestimmt (s. auch im Folgenden Tab. 5.44 EZM). Die nur gesamttextlich realisierten Ähnlichkeitsrelationen sind demzufolge ebenfalls überwiegend stilistischer Natur. Sofern darüber hinaus innerhalb der für die japanischsprachigen Top-Topics ermittelten Termhierarchien auch Inhaltsterme prominent vertreten sind, handelt es sich um Terme wie HITO („Mensch“, 73 Dokumentbelege für SANEYOSHI_8), JIBUN („selbst“, 68 Dokumentbelege für TAKAHASHI_5) oder KOTO („Sache, Ding“, 75 Dokumentbelege für TOYONAGA_2), die trotz eigener lexikalischer Bedeutung so weit grammatikalisiert sind (d. h. in feststehende Wendungen integriert sind), dass sie im Übergangsbereich zwischen Inhalts- und Funktionswörtern anzusiedeln sind.

Auch für die Korporapaare mit besonders schwach ausgeprägten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Typs wurden jeweils Bottom-Topics bestimmt. Dabei weisen die Korporapaarungen Hirano 2011/Kataoka 1973 und Hirano 2011/Asai 2018 ebenso ein gemeinsames Bottom-Topic HIRANO_10 auf (s. Tab. 5.35, 5.40 EZM), wie auch die Unähnlichkeitsbeziehungen zwischen Hirano 2011 bzw. Maruko 1990 und dem deutschsprachigen Ausgangstext beide durch das Bottom-Topic TONIO_1 charakterisiert sind (s. Tab. 5.41, 5.42 EZM). Die Übersetzungen Hiranos (2011), Kataokas (1973) und Asais (2018) zeichnen sich damit durch eine semantisch ähnlich charakterisierte, demselben Bottom-Topic zugeordnete quantitative Unähnlichkeit aus und auch die Unähnlichkeit der Retranslations Hiranos (2011) und Marukos (1990) zum Ausgangstext ist durch ein identisches Bottom-Topic, also durch vergleichbare Textaspekte bedingt. Weitere Bottom-Topics konnten in Bezug auf die Korporapaare Asai 1955/Hirano 2011 (Bottom-Topic Asai_5, s. Tab. 5.36 EZM), Nojima 1968/Hirano 2011 (Bottom-Topic NOJIMA_10, s. Tab. 5.37 EZM), Ueda 1970/Hirano 2011 (Bottom-Topic UEDA_7, s. Tab. 5.38 EZM) und Morikawa 1966.5/Hirano 2011 (Bottom-Topic MORIKAWA_0, s. Tab. 5.39 EZM) ermittelt werden. Auch hier ist bezüglich der japanischsprachigen Bottom-Topics eine Dominanz des Funktionsvokabulars zu beobachten (vgl. auch im Folgenden Tab. 5.44 EZM), wobei die vereinzelt in den entsprechenden Termhierarchien belegten Inhaltsterme wie das Verb IU („sagen“, 81 Dokumentbelege für das Bottom-Topic NOJIMA_10) erneut in der Grauzone zwischen Inhalts- und Funktionsvokabular zu verorten sind. Die in Schritt 1 festgestellten Unähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Ähnlichkeitstyps betreffen folglich erneut überwiegend stilistische Aspekte. Die einzige diesbezügliche Ausnahme bildet das auf dem Ausgangstext basierende Bottom-Topic TONIO_1, da es insbesondere durch die Inhaltsterme TONIO (110 Dokumentbelege) und KRÖGER (88 Dokumentbelege) charakterisiert ist; auch der Inhaltsterm HERR ist immerhin in 31 Dokumenten belegt. Daher ist anzunehmen, dass sich der deutschsprachige Ausgangstext nicht in Hinblick auf Übersetzungsvarianten, sondern in Bezug auf die Gebrauchsfrequenz der titelgebenden Eigennamen sowie der Anrede „Herr“ insbesondere von den Retranslations Hiranos (2011) und Marukos (1990) unterscheidet.

Im zweiten Analyseschritt konnten folglich die zuvor für bestimmte Textpaare ermittelten Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeziehungen anhand von Top- bzw. Bottom-Topics inhaltlich näher bestimmt werden (zusammenfassend s. Tab. 5.24, 5.43 EZM). Dies erlaubt die Schlussfolgerung, dass die quantitativ messbaren Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsrelationen überwiegend stilistisch, also durch unterschiedliche Übersetzungsvarianten und Belegfrequenzen von Funktionsvokabular ohne eigene lexikalische Bedeutung bedingt sind.

5.3 Vergleich auf der Ebene der Topic-Paare und Absatzdokumente

5.3.1 Ablauf

Im Unterschied zu den vorherigen Analyseschritten ermöglichte der dritte Analyseschritt einen Rückbezug auf die Textebene, indem konkrete Topic- und Dokumentpaare bestimmt wurden, die die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen aus Schritt 1 schwerpunktmäßig realisieren. Ergänzend wurden wörtliche Überschneidungen der ermittelten Topicpaare auf Dokumentebene analysiert. Damit ist Analyseschritt 3 zumindest in Bezug auf die Anzahl der enthaltenen Arbeitsschritte der komplexeste unter den vier Analyseschritten, sodass die drei Teilschritte samt Ergebnissen im Folgenden separat vorgestellt werden. Die im ersten Analyseschritt etablierte Unterscheidung zwischen den beiden Ähnlichkeitstypen 1 (gesamttextlich und einzelne Textbereiche) und 2 (nur gesamttextlich) wird dabei aufrechterhalten.

5.3.2 Ermittlung von Topicpaaren

Zunächst wurden für die im vorherigen Analyseschritt bezüglich eines Korporapaares AB berechneten Top- und Bottom-Topics aus einem Korpus A jeweils die Bezugstopics aus einem Korpus B berechnet, die die höchsten (bzw. im Falle von Bottom-Topics niedrigsten) Werte für s_min2 und s_min3 aufweisen. Schritt 3 bezieht sich damit nicht mehr auf die Durchschnittswerte avg s_min2 bzw. avg s_min3, sondern auf s_min2 und s_min3, also auf die spezifische Ähnlichkeitsbeziehung eines korporaübergreifenden Topicpaares. In diesem Zusammenhang wurden mithilfe entsprechender SQL-Abfragen (s. Anhang 9.1.3.1, 9.1.3.2 EZM) die Ähnlichkeitsbeziehungen s_min2 und s_min3 für alle möglichen Topic-Kombinationen einer Korporapaarung berechnet. Die entstehenden Hierarchien von Topicpaaren wurden infolgedessen erneut nach s_min2 und s_min3 sortiert. Für quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen wurde die Sortierung absteigend, für Unähnlichkeitsbeziehungen aufsteigend vorgenommen, woraufhin jeweils die oberste, das jeweilige Top- bzw. Bottom-Topic beinhaltende Tabellenposition ermittelt wurde (s. Tabellen 47–60, 63–79 EZM). Falls die Sortierung nach s_min2 bzw. nach s_min3 in diesem Zusammenhang zu abweichenden Ergebnissen führte, wurden erneut beide Topicpaare berücksichtigt (s. z. B. Tab. 5.48 EZM).

Infolgedessen konnte hinsichtlich der Ähnlichkeitsbeziehung des Korporapaares Satō 1966.7/Takeyama 1941 bzw. auf das Top-Topic SATO_9 das Bezugstopic TAKEYAMA_0, also das Topicpaar SATO_9/TAKEYAMA_0 ermittelt werden (s. Tab. 5.46 EZM). Darüber hinaus charakterisiert das Bezugstopic TAKEYAMA_0 auch die Ähnlichkeitsbeziehungen der Korporapaare Saneyoshi 1927/Takeyama 1941 (in Kombination mit dem Top-Topic SANEYOSHI_8, s. Tab. 5.47 EZM), Toyonaga 1940/Takeyama 1941 (mit den Top-Topics TOYONAGA_2 und TOYONAGA_7, s. Tab. 5.48 EZM), Nojima 1968/Takeyama 1941 (in Bezug auf das Top-Topic NOJIMA_5, s. Tab. 5.50 EZM), Ueda 1970/Takeyama 1941 (mit den Top-Topics UEDA_6 und UEDA_0, s. Tab. 5.51 EZM) und Fukuda 1965/Takeyama 1941 (in Bezug auf das Top-Topic FUKUDA_1, s. Tab. 5.52 EZM). Ein weiteres auf Takeyamas Retranslation basierendes Bezugstopic TAKEYAMA_10 charakterisiert außerdem sowohl die Ähnlichkeitsbeziehungen der Korporapaare Takeyama 1941/Kataoka 1973 (hier als Top-Topic mit dem Bezugstopic KATAOKA_2, s. Tab. 5.49 EZM), Ueda 1970/Takeyama 1941 (in Bezug auf das Top-Topic UEDA_0, s. Tab. 5.51 EZM), Fukuda 1965/Takeyama 1941 (mit den Top-Topics FUKUDA_1 und FUKUDA_0, s. Tab. 5.52 EZM) als auch die sprachübergreifende Ähnlichkeitsbeziehung zwischen der Takeyama-Retranslation und dem Ausgangstext (in Bezug auf das Top-Topic TONIO_7, s. Tab. 5.53 EZM). Folglich ähneln sich die Übersetzungstexte Takeyama Michios, Satō Kōichis, Saneyoshi Hayaos, Toyonaga Yoshiyukis, Nojima Masanaris, Ueda Toshirōs und Fukuda Hirotoshis allesamt in Hinblick auf bestimmte Textaspekte der Takeyama-Retranslation, die dem Bezugstopic TAKEYAMA_0 zugeordnet werden können. Ebenso weisen die Übersetzungstexte Takeyama Michios, Ueda Toshirōs und Fukuda Hirotoshis alle eine spezifische, quantitativ messbare Ähnlichkeitsbeziehung zum deutschsprachigen Ausgangstext auf, die durch das Bezugstopic TAKEYAMA_10 repräsentiert ist. Dies legt nahe, dass die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen den Übersetzungstexten der Kerngruppe auf einer eingrenzbaren Menge von Textcharakteristika basieren, die durch Topic Explorer den Bezugstopics TAKEYAMA_0 und TAKEYAMA_10 zugeordnet werden. Die einzige Ausnahme stellt das Bezugstopic TAKEYAMA_9 dar, das die Ähnlichkeitsbeziehung der Korporapaarung Toyonaga 1940/Takeyama 1941 in Bezug auf das Top-Topic TOYONAGA_2 zusätzlich zum Bezugstopic TAKEYAMA_0 charakterisiert, sodass sich die Ähnlichkeitsbeziehung zwischen den in unmittelbarer Abfolge publizierten Retranslations Takeyamas (1941) und Toyonagas (1940) im Vergleich zu den übrigen Ähnlichkeitsbeziehungen durch eine zusätzliche thematische Komponente auszeichnet.

Auch für diese drei Bezugstopics wurden Termhierarchien erstellt und nach der Anzahl der jeweiligen Dokumentbelege absteigend sortiert (vgl. auch im Folgenden Tab. 5.61 EZM). Dabei zeigen die Termhierarchien auch für TAKEYAMA_0, TAKEYAMA_10 und TAKEYAMA_9 eine quantitative Dominanz der Funktionsterme, sodass sich der Eindruck überwiegend stilistischer Ähnlichkeitsbeziehungen bestätigt. Bemerkenswert ist aber, dass im Bezugstopic TAKEYAMA_10 der Inhaltsterm KOKORO („Herz“), der zugleich die Herzmotivik innerhalb der Erzählung Tonio Kröger repräsentiert, mit 42 Dokumentbelegen ebenfalls präsent ist: Dass Tonios Herz zeitweilig „tot und ohne Liebe“ (GKFA 264) ist, versinnbildlicht die grundsätzliche Verfehltheit seines Künstlertums, die er erst überwindet, als sein Herz wieder so lebt wie in der Kindheit und Jugend (GKFA 315). Dafür, dass der Term auch für die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen eine Rolle spielen könnte, spricht hierbei die Tatsache, dass das Top-Topic FUKUDA_1, mit dem das Bezugstopic TAKEYAMA_10 ein ähnlichkeitskonstituierendes Topicpaar bildet, den Inhaltsterm MUNE („Brust“) enthält, der mit 30 Dokumentbelegen ebenfalls eine erhöhte Belegfrequenz aufweist. Obwohl mune auf Textebene synonym zu kokoro verwendet werden kann, zeigt dies, dass eventuelle Ähnlichkeitsbeziehungen auf Topic-Ebene nicht zwingend durch identische Übersetzungsvarianten, sondern durch eine vergleichbare statistische Verteilung von MUNE und KOKORO auf die Absatzdokumente der betreffenden Übersetzungskorpora bedingt sein könnten.

Ebenso wurden für diejenigen Korporapaare, die in Analyseschritt 1 eine besonders schwach ausgeprägte quantitative Ähnlichkeit des ersten Typs erkennen ließen, Topicpaarungen ermittelt, die diese Unähnlichkeitsbeziehung im geringsten quantitativen Ausmaß realisieren. Hierbei ist das Bezugstopic MUKASA_5 an den Unähnlichkeitsbeziehungen der Korporapaare Morikawa 1966.5/Mukasa 1928 (mit dem Bottom-Topic MORIKAWA_0, s. Tab. 5.55 EZM), Maruko 1990/Mukasa 1928 (mit dem Bottom-Topic MARUKO_9, s. Tab. 5.56 EZM) und Hirano 2011/Mukasa 1928 (mit dem Bottom-Topic HIRANO_10, s. Tab. 5.57 EZM) beteiligt. Für das ebenfalls sehr präsente Bottom-Topic MARUKO_9 wurden außerdem die Bezugstopics MUKASA_0 und MUKASA_3 für das Korporapaar Maruko 1990/Mukasa 1928 (s. Tab. 5.56 EZM), die Bezugstopics ASAI18_0 und ASAI18_10 für das Korporapaar Maruko 1990/Asai 2018 (s. Tab. 5.58 EZM) und das Bezugstopic HIRANO_4 für das Korporapaar Maruko 1990/Hirano 2011 ermittelt (s. Tab. 5.59 EZM). Auch diese Bezugstopics wurden im Folgenden anhand ihrer Termhierarchien semantisch näher bestimmt (vgl. auch im Folgenden Tab. 5.59 EZM). Hierbei zeichnete sich erneut eine Dominanz von Funktionsvokabular ab; dennoch enthalten die Termhierarchien für solche Bezugstopics, die gemeinsam mit Bottom-Topics eine quantitative Unähnlichkeitsbeziehung realisieren, zumindest im Vergleich zu den soeben untersuchten Ähnlichkeitsbeziehungen einen höheren Anteil an Inhaltstermen.

In diesem Zusammenhang besonders auffällig ist der Inhaltsterm KAZE („Wind“), der für das Bezugstopic MUKASA_5 41 Dokumentbelege, für ASAI18_10 30 Dokumentbelege sowie für HIRANO_4 33 Dokumentbelege aufweist, in den diesen Bezugstopics jeweils entsprechenden Bottom-Topics MORIKAWA_0, HIRANO_10 und MARUKO_9 aber nicht enthalten ist. Dabei ist KAZE bzw. „Wind“ für das narrative Programm der Erzählung Tonio Kröger insofern motivisch relevant, als der nasskalte Wind bzw. die damit assoziierte „starke Salzluft“ (GKFA 282) Tonio mit der Kindheit, mit seiner Geburtsstadt Lübeck und der Ostsee, also mit allem verbindet, was er hinter sich gelassen hat und im Zuge seiner Dänemarkreise wiederentdeckt. Daher ist anzunehmen, dass KAZE bzw. „Wind“, obwohl für das betreffende Ideogramm auch die grammatikalisierte sinojapanische Lesung („Art und Weise“) existiert, in den Tonio Kröger-Übersetzungen zu beträchtlichen Anteilen als Inhaltsterm realisiert ist. Dass innerhalb der hier betrachteten, eine quantitative Unähnlichkeitsbeziehung konstituierenden Topicpaare die eingangs erwähnten Bezugstopics MUKASA_5, ASAI18_10 und HIRANO_4 jeweils KAZE enthalten, die entsprechenden Bottom-Topics allerdings nicht, zeigt aber, dass die quantitativ ermittelten Unähnlichkeitsbeziehungen keineswegs pauschal mit einer Übersetzungsunähnlichkeit im Sinne abweichender Übersetzungsvarianten gleichgesetzt werden können: Die genannten Topicpaare realisieren v. a. deshalb eine quantitativ messbare Unähnlichkeitsbeziehung, weil je eines der beiden Topics überhaupt keine Übersetzungsvariante für „Wind“ enthält. Die für die Topiczusammenhänge ermittelten Unähnlichkeitsrelationen resultieren demzufolge in erster Linie aus unterschiedlichen themenstrukturellen Verteilungen von Termen und nicht aus einer auf Äquivalenzvorstellungen basierenden Übersetzungsunähnlichkeit. Bis auf eine einzige Ausnahme sind damit alle in Hinblick auf Korpora- und Topicpaarungen des ersten Ähnlichkeitstyps ermittelten quantitativen Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeziehungen entweder stilistische oder statistisch bedingt.

Nach demselben Prinzip wurden die ähnlichkeits- bzw. unähnlichkeitskonstituierenden Topicpaare ferner für diejenigen Korporapaare ermittelt, für die sich in Analyseschritt 1 nur hinsichtlich des zweiten, gesamttextlichen Ähnlichkeitstyps besonders stark oder besonders schwach ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen feststellen ließen. In diesem Zusammenhang zeigt sich eine Konzentration der quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen auf das Bezugstopic TOYONAGA_2, welches in Kombination mit den Top-Topics TAKAHASHI_5 und TAKAHASHI_1 die Ähnlichkeitsbeziehung des Korporapaares Takahashi 1967/Toyonaga 1940 (s. Tab. 5.68 EZM), in Kombination mit dem Top-Topic SANEYOSHI_8 die Ähnlichkeitsbeziehung des Korporapaares Saneyoshi 1927/Toyonaga 1940 (s. Tab. 5.63 EZM), in Kombination mit den Top-Topics NOJIMA_5 und NOJIMA_3 die Ähnlichkeitsbeziehung des Korporapaares Nojima 1968/Toyonaga 1940 (s. Tab. 5.67 EZM) sowie in Kombination mit dem Top-Topic UEDA_0 die Ähnlichkeitsbeziehung des Korporapaares Ueda 1970/Toyonaga 1940 (s. Tab. 5.69 EZM) konstituiert. Auch hier ist davon auszugehen, dass sich alle genannten Korpora bzw. Übersetzungstexte bezüglich bestimmter Textelemente quantitativ ähneln, die sich sämtlich dem Bezugstopic TOYONAGA_2 zuordnen lassen. Dagegen ist die sprachübergreifende quantitative Ähnlichkeitsbeziehung zwischen Manns deutschsprachigem Ausgangstext und der Toyonaga-Retranslation durch ein anderes Bezugstopic (TOYONAGA_3) realisiert (s. Tab. 5.70 EZM), sodass sich die Toyonaga-Retranslation und der Ausgangstext nicht hinsichtlich derselben Textaspekte ähneln wie die Toyonaga-Retranslation und weitere Übersetzungstexte.

Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass die oben bereits für Korporapaare des ersten Ähnlichkeitstyps thematisierten Bezugstopics TAKEYAMA_0 und TAKEYAMA_10 auch Korporapaare des zweiten Ähnlichkeitstyps in ihren quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen näher bestimmen: Das Bezugstopic TAKEYAMA_0 konstituiert die Ähnlichkeitsrelationen der Korporapaare Takahashi 1967/Takeyama 1941 (s. Tab. 5.62 EZM) und Morikawa 1966.5/Takeyama 1941 (s. Tab. 5.64 EZM), während das Bezugstopic TAKEYAMA_10 ebenfalls die quantitativ messbare Ähnlichkeit des Korporapaares Takahashi 1967/Takeyama 1941 mitbedingt (s. Tab. 5.62 EZM). Weitere Bezugstopics, die die Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Typs charakterisieren, sind darüber hinaus die Bezugstopics KATAOKA_9 bzw. KATAOKA_0 und KATAOKA_6, die die Ähnlichkeitsbeziehungen der Korporapaare Saneyoshi 1927/Kataoka 1973 (s. Tab. 5.65 EZM) bzw. Toyonaga 1940/Kataoka 1973 (s. Tab. 5.66 EZM) thematisch definieren. Berücksichtigt man für die genannten Bezugstopics ebenfalls die nach Anzahl der Dokumentbelege sortierten Termhierarchien (vgl. auch im Folgenden Tab. 5.80 EZM), sind auch diese durch Funktionsvokabular dominiert, sodass die Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten Typs gleichermaßen stilistisch bzw. stilometrisch sein dürften. Die einzige Ausnahme hiervon bildet theoretisch das oben diskutierte Bezugstopic TAKEYAMA_10 bzw. der darin enthaltene Inhaltsterm KOKORO. Da dieses Bezugstopic hinsichtlich des zweiten, gesamttextlichen Ähnlichkeitstyps aber nur mit dem Top-Topic MORIKAWA_9 eine entsprechende Ähnlichkeitsbeziehung realisiert und kein zu KOKORO vergleichbarer Term in MORIKAWA_9 enthalten ist, lässt sich hieraus keine i. e. S. inhaltliche Komponente der quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Morikawa (1966.5) und Takeyama (1941) ableiten.

Ansonsten sind auch die ausschließlich die Ebene der Gesamttexte tangierenden Ähnlichkeitsbeziehungen der Korporapaare Takahashi 1967/Takeyama 1941, Takahashi 1967/Toyonaga 1940, Saneyoshi 1927/Toyonaga 1940, Saneyoshi 1927/Kataoka 1973, Morikawa 1966.5/Takeyama 1941, Toyonaga 1940/Kataoka 1973, Nojima 1968/Toyonaga 1940, Ueda 1970/Toyonaga 1940 und die Ähnlichkeitsbeziehung des sprachübergreifenden Korporapaares Mann 1903/Toyonaga 1940 im Wesentlichen stilistisch. Dass diese stilistischen Ähnlichkeitsbeziehungen im Kontext der vergleichenden Übersetzungsanalyse derweil alles andere als trivial sind, zeigt das Beispiel des grammatikalisierten Terms JIBUN („[das] Selbst“), der für das Bezugstopic TAKEYAMA_10 in 45 und für das Bezugstopic TOYONAGA_2 in 52 Absatzdokumenten belegt ist. Das Personalpronomen jibun wird in der japanischen Tonio Kröger-Übersetzung vielfach im Zusammenhang der freien indirekten Rede eingesetzt, die die Gedanken und Empfindungen des Protagonisten ohne Abgrenzung durch Dialogmarker direkt in den Erzählfluss integriert: Wenn sich der 14-jährige Tonio im ersten Kapitel der Erzählung, nachdem Hans Hansen seine Abneigung gegenüber Tonios fremdartigem Vornamen bekundet hat, fragt „Aber warum nannte Hans ihn Tonio, solange sie allein waren, wenn er, kam ein dritter hinzu, anfing, sich seiner zu schämen?“ (GKFA 252), ist diese Frage ebenso wie der Erzählerkommentar in der dritten Person Singular Indikativ formuliert, ermöglicht aber dennoch eine monologartige Innenperspektive auf Tonios Gedanken. Da diese nahtlos in die Schilderung der erzählten Welt übergeht, verschwimmen die Grenzen zwischen einer äußeren, objektiv wahrnehmbaren Wirklichkeit und Tonios subjektivem Empfinden. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels und insbesondere im relationalen Close Reading (s. Abschnitt 5.4.5.5) wird diesbezüglich ausführlich untersucht, durch welche Varianten (jibun, kare, etc.) das die freie indirekte Rede vom Monolog abgrenzende Personalpronomen „er“ in den unterschiedlichen japanischen Retranslations realisiert ist. Dass die in Hinblick auf Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Typs ermittelten Bezugstopics TOYONAGA_2 und TAKEYAMA_10 beide JIBUN innerhalb zahlreicher Absatzdokumente realisieren, legt vor diesem Hintergrund nahe, dass die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen der entsprechenden Topic- bzw. Korporapaare (Takahashi 1967/Takeyama 1941, Takahashi 1967/Toyonaga 1940, Saneyoshi 1927/Toyonaga 1940, Nojima 1968/Toyonaga 1940 und Ueda 1970/Toyonaga 1940) aus einem ähnlichen übersetzerischen Umgang mit der freien indirekten Rede resultieren. Ein Abgleich mit den Termhierarchien der jeweils zugehörigen Top-Topics weist einen entsprechenden Zusammenhang immerhin für das Top-Topic TAKAHASHI_5 (mit 68 Dokumentbelegen für JIBUN) sowie für das Top-Topic NOJIMA_3 (mit 48 Dokumentbelegen für JIBUN) nach. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen den Korporapaaren Takahashi 1967/Toyonaga 1940 und Nojima 1968/Toyonaga 1940 u. a. durch ähnliche Übersetzungsansätze hinsichtlich der freien indirekten Rede zustande kommen; diese These wird im relationalen Close Reading ausführlich überprüft.

Auch die Unähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Ähnlichkeitstyps konzentrieren sich auf ein einzelnes Bezugstopic HIRANO_4, das die quantitative Unähnlichkeit der Korporapaare Asai 1955/Hirano 2011 (mit dem Bottom-Topic ASAI_5, s. Tab. 5.72 EZM), Nojima 1968/Hirano 2011 (mit dem Bottom-Topic NOJIMA_10, s. Tab. 5.73 EZM), Ueda 1970/Hirano 2011 (mit dem Bottom-Topic UEDA_7, s. Tab. 5.74 EZM) und Morikawa 1966.5/Hirano 2011 (mit dem Bottom-Topic MORIKAWA_0, s. Tab. 5.75 EZM) realisiert. Anzunehmen ist daher, dass sich die genannten Korporapaare in vergleichbaren, allesamt demselben Bezugstopic zugeordneten Aspekten voneinander unterscheiden. Als weitere Bezugstopics konnten einerseits KATAOKA_7, das mit dem Bottom-Topic HIRANO_10 die Unähnlichkeitsbeziehung des Korporapaares Hirano 2011/Kataoka 1973 repräsentiert (s. Tab. 5.71 EZM) und andererseits ASAI18_5 ermittelt werden, das mit demselben Bottom-Topic HIRANO_10 die quantitative Unähnlichkeit des Korporapaares Hirano 2011/Asai 2018 charakterisiert (s. Tab. 5.76 EZM).

Ferner definiert HIRANO_10 auch als mit dem Bottom-Topic TONIO_1 kombiniertes Bezugstopic die sprachübergreifende Unähnlichkeitsbeziehung zwischen Hiranos Neuübersetzung und dem Ausgangstext (s. Tab. 5.77 EZM). Dies legt nahe, dass Hirano (2011) sowohl von den Retranslations Kataokas (1973) und Asais (2018) als auch vom deutschsprachigen Ausgangstext in bestimmten Textaspekten abweicht, die demselben Bottom-Topic bzw. Bezugstopic HIRANO_10 zugeordnet werden. Auf das deutschsprachige Bottom-Topic TONIO_1 bezieht sich außerdem noch das Bezugstopic MARUKO_11, das eine gesamttextliche quantitative Unähnlichkeit zwischen dem Ausgangstext und Maruko (1990) realisiert (s. Tab. 5.78 EZM); die beträchtlichsten Abweichungen vom Ausgangstext verzeichnen also sowohl Hirano (2011) als auch Maruko (1990) bezüglich vergleichbarer, unter TONIO_1 subsummierter Textcharakteristiken. Die für die einzelnen Bezugstopics hinsichtlich der Unähnlichkeitsbeziehungen des zweiten Typs erstellten Termhierarchien sind dabei durch einen vergleichsweise hohen Anteil an Inhaltsvokabular charakterisiert (vgl. auch im Folgenden Tab. 5.81 EZM). So zeichnet sich das Bezugstopic HIRANO_4, das die Unähnlichkeitsbeziehungen der Korporapaare Asai 1955/Hirano 2011, Nojima 1968/Hirano 2011, Ueda 1970/Hirano 2011 und Morikawa 1966.5/Hirano 2011 prägt, durch 33 Dokumentbelege für den zuvor thematisierten motivischen Inhaltsterm KAZE („Wind“) sowie durch 26 Dokumentbelege für den Inhaltsterm IE („Haus“) aus. Ebenso wie KAZE kann auch IE in einer sinojapanischen Lesung (ka) teilgrammatikalisiert werden; zugleich lässt sich aber auch dieses Nomen dem Motivkomplex der Heimat zuordnen, deren Zentrum sowohl im wörtlichen wie auch im abstrakten Sinne das Haus der Familie Kröger bildet. Diesem Themenbereich lose angegliedert ist darüber hinaus der Inhaltsterm ARUKU („gehen“), der für das Bezugstopic HIRANO_4 ebenfalls in 25 Absatzdokumenten belegt ist: Als „gehend“ beschrieben wird Tonio sowohl in Hinblick auf den metaphorischen Lebensweg (GKFA 262) als auch bspw. im Kontext des Spaziergangs mit Hans Hansen, der späteren Erkundung der Geburtsstadt Lübeck und des sich hieran anschließenden Dänemarkaufenthaltes oder im Zuge der persönlichen Kontemplation im Lübecker Hotelzimmer (GKFA 286). Vergleichbar dazu, wie es zuvor bereits die Unähnlichkeitsbeziehungen des ersten Ähnlichkeitstyps betreffend dargelegt worden ist, gilt jedoch auch hier, dass diese das Bezugstopic HIRANO_4 teils motivsemantisch definierenden Terme nicht automatisch motivsemantische Übersetzungs-Unähnlichkeit i. e. S. zur Folge haben: Während das Bezugstopic HIRANO_4 in Kombination mit den Bottom-Topics ASAI_5, NOJIMA_10, UEDA_7 und MORIKAWA_0 die Unähnlichkeitsbeziehungen der entsprechenden Korporapaare realisiert, sind weder die motivisch aufgeladenen Inhaltsterme KAZE, IE und ARUKU noch potenzielle Entsprechungen in diesen Bottom-Topics enthalten. Also ist auch hier davon auszugehen, dass die quantitativ bestimmbaren Unähnlichkeitsbeziehungen weniger durch unterschiedliche Übersetzungsvarianten als durch themenstrukturelle statistische Abweichungen bedingt sind.

Dementsprechend konnten die zuvor auf der Ebene der Korpora sowie der Top- und Bottom-Topics berechneten Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeziehungen im dritten Analyseschritt anhand konkreter Topicpaare teilweise semantisch nachvollzogen werden (zusammenfassend s. Tab. 5.60, 5.79 EZM). So zeigt sich, dass sich die quantitativen Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsrelationen überwiegend auf der Ebene des Funktionsvokabulars ohne eigene lexikalische Bedeutung, d. h. stilistisch manifestieren. Die einzige Ausnahme hiervon bildet der motivisch aufgeladene Inhaltsterm KOKORO („Herz“) bzw. die ihm semantisch teilweise entsprechende Übersetzungsvariante MUNE („Brust“), die die ansonsten durch Funktionsterme dominierte Ähnlichkeitsbeziehung der Topics TAKEYAMA_10 und FUKUDA_1 charakterisieren. Alle übrigen Fälle, in denen insbesondere motivsemantisches Inhaltsvokabular quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen zu bedingen scheint, wurden hingegen auf themenstrukturelle Wechselwirkungen von Termen zurückgeführt, die keine Übersetzungsvarianten desselben semantischen Ausgangskonzeptes sind. Die in der quantitativen Analyse untersuchten Ähnlichkeitsbeziehungen umfassen demzufolge auch allgemeinere stilistische und statistische Parallelen der jeweiligen Wahrscheinlichkeitsverteilungen, innerhalb derer durch Äquivalenzansprüche definierte Übersetzungsähnlichkeit i. e. S. nur eine Teilmenge darstellt. Dennoch konnte am Beispiel des Personalpronomens jibun veranschaulicht werden, dass auch dieser Fokus auf Stilistik vielversprechende Ansatzpunkte für eine literaturwissenschaftliche Interpretation liefert.

5.3.3 Ermittlung von Dokumentpaaren

Ausgehend von den zuvor ermittelten Topicpaaren bzw. Bezugstopics wurden mithilfe entsprechender SQL-Abfragen (s. Anhang 9.1.3.3, 9.1.4.4) parallelisierte Absatzdokumentpaare bestimmt, in denen die zuvor ermittelten Topicpaare jeweils durch eine besonders große Anzahl von Tokens belegt sind. Zu diesem Zweck wurden für jedes Topicpaar alle möglichen korporaübergreifenden Kombinationen von Absatzdokumenten berechnet, die Tokens beider Topics beinhalten. Die Ergebnisse wurden für die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen absteigend, für die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen aufsteigend sortiert. Hierbei hat sich eine Sortierung nach den Werten für MINIMAL_SQRT_PERCENTAGE_OF_TOKENS gegenüber denjenigen für MINIMAL_NUMBER_OF_TOKENS und MINIMAL_PERCENTAGE_OF_TOKENS als sinnvoller erwiesen: Da MINIMAL_NUMBER_OF_TOKENS das Minimum in Hinblick auf die Summe von Tokenbelegen angibt, die innerhalb eines parallelisierten Absatzdokumentes einem der beiden Topics des untersuchten Topicpaares zugeordnet werden können, ist der Wert je nach Dokumentumfang anfällig für statistische Verzerrungen. Dem scheint v. a. der Wert MINIMAL_SQRT_PERCENTAGE_OF_TOKENS zumindest teilweise vorzubeugen, da er sich auf den prozentualen Anteil der dem betrachteten Topicpaar zugeordneten Tokens an der Token-Gesamtmenge des untersuchten Absatzdokumentpaares bezieht.

Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Dokument zahlreiche Token-Belege für eine korporaübergreifende Ähnlichkeitsbeziehung enthält, für umfangreiche Absatzdokumente höher als für weniger umfangreiche Absatzdokumente. Aus diesem Grund wurde mithilfe der SQL-Datenbank DOCUMENT eine hierarchische Übersicht sämtlicher Dokumentumfänge erstellt und nach dem Umfangswert NUMBER_OF_TOKENS absteigend sortiert (vgl. auch im Folgenden Tab. 5.115, 5.116 EZM). Da sich der Umfang der einzelnen Absatzdokumente je nach Übersetzungsvariante unterscheidet, wurden Umfangshierarchien für alle 16 betrachteten Textkorpora erstellt, überblicksartig aufbereitet und bei der Auswahl von repräsentativen Dokumentpaaren ergänzend berücksichtigt. Auf Top-Topics bezogene quantitative Ähnlichkeitsrelationen wurden v. a. anhand von Dokumenten mit geringerem Umfang untersucht, die innerhalb der jeweiligen Umfangshierarchie nicht zu den 20 umfangreichsten Absatzdokumenten gehören. Gerade auch in Hinblick auf stilistische Ähnlichkeitsbeziehungen ist es umso wahrscheinlicher, dass ein umfangreiches, zahlreiche Tokens umfassendes Dokument eine große Anzahl entsprechender Tokenbelege (d. h. Partikeln, Hilfsverben etc.) enthält, sodass Dokumente mit möglichst geringem Umfang hier besonders aussagekräftige Ergebnisse liefern. Umgekehrt wurden auf Bottom-Topics bezogene quantitative Unähnlichkeitsrelationen bevorzugt an möglichst umfangreichen Dokumenten untersucht, um statistischen Verzerrungen entgegenzuwirken: Da Unähnlichkeitsbeziehungen durch eine möglichst geringe Anzahl an entsprechenden Token-Belegen realisiert sind, werden sie unter statistischen Gesichtspunkten umso unwahrscheinlicher, je umfangreicher das betrachtete Dokument ist. Dabei zeigt die Analyse allerdings, dass das Kriterium der auf Dokumentebene durch eine besonders große Token-Anzahl gemeinsam belegten Topicpaare mehrheitlich auf Dokumentpaare zutrifft, die keine parallelisierten Absatzdokumente, sodass keine inhaltliche Vergleichbarkeit im Sinne der Übersetzungsäquivalenz anzunehmen ist. Dies verdeutlicht, dass sich die hier untersuchten Ähnlichkeitsbeziehungen keineswegs deckungsgleich zur Übersetzungsähnlichkeit i. e. S. verhalten, sondern vielmehr einer allgemeiner aufzufassenden stilistischen Ähnlichkeit entsprechen, die sich nur teilweise mit der Übersetzungsähnlichkeit überschneidet. Da Übersetzungsähnlichkeit den Fokus der Analyse bildet, wurden im weiteren Verlauf nur parallelisierte Absatzdokumentpaare berücksichtigt.

Bezüglich der Korporapaare des ersten Ähnlichkeitstyps wurden hierbei die folgenden Absatzdokumentpaare ermittelt, die besonders viele Tokens des jeweiligen ähnlichkeitskonstituierenden Topicpaares enthalten (s. Tab. 5.82–5.89 EZM): Für das Topicpaar SATO_9/TAKEYAMA_0 die parallelisierten Absatzdokumente 90, 115 und 108 (s. Tab. 5.82 EZM), für das Topicpaar SANEYOSHI_8/TAKEYAMA_0 die Absatzdokumente 90, 103 und 108 (s. Tab. 5.83 EZM), für das Topicpaar NOJIMA_5/TAKEYAMA_0 die Absatzdokumente 255, 108 und 90 (s. Tab. 5.86 EZM) und für das Topicpaar UEDA_6/TAKEYAMA_0 die Absatzdokumente 103, 90 und 250 (s. auch im Folgenden Tab. 5.88 EZM). Da das dem dritten Tonio Kröger-Kapitel entstammende Absatzdokument 90 unter allen genannten Dokumenten jeweils die geringste Tokenanzahl aufweist und somit statistischen Verzerrungseffekten vorbeugt, wurde es als repräsentatives Absatzdokument für die Ähnlichkeitsbeziehungen aller genannten Topicpaare ausgewählt. In Bezug auf das Topicpaar UEDA_6/TAKEYAMA_0 wurde zudem das Dokument 250 aus dem achten Kapitel der Erzählung ergänzend berücksichtigt, das zwar umfangreicher ist als das Dokument 90, aber ebenfalls in den beiden Übersetzungen Uedas und Takeyamas nicht zu den 20 umfangreichsten Dokumenten gehört. Hinzu kommt ferner, dass das Absatzdokument 250 neben derjenigen des Topicpaares UEDA_6/TAKEYAMA_0 auch die Ähnlichkeitsbeziehungen weiterer Topicpaare des zweiten Ähnlichkeitstyps charakterisiert (s. u.). Darüber hinaus wurden für das Topicpaar TOYONAGA_2/TAKEYAMA_9 die repräsentativen Absatzdokumente 46, 75 und 18 (s. Tab. 5.84 EZM) sowie für das Topicpaar UEDA_0/TAKEYAMA_10 die repräsentativen Absatzdokumente 108, 122 und 75 ermittelt (s. Tab. 5.88 EZM); unter diesen fiel die Wahl auf das aus dem zweiten Tonio Kröger-Kapitel entnommene Absatzdokument 75, da dieses die Ähnlichkeitsbeziehungen beider Topicpaare charakterisiert. Ferner konnten für das Topicpaar TAKEYAMA_10/KATAOKA_2 die parallelisierten Absatzdokumente 73, 18 und 88 als besonders repräsentativ eingestuft werden (s. Tab. 5.85 EZM), unter denen das aus dem dritten Kapitel von Tonio Kröger entnommene Absatzdokument 88 den geringsten Umfang hat. Weitere durch jeweils zahlreiche gemeinsame Tokenbelege charakterisierte parallelisierte Absatzdokumente konnten außerdem für die Topicpaare TOYONAGA_2/TAKEYAMA_0 (Absatzdokumente 103, 114 und 115, s. Tab. 5.84 EZM), TOYONAGA_7/TAKEYAMA_0 (Absatzdokumente 115, 255 und 114, s. ebd.), UEDA_0/TAKEYAMA_0 (Absatzdokumente 108, 114 und 107, s. Tab. 5.88 EZM) und FUKUDA_1/TAKEYAMA_10 (Absatzdokumente 255, 108 und 18, s. Tab. 5.89 EZM) ermittelt werden. Da sämtliche dieser Absatzdokumente jedoch zu den umfangreichsten überhaupt innerhalb der betrachteten Korpora gehörten (vgl. Tab. 5.115, 5.116 EZM), war eine statistische Verzerrung der Ergebnisse nicht auszuschließen, sodass sie im weiteren Analyseverlauf nicht berücksichtigt wurden. Auch die in Abschnitt 5.3.2 hinsichtlich der Terme MUNE und KOKORO thematisierte Topic-Ähnlichkeit zwischen FUKUDA_1 und TAKEYAMA_10 ist vor diesem Hintergrund möglicherweise dadurch bedingt, dass MUNE und KOKORO (sowie weitere Terme der genannten Topics) jeweils in den besonders umfangreichen Absatzdokumenten 255, 108 und 18 durch zahlreiche Tokens belegt sein könnten. Ferner ist die Entscheidung, die genannten Absatzdokumente nicht zu berücksichtigen, auch dadurch gerechtfertigt, dass für die den genannten Topicpaaren entsprechenden Korporapaare Toyonaga 1940/Takeyama 1941 (Absatzdokument 75), Ueda 1970/Takeyama 1941 (Absatzdokumente 75, 90 und 250) und Fukuda 1965/Takeyama 1941 (Absatzdokumente 75 und 90) jeweils bereits repräsentative Absatzdokumente deutlich geringeren Umfangs ausgewählt wurden. Ein Kompromiss musste hingegen im Falle der sprachübergreifenden Topicpaarung TONIO_7/TAKEYAMA_10 eingegangen werden, da hier nur die umfangreichen Absatzdokumente 164 und 108 zahlreiche gemeinsame Tokenbelege enthalten (s. Tab. 5.87 EZM). Da das parallelisierte Absatzdokument 164 zumindest im Vergleich zu 108 als dem generell tokenreichsten Absatzdokument noch einen etwas geringeren Umfang aufweist (vgl. Tab. 5.115, 5.116 EZM), wurde es für die weitere Analyse ausgewählt.

Entsprechend hierzu wurden auch für die sich aus je einem Bottom-Topic und einem Bezugstopic zusammensetzenden Topicpaarungen des ersten Ähnlichkeitstyps diejenigen parallelisierten Absatzdokumente ausgewählt, die besonders wenige Tokens des entsprechenden Topicpaares enthalten und so eine quantitative Unähnlichkeit repräsentieren (s. Tab. 5.90–5.95 EZM). Das statistischen Verzerrungen im Falle der Unähnlichkeitsbeziehungen vorbeugende Kriterium möglichst umfangreicher Absatzdokumente wurde dabei insofern obsolet, als sich bis auf eine einzige Ausnahme sämtliche Unähnlichkeitsbeziehungen des ersten Typs auf das parallelisierte Absatzdokument 252b konzentrieren, wobei „b“ für „Bottom“ steht. Wie die für alle Korpora erstellten Umfangshierarchien zeigen (vgl. Tab. 5.115, 5.116 EZM), ist 252b für die Maruko-Retranslation innerhalb der zwanzig umfangreichsten Absatzdokumente und in allen übrigen Korpora knapp unterhalb dieser Grenze lokalisiert. Mit einem Umfang von je nach Korpus zwischen 500 und über 600 Tokens ist es daher umfangreich genug, um im weiteren Verlauf der Analyse berücksichtigt zu werden. Dementsprechend realisiert das Absatzdokument 252b die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen der Topicpaare MARUKO_9/MUKASA/0, MARUKO_9/MUKASA_5, MARUKO_9/MUKASA_3 (s. Tab. 5.92 EZM), HIRANO_10/MUKASA_5 (s. Tab. 5.93 EZM), MARUKO_9/ASAI18_0, MARUKO_9/ASAI18_10 (s. Tab. 5.94 EZM) und MARUKO_9/HIRANO_4 (s. Tab. 5.95 EZM) Die hierdurch repräsentierten Korporapaare weichen also alle hinsichtlich desselben Textabschnittes quantitativ messbar voneinander ab. Zusätzlich konnte für die Topicpaarung MORIKAWA_0/MUKASA_5 das die betreffende Unähnlichkeitsbeziehung repräsentierende Absatzdokument 253b ermittelt werden (s. Tab. 5.92 EZM), das einen eher moderaten Umfang hat (vgl. Tab. 5.115 EZM). Dafür, 253b im weiteren Analyseverlauf trotzdem zu berücksichtigen, sprach jedoch einerseits die Tatsache, dass die Morikawa-Retranslation innerhalb der quantitativen Analyse ansonsten tendenziell unterrepräsentiert ist, und anderseits, dass das Absatzdokument neben der genannten Unähnlichkeitsbeziehung der ersten auch eine Ähnlichkeitsbeziehung des zweiten Typs realisiert. Als weiteres, die Unähnlichkeitsbeziehung des Topicpaares ASAI_5/MARUKO_4 repräsentierendes Absatzdokument wurde darüber hinaus 164b ausgewählt (s. Tab. 5.90 EZM). Dieses Ergebnis musste allerdings verworfen werden, da die entsprechende quantitative Unähnlichkeitsbeziehung ausschließlich durch einen zum Zeitpunkt der Auswertung nicht mehr behebbaren Fehler bei der Korporaerstellung zustande gekommen war, durch den das Absatzdokument 164 in der Textfassung der Retranslation Asai Masaos unvollständig generiert wurde.

Zusätzlich wurden auch für die Korporapaare des zweiten, gesamttextlichen Ähnlichkeitstyps diejenigen Absatzdokumente bestimmt (s. Tab. 5.97–5.105 EZM), die die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen schwerpunktmäßig realisierten. Im Zuge dessen konnte festgestellt werden, dass die Ähnlichkeitsbeziehung des Topicpaares TAKAHASHI_5/TAKEYAMA_0 insbesondere innerhalb der parallelisierten Absatzdokumente 103, 114 und 250 präsent ist (s. Tab. 5.97 EZM). Da hierbei die Absatzdokumente 103 und 114 aufgrund ihres statistische Verzerrungen begünstigenden Umfangs (vgl. Tab. 5.115, 5.116 EZM) nicht weiter berücksichtigt wurden, fiel die Wahl auf das weniger umfangreiche Absatzdokument 250 aus dem achten Kapitel der Erzählung Tonio Kröger, das zudem in Hinblick auf den ersten Ähnlichkeitstyp bereits als repräsentativ für die Topicpaarung UEDA_6/TAKEYAMA_0 eingestuft worden war (s. o.). Aus vergleichbaren Beweggründen wurden außerdem für das eine Ähnlichkeit des zweiten, gesamttextlichen Typs realisierende Topicpaar SANEYOSHI_8/KATAOKA_9 das ebenfalls diverse Ähnlichkeitsbeziehungen des ersten Typs repräsentierende Absatzdokument 90 (s. Tab. 5.100 EZM) sowie für die Typ 2-Ähnlichkeitsbeziehung des Topicpaares TOYONAGA_7/KATAOKA_6 das auch die Typ 1-Unähnlichkeitsbeziehung des Topicpaares MORIKAWA_0/MUKASA_5 realisierende Absatzdokument 253 (s. o.) ausgewählt (s. Tab. 5.102 EZM). Dagegen wurden für die den zweiten Ähnlichkeitstyp inhaltlich näher bestimmenden Topicpaarungen TAKAHASHI_1/TAKEYAMA_10, TAKAHASHI_5/TOYONAGA_2, TAKAHASHI_1/TOYONAGA_2, SANEYOSHI_8/TOYONAGA_2, MORIKAWA_9/TAKEYAMA_0, TOYONAGA_2/KATAOKA_0, UEDA_0/TOYONAGA_2 keine der ausgewählten Absatzdokumente (s. Tab. 5.97–5.99, 5.101–5.103 EZM) weiter berücksichtigt, weil eine statistische Verfälschung aufgrund des Umfanges sämtlicher in diesem Zusammenhang infrage kommender Dokumente nicht ausgeschlossen werden konnte. Auch das für das Topicpaar NOJIMA_5/TOYONAGA_2 ausgewählte, weniger umfangreiche Dokument 64 (s. Tab. 5.105 EZM) wurde verworfen, da bezüglich der Ähnlichkeitsbeziehung desselben Korporapaares im Kontext des ersten Ähnlichkeitstyps bereits das im Absatzdokument 75 durch zahlreiche gemeinsame Tokenbelege charakterisierte Topicpaar NOJIMA_3/TOYONAGA_2 ausgewählt worden war. Aufgrund seines insbesondere in der Toyonaga-Retranslation sehr geringen, das Risiko statistischer Verzerrungen minimierenden Umfangs berücksichtigt wurde aber das die Ähnlichkeitsrelation der sprachübergreifenden Topicpaarung TONIO_7/TOYONAGA_3 repräsentierende Absatzdokument 17 (s. Tab. 5.104 EZM). In Betracht gekommen wäre in diesem Zusammenhang zudem das Absatzdokument 87; 17 wurde jedoch deswegen bevorzugt, weil es aus dem unter den bisher ausgewählten Absatzdokumenten noch nicht vertretenen ersten Kapitel der Erzählung Tonio Kröger stammt.

Eine entsprechende Auswahl repräsentativer Absatzdokumente wurde auch für die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Ähnlichkeitstyps vorgenommen (s. Tab. 5.106–5.113 EZM). Dabei galt erneut im Vergleich zu den Ähnlichkeitsbeziehungen das umgekehrte Umfangskriterium, sodass hinsichtlich der Unähnlichkeitsbeziehungen bevorzugt umfangreichere Dokumente Berücksichtigung fanden. Für die weitere Analyse ausgewählt wurde daher das aus dem vierten Tonio Kröger-Kapitel entnommene Absatzdokument 115b, das die Unähnlichkeitsbeziehung des Topicpaares HIRANO_10/KATAOKA_7 repräsentiert (s. Tab. 5.106 EZM) und zugleich zu den umfangreichsten Absatzdokumenten überhaupt gehört (vgl. Tab. 5.116 EZM). Dass es neben der genannten quantitativen Unähnlichkeitsbeziehung auch die Ähnlichkeitsbeziehungen der Topicpaarungen SATO_9/TAKEYAMA_0, TOYONAGA_2/TAKEYAMA/0, TOYONAGA_7/TAKEYAMA/0, MORIKAWA_9/TAKEYAMA/0, TOYONAGA_2/KATAOKA_0 und UEDA_0/TOYONAGA_2 realisiert, dürfte folglich mit hoher Wahrscheinlichkeit durch statistische Verzerrungen bedingt sein. Einbezogen wurde zudem das die gesamttextliche Unähnlichkeitsbeziehung des Topicpaares MORIKAWA_0/HIRANO_4 repräsentierende Absatzdokument 249b (s. Tab. 5.110 EZM), das zwar einen eher geringen Umfang aufweist (vgl. Tab. 5.115, 5.116 EZM), aber eine Ähnlichkeitsrelation der wie oben erwähnt ansonsten unterrepräsentierten Morikawa-Retranslation realisiert. Nicht berücksichtigt wurden dagegen die für die Unähnlichkeitsbeziehungen der Topicpaarungen ASAI_5/HIRANO_4 (Absatzdokument 164b, s. Tab. 5.107 EZM), NOJIMA_10/HIRANO_4 (Absatzdokument 256b, s. Tab. 5.108 EZM) und UEDA_7/HIRANO_4 (Absatzdokument 89b, s. Tab. 5.109 EZM) als besonders repräsentativ ermittelten Absatzdokumente. Beim Absatzdokument 164b war diese Entscheidung erneut durch den oben erwähnten Fehler bei der Korporaerstellung begründet, bei den Dokumenten 256b und 89b durch den jeweils geringen Umfang (vgl. Tab. 5.116 EZM). Außerdem wurde das Topicpaar HIRANO_10/ASAI18_5 verworfen, da sich unter den ersten 1000 Positionen der entsprechenden Ergebnistabelle (s. Tab. 5.111 EZM) keine parallelisierten Absatzdokumente fanden, sodass die entsprechende quantitative Unähnlichkeitsbeziehung also v. a. Absatzdokumente betrifft, zwischen denen kein äquivalenzbasiertes Übersetzungsverhältnis besteht. Für die weitere Analyse ausgewählt wurde dagegen das die sprachübergreifenden quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen der Topicpaare TONIO_1/HIRANO_10 und TONIO_1/MARUKO_11 inhaltlich näher bestimmende Absatzdokument 118b (s. Tab. 5.112, 5.113 EZM). Neben dem statistischen Verzerrungseffekten vorbeugenden Umfang von 118b (vgl. Tab. 5.115, 5.116 EZM) sprach hierfür auch die Tatsache, dass dieses Absatzdokument – ebenso wie das weiter oben thematisierte Absatzdokument 115 – auf dem ansonsten in der Analyse unterrepräsentierten vierten Kapitel der Erzählung Tonio Kröger basiert.

Demzufolge wurde in Hinblick auf diejenigen Absatzdokumente, die die quantitativen Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeziehungen der Korpora- und Topicpaare jeweils schwerpunktmäßig realisieren, eine Auswahl von insgesamt elf Absatzdokumenten (17, 75, 88, 90, 115b, 118b, 164, 249b, 250, 252b, 253, 253b) getroffen (zusammenfassend s. Tab. 5.96, 5.114 EZM). Auf Textebene repräsentieren diese das erste (17), zweite (75), dritte (88, 90), vierte (115b, 118b), sechste (164) sowie insbesondere das achte Kapitel (249b, 250, 252b, 253) der Erzählung Tonio Kröger, also den gesamten Handlungsverlauf. Zusätzlich wurde bei der Auswahl der Absatzdokumente darauf geachtet, dass jeder der 15 Tonio Kröger-Übersetzungstexte anhand mindestens eines Absatzdokuments (bzw. anhand der in diesem besonders präsenten Ähnlichkeits- oder Unähnlichkeitsbeziehung zu einem anderen Text) schwerpunktmäßig in der weiteren Analyse berücksichtigt werden konnte.

5.3.4 Wörtliche Überschneidung der Topics auf Dokumentebene

Ausgehend hiervon wurden wörtliche Term-Übereinstimmungen der Topicpaare innerhalb der die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen repräsentierenden Absatzdokumente berechnet. Hierdurch ließ sich die quantitative Ausprägung der betrachteten Ähnlichkeitsbeziehungen auf Dokumentebene vorab näher bestimmen: Eine hohe Anzahl identischer Terme, durch die ein Topic A und ein Topic B innerhalb eines bestimmten Absatzdokuments belegt sind (d. h. wörtlicher Überschneidungen der Topics A und B im Absatzdokument), ist ein Indiz für stilistische Ähnlichkeit und/oder Übersetzungsähnlichkeit, während eine geringe Anzahl solcher Überschneidungen ein Hinweis auf quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen sein kann.

Ermittelt wurden die wörtlichen Term-Überschneidungen erneut mithilfe einer SQL-Abfrage (s. Anhang 9.1.3.5 EZM), die für beide Topics eines Topicpaares alle jeweils zugehörigen, in einem spezifischen Absatzdokument belegten Terme bzw. Tokens ermittelt und deren Abfolge entsprechend zur Abfolge auf Textebene wiedergibt. Während die Sortierung also der Reihenfolge der Tokens im Text entsprach, wurden diese im dritten Analyseschritt als Terme (d. h. ohne morphosyntaktische Merkmale wie Flexionsendungen) dargestellt, um eine Vergleichbarkeit der wörtlichen Überschneidungen gewährleisten zu können. Daraufhin wurden Excel-Kommandos eingesetzt, um Übereinstimmungen zwischen beiden Termspalten, d. h. zwischen allen Termen eines Topic A in einem spezifischen Absatzdokument und allen Termen eines Topic B im selben parallelisierten Absatzdokument zu untersuchen (s. z. B. Tab. 5.117 EZM). Hierfür wurde in der obersten Zelle der auf die Termspalten der beiden untersuchten Topics folgenden Excelspalte das Kommando SVERWEIS nach folgendem Schema eingegeben und manuell auf alle Zeilen der für beide untersuchten Topics erstellten Termspalten erweitert: = SVERWEIS([Zelle mit erstem Term aus Topic A];[Spalte mit allen Termen aus Topic B]:[Spalte mit allen Termen aus Topic B];1;0). SVERWEIS ermittelt infolgedessen für jeden einzelnen im Absatzdokument belegten Term aus Topic A Übereinstimmungen unter allen Termen, mit denen Topic B im betrachteten Absatzdokument belegt ist. Diese Übereinstimmungen werden in der dritten Tabellenspalte auf gleicher Höhe wie der jeweils entsprechende Term aus Topic A ausgegeben; falls unter den im betrachteten Absatzdokument belegten Termen von Topic B keine Übereinstimmung vorliegt, erscheint stattdessen ein Fehlerwert (#NV). Um den Anteil der wörtlichen Termübereinstimmungen bezüglich eines Topicpaares auf Dokumentebene festzustellen, wurde anschließend in der die Ergebnisse des SVERWEIS-Kommandos beinhaltenden Tabellenspalte die Summe solcher Fehlerwerte ermittelt. Da diese nicht in weitere Excelkommandos eingebunden werden können, mussten sie automatisiert durch Nullwerte ersetzt werden. Dies ermöglicht das Excelkommando = WENNNV(SVERWEIS([Zelle mit erstem Term aus Topic A];[Spalte mit allen Termen aus Topic B]:[Spalte mit allen Termen aus Topic B];1;0);0) bzw. vereinfachend ausgedrückt = WENNNV([SVERWEIS-Kommando aus dem vorherigen Schritt];0). Dieses in der Folge jeden Fehlerwert (#NV) durch einen Nullwert ersetzende Kommando wurde in einer vierten Tabellenspalte an die bisherigen Ergebnisse angefügt. Mithilfe der so aus den Fehlerwerten generierten Nullwerte konnte anschließend die Anzahl derjenigen Terme aus Topic A, für die Topic B innerhalb des untersuchten Absatzdokuments keine wörtlichen Übereinstimmungen beinhaltet, anhand des folgenden Excelkommandos ermittelt werden: = ZÄHLENWENN([Tabellenspalte, in der zuvor die Fehler- durch Nullwerte ersetzt worden sind];0). Zieht man den resultierenden Abweichungswert von der Gesamtanzahl aller Terme ab, durch die Topic A im betrachteten Absatzdokument belegt ist, erhält man die Anzahl wörtlicher Termübereinstimmungen des Topicpaares AB im betreffenden Absatzdokument. Die quantitative Realisierung der Terme auf Dokumentebene ist insofern repräsentiert, als Mehrfachbelege desselben Terms mehrfach gezählt wurden.

Zu beachten ist dabei, dass sich das skizzierte Vorgehen lediglich darauf konzentriert, durch welche Terme aus Topic A auch Topic B innerhalb eines Absatzdokuments belegt ist. Falls B im untersuchten Absatzdokument jedoch durch deutlich mehr Tokens belegt ist als A, werden die Ergebnisse verfälscht. Deswegen wurden sämtliche Berechnungen nicht nur von Topic A zu Topic B, sondern gleichfalls in umgekehrter Richtung durchgeführt und die Ergebnisse miteinander abgeglichen. Ferner können die wörtlichen Termüberschneidungen nur in Hinblick auf intrasprachliche Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeziehungen, nicht aber für sprachübergreifende, deutsch-japanische Topicpaarungen quantitativ erhoben werden, da wörtliche Übereinstimmungen hier ausgeschlossen sind. Bezüglich der dem ersten Ähnlichkeitstyp zugeordneten sprachübergreifenden Topicpaarung TONIO_7/TAKEYAMA_10 zeigte ein entsprechender, in Bezug auf das Absatzdokument 164 stichprobenartig durchgeführter Abgleich der Terme keine besonderen Auffälligkeiten (s. Tabelle 127 EZM). Dagegen wurde für das schwerpunktmäßig in den Absatzdokumenten 17 und 87 (s. Tabellen 140, 141 EZM) eine quantitative Ähnlichkeitsbeziehung des zweiten Ähnlichkeitstyps realisierende Topicpaar TONIO_7/TAKEYAMA_3 v. a. in Absatz 17 eine beträchtliche Menge an Termen beider Topics festgestellt, zwischen denen ein Äquivalenz- bzw. Übersetzungsverhältnis besteht (s. Tabelle 140 EZM). Diese Beobachtungen verdeutlichen, dass die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen zwar vielfach in erster Linie stilometrische Aspekte betreffen, aber dennoch auch für Übersetzungsähnlichkeit i. e. S. repräsentativ sein können.

Auch innerhalb dieses Analyseschritts wurde die Differenzierung zwischen den beiden quantitativen Ähnlichkeitstypen, also dem gesamttextlich und schwerpunktmäßig in einzelnen Textbereichen realisierten ersten Ähnlichkeitstyp sowie dem ausschließlich gesamttextlich relevanten zweiten Ähnlichkeitstyp beibehalten. Zunächst wurde für die sich durch ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen auszeichnenden Korporapaarungen des ersten Ähnlichkeitstyps bzw. für die entsprechenden Topicpaare und Absatzdokumente ein Abgleich der wörtlichen Termübereinstimmungen durchgeführt und die Ergebnisse tabellarisch aufbereitet (s. Tab. 5.117–5.126 EZM). In der die Ergebnisse dieser Berechnungen zusammenfassenden Überblickstabelle 134 wurde zudem direkt neben der Absatznummer (DOC) auch der Umfang bzw. die Tokenanzahl des jeweils betrachteten Absatzdokuments eingefügt, der prozentuale Anteil der Termübereinstimmungen hieran berechnet und die Gesamttabelle entsprechend dieser Anteilswerte absteigend sortiert.

Die so entstandene Überblickstabelle 134 veranschaulicht, dass insbesondere die auf das Bezugstopic TAKEYAMA_0 konzentrierten, im Absatzdokument 90 realisierten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen des ersten Typs durch eine hohe Anzahl von Termübereinstimmungen charakterisiert sind. Dabei werden die (auch proportional zum Dokumentumfang) höchsten Überschneidungswerte dann erreicht, wenn die Berechnungen vom Bezugstopic TAKEYAMA_0 ausgehen; auch für die jeweils umgekehrte Berechnungsrichtung fallen die Werte jedoch hoch aus. Die höchsten Überschneidungswerte weist das Topicpaar TAKEYAMA_0/SATO_9 im Absatzdokument 90 auf, da hier 18,79 Prozent aller TAKEYAMA_0 zugeordneten Tokens wörtlich mit Termen von SATO_9 übereinstimmen. Dicht hierauf folgt das Topicpaar TAKEYAMA_0/SANEYOSHI_8, das im Dokument 90 für TAKEYAMA_0 eine Termübereinstimmung von 18,36 Prozent gegenüber SANEYOSHI_8 realisiert. Ferner weist das Topicpaar TAKEYAMA_0/SANEYOSHI_8 bezüglich beider Berechnungsrichtungen (also auch für SANEYOSHI_8/TAKEYAMA_0) mit 2,38 bzw. 2,95 Prozent zwar die höchsten Werte für auf Inhaltswörter bezogene Termüberschneidungen auf; die trotzdem geringen Prozentsätze verdeutlichen aber, dass Funktionsvokabular auch hier quantitativ dominiert.

Durch im direkten Vergleich etwas niedrigere, aber an sich dennoch hohe Übereinstimmungswerte im Absatzdokument 90 zeichnen sich außerdem die Topicpaarungen TAKEYAMA_0/NOJIMA_5 (16,2 Prozent), TAKEYAMA_0/UEDA_6 (14,9 Prozent) und TAKEYAMA_0/FUKUDA_1 (14,04 Prozent) aus. Hierauf folgt innerhalb der Hierarchie der Termüberschneidungswerte mit dem Topicpaar SATO_9/TAKEYAMA_0 die ebenfalls auf Dokument 90 bezogene Umkehrung des die Tabelle anführenden Topicpaares mit einem Überschneidungswert von 13,02 Prozent des Dokumentumfanges. Dicht gefolgt wird es von TAKEYAMA_9/TOYONAGA_2 als dem ersten schwerpunktmäßig in Absatzdokument 75 präsenten Topicpaar, dessen auf TAKEYAMA_9 bezogene Termüberschneidungen 12,71 Prozent des Dokumentumfangs ausmachen. Als weitere Entsprechungen zu den die Hierarchie anführenden Topicpaaren schließen sich hieran FUKUDA_1/TAKEYAMA_0 mit 12,62 Prozent Termüberschneidungen in Dokument 90 und SANEYOSHI_8/TAKEYAMA_0 mit 12,53 Prozent Termüberschneidungen in Dokument 90 an. Ebenfalls in nun umgekehrter Berechnungsrichtung folgen darauf das mit einem Überschneidungsanteil von 11,71 Prozent in Absatzdokument 75 realisierte Topicpaar TOYONAGA_2/TAKEYAMA_9, das in Dokument 90 mit einer Überschneidung von 11,63 Prozent belegte Topicpaar NOJIMA_5/TAKEYAMA_0 sowie das ebenfalls dort mit einer Überschneidung von 10,27 Prozent realisierte Topicpaar UEDA_6/TAKEYAMA_0. Insbesondere für die schwerpunktmäßig im Absatzdokument 90 sowie teils auch für die in Absatzdokument 75 realisierten Ähnlichkeitsbeziehungen sind sich damit je nach Berechnungsrichtung wörtliche Termüberschneidungen zwischen zehn und zwanzig Prozent nachweisbar, die mehrheitlich durch Funktionsvokabular erzeugte, in erster Linie stilistisch relevante Ähnlichkeitsbeziehungen der betreffenden Korpora- bzw. Textpaare nahelegen.

Dagegen konnte für die übrigen untersuchten Absatzdokumente und Topicpaarungen ein deutlich geringerer Grad an wörtlichen Termübereinstimmungen festgestellt werden, wobei die Berechnungsrichtung die Ergebnisse hier in geringerem Maße zu beeinflussen schien. Dementsprechend weist das Topicpaar TAKEYAMA_0/UEDA_6 im Absatzdokument 250 eine Termüberschneidung von 7,76 Prozent des Dokumentumfangs, das in umgekehrter Richtung berechnete Topicpaar UEDA_6/TAKEYAMA_0 eine Überschneidung von 5,71 Prozent auf. Hierauf folgen das Topicpaar KATAOKA_2/TAKEYAMA_10 mit einem Überschneidungsanteil von 5,29 Prozent (bzw. von 5,09 Prozent in der umgekehrten Berechnungsrichtung) im Absatzdokument 88 sowie das Topicpaar FUKUDA_0/TAKEYAMA_10 mit einem Übereinstimmungsgrad von 4,77 Prozent bzw. in umgekehrter Berechnungsrichtung nur 2,93 Prozent in Absatzdokument 75. Unterboten werden diese Werte nur noch vom Topicpaar UEDA_0/TAKEYAMA_10, das im Absatzdokument 75 mit einem Anteil der Termüberschneidungen von 2,03 Prozent (bzw. bei umgekehrter Berechnungsrichtung nur 0,94 Prozent) realisiert ist. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass diese Topicpaare innerhalb der betreffenden Absatzdokumente keine Übersetzungsähnlichkeit realisieren. Einer der Vorzüge des auf Topic Modeling basierenden Analyseverfahrens ist es, dass es Übersetzungsähnlichkeit nicht auf identische Übersetzungsvarianten reduziert, sondern die Berücksichtigung abstrakterer stilistischer Ähnlichkeitsbeziehungen ermöglicht. Quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen können folglich auch darauf zurückzuführen sein, dass zwei Übersetzende ein Token zwar unterschiedlich übersetzen, aber dennoch so, dass sich die beiden Übersetzungsvarianten im Verhältnis zum Gesamttext statistisch ähnlich verhalten, weil sie bspw. demselben Stilregister zugeordnet werden können. Aus diesem Grund wurden insbesondere diejenigen Topicpaarungen, bezüglich derer auf der Ebene einzelner Absatzdokumente nur ein geringer Grad wörtlicher Termüberschneidungen beobachtet wurde, im relationalen Close Reading eingehender untersucht.

Darüber hinaus wurden auch die Termübereinstimmungen von Topicpaarungen untersucht, die sich durch die niedrigsten Ähnlichkeitswerte des ersten Ähnlichkeitstyps und demzufolge durch eine Unähnlichkeitsbeziehung auszeichnen (s. auch im Folgenden Tab. 5.127–5.132 sowie zusammenfassend Tab. 5.133 EZM). Hier zeigt der Vergleich der erneut mithilfe der SQL-Datenbank erstellten Termlisten, die je nach Topic mitunter nur einen einzigen Term umfassen, einen durchweg sehr niedrigen Grad wörtlicher Termüberschneidungen. In Bezug auf das Absatzdokument 252b bzw. die darin realisierten quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen der Topicpaarungen MARUKO_9/MUKASA_5, HIRANO_10/MUKASA_5 und MARUKO_9/HIRANO_4 sowie in Bezug auf das Absatzdokument 253b bzw. die darin realisierte Unähnlichkeitsbeziehung des Topicpaares MORIKAWA_0/MUKASA_5 wurde für jeweils beide Berechnungsrichtungen ein Überschneidungswert von 0 festgestellt. Die einzige diesbezügliche Ausnahme bildete das Topicpaar MARUKO_9/ASAI18_0 mit einem allerdings ebenfalls niedrigen Termüberschneidungswert von 0,32 Prozent (0,16 Prozent bei umgekehrter Berechnungsrichtung) im Absatzdokument 252b. In allen genannten Fällen ist das weitgehende Ausbleiben wörtlicher Überschneidungen jedoch nicht etwa darauf zurückzuführen, dass die Topics eines eine Unähnlichkeitsbeziehung realisierenden Topicpaares im betrachteten Absatzdokument durch jeweils unterschiedliche Terme bzw. Tokens repräsentiert wären, sondern dadurch, dass darin eines der beiden Topics nur durch eine minimale Anzahl von Tokens realisiert ist. Vor diesem Hintergrund sind die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen eher als statistische Ungleichverteilungen und weniger als inhaltliche Abweichungen aufzufassen.

Im Anschluss wurden außerdem auch die Korpora- bzw. Topicpaare des zweiten, gesamttextlichen Ähnlichkeitstyps hinsichtlich wörtlicher Termüberschneidungen auf Dokumentebene untersucht (s. auch im Folgenden Tab. 5.134–5.144 sowie zusammenfassend Tab. 5.145 EZM). Dabei fällt unmittelbar auf, dass die Überschneidungswerte im Vergleich zu den oben thematisierten Topicpaaren des ersten Ähnlichkeitstyps durchweg deutlich niedriger ausfallen: Unter den Topicpaaren des zweiten Ähnlichkeitstyps weist das Topicpaar KATAOKA_9/SANEYOSHI_8 mit einem Überschneidungswert von 8,46 Prozent (bzw. 7,37 Prozent bei umgekehrter Berechnungsrichtung) im Absatzdokument 90 den höchsten Überschneidungswert auf, der dennoch weit hinter den für die oben beschriebenen Topicpaare des ersten Typs ermittelten Werten zurückbleibt. Diese Unterschiede legen nahe, dass die im ersten der vier vorgestellten Analyseschritte nur im Falle des ersten Ähnlichkeitstyps berücksichtigte, auf avg s_min3 basierende Ähnlichkeitshierarchie in höherem Maße wörtliche Übereinstimmungen erfordert als ihre nach avg s_min2 sortierte Entsprechung. Hierdurch erhärtet sich der Verdacht, dass sich der erste Ähnlichkeitstyp sowohl auf die Gesamttexte als auch auf spezifische, vermehrt durch wörtliche Überschneidungen charakterisierte Textbereiche bezieht, während der zweite Ähnlichkeitstyp auf gesamttextlich realisierten stilistischen Ähnlichkeitsbeziehungen basiert, die auch ohne solche wörtlichen Übereinstimmungen der Terme und Tokens zustande kommen. Darüber hinaus ergibt die weitere Betrachtung der für die Topicpaare des zweiten Ähnlichkeitstyps auf Dokumentebene ermittelten Termüberschneidungen, dass diese allesamt auf einem niedrigen, zwischen etwas über 3 und etwas über 5 Prozent angesiedelten Anteilsniveau liegen: Das Topicpaar TOYONAGA_7/KATAOKA_6 weist im Absatzdokument 253 einen Überschneidungswert von 5,39 Prozent bzw. 4,39 Prozent in umgekehrter Berechnungsrichtung auf und rahmt so in der Hierarchie der prozentualen Überschneidungswerte das Topicpaar TAKAHASHI_5/TAKEYAMA_0 sowie seine aus der umgekehrten Berechnungsrichtung resultierende Entsprechung TAKEYAMA_0/TAKAHASHI_5 ein, die im Absatzdokument 250 mit einem Überschneidungsanteil von 4,52 bzw. 4,41 Prozent realisiert sind. Hierauf folgt das Topicpaar NOJIMA_3/TOYONAGA_2, für das im Absatzdokument 75 ein Termüberschneidungswert von 4,09 Prozent bzw. 3,41 Prozent bei umgekehrter Berechnungsrichtung festgestellt werden konnte. Daneben wurden auch die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen der Topicpaare des zweiten Ähnlichkeitstyps in Hinblick auf ihre wörtlichen Termüberschneidungen auf Dokumentebene untersucht (s. Tab. 5.141–5.144 EZM). Hier zeigt sich, dass die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen des zweiten (ebenso wie diejenigen des ersten) Ähnlichkeitstyps überwiegend durch statistische Ungleichverteilungen der betreffenden Topics bedingt sind: So ist für das Topicpaar HIRANO_10/KATAOKA_7 im Absatzdokument 115b allein schon deswegen keine einzige wörtliche Termübereinstimmung belegt, weil das Topic KATAOKA_7 im Dokument 115b nur durch ein einziges Token realisiert ist. Dasselbe gilt hinsichtlich der Topicpaarung MORIKAWA_0/HIRANO_4 auch für das Topic MORIKAWA_0, das im Absatzdokument 249b ebenfalls nur durch einen Term bzw. ein Token repräsentiert ist.

Damit konnten im dritten Analyseschritt beide Ähnlichkeitstypen auf die Textebene zurückbezogen werden. Hierfür mussten zunächst konkrete Topicpaare ermittelt werden, die die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen schwerpunktmäßig bedingen. Diese ließen sich im Anschluss dahingehend inhaltlich charakterisieren, dass die durch Topic Modeling quantifizierten Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeziehungen überwiegend durch Funktionsvokabular entstehen, also stilistisch sind. Auf dieser Grundlage wurden für beide Ähnlichkeitstypen elf parallelisierte Absatzdokumente bestimmt, in denen die die quantitativen Ähnlichkeits- oder Unähnlichkeitsbeziehungen realisierenden Topicpaare durch besonders zahlreiche oder durch besonders wenige Tokens gemeinsam belegt sind. Abschließend wurden diese Topicpaare hinsichtlich wörtlicher Termüberschneidungen auf Dokumentebene untersucht. Im Zuge dessen ließ sich feststellen, dass die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen des ersten Typs im Vergleich zu denjenigen des zweiten Typs verstärkt auf wörtlichen Überschneidungen bzw. auf identischem Übersetzungswortlaut basieren, wobei auch hier Funktionsvokabular und damit stilistische Ähnlichkeitsbeziehungen dominieren. Ferner ergab die Überschneidungsanalyse, dass die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen beider Ähnlichkeitstypen weniger durch Übersetzungsabweichungen und mehr durch eine statistische Ungleichverteilung der Topics bedingt sind.

5.4 Vergleich auf Textebene

5.4.1 Vorgehen

Im vierten und letzten Analyseschritt wurde für die zuvor identifizierten Topicpaare und Absatzdokumente dahingehend ein relationaler Vergleich durchgeführt, dass alle im betrachteten Absatzdokument enthaltenen Tokens des jeweiligen Fokus-Topics (entweder ein Top-/Bottom-Topic oder ein Bezugstopic aus den vorherigen Analyseschritten 2 und 3) in der Reihenfolge, in der sie auf Textebene belegt sind, tabellarisch aufgelistet wurden. Die Grundlage hierfür bildete dasselbe SQL-Kommando wie in Analyseschritt 3 (s. Anhang 9.1.3.5 EZM); in Analyseschritt 4 wurde aber nicht wie zuvor die Term-, sondern die Tokenspalte berücksichtigt. Ausgehend von der Tokenspalte des jeweiligen Fokustopics (s. z. B. TAKEYAMA_0 in Tab. 5.146 EZM) wurde die entsprechende Tabelle für jedes weitere untersuchte Textkorpus um eine Spalte erweitert, wobei die Spalten von links nach rechts gemäß der Publikationszeitpunkte der Übersetzungstexte angeordnet wurden. Spaltenweise gelesen sind der Tabelle also der Textverlauf im jeweiligen Absatzdokument, zeilenweise gelesen hingegen alle Übersetzungsvariationen für ein spezifisches Token zu entnehmen. Alle Übersetzungsvarianten außer den Tokens des Fokustopics wurden dabei unter Annahme formaler oder funktionaler Äquivalenzbeziehungen manuell ergänzt.

Diese Ergebnisse wurden mithilfe der ebenfalls interpretationsbasierten relationalen Kategorien Übersetzungskonsens und Countertranslation quantitativ ausgewertet. Als Übersetzungskonsens bzw. Konsensübersetzungen wurden hierbei Übersetzungsvarianten definiert, die in mehr als der Hälfte der untersuchten Übersetzungstexte, d. h. in mindestens acht Retranslations belegt sind. Demgegenüber weichen Countertranslations von mindestens drei gleichartigen Vorgängerübersetzungen erstmalig ab, können aber von späteren Übersetzungen übernommen werden. Insbesondere das Kriterium der Gleichartigkeit von Übersetzungsvarianten eröffnete in diesem Zusammenhang Interpretationsspielraum, wie bspw. die in Bezug auf das Fokustopic TAKEYAMA_10 untersuchte Ausgangstextformulierung „bevor das Gedicht hatte erscheinen können“ (GKFA 261) aus dem Absatzdokument 75 zeigt (s. Tab. 5.161 EZM). Das analysierte Token der Takeyama-Retranslation von 1941 ist in diesem Falle die Partikel ni (in katsuji ni naru mae). Saneyoshi (1927) übersetzt hier mit shi ga denai uchi, Mukasa (1928) mit shi ga happyō sareru mae und Toyonaga (1940) orientiert sich mit shi ga denai uchi an Saneyoshis Erstübersetzung. Obwohl die Übersetzungsansätze Saneyoshis, Mukasas und Toyonagas keineswegs identisch sind, sind sie doch hinsichtlich der schwerpunktmäßig betrachteten Partikel ni insofern gleichartig, als in allen drei Übersetzungsvarianten auf die das Subjekt (shi bzw. „Gedicht“) markierende Partikel ga unmittelbar eine Verbform ohne weitere Partikel folgt. Takeyama wählt in seiner Retranslation hingegen im Unterschied zu den Vorgängern mit katsuji ni naru (wörtl. „zu Druckbuchstaben werden“) eine Verbform, die um die Zielangabe katsuji erweitert ist und daher die Partikel ni erfordert. Das Beispiel veranschaulicht, dass die Übersetzungen Saneyoshis, Mukasas und Toyonagas zwar nicht identisch, aber syntaktisch gleichartig sind, sodass die Übersetzungsvariante der Takeyama-Retranslation an dieser Stelle, da drei gleichartige Vorgängerübersetzungen existieren, als Countertranslation interpretiert werden kann. Zugleich verdeutlicht das Beispiel, dass die relationale Analyse durch die vorherigen, rein quantitativ generierten Analyseergebnisse geleitet ist und sich somit auch auf das ansonsten in qualitativen Analysen oftmals vernachlässigte Funktionsvokabular bezieht.

Auf Grundlage der Differenzierung zwischen Konsensübersetzung und Countertranslation wurde im jeweils untersuchten Absatzdokument für jeden Übersetzungstext der prozentuale Anteil der Konsensübersetzungen bzw. Countertranslations in Bezug auf die Anzahl der analysierten Tokens des Fokustopics berechnet und so eine relationale Charakteristik bestimmt. Dabei basierten die Berechnungen deshalb auf der Anzahl der untersuchten Tokens und nicht auf dem Dokumentumfang, weil ein Fokustopic auch in einem umfangreichen Absatzdokument theoretisch durch weniger Tokens realisiert sein könnte als in einem anderen, sehr kurzen Absatzdokument. Ferner wurden die Berechnungen für jedes Topicpaar, das eine quantitative Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit repräsentiert, erneut in beide Richtungen durchgeführt, sodass jedes Topic einmal als Fokus-Topic fungierte. Dies ist erforderlich, da die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen wie oben erwähnt auch stilistische Ähnlichkeitsbeziehungen solcher Tokens umfassen, zwischen denen keine Form der Übersetzungsäquivalenz erkennbar ist. Folglich können die beiden Topics eines ähnlichkeitskonstituierenden Topicpaares im selben Absatzdokument durch sehr unterschiedliche Tokens belegt sein und müssen aufgrund dieser Asymmetrie beide berücksichtigt werden.

Wie im Abschnitt 5.3.3 bereits thematisiert, bezieht sich die relationale Analyse auf 11 unterschiedliche, anhand überwiegend quantitativer Kriterien ausgewählte Textabsätze, die einen repräsentativen Überblick über die insgesamt neun Kapitel umfassende Handlung der Erzählung Tonio Kröger bieten. In diesen Absätzen wurden insgesamt 2086 Übersetzungstokens in jeweils 16 unterschiedlichen Textvarianten (15 japanischsprachige Übersetzungen plus Ausgangstext), also insgesamt 31290 japanischsprachige Übersetzungsvarianten vergleichend analysiert. Zusätzlich wurden Tokens, deren relationale Charakteristik z. B. aufgrund einer hohen Anzahl von Countertranslations besondere Übersetzungsschwierigkeiten indiziert, markiert und anschließend im vergleichenden Close Reading genauer betrachtet.

Darüber hinaus wurden die Fokustopics MARUKO_9 (Absatzdokument 252b, s. Tab. 5.170 EZM), MUKASA_5 (252b, s. Tab. 5.172 EZM), HIRANO_10 (252b, s. Tab. 5.174 EZM), HIRANO_4 (252b, s. Tab. 5.175 EZM), ASAI18_0 (252b, s. Tab. 5.176 EZM), TONIO_1 (118b, s. Tab. 5.178 EZM), HIRANO_4 (249b, s. Tab. 5.181 EZM), MORIKAWA_0 (118b, s. Tab. 5.182 EZM), KATAOKA_7 (115b, s. Tab. 5.184 EZM), MUKASA_5 (253b, s. Tab. 5.185 EZM) und MORIKAWA_0 (253b, s. Tab. 5.186 EZM) aus den Ergebnissen herausgefiltert, da sie auf Dokumentebene durch weniger als 20 Tokens belegt waren. Erforderlich wurde dies dadurch, dass die Anteilswerte der relationalen Charakteristiken Konsensübersetzung bzw. Countertranslation, falls sie sich auf eine sehr geringe Tokenanzahl beziehen, anfällig für statistische Verzerrungen werden: Sind bspw. drei von insgesamt nur vier betrachteten Tokens zufällig Countertranslations, suggeriert dies einen prozentualen Anteilswert von 75 Prozent, also eine extreme Abweichung vom Übersetzungskonsens. Die Tatsache, dass die aufgrund einer geringen Anzahl von Tokenbelegen auf Dokumentebene gefilterten Fokustopics ausschließlich quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen repräsentieren, verdeutlicht außerdem, dass Letztere v. a. auf statistische Ungleichverteilungen zurückzuführen sind und sich hierdurch deutlich von den quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen unterscheiden.

5.4.2 Grafische Aufbereitung der relationalen Analyse

Die jeweils den letzten vier Zeilen der Tabellen 149 bis 186 (mit Ausnahme der gefilterten Fokustopics, s. o.) entnommenen Ergebnisse der relationalen Analyse wurden in einer Reihe von Grafiken zusammengefasst (vgl. auch im Folgenden Abb. 5.1–5.22 EZM). Diese zeigen die quantitative Entwicklung von Übersetzungskonsens und Countertranslation im historischen Verlauf, beginnend mit Saneyoshi Hayaos Erstübersetzung von 1927 und endend mit Asai Shōkos jüngster Tonio Kröger-Übersetzung im Jahr 2018. Während die x-Achse der Schaubilder also die zeitliche Abfolge der Textveröffentlichungen abbildet, ist der y-Achse der prozentuale Anteil von Konsensübersetzungen bzw. Countertranslations an den analysierten Tokens des jeweiligen Fokustopics zu entnehmen. Die beiden Analysekategorien Übersetzungskonsens und Countertranslation sind hierbei insofern relational, als sie nur in Bezug auf das gesamte, in japanischer Sprache veröffentlichte Tonio Kröger-Übersetzungsfeld, nicht aber bei isolierter Betrachtung einzelner Übersetzungstexte existieren. Aus diesem Grund wurde die Darstellungsform der Kurve gewählt, deren Datenpunkte eine Verbindung zu den vorherigen und zu den darauffolgenden Datenpunkten herstellen. Wie die relationalen Close Readings im weiteren Verlauf dieses Kapitels allerdings verdeutlichen, bezieht sich jeder Übersetzungstext keineswegs nur auf seinen unmittelbaren Vorgängertext, sondern implizit auf sämtliche Optionen, die die japanische Tonio Kröger-Übersetzungsgeschichte bis zum jeweiligen Zeitpunkt hervorgebracht hat. Theoretisch müsste daher jeder Datenpunkt, wollte man den tatsächlichen historischen Verlauf der übersetzerischen Erkenntnisakkumulation und Abgrenzung grafisch darstellen, nicht nur mit dem direkten Vorgänger, sondern mit einer spezifischen Auswahl der vorausgegangenen und der darauffolgenden Datenpunkte verbunden werden, sodass ein Übersetzungsstammbaum entstünde. Eine solche Darstellung sprengt aber, sofern nicht nur einzelne Tokens berücksichtigt werden, die Grenzen der Darstellbarkeit.

Die grafische Aufbereitung der Ergebnisse aus dem relationalen Close Reading stellt also vereinfachend dar, wie sich Übersetzungstexte im zeitlichen Verlauf zueinander verhalten. Ein Anstieg der grün eingefärbten Übersetzungskonsens-Kurven in Bezug auf die y-Achse impliziert demzufolge, dass der zum jeweiligen Zeitpunkt erschienene Tonio Kröger-Übersetzungstext bezüglich eines hohen Prozentsatzes von Tokens den Übersetzungskonsens etabliert oder aufrechterhält. Da der Übersetzungskonsens hierbei als in mindestens acht Übersetzungstexten nachgewiesene Übersetzungsvariante definiert ist, ist ein Etablieren von Konsensübersetzungen definitionsbedingt – sofern sich die Analyse auf die Publikationszeitpunkte der untersuchten Textausgaben und nicht auf eventuell zuvor publizierte Ausgaben bezieht – nur bis einschließlich der im Juli 1966 erschienenen Tonio Kröger-Übersetzung Satō Kōichis möglich. Alle Übersetzenden, die ihre Texte später als im Juli 1966 veröffentlicht haben, können folglich keinen Übersetzungskonsens nach der hier zugrunde gelegten Definition mehr definieren, sondern den Übersetzungskonsens lediglich aufrechterhalten. Dieser Unterschied ist in der grafischen Aufbereitung so repräsentiert, dass die Konsenskurve bis einschließlich Juli 1966 dunkel-, nach 1966 hingegen hellgrün gefärbt ist. Hohe Anteilswerte dieser konservativ-konsensnah realisierten Übersetzungstokens sind dabei insofern typisch für die Retranslation, als Übersetzenden mehrheitlich die Tendenz eigen ist, „aus dem bereits vertrauten Wissen zu schöpfen“ (Rühling 1992: 363). Dagegen zeigen die rot gefärbten Kurven, welcher Prozentsatz der innerhalb einer spezifischen Tonio Kröger-Übersetzung untersuchten Tokens als Countertranslation einzustufen ist. Weil Countertranslation als erstmalige Abweichung gegenüber mindesten drei identischen oder gleichartigen Vorgängerübersetzungen definiert wurde, kann sie aus Definitionsgründen erst ab dem vierten untersuchten Übersetzungstext, also der 1941 erschienenen Übersetzung Takeyama Michios auftreten. Dass die Countertranslation-Kurven für den Zeitraum bis einschließlich 1940 ausschließlich Nullwerte enthalten, geht hierauf zurück. Ab 1941 ist ein Anstieg der roten Kurven derweil mit einem höheren prozentualen Anteil von Countertranslations an den untersuchten Tokens und damit mit einem höheren Grad der Abweichung von den Vorgängern gleichzusetzen.

Von besonderem Interesse ist dabei, wie sich die beiden Kurventypen zueinander verhalten. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Anteilswerte der Countertranslations im Vergleich zum Übersetzungskonsens deutlich geringer, sodass die roten Countertranslation-Kurven i. d. R. deutlich unterhalb der grünen Übersetzungskonsens-Kurven verlaufen. Der Abstand zwischen beiden Kurven lässt sich dahingehend interpretieren, dass ein Textabsatz, je weniger Konsensübersetzungen und je mehr Countertranslations er enthält, d. h. je geringer der Abstand zwischen den beiden Kurventypen ausfällt, desto stärker von den Vorgängern abweicht. Letzteres gilt umso mehr für jene Ausnahmefälle, in denen die rote Countertranslation-Kurve die grüne Konsenskurve schneidet.

Die kurzen zeitlichen Abstände, in denen die analysierten Textfassungen der 1960er- und frühen 1970er-Jahre publiziert worden sind, beeinträchtigen allerdings die Übersichtlichkeit der grafischen Aufbereitung. Trotzdem ist die maßstabsgetreue Darstellung des zeitlichen Verlaufs auf der x-Achse unerlässlich, um die Zusammenhänge zwischen historischem Verlauf und Entwicklung der relationalen Übersetzungscharakteristiken adäquat abzubilden, da zwischen der Publikation eines Übersetzungstextes und der des darauffolgenden Übersetzungstextes teils eher Wochen als Monate, teils aber auch Jahrzehnte vergangen sind. Um die Entwicklung der 1960er- und frühen 1970er-Jahre dennoch nachvollziehen zu können, wurde für jede Überblicksgrafik je eine weitere, sich ausschließlich auf diesen Zeitabschnitt konzentrierende Grafik erstellt, die die Veröffentlichungszeitpunkte nicht länger maßstabsgetreu abbildet (vgl. Abb. 5.2, 5.4, 5.6, 5.8, 5.10, 5.12, 5.14, 5.16, 5.18, 5.20, 5.22 EZM). Die nun folgende Auswertung bezieht sich zunächst auf eine Überblicksdarstellung, die sämtliche analysierten Absatzdokumente aller japanischsprachigen Tonio Kröger-Übersetzungstexte beinhaltet; im Anschluss werden die Verlaufskurven für spezifische Absatzdokumente ausgewertet.

5.4.3 Auswertung der relationalen Analyse aller betrachteten Textabsätze

Berücksichtigt man sämtliche in die Analyse einbezogenen Absatzdokumente, zeigen die Verlaufskurven der relationalen Charakteristiken ein beträchtliches Variationsspektrum (s. auch im Folgenden Abb. 5.1 EZM). Dies ist darauf zurückzuführen, dass Übersetzungsstrategien i. d. R. nicht durchgängig beibehalten werden: Bestünde ein hypothetischer Übersetzungstext ausschließlich aus Absatzdokumenten mit einem hohen Anteil an Konsensübersetzungen, wäre er zu derivativ; umfasste er hingegen ausnahmslos Absatzdokumente mit einem hohen Anteil an Countertranslations, bestünde hierin ein schwerlich mit Verlagsinteressen und Publikumserwartungen zu vereinbarender Bruch mit der Übersetzungstradition. Realistisch ist daher ein fortwährendes Aushandeln zwischen Übersetzungstradition und Abgrenzung bzw. eine je nach Textabsatz variierende Gewichtung unterschiedlicher Übersetzungsprioritäten.

Trotzdem lassen sich der alle Textabsätze berücksichtigenden grafischen Überblicksdarstellung einige relationale Grundtendenzen der japanischen Tonio Kröger-Übersetzung entnehmen. Während das gänzliche Ausbleiben von Countertranslation bis einschließlich 1940 wie erwähnt definitionsbedingt ist, sinken auch die grünen Konsenskurven zwischen 1927 und 1928 mehrheitlich. Nachdem Saneyoshis 1927 publizierte Erstübersetzung also den späteren Übersetzungskonsens relativ durchgängig geprägt hat, fällt der Anteil an Konsensübersetzungen für die im Folgejahr erschienene Mukasa-Retranslation geringer aus. Er beträgt je nach betrachtetem Textabsatz zwar zwischen 30 und 60 Prozent der untersuchten Tokens – hierzu gehören aber u. U. auch die zuvor bereits durch Saneyoshi etablierten Konsensübersetzungen, die Mukasa lediglich aufgreift. Bis zur 1940 veröffentlichten Toyonaga-Retranslation ist daraufhin ein moderater Anstieg der grünen Konsenskurven zu verzeichnen. Dass die entsprechenden grünen Datenpunkte hierbei eine im Vergleich zu den beiden Vorgängern deutlich ausgeprägtere vertikale Streuung aufweisen, legt nahe, dass der prozentuale Anteil der Konsensübersetzungen bei Toyonaga je nach Absatzdokument beträchtlich variiert. Auch die im Folgejahr 1941 veröffentlichte Takeyama-Retranslation realisiert ein zwischen Mukasa und Toyonaga angesiedeltes Niveau an Konsensübersetzungen, das für einzelne Absatzdokumente jedoch einbricht. Hinzu kommt, dass Takeyamas Retranslation teils hohe Anteilswerte von Countertranslations aufweist, die deutlich über denjenigen der darauffolgenden Retranslations liegen. Es kommt sogar zur einen hohen Grad an Übersetzungsinnovation nahelegenden Überschneidung der beiden Kurventypen. Während Takeyama also den durch seine Vorgänger etablierten Übersetzungskonsens kaum ausbaut, führt er mitunter innovative Countertranslations ein und distanziert sich so von den älteren Texten.

Ein vergleichbares Innovationsniveau zeichnet auch Asais 14 Jahre später, d. h. 1955, publizierte Retranslation aus. Bemerkenswert ist dabei, dass sich die roten Countertranslation-Kurven zwischen 1941 (Takeyama) und 1955 (Asai) vielfach schneiden – dies indiziert, dass Asai andere Textabsätze als Takeyama innovativ übersetzt hat. Ferner steigen die grünen Konsenskurven zwischen 1941 und 1955 mehrheitlich an, sodass Asai zwar innovative Übersetzungsvarianten eingeführt, aber i. A. dennoch den bisherigen Übersetzungskonsens in stärkerem Maße als Takeyama aufrechterhalten oder definiert hat. Auch für die zehn Jahre später, also 1965, erschienene Fukuda-Retranslation legen kreuzförmige Verläufe beider Kurventypen nahe, dass Fukuda den Übersetzungskonsens an anderen Textstellen als sein Vorgänger Asai aufrechterhalten und gleichfalls in anderen Textbereichen innovative Übersetzungsvarianten etabliert hat. Die jeweiligen Datenpunkte sind für beide zuletzt genannten Retranslations ähnlich weit gestreut, sodass beide Übersetzer ihre Prioritäten je nach Textabsatz in vergleichbarem Maße variieren. Auch der prozentuale Anteil der Konsensübersetzungen liegt hier auf einem ähnlichen Niveau wie zuvor bei Asai.

Da daraufhin mehrere Übersetzungstexte in kurzem zeitlichem Abstand erschienen sind, beziehen sich die folgenden Betrachtungen auf das die Entwicklung der 1960er- und frühen 1970er-Jahre repräsentierende Ergänzungsschaubild (s. auch im Folgenden Abb. 5.2 EZM). Zwischen Fukuda (1965) und Morikawa (1966.5) nimmt der prozentuale Anteil der Konsensübersetzung ab oder stagniert, während die Anteilswerte der Countertranslations teils so erheblich steigen, dass sich erneut beide Kurventypen schneiden. Dies legt ein innovatives Übersetzen Morikawas nahe, ist aber dahingehend zu relativieren, dass die jeweiligen Erstfassungen der Takahashi- (1949) und der Satō-Retranslation (1963) im Unterschied zu den innerhalb dieser Analyse berücksichtigten Fassungen von 1967 bzw. 1966.7 noch vor den Retranslations Fukudas (1965), Morikawas (1966.5) und im Falle Takahashis sogar vor der Asai-Retranslation (1955) erschienen sind. Während sich bei Satō durch diese Präzisierung wenig an seiner im weiteren Verlauf ausführlich diskutierten konservativ-konsensnahen Grundtendenz ändert, ist die Takahashi-Retranslation vor diesem Hintergrund eventuell als etwas innovativer einzustufen, als es die Ergebnisse der relationalen Analyse zunächst suggerieren.

Für die nur wenige Wochen nach Morikawa (1966.5) erschienene, in dieser Analyse berücksichtigte Textfassung der Satō-Retranslation fallen die roten Countertranslation-Kurven hingegen fast durchgängig ab, während die grünen Konsenskurven beträchtlich ansteigen. Letzteres könnte an sich zwar auch auf die Etablierung neuartiger Konsensübersetzungen zurückgeführt werden; dies ginge allerdings mit einer Abgrenzung von den Vorgängerübersetzungen einher, die sich in höheren Anteilswerten der Countertranslations äußern würde. Da zudem der Abstand zwischen beiden Kurventypen hier besonders ausgeprägt ist, kann Satōs Retranslation als derivativ klassifiziert werden. Orientiert haben dürfte sich Satō dabei v. a. an den ebenfalls durch einen hohen Anteil an Konsensübersetzungen charakterisierten Vorgängerübersetzungen Saneyoshis (1927), Toyonagas (1940), Asais (1955) und Fukudas (1965). In Bezug auf die im Folgejahr 1967 publizierte, hier berücksichtigte Textfassung der erstmals 1949 erschienenen Takahashi-Retranslation nähern sich die beiden Kurventypen wieder moderat an, da bis auf wenige Ausnahmen der prozentuale Anteilswert der Konsensübersetzungen sinkt und derjenige der Countertranslations steigt. Dementsprechend ist diese Retranslation durch ein Gleichgewicht zwischen Übersetzungstradition und Abgrenzung charakterisiert, das in Anbetracht dessen, dass Takahashi seinen Tonio Kröger bereits 18 Jahre zuvor erstmals publiziert hatte, tendenziell in Richtung Abgrenzung korrigiert werden sollte. Auch die 1968 erschienene Nojima-Retranslation realisiert sowohl Konsensübersetzung als auch Countertranslation auf einem Durchschnittsniveau; allerdings sind die entsprechenden Datenpunkte hier je nach Textabsatz im Vergleich zu den Vorgängerübersetzungen Takahashis (1967) und insbesondere Satōs (1966.7) weiter gestreut. Während v. a. in der Satō-Retranslation also das Verhältnis zwischen Konsens und Innovation in unterschiedlichen Textabsätzen vergleichsweise konstant bleibt, realisiert Nojima – ähnlich wie zuvor z. B. Fukuda (1965) – einzelne Absätze mit jeweils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung.

Die 1970 erschienene Ueda-Retranslation behält bezüglich der Konsensübersetzungen sowohl ein vergleichbares Niveau als auch einen ähnlichen Variationsgrad unterschiedlicher Absatzdokumente bei. Dass sich die grünen Konsenskurven zwischen Nojima (1968) und Ueda (1970) kreuzen, legt dabei erneut nahe, dass Ueda seine Konsensübersetzungen in anderen Textbereichen realisiert hat als Nojima. Dagegen indizieren die abfallenden roten Kurven einen im Vergleich zu Nojima geringeren prozentualen Anteil an Countertranslations. Dass die entsprechenden Datenpunkte zudem überwiegend sehr eng gruppiert sind, ist darauf zurückzuführen, dass Uedas Retranslation auch in unterschiedlichen Textabsätzen einen durchgängig geringen Anteil an Countertranslation realisiert. Folglich handelt es sich hier um eine eher konservative, dem Übersetzungskonsens verpflichtete Retranslation. Hiervon unterscheidet sich die 1973 veröffentlichte Kataoka-Retranslation dahingehend, dass die prozentualen Anteilswerte der Countertranslations überwiegend ansteigen, während die Konsenswerte im Vergleich zur Vorgängerübersetzung relativ konstant bleiben. Zugleich steigt der durch die vertikale Streuung der entsprechenden Datenpunkte repräsentierte Variationsgrad ja nach Textabsatz, wobei sich der Abstand zwischen beiden Kurventypen verringert. Demzufolge grenzt sich die Kataoka-Retranslation zwar von den vorherigen Texten ab, variiert diese Schwerpunktsetzung aber je nach Absatzdokument beträchtlich.

Dementsprechend verdeutlicht die die Entwicklung der 1960er- und frühen 1970er-Jahre darstellende Ergänzungsgrafik den innerhalb eines kurzen Zeitraumes entstandenen Reichtum an unterschiedlichen übersetzerischen Herangehensweisen. Dass es anschließend allerdings ganze 17 Jahre dauern sollte, bis 1990 die Maruko-Retranslation erschien, legt nahe, dass der Tonio Kröger-Übersetzungsmarkt zunächst gesättigt war. Umso überraschender mag es daher scheinen, dass sich Marukos Retranslation trotz dieses Überangebotes an japanischen Tonio Kröger-Versionen nicht durch eine verstärkte Abgrenzung, sondern durch das Beharren auf Konsensübersetzungen auszeichnet: Neben der 24 Jahre zuvor erschienenen Satō-Retranslation weist sie die größte Distanz zwischen beiden Kurventypen auf (s. auch im Folgenden Abb. 5.1 EZM). Kombiniert mit dem Abfall der roten Countertranslation-Kurven und dem im Vergleich zu Kataoka (1973) nur leicht gesunkenen prozentualen Anteil der Konsensübersetzungen zeigt dies, dass sich Maruko schwerpunktmäßig zur Übersetzungstradition bekannte.

Den nach einer längeren Publikationspause zu erwartenden übersetzerischen Paradigmenwechsel bringt hingegen Hiranos 2011 veröffentlichte Neuübersetzung, bezüglich derer die roten Countertranslation-Kurven signifikant ansteigen, die grünen Konsenskurven dagegen so weit abfallen, dass sich beide Kurventypen kreuzen und somit eine Abgrenzung von der bisherigen Übersetzungstradition indizieren. Dass die Datenpunkte beider Kurventypen zudem eine beträchtliche vertikale Streuung aufweisen, ist auch hier auf ein flexibles Variieren von Übersetzungsschwerpunkten zurückzuführen: Hiranos Neuübersetzung orientiert sich also je nach Textabsatz entweder am Übersetzungskonsens oder etabliert – vor dem Hintergrund der 13 bereits existierenden Tonio Kröger-Übersetzungstexte – völlig neuartige Übersetzungsvarianten.

Diese flexible Variation zwischen Übersetzungstradition und -innovation setzt sich auch in der jüngsten, 2018 erschienenen Tonio Kröger-Retranslation Asai Shōkos fort, denn unter allen betrachteten Übersetzungen weisen die den Anteilswert der Konsensübersetzungen in diesem Text repräsentierenden Datenpunkte den mit Abstand höchsten Grad an vertikaler Streuung auf. Einige Textabsätze (z. B. 115b) übersetzt Asai Shōko dementsprechend mit einem Anteilswert der Konsensübersetzungen von knapp 77 Prozent so konsensnah, dass es schon als derivativ zu bezeichnen ist, während Hiranos (2011) auf denselben Textabsatz bezogene Übersetzungsvariante lediglich 35,9 Prozent Konsensübersetzungen umfasst. Zugleich bewegt sich der prozentuale Anteilswert der Countertranslations jedoch auch in der Asai-Neuübersetzung auf einem mit Hirano (2011) vergleichbaren Niveau, wobei es ebenfalls zu einer Übersetzungsinnovation indizierenden Überschneidung der beiden Kurventypen kommt. Schlussfolgern lässt sich daher, dass sich Asai zwar teilweise dezidiert von vorherigen Übersetzungstexten abgrenzt, je nach Absatzdokument mitunter aber auch in deutlich stärkerem Maße als Hirano am bisherigen Übersetzungskonsens festhält.

Generell fällt auf, dass die wenigsten Textabsätze von allen Übersetzenden gleichbleibend konsensnah oder gleichbleibend innovativ übersetzt werden, was ggf. in einem Kurvenverlauf parallel zur x-Achse des Schaubildes resultieren würde. Stattdessen zeigt die Mehrzahl der Kurven starke Schwankungen, die insbesondere in der für die 1960er- und frühen 1970er-Jahre erstellten Ergänzungsgrafik ein nahezu durchgängiges Zickzack-Muster beschreiben. Dies ist auch dann festzustellen, wenn anstelle der im Rahmen dieser Analyse untersuchten späteren Ausgaben der Takahashi- sowie der Satō-Retranslation die jeweilige Erstpublikation berücksichtigt wird. Dass dementsprechend z. B. auf die konsensnahe Realisierung eines Textabsatzes innerhalb einer Übersetzung in der darauffolgenden Übersetzung eine innovativere Annäherung an denselben Textabsatz zu folgen scheint, ist als Indiz dafür zu werten, dass einer übersetzungspraktischen Erkenntnisakkumulation gerade in der Hochphase der japanischen Tonio Kröger-Übersetzung die individuelle Abgrenzung vorgezogen wird. Ähnliches gilt außerdem für die jeweiligen Abstände zwischen beiden Kurventypen insoweit, als auf die eine potenziell innovative Abgrenzung vom Bisherigen indizierenden Überschneidungen (Takeyama 1941, Hirano 2011, Asai 2018) und Annäherungen (Asai 1955, Fukuda 1965, Morikawa 1966.5, Takahashi 1967[1949], Nojima 1968, Kataoka 1973) zwischen beiden Kurventypen vielfach ein deutlich größerer, auf konsensnahes Übersetzen zurückzuführender Abstand folgt (Satō 1966.7[1963], Ueda 1970, Maruko 1990). Somit konnte sich zu keinem Zeitpunkt ein anhaltend konservativer oder innovativer Übersetzungstrend über mehr als drei aufeinanderfolgende Texte etablieren. Angesichts dieser alternierenden relationalen Übersetzungscharakteristiken ist es als wahrscheinlich anzusehen, dass sich alle Übersetzenden selbst dann, wenn dies nicht explizit bezeugt ist, mit der Arbeit ihrer (unmittelbaren) Vorgänger auseinandergesetzt haben.

Ferner sprechen die Ergebnisse der relationalen Analyse gegen eine durch die umstrittene Retranslation Hypothesis (Chesterman 2014: 23) suggerierte lineare Entwicklung von Übersetzungscharakteristiken: Käme es tatsächlich im übersetzungsgeschichtlichen Verlauf zu einer fortwährenden Qualitätssteigerung, nähme die Menge der v. a. durch Countertranslation zu berichtigenden „Übersetzungsfehler“ – und damit die prozentualen Anteilswerte der Countertranslations – kontinuierlich ab, während parallel die Anteilswerte der Konsensübersetzungen durch übersetzerische Erkenntnisakkumulation zunähmen. In Hinblick auf die japanische Tonio Kröger-Übersetzung konnten nicht nur generell keine derart kontinuierlichen Entwicklungstendenzen beobachtet werden; vielmehr ist insofern das Gegenteil der Fall, als die jüngsten Übersetzungen einen hohen Anteil an Countertranslations realisieren.

Zusätzlich können die Erkenntnisse aus der relationalen Analyse auch mit der im ersten Analyseschritt auf Grundlage quantitativer Ähnlichkeitsbeziehungen entworfenen Basisklassifikation abgeglichen werden. Obwohl der Takeyama-Retranslation (1941) im Rahmen dieser Basisklassifikation aufgrund ihrer ausgeprägten Ähnlichkeitsbeziehungen zu anderen Übersetzungstexten eine zentrale Position innerhalb einer Kerngruppe der Tonio Kröger-Übersetzungsaktivitäten zugeschrieben wurde, zeigte die relationale Analyse eine Abgrenzung gegenüber den vorherigen Texten. Dies legt nahe, dass die Countertranslations, durch die Takeyama von seinen Vorgängern Saneyoshi, Mukasa und Toyonaga abweicht, von zahlreichen Folgeübersetzungen übernommen worden sind und so quantitative Ähnlichkeiten zu Letzteren bedingen. Hierdurch veranschaulicht sich, dass die Zugehörigkeit zur im ersten Analyseschritt entworfenen Kerngruppe keineswegs automatisch in einer konsensnahen Übersetzungscharakteristik resultieren muss, denn die Übersetzungsinnovation älterer Texte kann in späteren Retranslations selbst zum entsprechende Ähnlichkeitsbeziehungen konstituierenden Übersetzungskonsens werden. Gleichzeitig wurden im ersten Analyseschritt ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Saneyoshi (1927) bzw. Toyonaga (1940) und Takeyama (1941) festgestellt. Dies zeigt, dass Takeyamas Retranslations durchaus spezifische Eigenschaften der Vorgängerübersetzungen aufgreift. Dass die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Takeyama und den darauffolgenden Retranslations dennoch stärker ausgeprägt sind als bspw. diejenigen zwischen der Erstübersetzung und den darauffolgenden Retranslations, untermauert die Annahme, dass Takeyamas Retranslation hinsichtlich der Countertranslations von den Vorgängern abweicht und so die darauffolgenden Retranslations beeinflusst. Zu vermuten ist daher, dass die 1941 publizierte Tonio Kröger-Retranslation Takeyama Michios als eine Art übersetzungsgeschichtliches Bindeglied zwischen teils übernommenen vorkriegszeitlichen Übersetzungsvarianten und den nachkriegszeitlichen, durch Takeyamas innovative Countertranslations beeinflussten Übersetzungen fungiert hat.

Zumindest in Hinblick auf die gesamttextlich realisierten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten Typs formiert sich die im ersten Analyseschritt entworfene Kerngruppe zudem auch um die Toyonaga-Retranslation (1940). Anders als die Übersetzung seines Nachfolgers Takeyama wurde Toyonagas Retranslation in der relationalen Analyse allerdings als relativ konsensnah eingestuft. Toyonagas (1940) im ersten Analyseschritt festgestellte quantitative Ähnlichkeit zur Erstübersetzung lässt hierbei vermuten, dass sich diese Retranslation in einen Übersetzungskonsens einreiht, der bereits von Saneyoshi (1927) etabliert und insbesondere von den Retranslations Takahashis, Nojimas, Uedas und Kataokas in einer auf der Ebene der Gesamttexte quantitativ messbaren Weise aufrechterhalten wird. Inwiefern Toyonaga (1940) hierbei selbst eigene, spätere Retranslations beeinflussende Konsensübersetzungen definiert und somit ebenfalls als übersetzungsgeschichtliches Bindeglied gewirkt hat, wird im weiteren Argumentationsverlauf anhand von Interpretationsbeispielen überprüft.

Daneben wurde im ersten Analyseschritt eine Übersetzungsperipherie definiert, in der die Retranslations Mukasas (1928), Marukos (1990) und Hiranos (2011) sowie Asais (2018) verortet sind; in Bezug auf Asai (1955) musste diese Zuordnung aufgrund eines Fehlers bei der Korporaerstellung revidiert werden. Dem entsprechen die Ergebnisse der relationalen Analyse insoweit, als insbesondere für die Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) eine Abgrenzung gegenüber den vorherigen Texten festgestellt wurde. Dass diese Abgrenzung in Asais Neuübersetzung etwas schwächer ausgeprägt ist als in derjenigen Hiranos, deckt sich insoweit mit den Ergebnissen des ersten Analyseschrittes, als Hirano (2011) hier aufgrund besonders ausgeprägter quantitativer Unähnlichkeitsbeziehungen im Vergleich zu Asai (2018) noch weiter in der Übersetzungsperipherie verortet worden war. Dass für Hiranos Neuübersetzung im ersten Analyseschritt zumindest für den zweiten, gesamttextlichen Ähnlichkeitstyp außerdem die geringsten quantitativen Ähnlichkeitswerte zum deutschsprachigen Tonio Kröger-Ausgangstext beobachtet wurden, lässt vermuten, dass Hiranos Abgrenzung mit Kompromissen hinsichtlich der Äquivalenzforderung einherging; auch diese Annahme wird im weiteren Argumentationsverlauf untersucht. Ebenso wurde Marukos Retranslation (1990) im ersten Analyseschritt der Übersetzungsperipherie zugeordnet. Diesbezüglich wirken die Ergebnisse der relationalen Analyse zunächst dahingehend widersprüchlich, dass sich Maruko hier durch ein eher geringes Abgrenzungsniveau und durch moderate Konsensnähe auszeichnet, was eigentlich ausgeprägtere quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen erwarten ließe. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die für Maruko ermittelten quantitativen Unähnlichkeitswerte abgesehen vom Ausgangstext ausschließlich auf die Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) beziehen, also auf zwei Texte, die sich ihrerseits dezidiert von der bisherigen Übersetzungstradition abgrenzen. Demzufolge ist Marukos Retranslation v. a. deshalb in der Übersetzungsperipherie lokalisiert, weil sie den bisherigen Übersetzungskonsens in einer Weise zusammenführt, die keine allzu ausgeprägten Ähnlichkeitsrelationen zu einzelnen Vorgängerübersetzungen oder zum deutschsprachigen Ausgangstext bedingt, sich aber von den Neuübersetzungen deutlich unterscheidet.

Durch quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen des ersten, sowohl auf der Ebene der Gesamttexte als auch schwerpunktmäßig in einzelnen Textbereichen realisierten Ähnlichkeitstyps wurde darüber hinaus im ersten Analyseschritt auch Mukasa (1928) charakterisiert. Die Ergebnisse der relationalen Analyse lassen diesbezüglich zwar (aufgrund der oben erläuterten Definition von Countertranslations) keine Rückschlüsse auf das Abgrenzungsniveau als solches zu, zeigen aber dennoch, dass Mukasas Retranslation im Durchschnitt einen geringeren prozentualen Anteil an Konsensübersetzungen enthält als die Erstübersetzung oder die darauffolgenden Retranslations. Dies ist als Indiz dafür zu werten, dass dieser Text teils von Saneyoshis Erstübersetzung abweicht und deshalb die späteren Retranslations in geringerem Maße beeinflusst hat.

5.4.4 Auswertung der relationalen Analyse – einzelne Absatzdokumente

Anknüpfend an diesen Überblick über die relationalen Übersetzungscharakteristiken wird im folgenden Abschnitt auf die spezifische Entwicklung einzelner Absatzdokumente eingegangen. Auch hier wurden ergänzende Grafiken für die Entwicklung der späten 1960er- und frühen 1970er-Jahre erstellt. Zu statistischen Verzerrungseffekten führende Tabellen mit weniger als 20 Tokens wurden nicht berücksichtigt. Der Nachvollziehbarkeit halber besonders ausführlich diskutiert wird im Folgenden das Absatzdokument 90, während sich die Auswertungen der übrigen Absatzdokumente auf die für den Argumentationsverlauf notwendigen Erkenntnisse beschränken.

5.4.4.1 Absatzdokument 90

Als besonders repräsentativ kann das dem letzten Textabsatz des dritten Kapitels der Erzählung Tonio Kröger entsprechende Absatzdokument 90 insofern gelten, als es in Hinblick auf sieben unterschiedliche Fokustopics aus sieben unterschiedlichen Textkorpora bzw. Übersetzungstexten untersucht wurde. Für dieses Absatzdokument wurden folglich innerhalb dieser Analyse die meisten Datenpunkte erhoben (s. auch im Folgenden Abb. 5.3, 5.4 EZM).

Die in Absatzdokument 90 nachgewiesenen Konsensübersetzungen sind in den Übersetzungstexten Saneyoshis (1927), Toyonagas (1940), Takeyamas (1941), Asais (1955), Fukudas (1965), Satōs (1966.7) und Uedas (1970) auf einem relativ konstant zwischen etwas mehr als 30 und etwas weniger als 60 Prozent liegenden prozentualen Anteilsniveau realisiert. Dieser Konsens dürfte in beträchtlichem Maße durch die Erstübersetzung geprägt sein, da diese als einziger untersuchter Text ausschließlich konsensdefinierend wirken kann. Während die einzelnen Prozentsätze dabei, wie die vertikale Streuung der entsprechenden Datenpunkte zeigt, je nach analysiertem Fokustopic variieren können, nimmt die vertikale Streuung für die Retranslations Morikawas (1966.5) und Marukos (1990) sowie auch für diejenige Nojimas (1968) ab. Dass die unterschiedlichen Fokustopics hier demzufolge in geringerem Maße zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, legt nahe, dass Morikawa, Maruko und Nojima sämtliche (betrachteten) Textaspekte so konsensnah übersetzen, dass ein verändertes Fokustopic (und damit eine Ausrichtung der Analyse an anderen Textaspekten) trotzdem relativ gleichbleibend erhöhte Anteilswerte der Konsensübersetzungen ergibt. Diese Anteile fallen bei Maruko (1990) noch etwas höher aus als bei den beiden anderen genannten Retranslations. Der höchste prozentuale Anteil an Konsensübersetzungen ist derweil bezüglich der Takahashi-Retranslation (1967) festzustellen; da die entsprechenden Datenpunkte jedoch stärker gestreut sind, ist anzunehmen, dass Takahashi in der berücksichtigten Textfassung mal mehr, mal weniger konsensnah übersetzt. Zu etwas geringeren prozentualen Anteilen sind Konsensübersetzungen hingegen in den Retranslations Mukasas (1928), Hiranos (2011) und Asais (2018) realisiert, weswegen Mukasa (1928) auf die Folgeübersetzungen einen im Vergleich zur Erstübersetzung geringeren Einfluss ausgeübt haben dürfte. Im Falle der beiden Neuübersetzungen indiziert der gesunkene Prozentsatz an Konsensübersetzungen eine Abgrenzung gegenüber vorherigen Übersetzungsvarianten, die bei Asai (2018) in Absatzdokument 90 besonders ausgeprägt ist.

Im Unterschied zur relativen Konstanz der Konsensübersetzungen zeigt der quantitative Entwicklungsverlauf der Countertranslations-Anteilswerte in Absatzdokument 90 deutlich größere Schwankungen: Der Übersetzungskonsens geht also mit einem höheren Maß an Verbindlichkeit einher, während Countertranslations Ermessenssache sind. Diesbezüglich zeigt die grafische Aufbereitung, dass insbesondere die Übersetzungstexte Asais (1955), Fukudas (1965), Morikawas (1966.5), Takahashis (1967) und Kataokas (1973) sowie in etwas abgeschwächter Form auch die Takeyama-Retranslation (1941) durch sich zwischen knapp 10 und etwas mehr als 25 Prozent bewegenden Anteil potenziell innovativer Countertranslations charakterisiert sind. Für Takeyama (1941), Fukuda (1965), Takahashi (1967) und Kataoka (1973) können je nach Fokustopic etwas größere Schwankungen der Countertranslation-Prozentsätze beobachtet werden, wogegen Asai (1955) und Morikawa (1966.5) Countertranslation auf einem gleichbleibenden Anteilsniveau einsetzen. Durch demgegenüber deutlich geringere Countertranslation-Anteilswerte zeichnen sich dagegen die Retranslations Satōs (1966.7), Nojimas (1968), Uedas (1970) und Marukos (1990) aus. Dabei sind einzig für Nojima (1968) je nach Fokustopic signifikante Unterschiede festzustellen, während Satō, Ueda und Maruko alle betrachteten Textelemente mit einem konstant geringen Anteil an Countertranslation übersetzt haben. Die generell höchsten Countertranslation-Prozentsätze sind für die Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) zu beobachten, wobei sich Hirano konsequent abgrenzt, Asai dagegen je Fokustopic bzw. je nach betrachteten Textbestandteilen variiert.

Führt man diese Ergebnisse zusammen, ergibt sich in Bezug auf Absatzdokument 90 folgendes Bild: Saneyoshi etabliert in seiner Erstübersetzung (1927) einen Übersetzungskonsens, während Mukasa (1928) die Folgeübersetzungen in geringerem Maße beeinflusst. Takeyama (1941), Asai (1955), Fukuda (1965), Morikawa (1966.5), Takahashi (1967) und Kataoka (1973) zeigen ein Gleichgewicht zwischen Konsens und Abgrenzung, das mutmaßlich (da hier definitionsbedingt keine Werte für Countertranslation erhoben werden konnten) auch Toyonaga (1940) charakterisiert. Dagegen zeichnen sich Satō (1966.7), Nojima (1968), Ueda (1970) und Maruko (1990) durch eine konservativ-konsensnahe Übersetzungstendenz aus. Bemerkenswert ist dabei, dass diese besonders konservativen Übersetzungstexte mit zeitlichem Abstand zur Erstübersetzung entstanden sind; u. U. wäre ein allzu konservatives Übersetzen zuvor als Plagiat wahrgenommen worden. Zudem alternieren auch hier konservative und innovativere Übersetzungsschwerpunkte: Mit Nojima (1968) und Ueda (1970) folgen zwei konservative Retranslations, bevor Kataoka (1973) erneut einen Ausgleich zwischen konsensnahem und innovativem Übersetzen realisiert. Die hierauf folgende Maruko-Retranslation (1990) fällt erneut konservativ aus, bevor sich die Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) im bis dahin stärksten Ausmaß von den älteren Texten abgrenzen.

Diese aus der relationalen Analyse von Absatzdokument 90 hervorgegangenen Erkenntnisse sind anschlussfähig an die in Schritt 1 entworfene Basisklassifikation. Laut dieser quantitativen Basisklassifikation etablieren insbesondere die Retranslations Takeyamas (1941) und Toyonagas (1940), außerdem auch Saneyoshi (1927), Fukuda (1965), Satō (1966.7), Nojima (1968), Ueda (1970) und Kataoka (1973) auf der Grundlage quantitativer Ähnlichkeitsbeziehungen eine Kerngruppe der japanischen Tonio Kröger-Übersetzung. Dem entspricht es, dass Saneyoshis Erstübersetzung (1927) auch in der relationalen Analyse von Absatzdokument 90 als konsensetablierend sowie die Retranslations Satōs (1966.7), Nojimas (1968) und Uedas (1970) als konsensnah identifiziert werden konnten. Dass die Retranslations Toyonagas (1940), Takeyamas (1941), Fukudas (1965) und Kataokas (1973) demgegenüber etwas innovativer ausfallen, stellt insofern keinen Widerspruch dar, als Takeyama (1941) und Toyonaga (1940) bestimmte Übersetzungsvarianten der Erstübersetzung übernommen haben und zugleich eigene, nachhaltig einflussreiche Übersetzungsvarianten etabliert haben könnten. Vor diesem Hintergrund lässt sich die relationale Basisklassifikation der Gesamttexte also in Bezug auf das Absatzdokument 90 dahingehend präzisieren, dass Takeyama (1941) und Toyonaga (1940) hier als Bindeglied zwischen Saneyoshi (1927), den konsensnahen Retranslations Satōs (1966.7), Nojimas (1968) und Uedas (1970) und den sich moderat abgrenzenden Retranslations Fukudas (1965) und Kataokas (1973) fungieren könnten. Diese Vermutung wird im weiteren Verlauf der Analyse anhand konkreter Textbeispiele überprüft. In Hinblick auf Morikawa (1966.5) und Takahashi (1967) wurden im ersten Analyseschritt nur quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Typs festgestellt, weshalb nicht abschließend über eine Zuordnung zur Kerngruppe entschieden werden konnte. Dass beide Retranslations zumindest in Bezug auf das Absatzdokument 90 eine Balance zwischen Konsens und Innovation wahren, macht eine entsprechende Zuordnung jedoch prinzipiell möglich.

Auch die quantitativ fundierte Verortung Hiranos (2011), Mukasas (1928), Marukos (1990) und Asais (2018) in der Übersetzungsperipherie lässt sich in Hinblick auf die relationale Analyse von Absatzdokument 90 aufrechterhalten. Dass für die Mukasa-Retranslation hier ein geringerer Einfluss auf die Folgeübersetzungen sowie für die Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) eine dezidierte Abgrenzungsstrategie festgestellt werden konnte, lässt sich mit quantitativen Unähnlichkeitsrelationen zu den anderen Übersetzungstexten vereinbaren. Dass die in Hinblick auf Absatzdokument 90 konsensnahe Maruko-Retranslation (1990) zugleich besonders schwache quantitative Ähnlichkeitsrelationen zu anderen Texten aufweisen soll, erscheint hingegen zunächst widersprüchlich, zumal sich diese relationale Charakteristik, wie die weitere Analyse zeigt, keineswegs auf Absatzdokument 90 beschränkt. Da die Zuordnung Marukos (1990) zur Übersetzungsperipherie allerdings durch quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen zu den ihrerseits innovativen Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) bedingt ist, kann sie anhand der relationalen Analyse relativiert werden. Eine Zuordnung der Maruko-Retranslation (1990) zur Kerngruppe ist folglich trotz ihrer quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen zum deutschsprachigen Ausgangstext denkbar.

Damit konnte im vierten Analyseschritt gezeigt werden, dass die Übersetzungstexte der auf Grundlage quantitativer Ähnlichkeitsbeziehungen entworfenen Kerngruppe auch im Absatzdokument 90 entweder durch ein besonders konsensnahes Übersetzen oder aber durch ein ausgewogenes Verhältnis von Konsens und Übersetzungsinnovation charakterisiert sind. Auch die zuvor in der Übersetzungsperipherie verorteten Retranslations zeigen in der relationalen Analyse eine deutliche Abgrenzung von der Kerngruppe, sodass eine entsprechende Zuordnung einzig in Bezug auf Maruko (1990) revidiert wurde.

5.4.4.2 Absatzdokument 75

Das aus dem zweiten Kapitel von Tonio Kröger entnommene Absatzdokument 75 wurde anhand von sechs unterschiedlichen Fokustopics untersucht, die sich ihrerseits auf fünf verschiedene Korpora beziehen (s. auch im Folgenden Abb. 5.13, 5.14 EZM). Dabei ist bereits in Saneyoshis Erstübersetzung (1927) ein moderat erhöhter Anteil an Konsensübersetzungen zu beobachten, der in den darauffolgenden Retranslations Mukasas (1928), Toyonagas (1940) und Takeyamas (1941) etwas absinkt und sich anschließend in den Retranslations Asais (1955) und Fukudas (1965) erneut verstärkt. Anzunehmen ist, dass auch hier die Erstübersetzung den späteren Übersetzungskonsens geprägt hat. Demgegenüber sinkt das Anteilsniveau der Konsensübersetzungen v. a. in der darauffolgenden Morikawa-Retranslation (1966.5) nur leicht ab und stabilisiert sich daraufhin in den Retranslations Satōs (1966.7), Takahashis (1967), Nojimas (1968) und Uedas (1970) auf einem deutlich über dem der Erstübersetzung liegenden Niveau, was auf ein ausgesprochen konsensorientiertes Übersetzen der ausgehenden 1960er-Jahre hindeutet. Dies ändert sich mit der Kataoka-Retranslation von 1973, die ebenso wie Maruko (1990) und Hirano (2011) Konsensübersetzungen erneut auf einem ähnlichen Anteilsniveau realisiert wie die Erstübersetzung. Diese bei Hirano für unterschiedliche Textbestandteile bzw. Fokustopics jeweils variierte konservative Übersetzungstendenz verfestigt sich in Asais Neuübersetzung (2018) weiter.

Zugleich schwanken auch in Absatzdokument 75 die Countertranslation-Anteilswerte beträchtlich: Während die Takeyama-Übersetzung (1941) ein leicht erhöhtes, je nach Fokustopic zwischen 8,9 und 22 Prozent variierendes Niveau an Countertranslations umsetzt, steigt dieses für Asai (1955) etwas an und sinkt infolgedessen für Fukuda (1965) wieder auf das vorherige Level, wobei Fukuda je nach Fokustopic stärker variiert. Ein deutlicher ausgeprägtes Abgrenzungsbemühen ist den demgegenüber erhöhten Countertranslation-Anteilswerten in Absatz 75 der Morikawa-Retranslation (1966.5) zu entnehmen, bevor dieser Anteil in der darauffolgenden Satō-Retranslation (1966.7) wieder deutlich abfällt. Während die beiden zuletzt genannten Texte, insbesondere derjenige Satōs, die jeweilige Herangehensweise auch für unterschiedliche Textbestandteile vergleichsweise konstant beibehalten, zeichnet sich die im Folgejahr 1967 publizierte Textfassung der Takahashi-Retranslation durch ein deutlich größeres Variationsspektrum aus, das sich für unterschiedliche Textelemente zwischen niedrigen und deutlich erhöhten Prozentsätzen der Countertranslations bewegt. Dagegen realisieren Nojima (1968) und Ueda (1970) ebenso wie zuvor Satō einen konstant niedrigen Anteil an Countertranslations. Hiernach übertrifft Kataoka (1973) das vorherige Abgrenzungs- bzw. Variationsniveau der Morikawa-Retranslation (1966.5) insofern, als dieser Text für das Fokustopic FUKUDA_0 mit 31,1 Prozent der betrachteten Tokens den höchsten Anteil an Countertranslations in Absatzdokument 75 verzeichnet. Demgegenüber realisiert Maruko (1990) eine Abgrenzung durch Countertranslations erneut zu einem deutlich geringeren, aber noch über Satō (1966.7), Nojima (1968) und Ueda (1970) liegenden Prozentanteil an den betrachteten Tokens. Maruko übersetzt also tendenziell konservativer als Kataoka, aber innovativer als Satō, Nojima und Ueda. Ein deutlicher Anstieg der Countertranslation-Kurven bzw. der Abgrenzungsintensität ist dagegen für Hiranos Neuübersetzung (2011) festzustellen, bevor diese in Asais Neuübersetzung von 2018 wieder auf das gemäßigte und für unterschiedliche Fokustopics relativ gleichbleibende Niveau der Maruko-Retranslation (1990) absinkt.

Führt man diese Ergebnisse zusammen, lässt sich festhalten, dass auch im Absatz 75 Saneyoshis Erstübersetzung (1927) zumindest teilweise den späteren Übersetzungskonsens definiert. Dieser wird von den drei darauffolgenden Retranslations Mukasas (1928), Toyonagas (1940) und Takeyamas (1941) aufrechterhalten, wobei Takeyama zugleich eigene Übersetzungsinnovation einbringt. Bei Asai (1955) intensivieren sich sowohl Konsensübersetzung als auch Countertranslation, während Fukuda (1965) seine insgesamt konservativere Übersetzungstendenz je nach betrachteten Textbestandteilen erheblich variiert. Hiernach grenzt sich Morikawa (1966.5) von den vorherigen Texten ab, Satō (1966.7) übersetzt konservativer, Takahashi (1967) demgegenüber wieder tendenziell etwas innovativer (allerdings mit erheblicher Variation für unterschiedliche Textelemente), woraufhin Nojima (1968) und Ueda (1970) wieder sehr konservativ ausfallen. Dieses Alternieren setzt sich auch danach fort, denn nachdem Kataoka (1973) eine der insgesamt innovativsten Annäherungen an Absatzdokument 75 veröffentlicht hat, folgt mit der Maruko-Retranslation (1990) wieder ein konsensnaher Übersetzungstext. Denselben Textabsatz realisiert Hirano (2011) erneut in Abgrenzung von ihren Vorgängern; Asai (2018) konzipiert ihn dagegen deutlich konservativer.

Diese für Absatzdokument 75 ermittelten Ergebnisse stimmen insofern mit denen zu Absatz 90 überein, als Satō (1966.7), Nojima (1968), Ueda (1970) und Maruko (1990) in beiden Textabsätzen durch eine konservativ-konsensnahe Übersetzungstendenz charakterisiert sind. Beide Absätze sind zudem in den Retranslations Takeyamas (1941), Asais (1955), Fukudas (1965), Morikawas (1966.5), Takahashis (1967) und Kataokas (1973) mit einem ausgewogenen Verhältnis von Konsens und Abgrenzung realisiert, das bei Kataoka (1973) in Textabsatz 75 aber eher zugunsten der Abgrenzung ausfällt. Auch die Beobachtung, dass Saneyoshis Erstübersetzung (1927) einen höheren Anteil von Konsensübersetzungen enthält als Mukasa (1928), trifft auf beide betrachteten Textabsätze zu. Ferner sind beide Absätze in der Neuübersetzung Hiranos (2011) innovativ realisiert, während Asai (2018) den Absatz 90 innovativ, 75 dagegen eher konsensnah übersetzt. Dass fast alle Übersetzenden – mit Ausnahme Asais (2018) – in beiden Textabsätzen vergleichbare Übersetzungsschwerpunkte gewählt haben, hat außerdem zur Folge, dass auch für Absatzdokument 75 die Anschlussfähigkeit bezüglich der Basisklassifikation der quantitativen Übersetzungsähnlichkeiten gewährleistet ist.

5.4.4.3 Absatzdokumente 250, 17, 164 und 88

Das Absatzdokument 250 ist dem achten Tonio Kröger-Kapitel entnommen; es wurde anhand dreier Fokustopics aus jeweils unterschiedlichen Übersetzungskorpora untersucht (s. auch im Folgenden Abb. 5.7, 5.8 EZM). Da auch hier die prozentualen Anteilswerte der Konsensübersetzungen etwas höher, die Countertranslation-Anteile hingegen niedriger ausfallen als in Absatzdokument 90, dürfte auch Absatzdokument 250 eher konsensnah übersetzt worden sein. Dabei charakterisieren die zuvor in Bezug auf die Absatzdokumente 90 und 75 ermittelten Übersetzungstendenzen auch Absatzdokument 250. Die einzige diesbezügliche Ausnahme stellt Takeyamas (1941) besonders innovative Übersetzung dieses Textabsatzes dar. Daneben sind lediglich die bezüglich Kataokas (1973) und Hiranos (2011) in Absatzdokument 250 ermittelten Countertranslation-Anteilsniveaus etwas niedriger als in den Absatzdokumenten 90 und 75. Auch diese geringfügigen Unterschiede ändern jedoch nichts daran, dass sich die im ersten Analyseschritt erstellte Basisklassifikation der quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen in Hinblick auf das Absatzdokument 250 weiterhin aufrechterhalten lässt.

Für das dem ersten Tonio Kröger-Kapitel entnommene Absatzdokument 17 wurde dagegen nur eine einzige, quantitativ besonders ausgeprägte Ähnlichkeitsbeziehung zwischen Toyonaga (1940) und dem deutschsprachigen Ausgangstext anhand zweier Fokustopics untersucht (s. auch im Folgenden Abb. 5.5, 5.6 EZM). Obwohl die Ergebnisse dementsprechend im Vergleich zu den bisher betrachteten Textabsätzen einen geringeren Grad an Repräsentativität beanspruchen können, stimmen auch sie grundsätzlich mit den bisherigen Beobachtungen überein. Ebenso wie in Absatzdokument 250 zeichnet sich Takeyama (1941) allerdings auch hier durch eine deutlich innovativere Herangehensweise aus als zuvor angenommen. Moderate Abweichungen konnten darüber hinaus auch für Asai (1955) und Fukuda (1965) festgestellt werden, wobei Letzterer den Textabsatz 17 im Vergleich zu den Absätzen 90, 75 und 250 deutlich konservativer umgesetzt hat, während sich Asai (1955) hier im Vergleich zu den bisher festgestellten Tendenzen noch etwas klarer abgrenzt. Nichtsdestoweniger lassen sich auch diese Ergebnisse grundsätzlich mit der Basisklassifikation aus dem ersten Analyseschritt in Einklang bringen.

Ebenso wie Absatzdokument 17 wurde auch das Absatzdokument 164, das aus dem sechsten Tonio Kröger-Kapitel stammt, nur anhand zweier Fokustopics untersucht, die eine quantitative Ähnlichkeitsbeziehung zwischen dem deutschsprachigen Ausgangstext und Takeyama (1941) thematisch näher bestimmen (s. auch im Folgenden Abb. 5.9, 5.10 EZM). Aus diesem Grund sind diese Werte im direkten Vergleich zu den Absatzdokumenten 90 und 75 weniger repräsentativ. Trotzdem können die bisher herausgearbeiteten Übersetzungstendenzen auch hier nachgewiesen werden. Etwas nachkorrigiert werden müssen sie in erster Linie in Bezug auf Takeyama (1941), da dieser die Absätze 250, 17 und 164 durchgängig ausgesprochen innovativ realisiert und nur in den Absatzdokumenten 90 und 75 eher durch ein Gleichgewicht zwischen Tradition und Innovation charakterisiert ist. Dagegen realisiert Asais Neuübersetzung (2018) auch in Absatzdokument 164 – ebenso wie im Absatz 75 – weniger Countertranslations als Hirano (2011). Diese Nachjustierungen ändern jedoch nichts daran, dass die in der relationalen Analyse von Absatzdokument 164 festgestellten Übersetzungstendenzen ebenfalls die Basisklassifikation des ersten Analyseschrittes bestätigen.

Neben den Textabsätzen 17 und 164 wurde auch das dem dritten Kapitel von Tonio Kröger entnommene Absatzdokument 88 nur für 2 Fokustopics (also mit geringerem Repräsentativitätsgrad) untersucht, die in diesem Falle die quantitative Ähnlichkeitsbeziehung zwischen Takeyama (1941) und Kataoka (1973) thematisch näher bestimmen. Generell lassen sich die bisher festgestellten Übersetzungstendenzen auch durch die relationale Analyse von Absatzdokument 88 bestätigen (s. auch im Folgenden Abb. 5.11, 5.12 EZM). Dabei verstärkt sich der Eindruck eines innovativen Übersetzungsschwerpunktes Takeyamas (1941), während Asai (1955), Morikawa (1966.5), Nojima (1968) und Asai (2018) je nach Textabsatz leicht veränderte Übersetzungsprioritäten erkennen lassen: Asai Masao übersetzt mal konservativ, mal ausgesprochen innovativ, Morikawa Toshio moderat innovativ bis innovativ, Nojima Masanari konservativ-konsensnah bis moderat innovativ und Asai Shōko je nach untersuchtem Absatzdokument moderat innovativ bis innovativ. Auch diese Ergebnisse sind mit der relationalen Basisklassifikation der Übersetzungsähnlichkeiten aus Analyseschritt 1 zu vereinbaren.

5.4.4.4 Absatzdokument 253/253b

Während anhand der bisher thematisierten Absatzdokumente ausschließlich quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen untersucht wurden, realisiert das aus dem achten Tonio Kröger-Kapitel entnommene Absatzdokument 253b einerseits eine quantitative Ähnlichkeit zwischen Toyonaga (1940) und Kataoka (1973), andererseits aber auch eine quantitative Unähnlichkeit zwischen Mukasa (1928) und Morikawa (1966.5), die an drei Fokustopics analysiert wurden (s. auch im Folgenden Abb. 5.15, 5.16 EZM). In der grafischen Aufbereitung wurde dahingehend zwischen quantitativen Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeziehungen differenziert, dass die Verlaufskurven für erstere durchgängig, die für letztere durchbrochen sind. Vor diesem Hintergrund wird ersichtlich, dass sich beide Typen von Verlaufskurven grundsätzlich ähnlich verhalten. Zumindest in Hinblick auf Textabsatz 253b erhärtet sich so die zuvor formulierte Annahme, dass die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen keine Übersetzungsabweichungen i. e. S., sondern in erster Linie statistische Ungleichverteilungen der Topics repräsentieren.

Abgesehen davon lassen sich die anhand der bisher thematisierten Absatzdokumente ermittelten Übersetzungsschwerpunkte auch für das Absatzdokument 253b bestätigen. Eine diesbezügliche Ausnahme besteht in einer einzig für dieses Absatzdokument nachgewiesenen, konservativ-konsensnahen Übersetzungstendenz der ansonsten innovativen Takeyama-Retranslation (1941); dagegen realisiert Nojima (1968) in Absatz 253b bezüglich des eine quantitative Unähnlichkeitsbeziehung repräsentierenden Fokustopics MUKASA_5 ein ansonsten eher untypisches Innovationsniveau. Diese Unregelmäßigkeiten lassen ebenso wie das eher niedrige Anteilsniveau an Konsensübersetzungen in Absatz 253b auf eine gewisse Unsicherheit im Umgang mit diesem Textabsatz schließen: Vielfach scheint sich keine Konsensübersetzung definitiv durchgesetzt zu haben, sodass stattdessen mehrere Varianten parallel existierten. In Anbetracht dieser Umstände lässt sich die auf der Grundlage der quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen entworfene relationale Basisklassifikation auch hier prinzipiell aufrechterhalten.

5.4.4.5 Absatzdokumente 252b, 118b und 115b

Das aus dem achten Tonio Kröger-Kapitel entnommene Absatzdokument 252b wurde in Bezug auf drei Fokustopics untersucht, die die quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen dreier Übersetzungstexte konstituieren (s. auch im Folgenden Abb. 5.17, 5.18 EZM). Dabei lassen sich sowohl die bisher der relationalen Analyse entnehmbaren Übersetzungstendenzen als auch die Basisklassifikation der quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen grundsätzlich bestätigen.

Dass die für quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen festgestellten relationalen Übersetzungscharakteristiken hierbei kaum von den für Ähnlichkeitsbeziehungen erhobenen relationalen Charakteristiken abweichen, lässt darauf schließen, dass die Unterscheidung zwischen quantitativer Ähnlichkeit und Unähnlichkeit zumindest in der relationalen Analyse wenn überhaupt, dann eine untergeordnete Rolle spielt. Eine mögliche Ursache hierfür ist darin zu vermuten, dass sich die relationale Analyse nicht nur auf die anhand quantitativer Kriterien bestimmten Fokustopics bzw. deren Tokens bezieht, sondern auf die Tokens aller Korpora, hinsichtlich derer ein qualitatives Äquivalenzverhältnis zu den Tokens des Fokustopics festgestellt werden konnte. Quantitative Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten bilden damit zwar in Bezug auf die Auswahl der Fokustopics den Ausgangspunkt der relationalen Analyse; anschließend werden die ursprünglich quantitativ fundierten Analysekriterien jedoch qualitativ erweitert. Die Ergebnisse der relationalen Analyse wurden vor diesem Hintergrund innerhalb eines separaten Abgleichs (s. Abschnitt 5.4.4.7) auf diejenigen der quantitativen Analyse zurückbezogen. Dementsprechend lassen sich außerdem auch hinsichtlich der beiden Ähnlichkeitstypen des ersten Analyseschrittes („gesamttextlich und einzelne Textbereiche betreffend“ vs. „nur gesamttextlich“) in der jeweiligen Entwicklung der relationalen Übersetzungscharakteristiken keine systematisierbaren Unterschiede feststellen: Unabhängig davon, ob das jeweils analysierte Fokustopic im betrachteten Absatzdokument eine quantitative Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit des ersten oder zweiten Typs realisiert, bleiben die prozentualen Anteilswerte der Konsensübersetzungen und Countertranslations verhältnismäßig konstant.

Ebenso wurden für das aus dem vierten Kapitel von Tonio Kröger entnommene Absatzdokument 118b zwei jeweils eine quantitative Unähnlichkeitsbeziehung repräsentierende Fokustopics untersucht (s. auch im Folgenden Abb. 5.19, 5.20 EZM); auch hier verhalten sich die betreffenden Entwicklungskurven ähnlich zu allen bisher thematisierten. Entsprechend sind die zuvor für die einzelnen Übersetzungstexte festgestellten Übersetzungsstrategien auch in Absatzdokument 118b realisiert und erweisen sich auch hier bezüglich der Basisklassifikation aus Schritt 1 grundsätzlich als anschlussfähig.

Darüber hinaus wurde auch das aus dem vierten Kapitel der Erzählung Tonio Kröger entnommene Absatzdokument 115b nur anhand eines einzigen, eine quantitative Unähnlichkeitsbeziehung konstituierenden Fokustopics untersucht (s. auch im Folgenden Abb. 5.21, 5.22 EZM). Daher sind die entsprechenden relationalen Anteilswerte eingeschränkt repräsentativ und werden nur ergänzend berücksichtigt. Auffällig ist dabei, dass die drei ältesten japanischen Tonio Kröger-Übersetzungstexte durchgängig ein eher niedriges Anteilsniveau an Konsensübersetzungen realisieren. Da dies jedoch in keinem anderen Absatzdokument nachgewiesen werden konnte, wurde diese Beobachtung nicht weiter berücksichtigt. Auch das für Nojima (1968) in 115b feststellbare, im Vergleich zu anderen Absatzdokumenten sehr viel höhere Innovationsniveau könnte durch statistische Effekte bedingt sein. Ansonsten konnten die bisher festgestellten Übersetzungstendenzen auch im Absatzdokument 115b in Grundzügen nachgewiesen werden, sodass die Anschlussfähigkeit an die Basisklassifikation aus Schritt 1 erhalten bleibt, während sich auch hier die in Hinblick auf quantitative Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeziehungen jeweils ermittelten relationalen Charakteristiken nicht wesentlich voneinander unterscheiden.

5.4.4.6 Fazit der Absatzauswertungen

Die vorherigen Beobachtungen zeigen, dass die Differenzierung zwischen quantitativen Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten sowie zwischen quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen des ersten und zweiten Typs für die relationale Analyse keine Rolle spielen. Dass die aus der relationalen Analyse hervorgegangenen Ergebnisse dennoch überwiegend anschlussfähig an die auf Grundlage quantitativer Ähnlichkeitsbeziehungen entworfene Basisklassifikation sind, legt allerdings nahe, dass beide Analysemodi jeweils unterschiedliche Textcharakteristiken schwerpunktmäßig erfassen, zwischen denen eine Schnittmenge besteht. Der inhaltlichen Charakterisierung der Top-/Bottom-Topics sowie der Bezugstopics im zweiten und dritten Analyseschritt ist diesbezüglich zu entnehmen, dass sich die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen und damit die Basisklassifikation überwiegend auf Funktionsvokabular bzw. auf stilometrische Texteigenschaften beziehen. Dagegen liegt der in Schritt 4 durchgeführten relationalen Analyse bzw. der interpretationsbasierten Ermittlung von Übersetzungstokens, die den Tokens des Fokustopics entsprechen, ein äquivalenzbasiertes Übersetzungsverständnis zugrunde. Demzufolge wird in der relationalen Analyse keine stilistische Ähnlichkeit, sondern Übersetzungsähnlichkeit im engeren, äquivalenzbasierten Sinne erfasst.

Vor diesem Hintergrund lassen sich die Ergebnisse der relationalen Analyse dahingehend zusammenfassen, dass Saneyoshis Erstübersetzung (1927) in der Mehrzahl der untersuchten Absatzdokumente einen Übersetzungskonsens etabliert, der die darauffolgenden Retranslations im Vergleich zu Mukasa (1928) in stärkerem Maße beeinflusst. Außerdem legt eine kombinierte Berücksichtigung von relationaler Analyse und Basisklassifikation nahe, dass sich Toyonaga (1940) einerseits am Konsens der Erstübersetzung orientiert und andererseits auch eigene, neuartige Konsensübersetzungen geprägt hat – die Konsensnähe ist hierbei aus der relationalen Analyse abzuleiten, während die Beeinflussung späterer Retranslations (zumindest hinsichtlich des zweiten quantitativen Ähnlichkeitstyps) aus der Basisklassifikation hervorgeht. Gleiches gilt in verstärktem Maße für die innovative Takeyama-Retranslation (1941), während Asai (1955), Fukuda (1965) sowie die demgegenüber noch etwas innovativere Retranslation Morikawas (1966.5) je nach Textabsatz zwischen Konsensnähe und Abgrenzung variieren. Dagegen ist die analysierte Textfassung der Satō-Retranslation (1966.7) in allen untersuchten Absatzdokumenten durch eine konservativ-konsensnahe Übersetzungstendenz charakterisiert, auf welche mit der 1967 publizierten Fassung der Takahashi-Retranslation ein innovativerer Übersetzungstext folgt. Berücksichtigt man hierbei, dass die Erstfassung der Takahashi-Retranslation bereits 1949 erschienen war, ist diesen Innovationstendenzen umso mehr Bedeutsamkeit beizumessen; dass die Erstfassung der Satō-Retranslation 1963 publiziert wurde, ändert hingegen nichts an deren Konsensnähe. Nojima (1968) fällt dagegen je nach Absatzdokument teils konservativ, teils moderat innovativ aus, wohingegen Ueda (1970) durchgängig konservativ-konsensnah übersetzt. Daraufhin übersetzen Kataoka (1973) und Maruko (1990) konservativ bis moderat innovativ, wobei die Gesamttendenz bei Maruko konservativer ausfällt. In der darauffolgenden Neuübersetzung Hiranos (2011) steigt das Innovationsniveau hinsichtlich aller betrachteten Absatzdokumente an, wogegen Asai (2018) je nach Textabsatz teils innovative, teils konservative Übersetzungstendenzen realisiert.

Diese Ergebnisse bzw. die für Morikawa (1966.5) und Takahashi (1967) in der relationalen Analyse hinsichtlich unterschiedlicher Textabsätze festgestellte Variation zwischen konservativen und innovativen Übersetzungsschwerpunkten ist dabei grundsätzlich mit einer Zuordnung zur im ersten Analyseschritt entworfenen Kerngruppe zu vereinbaren; endgültig entscheiden lässt sich hierüber aber erst auf Grundlage der relationalen Close Readings. Ebenso kann auch Maruko (1990) auf Grundlage der relationalen Analyse bzw. der im Zuge dessen festgestellten konservativ-konsensnahen Schwerpunktsetzung der Kerngruppe zugeordnet werden.

Damit gehört die Mehrzahl der untersuchten Übersetzungstexte einer vorläufig aktualisierten Kerngruppe an, während nur drei Retranslations nach wie vor der Übersetzungsperipherie zugerechnet werden. Hierzu gehört insbesondere Hiranos Neuübersetzung (2011), die sich durchgängig durch Übersetzungsinnovation von den vorherigen Übersetzungstexten abgrenzt. Für Asais Neuübersetzung (2018) konnten dagegen in der relationalen Analyse je nach Textabsatz teils innovative, teils konservative Übersetzungstendenzen nachgewiesen werden, wobei das Anteilsniveau der Konsensübersetzungen jedoch teilweise unter dasjenige der Countertranslations abfällt und so eine periphere Lokalisierung irgendwo zwischen Hirano Kyōkos weit abgeschlagener Neuübersetzung (2011) und den Übersetzungstexten der Kerngruppe nahelegt. Nochmals an gänzlich anderer Stelle innerhalb der Übersetzungsperipherie verorten lässt sich dagegen Mukasas zweitälteste japanische Tonio Kröger-Übersetzung (1928), da diese v. a. im Vergleich zur Erstübersetzung (1927) ein besonders niedriges Anteilsniveau an Konsensübersetzungen definiert, obwohl sie allen darauffolgenden Übersetzenden theoretisch vorgelegen, diese also prinzipiell beeinflusst haben könnte. Demzufolge dürften sich die Folgeübersetzungen aktiv gegen eine Orientierung an Mukasa (1928) entschieden haben, während sich die Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) ihrerseits aktiv von den vorherigen Übersetzungstexten abgrenzen. Dass die Kerngruppe mit 12 Übersetzungstexten dementsprechend umfangreich ausfällt, während die Peripheriegruppe nur drei Retranslations umfasst, überrascht angesichts der akademischen Quasi-Institutionalisierung der japanischen Thomas Mann-Übersetzung wenig: Derselben kyōyōshugi-geprägten Übersetzungstradition verpflichtete Übersetzende verfassten ihre Übersetzungstexte nicht unabhängig voneinander, sondern in direktem und indirektem gedanklichem Austausch. Dass die Neuübersetzungen der beiden Berufsübersetzerinnen Hirano und Asai diesen wissenschaftlichen Übersetzungskonsens nur eingeschränkt aufrechterhalten, liegt daher nahe. Der dabei allerdings offen gebliebenen Frage, weshalb auch Mukasas Übersetzungstext auf derart wenig Gegenliebe stieß, wird hingegen im Rahmen der historischen Kontextualisierung auf den Grund gegangen.

5.4.4.7 Erweiterter Abgleich

Wie oben erwähnt war die relationale Analyse zwar durch die Tokens der anhand quantitativer Kriterien ermittelten Fokustopics geleitet; weitere Übersetzungsvarianten der entsprechenden Tokens wurden aber auf Grundlage qualitativer Äquivalenzvorstellungen ergänzt. Zu differenzieren ist daher zwischen den im Zuge der Analyseschritte 1 bis 3 bestimmten rein quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen und der auch auf qualitativer Interpretation basierenden relationalen Analyse des vierten Schrittes. Um dennoch im Sinne des Algorithmic Criticism einen Rückbezug auf die vorherigen Analyseschritte herstellen zu können, wurden im Anschluss an die relationale Analyse die jeweiligen Tokens des die betrachtete quantitative Ähnlichkeitsbeziehung konstituierenden Topicpaares separat miteinander abgeglichen und der prozentuale Anteil an übereinstimmenden Übersetzungsvarianten innerhalb des jeweils untersuchten Absatzdokuments ermittelt. Im Unterschied zur in Abschnitt 5.3.4 vorgestellten Analyse wörtlicher Term-Überschneidungen auf Dokumentebene bezog sich dieser Abgleich auf Übersetzungstokens, bezüglich derer ein Äquivalenzverhältnis i. e. S. interpretiert wurde. Folglich stimmen quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen und Übersetzungsähnlichkeit i. e. S. nur überein, falls die in der relationalen Analyse untersuchten Tokens eines Topicpaares, bezüglich dessen zuvor eine quantitative Ähnlichkeitsbeziehung nachgewiesen wurde, im nachfolgenden Abgleich zahlreiche übereinstimmende Übersetzungsvarianten bzw. Tokens aufweisen.

Um Übereinstimmungen zwischen den in der relationalen Analyse untersuchten Übersetzungstokens festzustellen, wurden innerhalb der für die relationale Vergleichsanalyse erstellten Exceltabellen gesonderte Spalten für die Tokens des jeweils untersuchten Topicpaares angelegt (vgl. auch im Folgenden z. B. Tab. 5.187 EZM). In eine weitere Spalte wurde im Falle einer identischen Übersetzung der Wert 1, im Falle einer Abweichung der Wert 0 eingetragen. Die Summe dieser Werte wurde anschließend durch die Gesamtanzahl der im jeweiligen Absatzdokument untersuchten Fokustopic-Tokens dividiert. Heraus kam dabei der prozentuale Anteil derjenigen Übersetzungstokens, bezüglich derer ein durch eine quantitative Ähnlichkeits- oder Unähnlichkeitsbeziehung charakterisiertes Topicpaar auf Textebene gleichartige Übersetzungsvarianten realisiert.

Für das Absatzdokument 90 konnte in diesem Zusammenhang für das Textpaar Takeyama 1940/Saneyoshi 1927 und das Fokustopic TAKEYAMA_0 ein Übereinstimmungsgrad von 44 Prozent festgestellt werden (s. Tab. 5.187 EZM), während sich für das Fokustopic SANEYOSHI_8 ein Übereinstimmungswert von 49,4 Prozent ergab (s. auch im Folgenden Tab. 5.190 EZM). Zu Vergleichszwecken wurde anschließend auch für das willkürlich ausgewählte Textpaar Toyonaga 1940/Takeyama 1941, bezüglich dessen im Unterschied zu Takeyama 1940/Saneyoshi 1927 in Textabsatz 90 keine ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehung nachweisbar ist, in Hinblick auf das Fokustopic SANEYOSHI_8 eine Übereinstimmung von 42,4 Prozent festgestellt, sodass der Unterschied zu Takeyama 1940/Saneyoshi 1927 eher geringfügig ausfiel.

Ebenso erwiesen sich die Übereinstimmungswerte der übrigen Textpaare, hinsichtlich derer zuvor ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen in Absatzdokument 90 festgestellt worden waren, als instabil: Für das Textpaar Takeyama 1941/Satō 1966.7 bzw. das Fokustopic TAKEYAMA_0 konnte eine Übereinstimmung von nur 27,5 Prozent (s. Tab. 5.187 EZM) sowie 40,2 Prozent für das Fokustopic SATO_9 (s. Tab. 5.189 EZM) nachgewiesen werden. Bezüglich des Textpaares Takeyama 1941/Nojima 1968 wurde eine Übereinstimmung von 29,7 Prozent (Fokustopic TAKEYAMA_0, s. Tab. 5.187 EZM) bzw. 35,3 Prozent (Fokustopic NOJIMA_5, s. Tab. 5.191 EZM) festgestellt, für das Textpaar Takeyama 1941/Ueda 1970 eine Übereinstimmung von 30,8 Prozent (Fokustopic TAKEYAMA_0, s. Tab. 5.187 EZM) bzw. 42,9 Prozent (Fokustopic UEDA_6, s. Tab. 5.192 EZM) und für das Textpaar Takeyama 1941/Fukuda 1965 eine Übereinstimmung von 35,2 Prozent (Fokustopic TAKEYAMA_0, s. Tab. 5.187 EZM) bzw. 46,8 Prozent (Fokustopic FUKUDA_1, s. Tab. 5.194 EZM). Während alle soeben aufgeführten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen dem ersten Typ entsprechen, stellten sich die Werte für die in Absatzdokument 90 nur für den zweiten, gesamttextlichen Ähnlichkeitstyp beobachtete quantitative Ähnlichkeitsbeziehung des Textpaares Saneyoshi 1927/Kataoka 1973 mit 29,4 Prozent (Fokustopic SANEYOSHI_8, s. Tab. 5.190 EZM) bzw. 36 Prozent (Fokustopic KATAOKA_9, s. Tab. 5.193 EZM) ebenfalls als wenig aussagekräftig heraus; dieser Eindruck wurde mithilfe eines (auch bezüglich der folgenden Absatzdokumente und Textpaare jeweils durchgeführten, der Übersichtlichkeit halber hiernach nicht mehr explizit erwähnten) Abgleichs mit willkürlichen ausgewählten Textpaarungen erneut bestätigt.

Auch hinsichtlich der in Absatzdokument 75 realisierten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen variieren die Übereinstimmungswerte beträchtlich: Für das Textpaar Fukuda 1965/Takeyama 1941 betragen sie 62,2 Prozent (Fokustopic FUKUDA_0, s. Tab. 5.198 EZM) bzw. 57,1 Prozent (Fokustopic TAKEYAMA_10, s. Tab. 5.199 EZM), für das Textpaar Ueda 1970/Takeyama 1941 36 Prozent (Fokustopic UEDA_0, s. Tab. 5.200 EZM) und 53 Prozent (Fokustopic TAKEYAMA_10, s. Tab. 5.199 EZM). Ähnlich verhält es sich in Hinblick auf Absatzdokument 75 auch mit den Textpaaren Toyonaga 1940/Takeyama 1941 (44,7 Prozent Übereinstimmung für das Fokustopic TOYONAGA_2; 57,8 Prozent für das Fokustopic TAKEYAMA_9, s. Tab. 5.201, 5.203 EZM). Ebenso beträchtlich schwanken sie hinsichtlich der nur gesamttextlich relevanten, also dem zweiten Typ zugeordneten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehung des Textpaare Toyonaga 1940/Nojima 1968 zwischen 36,8 Prozent (Fokustopic TOYONAGA_2, s. Tab. 5.201 EZM) und 64,4 Prozent (Fokustopic NOJIMA_3, s. Tab. 5.202 EZM).

Darüber hinaus wurden auch im Absatzdokument 250 für das Textpaar Ueda 1970/Takeyama 1941 Übereinstimmungswerte von 42,7 Prozent (Fokustopic UEDA_6, s. Tab. 5.195 EZM) bzw. 42,5 Prozent (Fokustopic TAKEYAMA_0, s. Tab. 5.196 EZM) sowie für das eine Ähnlichkeitsbeziehung des zweiten Typs konstituierende Textpaar Takahashi 1967/Takeyama 1941 Übereinstimmungswerte zwischen 31,4 Prozent (Fokustopic TAKAHASHI_5, s. Tab. 5.197 EZM) und 36,8 Prozent (Fokustopic TAKEYAMA_0, s. Tab. 5.196 EZM) errechnet. Ähnliches gilt ferner für das Absatzdokument 88, bezüglich dessen für das Textpaar Takeyama 1941/Kataoka 1973 Übereinstimmungswerte zwischen 27,6 Prozent (Fokustopic TAKEYAMA_10, s. Tab. 5.204 EZM) und 54,8 Prozent (Fokustopic KATAOKA_2, s. Tab. 5.205 EZM) festgestellt werden konnten.

Quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen betreffend ließen die Übereinstimmungswerte keine Systematik z. B. dahingehend erkennen, dass sich das die Unähnlichkeit konstituierende Textpaar bzw. die jeweils zugehörigen Übersetzungstokens durch besonders niedrige Überschneidungswerte ausgezeichnet hätten. Stattdessen wurden für das Absatzdokument 253 bzw. für das darin eine quantitative Ähnlichkeitsbeziehung des zweiten Typs konstituierende Textpaar Toyonaga 1940/Kataoka 1973 Übereinstimmungswerte von 47,1 Prozent (Fokustopic TOYONAGA_7, s. Tab. 5.206 EZM) bzw. 41,2 Prozent (Fokustopic KATAOKA_6, s. Tab. 5.207 EZM) sowie für die im selben Absatzdokument realisierte, dem ersten Ähnlichkeitstyp zuzuordnende quantitative Unähnlichkeitsbeziehung des Textpaares Mukasa 1928/Morikawa 1966.5 ein ungefähr gleich hoher Übereinstimmungswert von 43,5 Prozent (Fokustopic MUKASA_5, s. Tab. 5.214 EZM) ermittelt. Auch ansonsten war bei den sich ausschließlich durch quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen auszeichnenden Textpaaren kein Zusammenhang zwischen (voneinander abweichenden) relationalen Charakteristiken und quantitativer Unähnlichkeit festzustellen. Entsprechend wurde in Absatzdokument 252b für das Textpaar Mukasa 1928/Maruko 1990 eine Übereinstimmung von 54,6 Prozent (Fokustopic MUKASA_0, s. Tab. 5.208 EZM) bzw. 59,7 Prozent (Fokustopic MUKASA_3, s. Tab. 5.210 EZM) und für das Textpaar Asai 2018/Maruko 1990 ein Übereinstimmungswert von 48,2 Prozent (Fokustopic ASAI18_10, s. Tab. 5.211 EZM) beobachtet. Diesen Eindruck bestätigen auch die für die Absatzdokumente 249b und 115b erhobenen Übereinstimmungswerte von 31,6 Prozent (Fokustopic HIRANO_4, s. Tab. 5.212 EZM) für das Textpaar Hirano 2011/Morikawa 1966.5 in 249b und 38,5 Prozent (Fokustopic HIRANO_10, s. Tab. 5.213 EZM) für das Textpaar Hirano 2011/Kataoka 1973 in 115b. Bezüglich der jeweils sprachübergreifende quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen realisierenden Absatzdokumente 17, 164 und 118b war dagegen keine Ermittlung von Übereinstimmungswerten möglich, da der deutschsprachige Ausgangstext hinsichtlich einer (gleichartigen) relationalen Charakteristik nicht mit den Übersetzungstexten abgeglichen werden kann.

Gezeigt werden konnte somit, dass Übersetzungstexte, für die im ersten Analyseschritt besonders ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen beobachtet wurden, in der relationalen Charakteristik ihrer Übersetzungstokens nicht häufiger übereinstimmen als Übersetzungstexte, bezüglich derer zuvor quantitative Unähnlichkeitsrelationen ermittelt wurden. Nicht nur quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen, sondern quantitative Ähnlichkeiten i. A. dürften demzufolge durch statistische Verteilungspatterns bedingt sein, die nur eingeschränkt an die Übersetzungsähnlichkeiten im engeren, äquivalenzbasierten Sinne anschlussfähig sind. Auch der jeweilige Ähnlichkeitstyp scheint hinsichtlich der Übereinstimmung relationaler Übersetzungscharakteristiken keine Rolle zu spielen. Hierdurch bestätigt sich die Annahme, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den quantitativen Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeziehungen des ersten Analyseschrittes und den im vierten Analyseschritt qualitativ untersuchten relationalen Charakteristiken nachweisbar ist. Auch dies deutet darauf hin, dass die durch Topic Modeling ermittelten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen eher einer allgemeiner aufzufassenden stilistischen Ähnlichkeit als der Übersetzungsähnlichkeit i. e. S. entsprechen. Die qualitativen Verfahren der relationalen Analyse und des relationalen Close Readings sind daher ein wesentlicher Bestandteil der digital gestützten Übersetzungsanalyse, wobei insbesondere die Close Readings weitere Erkenntnisse zum Verhältnis der aus quantitativer und qualitativer Analyse jeweils hervorgegangenen Ergebnisse ermöglichen.

5.4.5 Relationales Close Reading

5.4.5.1 Fragen an die Übersetzungskorpora

Anknüpfend an die relationale Analyse wurden einzelne Übersetzungstokens ausgewählt und durch ein alle Übersetzungsvarianten vergleichendes relationales Close Reading interpretiert. Geleitet ist dieses Close Reading durch sieben an die Übersetzungskorpora gerichtete Interpretationsfragen, die auf Grundlage der vorherigen Analyseschritte entwickelt wurden. Diese Fragen werden im Folgenden zunächst im Überblick dargestellt; ihre Abfolge orientiert sich grob an der chronologischen Publikationsfolge der japanischen Tonio Kröger-Übersetzungen.

  • Frage 1: Gibt es in den beiden Retranslations Mukasa Takeos (1928) und Toyonaga Yoshiyukis (1940), die per Definition keine Countertranslation hervorbringen können, dennoch innovative Abweichungen von Saneyoshis Erstübersetzung (1927)? Inwiefern orientieren sich spätere Retranslations diesbezüglich an Mukasa (1928)?

  • Frage 2: Inwiefern definiert bereits Toyonaga (1940) einen von der Erstübersetzung (1927) abweichenden Übersetzungskonsens? Ist in diesem Zusammenhang ein Einfluss auf Takahashi (1967), Nojima (1968), Ueda (1970) oder Kataoka (1973) zu erkennen, der den jeweiligen quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten Typs entspricht?

  • Frage 3: Inwiefern funktionieren die beiden Retranslations Toyonaga Yoshiyukis (1940) und Takeyama Michios (1941) als übersetzungsgeschichtliche Bindeglieder zwischen der vor- und der nachkriegszeitlichen japanischen Tonio Kröger-Übersetzung? Übernehmen sie spezifische vorkriegszeitliche Übersetzungsvarianten? Definieren sie einflussreiche neuartige Übersetzungsvarianten?

  • Frage 4: Sind die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen der Korporapaare Takahashi 1967/Toyonaga 1940 und Nojima 1968/Toyonaga 1940 auch auf Verwendung der freien indirekten Rede (insbesondere auf das Übersetzungstoken jibun) zurückzuführen?

  • Frage 5: Inwiefern grenzen sich die Retranslations Morikawa Toshios (1966.5) und Takahashi Yoshitakas (1967) von der sich um Toyonaga (1940) und Takeyama (1941) formierenden Kerngruppe ab? Inwiefern sind sie anschlussfähig an die Kerngruppe?

  • Frage 6: Wie verhalten sich die Ähnlichkeitsbeziehungen des in Analyseschritt 3 durch besonders wenige wörtliche Term-Überschneidungen aufgefallenen Topicpaares TAKEYAMA_10/FUKUDA_0 auf der Textebene von Absatzdokument 75?

  • Frage 7: Lassen die Absatzdokumente, bezüglich derer besonders geringe quantitative Ähnlichkeitswerte zwischen Hirano Kyōkos Neuübersetzung (2011) und anderen Übersetzungstexten festgestellt wurden, auch eine qualitative Abweichung vom Ausgangstext erkennen?

5.4.5.2 Erste Frage: Frühe Innovation

Der erste an die Übersetzungskorpora gerichtete Fragenkomplex betrifft insbesondere die beiden Retranslations Mukasa Takeos (1928) und Toyonaga Yoshiyukis (1940), die per Definition keine Countertranslation hervorbringen können. Untersucht wurde, ob sie sich dennoch von Saneyoshis Erstübersetzung (1927) abgrenzen und ob hierbei Einflussbeziehungen zu den darauffolgenden Retranslations nachgewiesen werden können.

Ein Beispiel für ein sich innovativ von der Erstübersetzung abgrenzendes Übersetzen Toyonagas ist das Übersetzungstoken „Schaffender“ im Kontext der Begründung „weil er sich als lebendigen Menschen für nichts achtet, nur als Schaffender in Betracht zu kommen wünscht“ (GKFA: 266), mit der im dritten Kapitel die Kunstauffassung des jungen Tonio Kröger charakterisiert wird. Die durch das Fokustopic FUKUDA_1 geleitete Analyse von Absatzdokument 90 (s. Tab. 5.152 EZM) zeigt hier, dass Saneyoshi (1927) das Token als sōsakusha und Mukasa (1928) entsprechend sōsakuka übersetzt. Beide Übersetzungsvarianten können zwar auch auf Autoren literarischer Werke verweisen; der auch als „Produktion“ bzw. „Schöpfung“ zu übersetzende Wortbestandteil sōsaku bleibt aber ähnlich offen wie die Ausgangstextformulierung und wird so auch von Takeyama (1941) und Maruko (1990) übernommen. Dagegen spezifiziert Toyonaga (1940) den Ausgangstext, indem er „Schaffender“ mit sakka bzw. „Schriftsteller“ übersetzt und so nicht auf ein abstraktes Schöpfungsvermögen, sondern explizit auf literarische Autorschaft referiert. Diese Übersetzungsvariante setzt sich langfristig aber ebenso wenig wie diejenige der Erstübersetzung durch; bevorzugt wird vielmehr die von Takahashi (1949) erstmals eingeführte Übersetzungsvariante sōzōsha. Diese bezieht sich ebenso wie Saneyoshis Übersetzungsvariante auf einen Schöpfungsakt, ist aber im Vergleich zur Erstübersetzung noch allgemeiner gefasst und kann so auch biblische Schöpfung meinen. Dementsprechend realisiert Toyonaga (1940) in Hinblick auf dieses Übersetzungstoken eine in Bezug auf Saneyoshis Erstübersetzung (1927) zwar innovative, aber grundsätzlich vergleichbar gerichtete, den Ausgangstext semantisch spezifizierende Übersetzungsvariante; langfristig durchsetzen konnte sich allerdings die besonders deutungsoffene Variante Takahashis (1949).

Innovative Ansätze Toyonagas sind darüber hinaus auch bezüglich des achten Tonio Kröger-Kapitels festzustellen. Nachdem der inzwischen erwachsene Tonio Kröger in einem dänischen Seebad einem Geschwisterpaar begegnet ist, in dem er die typologischen Ebenbilder Hans Hansens und Ingeborg Holms, also der Sehnsuchtsobjekte seiner jugendlichen Schwärmereien wiedererkennt, stellt er sich vor, er würde die Distanz zu beiden überbrücken, sie ansprechen und „dann zufriedener in sein Zimmer zurückkehren, mit dem Bewußtsein, eine kleine Gemeinschaft mit den Beiden hergestellt zu haben“ (GKFA 313). Analysiert wurde hierbei das Übersetzungstoken „(mit dem) Bewußtsein“ in Orientierung am Fokustopic KATAOKA_6 im Absatzdokument 253 (s. Tab. 5.169 EZM). Saneyoshi (1927) etabliert diesbezüglich mit ishiki (o idaite) eine überaus wörtliche Konsensübersetzung, da ishiki nichts anderes als „Bewusstsein“ bedeutet, während die Verbform idaite wörtlich übertragen auch „etwas in den Armen halten“ bzw. „tragen“ meinen kann, aber in ähnlicher Weise auf abstrakte Empfindungen übertragen wird wie das deutschsprachige Verb „hegen“. Diese Konsensübersetzung wird infolgedessen von Mukasa (1928), Takeyama (1941), Satō (1966.7), Takahashi (1967), Nojima (1968), Kataoka (1973) und Maruko (1990) übernommen. Demgegenüber übersetzt Toyonaga (1940) innovativ mit dōkei (o idaite), wobei die Verbform zwar derjenigen der Erstübersetzung entspricht, das Nomen dōkei aber i. d. R. eher auf „Sehnsucht“ referiert. Dass der Gesamtzusammenhang der Textstelle futari to mo sasayaka na kōshō o musunda to ifu dōkei o idaite lautet, wobei die Verbform musunda im Perfekt realisiert ist, legt unterdessen nahe, dass mit dōkei hier ein „Hingerissensein“ in Bezug auf die vor Kurzem hergestellte „heimliche Gemeinschaft“ gemeint ist. Toyonagas Retranslation (1940) integriert damit eine emotionale Sinnebene, die zwar in keiner anderen Retranslation in exakt dieser Form realisiert ist, aber in den demgegenüber unspezifischen Übersetzungsvarianten Fukudas (1965; kimochi bzw. „Gefühl“) und Morikawas (1966.5; to kanjiru bzw. „fühlen“) ebenfalls zum Tragen kommt. Darüber hinaus ist Toyonagas (1940) innovative Übersetzungsvariante auch hinsichtlich der Leitmotivik bzw. des in Tonio Kröger realisierten Sehnsuchtsmotivs (Bellmann 1983: 93) bemerkenswert. V. a. in der jeweiligen Schlusssentenz des ersten und des neunten Kapitels ist dieses in der Form „Sehnsucht war/ist darin und schwermütiger Neid und ein klein wenig Verachtung und eine ganze keusche Seligkeit“ (GKFA 254; 318) prominent vertreten, wobei Toyonaga (1940) auch hier „Sehnsucht“ mit dōkei übersetzt. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass Toyonaga auch das Übersetzungstoken „Bewußtsein“ keineswegs willkürlich variiert, sondern eine bestehende Motivreihe weiter ausbaut.

Dementsprechend zeichnet sich die Toyonaga-Retranslation durch innovative Übersetzungsvarianten aus, die innerhalb der relationalen Analyse definitionsbedingt nicht als Countertranslations erfasst wurden. Während die beiden Interpretationsbeispiele allerdings keine wesentliche Einflussbeziehung zu den darauffolgenden Übersetzenden erkennen lassen, können bezüglich der Mukasa-Retranslation (1928) sowohl innovative Abweichungen gegenüber Saneyoshi (1927) als auch eine stärkere Nachwirkung – insbesondere auf den unmittelbaren Nachfolger Toyonaga – beobachtet werden. Ein diesbezüglich aussagekräftiges Interpretationsbeispiel findet sich erneut im dritten Kapitel bzw. im anhand des Fokustopics SATO_9 analysierten Absatzdokument 90 (s. Tab. 5.147 EZM), in dem sich der junge Tonio von oberflächlichen Dilettanten abgrenzt, „die, ob sie nun arm oder reich waren, wild und abgerissen einhergingen oder mit persönlichen Krawatten Luxus trieben“ (GKFA 266). Dabei bereitet das auch im muttersprachlichen Kontext semantisch undurchsichtige Übersetzungstoken der „persönlichen Krawatten“, mit denen Thomas Mann metaphorisch auf individuelle Charakteristiken und nicht zwangsläufig auf das Kleidungsstück an sich verweist, insofern Übersetzungsprobleme, als es in sämtlichen japanischsprachigen Übersetzungstexten in der wörtlichen, durch Katakana-Verschriftlichung tendenziell sprachlich verfremdeten Variante nekutai erscheint. Semantisch spezifiziert werden muss diese in der Folge durch das Übersetzungstoken der „persönlichen (Krawatten)“, das in Saneyoshis Erstübersetzung (1927) mit der Übersetzungsvariante dokutoku no bzw. „individuell“ zur Erhellung der Krawattenmetapher beiträgt und folglich auch von Takeyama (1941), Asai (1955), Ueda (1970) und Maruko (1990) in dieser Form übernommen wird. In deutlichem Unterschied hierzu übersetzt Mukasa (1928) die „persönlichen Krawatten“ als shareta (nekutai), wodurch der Übersetzungsfokus weniger auf Individualität, sondern auf modischer Ausgefallenheit liegt. Das infolgedessen ausschließlich von Mukasas unmittelbarem Nachfolger Toyonaga (1940) aufgegriffene Attribut shareta verlegt damit die „Krawatten“ bzw. nekutai in einen explizit modischen Deutungskontext und reduziert so die semantische Offenheit des ausgangssprachlichen Ausdrucks: Während die Übersetzungsvariante der Erstübersetzung offen lässt, ob die „individuellen Krawatten“ für abstrakte Eigenheiten stehen, suggeriert die von Mukasa (1928) und Toyonaga (1940) realisierte Variante shareta nekutai eine modische Präferenz, sodass aus sich generell individuell gebenden Dilettanten explizit modisch herausgeputzte Dilettanten werden. Obwohl diese innovative Übersetzungsvariante Mukasas (1928) mit Ausnahme Toyonagas von keiner der darauffolgenden Retranslations übernommen wird, neigt insbesondere Hiranos (2011) diesbezügliche Countertranslation der tokubetsusei no nekutai, also der „speziell angefertigten Krawatten“ in vergleichbarer Weise dazu, den Ausgangstext weniger metaphorisch als wörtlich zu nehmen.

Dass der Einfluss der Mukasa-Retranslation (1928) keineswegs ausschließlich auf Toyonaga (1940) beschränkt bleibt, zeigt ein Beispiel aus dem achten Kapitel der Erzählung Tonio Kröger bzw. dem in Orientierung am Fokustopic UEDA_6 analysierten Absatzdokument 250 (s. Tab. 5.155 EZM). Die entsprechende Textstelle gibt den inneren Monolog des erwachsenen Tonio wieder, nachdem dieser im dänischen Seebad den Ebenbildern seiner Jugendlieben begegnet ist, aber dennoch zu dem Schluss gelangt, die Distanz zu diesen beiden Vertretern einer geordneten, regelhaften, unkünstlerischen Lebensform nicht überbrücken zu können, denn: „Etliche gehen mit Notwendigkeit in die Irre, weil es einen rechten Weg für sie überhaupt nicht gibt“ (GKFA 312). Bereits im Ausgangstext ist hier in Bezug auf das Übersetzungstoken des „rechten Wegs“ eine metaphorische bzw. abstrakt-moralische Semantik angelegt. Diese wird in Saneyoshis Erstübersetzung durch die sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne zu verstehende Übersetzungsvariante hondō, also den richtigen Weg bzw. „Hauptweg“ realisiert, die jedoch ausschließlich Takeyama (1941) übernimmt. Hiervon grenzt sich Mukasa (1928) mit der Variante seidō (auch die Lesung masamichi ist möglich) ab, die in erster Linie die moralische Sinnebene hervorhebt: Während sich hondō aus den Kanji-Bildzeichen für „Haupt-“ und „Weg“ zusammensetzt, ist das erste Bildzeichen des Kanjikompositums seidō als „richtig“ zu übersetzen, sodass Tonio in der Erstübersetzung (1927) vom „Hauptweg“, in der Mukasa-Retranslation (1928) dagegen vom „richtigen Weg“ abkommt. An Mukasas Variante orientieren sich in der Folge auch Takahashi (1967) und Maruko (1990), nicht aber Toyonaga (1940). Dieser übersetzt den „rechten Weg“ als tadashii michi (to iu mono), also „(das, was man den) richtigen Weg (nennt)“ und definiert so die spätere Konsensübersetzung, die im Unterschied zu den Komposita hondō bzw. seidō sehr wörtlich aus dem Nomen „Weg“ bzw. michi und dem Adjektiv „richtig“ bzw. tadashii zusammengefügt ist. Da hierbei zunächst offenbleibt, ob Tonio Kröger nun im wörtlichen oder übertragenen Sinne vom Weg abgekommen ist, ist die durch Toyonaga (1940) definierte Konsensübersetzung durch einen ähnlichen Grad an Deutungsoffenheit wie der Ausgangstext charakterisiert. Dagegen vermittelt Mukasas Übersetzungsvariante eine spezifische inhaltliche Interpretation, die Takahashi (1967) und Maruko (1990) aufgegriffen haben dürften. Während Letzteres eine genetische Beeinflussung nahelegt, könnte Toyonagas sehr wörtliche Übersetzungsvariante allerdings auch im Sinne typologischer Ähnlichkeit parallel bzw. weitgehend unabhängig voneinander in mehreren Übersetzungen realisiert worden sein.

Derartige Bedenken greifen auch in Bezug auf einen durch Mukasa Takeo (1928) definierten Übersetzungskonsens, wie gleich zwei Beispiele aus dem sechsten Tonio Kröger-Kapitel veranschaulichen. Die darin geschilderte Rückkehr des inzwischen erwachsenen Tonio in die einstige Jugendheimat veranlasst ihn zu einer Rekapitulation der Familiengeschichte, der zufolge seine Mutter nach dem plötzlichen Tod des Vaters „mit dem südlichen Künstler in blaue Fernen gezogen“ (GKFA 290) sei. Der bestimmte Artikel „der“ verweist dabei analeptisch auf eine bereits im dritten Kapitel enthaltene Niedergangsschilderung des Hauses Kröger, die bereits die Neuverheiratung der Mutter erwähnt, „und zwar mit einem Musiker, einem Virtuosen mit italienischem Namen, dem sie in blaue Fernen folgte“ (GKFA 263). Sowohl das aus dem dritten Kapitel bekannte Motiv der „blauen Fernen“ als auch der „südliche Künstler“ kehren demzufolge im sechsten Kapitel bzw. im anhand des Fokustopics TONIO_7 analysierten Absatzdokument 164 wieder (s. Tab. 5.158 EZM). Obwohl der hierbei die Analepse indizierende bestimmte Artikel „der“ im Japanischen, dessen Nomina i. d. R. weder Artikel noch Numerusmarker aufweisen, schwerlich funktional äquivalent realisiert werden kann, entscheidet sich Saneyoshi (1927) stattdessen für die formal äquivalente Variante ano nankoku no geijutsuka, d. h. „[mit] jenem südlichen Künstler“, welche einzig von Toyonaga (1940) übernommen wird. Natürlicher wirkt es in Hinblick auf die japanische Sprachnorm stattdessen, den Artikel in der Übersetzung nicht zu realisieren, sodass auch Mukasas Retranslation (1928) als erster unter den analysierten Texten mit der Übersetzungsvariante nankoku no geijutsuka hierauf verzichtet. Als Konsensübersetzung ist diese domestizierende Variante zwar in allen übrigen Übersetzungstexten außer Saneyoshi (1927) und Toyonaga (1940) realisiert, aber an sich so naheliegend, dass auch hier kaum von einer genetische Einflussbeziehung, sondern von einer typologischen Parallele auszugehen ist.

Anders verhält es sich hingegen mit einem ebenfalls im sechsten Kapitel bzw. im in Orientierung am Fokustopic TAKEYAMA_10 analysierten Absatzdokument 164 (s. Tab. 5.159 EZM) belegten Übersetzungstoken. Hier erinnert sich der erwachsene, ins zwischenzeitlich zur Volksbibliothek umfunktionierte Elternhaus zurückgekehrte Tonio, wie seine Großmutter in einem der dortigen Zimmer gestorben war, „so alt sie war, unter schweren Kämpfen, denn sie war eine genußfrohe [sic] Weltdame und hing am Leben“ (GKFA 290). Das Übersetzungstoken „(unter) schweren (Kämpfen)“ ist hierbei in der Erstübersetzung (1927) mit der Verbform kurushiminuite, die sich aus kurushimu („leiden“) und nuku („eine Handlung bis zum bitteren Ende ausführen“) zusammensetzt, vergleichsweise frei übersetzt; erneut übernimmt einzig Toyonaga (1940) diese Variante. Demgegenüber etabliert Mukasa (1928) mit hidoku kurushinde eine noch etwas anschaulichere Konsensübersetzung, denn während das Verb kurushimu auch hier mit „leiden“ zu übersetzen ist, bedeutet das emotional-pejorativ konnotierte Adjektiv hidoi „gemein“ bzw. als Adverb hidoku auch „schrecklich, fürchterlich, extrem“. Diese weder durch formale Äquivalenzvorstellungen noch durch die japanische Sprachnorm zwingend nahegelegte Kombination von hidoi und kurushimu übernehmen daraufhin auch Asai (1955), Fukuda (1965), Satō (1966.7), Takahashi (1967), Ueda (1970), Kataoka (1973) und Hirano (2011), sodass hier wenigstens von einer genetischen Einflussbeziehung zwischen Mukasa (1928) und einer der älteren Retranslations auszugehen ist, die ihrerseits weitere Texte geprägt haben könnte. Takeyama (1941) übersetzt stattdessen mit hijō na kurushimi, d. h. „außergewöhnlichem Leid“ und konzentriert sich so eher auf die Ungewöhnlichkeit der Tatsache, dass ein so alter Mensch wie Tonios Großmutter so verzweifelt am Leben festhält. Dagegen etabliert Nojima (1968) dahingehend eine auch durch Maruko (1990) übernommene Countertranslation, dass er zuibun und kurushimu kombiniert, wobei zuibun ebenso wie hidoku zugleich „extrem“ und „schrecklich“ bedeuten kann. Deutlich wörtlicher fallen hingegen die Countertranslations Morikawas (1966.5) und Asais (2018) aus: Morikawa übersetzt „unter schweren Kämpfen“ semantisch spezifizierend als byō to hageshiku tatakainagara, also „heftig mit der Krankheit kämpfend“, sodass in dieser Variante der Tod der Großmutter explizit auf Krankheit zurückgeführt wird. Ebenfalls semantisch spezifizierend ist ferner bei Asai (2018) davon die Rede, dass „der Kampf mit dem Tode hart und extrem“ gewesen sei (shi to no tatakai wa kibishiku hageshii), sodass die „schweren Kämpfe“ hier nicht auf Krankheit, sondern auf den Tod an sich bezogen werden. Dieses Variantenspektrum verdeutlicht, dass ein Festhalten an Mukasas Übersetzungsvariante (1928) hidoku bzw. hidoi keineswegs in der Natur der Sache lag, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Kenntnis dieses Übersetzungstextes zurückgeführt werden kann. Die erste Frage an die Übersetzungskorpora lässt sich daher folgendermaßen beantworten: Insbesondere Mukasa Takeos Retranslation (1928) weicht bereits in innovativer Weise von der Erstübersetzung ab, sodass die in der relationalen Analyse festgestellten sinkenden Anteilswerte an Konsensübersetzungen tatsächlich eine Unähnlichkeit zwischen diesen beiden Texten indizieren. Zugleich werden Mukasas neuartige Übersetzungsvarianten vielfach von Toyonaga (1940), teils jedoch auch von späteren Übersetzenden übernommen und etablieren u. U. sogar einen von der Erstübersetzung abweichenden Konsens. Diesbezüglich ist allerdings zu prüfen, ob tatsächlich genetische Einflussbeziehungen oder doch eher typologische Gemeinsamkeiten vorliegen. Demgegenüber zeichnet sich Toyonaga (1940) durch ein etwas geringeres Maß an Abgrenzung von der Erstübersetzung aus und beeinflusst auch die darauffolgenden Übersetzungstexte in geringerem Maße als Mukasa. Nahe liegt daher, dass die im Zuge der relationalen Analyse für Toyonaga festgestellten erhöhten Anteilswerte für Konsensübersetzungen in erster Linie durch eine Orientierung an der Erstübersetzung (1927) bedingt sind.

5.4.5.3 Zweite Frage: Toyonaga und der Konjunktiv II

Ausgehend von diesen Beobachtungen lässt sich die zweite an die Übersetzungskorpora gestellte Frage, ob Toyonaga (1940) einen von der Erstübersetzung (1927) abweichenden Übersetzungskonsens etabliert, bereits verneinen. Untersucht wurde, ob dennoch ein durch die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten, gesamttextlichen Typs suggerierter Einfluss der Toyonaga-Retranslation (1940) auf Takahashi (1967), Nojima (1968), Ueda (1970) oder Kataoka (1973) nachgewiesen werden kann.

Übereinstimmend mit den Ergebnissen der ersten Frage lässt sich hierbei nur in einem einzigen Fall eine genetische Einflussbeziehung zwischen Toyonaga (1940) und einem der o. g. Texte, nämlich Kataoka (1973) nachweisen. Realisiert ist diese im achten Kapitel bzw. im anhand des Fokustopics TOYONAGA_7 analysierten Absatzdokument 253 (s. Tab. 5.168 EZM), in dem sich der erwachsene Tonio während des oben erwähnten Seebadaufenthaltes eine mögliche Annäherung an die Postfigurationen Hans Hansens und Ingeborg Holms dahingehend im Konjunktiv II ausmalt, „er würde dann zufriedener in sein Zimmer zurückkehren“ (GKFA 313). Obwohl sich derartige deutsche Verbformen nur schwerlich ins Japanische übertragen lassen, nähert sich bereits Saneyoshi (1927) mit (kaette ikeru) de arō, also der im Sinne von „er dürfte/sollte dann vermutlich […] in sein Zimmer zurückkehren“ eine Wahrscheinlichkeit bzw. Vermutung ausdrückenden Konjugationsform des Kopulaverbs de aru bzw. „sein“ an die Ausgangstextsemantik an. Da diese vergleichsweise unkomplizierte und adäquate Konsensübersetzung von der Mehrzahl der Übersetzenden übernommen wird, ist es umso bemerkenswerter, dass Toyonaga (1940) stattdessen mit der feststehenden Wendung (kaette ikeru) darau ni übersetzt, die sich semantisch deutlich näher am Konjunktiv II des Ausgangstexts bewegt: Während die Konsensübersetzung mit der Kopulavariante darō lediglich nahelegt, dass ein noch nicht Eingetretenes „wahrscheinlich“ passiert, ist der idiomatische Ausdruck darō ni in ähnlicher Weise bedingungsgebunden wie der Konjunktiv II. Dass neben Toyonaga (1940) nur Kataoka (1973) diese spezifische Übersetzungsvariante gewählt hat, während die Mehrzahl der übrigen Übersetzungstexte einen vereinfachenden, domestizierenden Übersetzungskonsens aufrechterhält, spricht für eine genetische Einflussbeziehung.

Trotzdem reicht ein solcher isolierter Beleg nicht aus, um einen zuverlässigen Bezug zwischen den relationalen Ähnlichkeitscharakteristiken des vierten und den quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen des ersten Analyseschrittes herzustellen. Dies dürfte auch dadurch bedingt sein, dass die quantitativen Ähnlichkeitsrelationen wie erwähnt überwiegend durch Funktionsvokabular konstituiert werden, bezüglich dessen sich eine genetische Beeinflussung – abgesehen von der eben erläuterten Ausnahme – meist nicht nachweisen lässt. Entsprechend konnte die Annahme einer Einflussbeziehung zwischen Toyonaga (1940) und Takahashi (1967), Nojima (1968), Ueda (1970) sowie Kataoka (1973) im relationalen Close Reading nicht bestätigt werden.

5.4.5.4 Dritte Frage: Toyonaga und Takeyama als Bindeglieder

Die dritte Frage an die Übersetzungskorpora bezieht sich auf die aufgrund besonders ausgeprägter quantitativer Ähnlichkeitsbeziehungen angenommene übersetzungsgeschichtliche Bindegliedsfunktion der beiden Retranslations Toyonaga Yoshiyukis (1940) und Takeyama Michios (1941) sowohl zu vor- als auch zu nachkriegszeitlichen Übersetzungstexten. Untersucht wurde in diesem Zusammenhang zuerst eine mögliche Beeinflussung durch die Erstübersetzung (1927) sowie anschließend die Etablierung neuartiger, einflussreicher Übersetzungsvarianten.

Für Toyonaga (1940) lässt sich eine Beeinflussung durch die Erstübersetzung nicht nur anhand der bereits erwähnten Beispiele, sondern auch im Umgang mit der komplexen Syntax des deutschsprachigen Tonio Kröger-Ausgangstexts beobachten. Dies veranschaulicht erneut das oben bereits thematisierte, in Orientierung am Fokustopic FUKUDA_1 betrachtete Absatzdokument 90 (s. Tab. 5.152 EZM) bzw. die Charakterisierung der Kunstauffassung des jungen Tonio am Ende des dritten Kapitels:

„Er arbeitete stumm, abgeschlossen, unsichtbar und voller Verachtung für jene Kleinen, denen das Talent ein geselliger Schmuck war, die, ob sie nun arm oder reich waren, wild und abgerissen einhergingen oder mit persönlichen Krawatten Luxus trieben, in erster Linie glücklich, liebenswürdig und künstlerisch zu leben bedacht waren, unwissend darüber, daß gute Werke nur unter dem Druck eines schlimmen Lebens entstehen, daß, wer lebt, nicht arbeitet, und daß man gestorben sein muss, um ganz ein Schaffender zu sein.“ (GKFA: 266)

Der nach einer vierteiligen parataktischen Aufzählung von auf das Satzprädikat „arbeitete“ bezogenen Modaladverbialen durch „voller Verachtung“ eingeleitete Teil des Basissatzes umfasst demzufolge die beiden aneinandergereihten Relativsätze „denen […] Schmuck war“ und „die […] zu leben bedacht waren“. Der erste, „denen […] Schmuck war“, bleibt ohne Erweiterungen; der zweite, „die […] zu leben bedacht waren“ umfasst hingegen den Einschub „ob sie nun arm oder reich waren, wild und abgerissen einhergingen oder mit persönlichen Krawatten Luxus trieben“ und die Erweiterung „unwissend darüber […]“. Auf Letztere beziehen sich wiederum drei jeweils durch „daß“ eingeleitete Nebensätze. Der Einschub „ob sie nun arm oder reich waren, wild und abgerissen einhergingen oder mit persönlichen Krawatten Luxus trieben“ ist außerdem so strukturiert, dass der zweite Teil, also „wild und abgerissen einhergingen oder mit persönlichen Krawatten Luxus trieben“ parallel zum ersten Teil, „ob sie nun arm oder reich waren“, konstruiert ist und diesen konkretisiert. Die Ausgangstextsyntax umfasst folglich drei Ebenen: den Basissatz „Er arbeitete […] voller Verachtung für jene Kleinen“ als erste Ebene, die beiden Relativsätze „denen […] Schmuck war“ und „die […] zu leben bedacht waren“ als zweite Ebene und die auf die Erweiterung „unwissend darüber“ bezogenen Relativsätze als dritte Ebene. Dabei ist der Basissatz durch die Relativsätze der zweiten Ebene erweitert, von denen der Relativsatz „die […] zu leben bedacht waren“ seinerseits die eingeschobene Erweiterung „ob sie nun arm oder reich waren, wild und abgerissen einhergingen oder mit persönlichen Krawatten Luxus trieben“ sowie die Erweiterung „unwissend darüber“ enthält. Diese komplexe Verschachtelung stellt insbesondere diejenigen japanischen Übersetzenden, die sich am Gedanken formaler Übersetzungsäquivalenz orientieren, vor eine beträchtliche Herausforderung, sodass sich vor diesem Hintergrund unterschiedliche Ansätze einer strukturierenden Satztrennung beobachten lassen. Saneyoshi (1927) formuliert hier folgendermaßen (vgl. auch im Folgenden Anhang 9.4 EZM):

Damatte koritsu shite, sugata o misezu ni hataraita no de aru – sainō o shakaiteki sōshoku to kokoroeru renchū, mazushii ni seyo tonde iru ni seyo, katte ni manzen to ōkō shitari, dokutoku no nekutai ni zei o tsukushitari suru renchū, nan yori mo mazu kōfuku ni, aiso yoku geijutsuteki ni ikiru koto o kokogakeru renchū, yoki sakubutsu wa, tada kurushii seikatsu no appaku no moto ni nomi umareru to iu koto mo, ikite iru hito ga hataraite iru hito de wa nai to iu koto mo, hito wa sōsakusha ni narikiru tame ni wa, shinde shimatte inakereba naranai to iu koto mo, maru de shirazu ni iru renchūsō shita shōjinbara o kokoro kara keibetsu shinagara. (Saneyoshi 2015: 44–45; Hervorh. NMM)

Konzentriert man sich hierbei ausschließlich auf die Satzstruktur, ist folgender Aufbau erkennbar, der zu besseren Vergleichbarkeit in stark vereinfachter wörtlicher Übersetzung dargestellt wird:

„Er arbeitete stumm, abgeschlossen, unsichtbar – das Talent als geselligen Schmuck verstehende Kleine, ob arm oder reich wild und abgerissen einhergehende oder mit persönlichen Krawatten Luxus treibende Kleine, in erster Linie glücklich, liebenswürdig und künstlerisch zu leben bedachte Kleine, daß gute Werke nur unter dem Druck eines schlimmen Lebens entstehen, diese Tatsache auch, daß, wer lebt, nicht arbeitet, diese Tatsache auch, daß man gestorben sein muss, um ganz ein Schaffender zu sein diese Tatsache auch, überhaupt nicht verstehende Kleinediese Kleinen von ganzem Herzen verachtend.“

Erkennbar wird hier zunächst die Eigenschaft des Japanischen, Relativattribute – anders als im Deutschen – dem so attributierten Satzglied voranzustellen. Dadurch könnte die hypotaktische Aufzählung von Eigenschaften der „Kleinen“ unverständlich werden, denn während der Ausgangstext zunächst direkt auf diese referiert, käme in der japanischen Übersetzung die umfangreiche Charakterisierung vor dem so Charakterisierten. Dem beugt Saneyoshi vor, indem er als Übersetzung der „Kleinen“ das Bezugswort renchū, also eigentlich „Gruppe“ oder „Bande“, insgesamt viermal, also jeweils direkt auf ein vorangestelltes Attribut folgend wiederholt. Die Semantik der „Kleinen“ i. e. S. greift Saneyoshi dann am Ende seiner Satzkonstruktion mit shōjinbara auf, wobei sich der durch das Suffix -bara eine Gruppe implizierende Ausdruck shōjin auf „Kinder“ ebenso wie auf „unbedeutende Personen“ bezieht. Von renchū und sämtlichen in diesem Zusammenhang genannten Attributen ist er durch einen Gedankenstrich abgetrennt, sodass zunächst sämtliche Relativattribute inklusive ihrer jeweiligen Erweiterungen aufgezählt und erst anschließend im Bezugswort shōjinbara zusammengeführt werden.

Ebenso handhabt Saneyoshi (1927) auch die tief in das oben beschriebene Satzgefüge eingebettete Aufzählung sämtlicher Unwissenheiten der Kleingeistigen. Bevor die „Unwissenheit“ bzw. maru de shirazu ni iru als solche erwähnt wird, werden zunächst sämtliche Sachverhalte aufgezählt, auf die sie sich bezieht. Damit auch hier der Bezug auf das Folgende erhalten bleibt, wiederholt Saneyoshi to iu koto mo, also die Formulierung „auch diesen Sachverhalt“ bzw. „diese Tatsache auch“, die v. a. durch die Partikel mo bzw. „auch“ vorab das transitive Verb am Satzende signalisiert. Demzufolge nutzt die Erstübersetzung (1927) vielfache Wiederholungen, um die komplexe Syntax des Ausgangstextes im Japanischen nachzuempfinden. Ganz ohne Satztrennung kommt diese Variante jedoch nicht aus, sodass hier anstelle der komplexen relativischen Erweiterung von „für jene Kleinen“ ein umfangreicher Einschub zwischen „er arbeitete“ und „von ganzem Herzen verachtend“ durch Gedankenstriche am Satzanfang und -ende abgetrennt ist.

Einen anderen Ansatz lässt hingegen die Übersetzungsvariante Mukasas (1928) erkennen:

Kare wa mugon de nokemono ni sarete hito ni mienai yau ni, sainō o kōsai no funshoku to shi binpu izure ni seyo gōzen to arui wa binzen to arukimawari arui wa shareta nekutai o kake, kessaku wa tadatada itamashii seikatsu no appaku no moto ni dekiagaru to ifu koto mo, ikite wiru mono ga hataraite wiru no de wa nai koto, zenzen sōsakuka ni narikiru tame ni wa shinde winakereba naranu to ifu koto mo shiranaide daiichiban ni kōufuku ni aikyō yoku geijutsuteki ni kurasu koto o kangaheru hito, sau shita shōjintachi o jūbun keibetsu shinagara shigoto o shita. (Mukasa 1928: 73, 75; Hervorh. NMM)

Auch hier wird die Satzstruktur anhand einer wörtlichen Übersetzung veranschaulicht:

„Er [sic, s. Satzende] stumm, abgeschlossen, unsichtbar, das Talent als geselligen Schmuck verstehende, ob arm oder reich wild oder abgerissen einhergehende oder mit persönlichen Krawatten Luxus treibende, daß gute Werke nur unter dem Druck eines schlimmen Lebens entstehen, diese Tatsache auch, daß, wer lebt, nicht arbeitet, daß man gestorben sein muss, um ganz ein Schaffender zu sein, diese Tatsache auch nicht wissende, in erster Linie glücklich, liebenswürdig und künstlerisch zu leben bedachte Menschen, diese Kleinen von ganzem Herzen verachtend arbeitete [er].“

Dass Mukasa die komplexe Syntax des Ausgangstexts ebenso wie Saneyoshi (1927) in Form eines umfangreichen Einschubes realisiert, hierbei aber auf entsprechende Interpunktionsmarker gänzlich verzichtet und auch das Prädikat des Basissatzes, „arbeiten“, ans Satzende verlagert, bringt, wie die wörtliche Übersetzung verdeutlicht, ein hochkompliziertes Ergebnis hervor. Dabei nutzt Mukasa zwar ebenso wie sein Vorgänger to ifu koto mo bzw. „diese Tatsache auch“, um sämtliche Charakterisierungen der „Unwissenheit“ einerseits zusammenzufassen und andererseits, da diese auch hier dem so Charakterisierten vorangestellt sind, durch die Partikel mo bereits auf das darauffolgende transitive Verb hinzuweisen. Die „Kleinen“ erwähnt er hingegen im Unterschied zu Saneyoshi nur zweimal, wobei sich sämtliche vorangestellten Relativattribute auf hito bzw. „Mensch“ beziehen. Dieser Ausdruck wird anschließend auch hier durch die zusammenfassende Analepse sau shita shōjintachi bzw. „diese Unbedeutenden“ semantisch näher bestimmt.

In der Übersetzungsvariante Toyonaga Yoshiyukis (1940) sind dagegen die syntaktischen Parallelen zur Erstübersetzung (1927) offensichtlich:

Kare wa mokunen to koritsu shite sugata o misezu ni hataraita no de aru. Sainō o shakaiteki funshoku to kangahe, binbō ni seyo kanemochi ni seyo tada manzen to arukimahari, shareta nekutai ni zei o tsukusu renchū, kessaku wa tada kunō no seikatsu no appaku no moto ni nomi umareru mono da to ifu koto mo, ikite wiru mono ga hataraite wiru hito de wa nai to ifu koto mo, zenzen sakka ni narikiru tame ni wa shinde shimatte winakereba naranai to ifu koto mo, maru de shirazu, nan yori mazu kōfuku ni aiso yoku geijutsuteki ni ikiyō to kokorogakeru renchū, kau itta shōjintachi o kokoro kara keibetsu shinagara kare wa shigoto o tsudukete itta no de aru. (Toyonaga 1940: 39; Hervorh. NMM)

„Er arbeitete stumm, abgeschlossen, unsichtbar. Das Talent als geselligen Schmuck verstehende, ob arm oder reich wild und abgerissen einhergehende, mit persönlichen Krawatten Luxus treibende Kleine, daß gute Werke nur unter dem Druck eines schlimmen Lebens entstehen, diese Tatsache auch, daß, wer lebt, nicht arbeitet, diese Tatsache auch, daß man gestorben sein muss, um ganz ein Schaffender zu sein, diese Tatsache auch, überhaupt nicht verstehende, in erster Linie glücklich, liebenswürdig und künstlerisch zu leben bedachte Kleine, diese Kleinen von ganzem Herzen verachtend setzte er seine Arbeit fort.“

Ebenso wie Saneyoshi (1927) realisiert auch Toyonaga (1940) die im Ausgangstext dem Basissatz nachgelagerten Relativsätze und Erweiterungen in Form eines Einschubs, der hier allerdings anstelle von Gedankenstrichen durch einen Punkt abgetrennt ist. Aus diesem Grund wiederholt Toyonaga auch das Prädikat „arbeitete“ in zwei unterschiedlichen Formulierungsvarianten. Ferner nutzt er ebenso wie seine beiden Vorgänger auch den dreifach wiederholten Ausdruck to ifu koto mo, um die Charakterisierung der „Unwissenheit“ syntaktisch zu strukturieren; auch der abschließende, semantisch spezifizierende Rückbezug auf „diese Kleinen“ bzw. kau itta shōjintachi ähnelt den vorherigen Ansätzen. Im Unterschied zu Mukasa (1928) und analog zur Erstübersetzung (1927) wiederholt Toyonaga zuvor aber die Übersetzungsvariante renchū immerhin zweimal. Obwohl diese bei Saneyoshi doppelt so häufig belegt ist, ist in Anbetracht des nahezu identisch zur Erstübersetzung abgetrennten ersten Satzteiles davon auszugehen, dass Toyonagas (1940) Annäherung an Thomas Manns komplexe Syntax genetisch durch Saneyoshi (1927) beeinflusst ist.

Dagegen weicht die Mehrzahl der darauffolgenden Retranslations, beginnend mit derjenigen Takeyamas (1941), dahingehend beträchtlich von Saneyoshis Syntaxvariante ab, dass das ausgangssprachliche Satzgefüge aufgeteilt wird:

Kare wa oshi no gotoku, koritsu shite, sugata o miseru koto naku hataraita. Sau shite shōjindomo o kokoro kara keibetsu shita. Shōjindomo ni totte wa, sainō to ifu mono mo isshu no shakōteki sōshoku ni suginai. Mazushii ni seyo, tonde wiru ni seyo, naishi wa soya na sakuran shita yau na fūbō o shite ōkō shite wiru ni seyo, aruhi wa dokutoku no nekutai ni zei o tsukute wiru ni seyo, – karera wa idure mo, kōfuku ni aiso yoku ikken geijutsukarashii seikatsu o suru o mote, hissei no nengan to shite wiru ni suginai. Sau shite, shiranai no da. – Kessaku wa tada kurushii seikatsu no appaku no moto ni nomi umareuru, to ifu koto o. Mata, ikiru mono wa tsukuru mono de wa nai to ifu koto o. Mata, shin no sōzōsha tariuru tame ni wa, shinde winakute wa naranai, to ifu koto o. (Takeyama 1941: 165; Hervorh. NMM)

„Er arbeitete wie ein Stummer, abgeschlossen, unsichtbar. Und so verachtete er jene Kleinen von ganzem Herzen. Für die Kleinen war das Talent ein geselliger Schmuck. Ob sie nun arm oder reich waren, wild und abgerissen einhergingen oder mit persönlichen Krawatten Luxus trieben, – in erster Linie waren sie darauf bedacht, glücklich, liebenswürdig und künstlerisch zu leben. Und so wussten sie dies nicht. – Daß gute Werke nur unter dem Druck eines schlimmen Lebens entstehen, diese Tatsache. Daß, wer lebt, nicht arbeitet, diese Tatsache. Und daß man gestorben sein muss, um ganz ein Schaffender zu sein, diese Tatsache.

Im Unterschied zu den vorherigen, sprachlich inakzeptablen Näherungsübersetzungen veranschaulicht hier bereits die wörtliche Übersetzung eine erleichterte Verständlichkeit als Resultat der Aufteilung des Satzgefüges auf fünf Sätze und drei satzförmige Ergänzungen. Dabei hat Takeyamas (1941) Variante mit den vorherigen Ansätzen in erster Linie noch die dreifache Wiederholung der Charakterisierungen von „Unwissenheit“ gemeinsam. Dass diese dem Charakterisierten (shiranai no da) hier jedoch erstmals nicht voran-, sondern in Form von durch die Wiederholung von to ifu koto o als zusammengehörend markierten Teilsätzen nachgestellt ist, hat eine dem Ausgangstext ähnliche topologische Abfolge der einzelnen Bedeutungselemente zur Folge, die zudem auch den erstmalig den Relativattributen vorangestellten Verweis auf „diese Kleinen“ bzw. sau shita shōjindomo charakterisiert. Diese Orientierung an der ausgangssprachlichen Satztopologie grenzt Takeyamas (1941) Übersetzungsvariante von denen der Vorgänger ab, erfordert aber neben der Aufteilung des Satzgefüges ebenfalls die Wiederholung zentraler Sinnelemente, zu denen neben to ifu koto o auch shōjindomo bzw. die „Kleinen“ sowie das hierauf referierende Personalpronomen karera und außerdem die zweimalig am Satzbeginn wiederholte Konjunktion sau shite bzw. „und so“ gehören. Auf eine in Hinblick auf die Übersetzungsvariante Takeyamas (1941) vergleichbare Kombination von wiederholten Sinnelementen und Satzaufteilung setzen dementsprechend auch Asai (1955), Fukuda (1965), Morikawa (1966.5), Satō (1966.7), Nojima (1968), Ueda (1970), Hirano (2011) und Asai (2018), wogegen nur Takahashi (1967), Kataoka (1973) und Maruko (1990) ohne Aufteilung, aber ebenfalls mit satzstrukturierenden Wiederholungen übersetzen. Am Beispiel der Syntaxanalyse konnte dementsprechend gezeigt werden, dass Toyonaga (1940) diesbezüglich zentrale Charakteristiken der Erstübersetzung (1927) (wie einen durch Interpunktion abgetrennten, umfangreichen Einschub und die Wiederholung von renchū) übernimmt, die in späteren, vermutlich durch den vereinfachenden Ansatz Takeyamas (1941) beeinflussten Retranslations keine vergleichbare Rolle mehr spielen.

Dass auch Takeyama (1941) später ausgestorbene Übersetzungsvarianten der Erstübersetzung aufgreift, zeigen die folgenden Beispiele. Bereits bezüglich der ersten an die Übersetzungskorpora gestellten Frage wurde auf Tonios Schlussfolgerung „Etliche gehen mit Notwendigkeit in die Irre, weil es einen rechten Weg für sie überhaupt nicht gibt“ (GKFA 312) eingegangen. Diesbezüglich lässt sich nicht nur die Abgrenzung Mukasas (1928) von der Erstübersetzung (1927), sondern auch eine Einflussbeziehung zwischen Letzterer und Takeyama (1941) nachweisen, da nur diese beiden Texte die Übersetzungsvariante hondō realisieren.

Eine genetische Einflussbeziehung zwischen Saneyoshi (1927), Toyonaga (1940) und Takeyama (1941) wird außerdem auch anhand der auf Tonios Rückkehr in die alte Heimatstadt folgenden Rekapitulation des Familienniederganges im sechsten Kapitel bzw. am in Orientierung am Fokustopic TONIO_7 untersuchten Absatzdokument 164 ersichtlich (s. Tab. 5.158 EZM). In Tonios Schilderung, „seine schöne, feurige Mutter“ habe auf den plötzlichen Tod des Vaters hin „ganz aufgelöst in heißen Thränen [sic]“ am Sterbebett gekniet (GKFA 290), erweist sich hierbei das Übersetzungstoken „ganz“ als besonders aufschlussreich, da einzig Saneyoshi (1927), Toyonaga (1940) und Takeyama (1941) „ganz (aufgelöst)“ relativ wörtlich mit sukkari bzw. „ganz, gänzlich, komplett“ und tokeru bzw. „auflösen, schmelzen“ übersetzt haben. In ähnlicher Bedeutung ist das Token „ganz“ ferner nur noch bei Mukasa (1928) in der Variante kotogotoku realisiert, wogegen die darauffolgenden Retranslations mehrheitlich semantisch spezifizieren. So lautet die entsprechende Passage bei Asai (1955) namida ni kurenagara, also „in Tränen versunken“, bei Fukuda (1965) mi mo yo mo naku […] kakikurete, d. h. „ohne an sich selbst oder die Außenwirkung denkend“ (mi mo yo mo naku) „bitterlich weinend“ (kakikurete), wobei auch Asai (2018) diese Übersetzungsvariante Fukudas in ihrer Neuübersetzung übernimmt. Während Satō (1966.7) hingegen „ganz“ mit kokoro kara bzw. „von Herzen“ übersetzt und hierdurch mutmaßlich auch Ueda (1970) beeinflusst, konzentrieren sich Nojima (1968), der mit dem Adverb samezame to auf ein „stilles Weinen“ referiert, sowie Maruko (1990), der mit der Variante namida ni nakinurete ita nahelegt, dass Tonios Mutter „tränenüberströmt“ ist, ebenso auf den Vorgang des Weinens an sich wie auch Morikawa (1966.5) und Takahashi (1967), die an dieser Stelle auf eine formaläquivalente Entsprechung zu „ganz“ verzichten. Daneben evoziert auch Hirano (2011) mit ihrer Übersetzungsvariante nakikuzurete ita, die neben naku, „weinen“, kuzureru bzw. „zusammenbrechen“ umfasst, hauptsächlich einen starken emotionalen Ausbruch der Mutter, während Kataoka (1973) anhand der Übersetzungsvariante hitamuki ni die (anschließend ironisierte) „Aufrichtigkeit“ des mütterlichen Gefühls betont. Demzufolge bestimmen alle Übersetzenden außer Saneyoshi (1927), Toyonaga (1940) und Takeyama (1941) (sowie in abgewandelter Form auch Mukasa (1928)) das Übersetzungstoken „ganz (aufgelöst)“ durch ihre Übersetzungstokens näher. Im Unterschied dazu bleiben die zuletzt genannten frühesten Übersetzungsvarianten zwar semantisch offener, nehmen aber zugleich eine eher unnatürliche zielsprachliche Ausdrucksweise in Kauf, die kaum durch zufällig entstandene typologische Parallelen erklärbar ist und somit eine genetische Einflussbeziehung zwischen Saneyoshi (1927), Toyonaga (1940) und Takeyama (1941) nahelegt.

Untersucht wurde außerdem, inwiefern Toyonaga (1940) und Takeyama (1941) der Funktion als Bindeglied zu den Übersetzungen der Nachkriegszeit durch neuartige und einflussreiche Übersetzungsvarianten gerecht werden. Dabei wurde hinsichtlich der ersten und zweiten an die Übersetzungskorpora gerichteten Frage bereits insbesondere in Abgrenzung zu Mukasa (1928) gezeigt, dass Toyonaga (1940) zwar innovative Übersetzungsvarianten realisiert, die darauffolgenden Übersetzungstexte hierdurch aber nur in geringem Maße beeinflusst. Neben werkexternen Faktoren könnte dieser geringe Einfluss auch darauf zurückzuführen sein, dass Toyonaga (1940) teils sehr offensichtliche und schwerlich nachvollziehbare Veränderungen an inhaltlichen Aspekten des Ausgangstextes vornimmt. Hierzu gehört einerseits, dass ausschließlich in seiner Übersetzungsvariante Tonio Kröger und Hans Hansen im ersten Kapitel nicht 14, sondern bereits 16 Jahre alt sind (Toyonaga 1940: 5); auch im zweiten Kapitel ist Tonio in Toyonagas Retranslation demgemäß nicht 16, sondern bereits 18 Jahre alt (ebd.: 21). Bedingt gewesen sein könnte eine solche inhaltliche Abweichung vom Ausgangstext dadurch, dass dessen romantische Implikationen nach Auffassung Toyonagas ein Heraufstufen des Protagonistenalters erforderlich machten; dies wurde jedoch in keinem anderen Übersetzungstext vergleichbar gehandhabt. Ebenso fraglich ist ferner, wieso Toyonaga (1940) aus den im achten Kapitel auftretenden Postfigurationen Hans Hansens und Ingeborg Holms statt des im Ausgangstext nahegelegten Geschwisterpaares explizit ein Ehepaar macht (ebd.: 107). Dass auch diese Interpretationsvariante gänzlich ohne Auswirkungen auf die weiteren Übersetzungsaktivitäten geblieben ist, spricht ebenfalls für eher geringe Nachwirkungen der Toyonaga-Retranslation.

Im Falle Takeyamas (1941) lässt sich dagegen eine spezifische Beeinflussung späterer Übersetzungstexte erneut in Hinblick auf das in Orientierung am Fokustopic TONIO_7 untersuchte Absatzdokument 164 (s. Tab. 5.158 EZM) bzw. auf Tonios Niedergangsschilderung der Familie Kröger im sechsten Kapitel der Erzählung nachweisen. Dabei wird in Bezug auf Tonios Mutter der Zusammenhang zwischen tiefer Trauer um den verstorbenen Ehegatten und dem Entschwinden mit dem neuen Liebhaber im Ausgangstext suggestiv rekapituliert: „Und auch seine Mutter hatte am Lager geknieet [sic], seine schöne, feurige Mutter, ganz aufgelöst in heißen Thränen [sic]; worauf sie mit dem südlichen Künstler in blaue Fernen gezogen war…“ (GKFA 290). Nicht nur die für Thomas Manns Interpunktionsgepflogenheiten typischen Auslassungspunkte oder der motivische Verweis auf das „feurige“ mütterliche Temperament, sondern insbesondere auch die Konjunktion „worauf“ lassen hier Tonios Missbilligung erahnen, die im dritten Kapitel bereits durch die explizite Aussage, Tonio habe die rasche Neuheirat der Mutter „ein wenig liederlich“ gefunden (GKFA 263), konkretisiert worden ist. Dennoch ist der übersetzerische Umgang mit dem dementsprechend vielsagenden Übersetzungstoken „worauf“ keineswegs einheitlich: Bei Saneyoshi (1927) und Toyonaga (1940) wird hier mit der Konjunktion to omou to – wörtlich zu übersetzen als „man hatte gerade noch X gedacht, dann passierte Y“ – insbesondere der zeitliche Aspekt der unverzüglichen Neuvermählung hervorgehoben. Dass kein anderer Übersetzungstext diese Variante realisiert, spricht auch hier für die enge genetische Einflussbeziehung zwischen der Erstübersetzung (1927) und Toyonaga (1940). Auf den Zeitlichkeitsaspekt als solchen beziehen sich hingegen noch weitere Übersetzungstexte, zu denen Mukasa (1928) mit sorekara bzw. „dann“, Fukuda (1965) mit ano ato bzw. „danach“ sowie Morikawa (1966.5), Nojima (1968) und Kataoka (1973) mit dem gleichbedeutenden sono ato und außerdem Ueda (1970) mit dem ebenfalls gleichbedeutenden sono nochi gehören. Demgegenüber verstärkt auf die textspezifische Semantik der Konjunktion „worauf“ bezieht sich dagegen Takeyamas (1941) Übersetzungsvariante. Auf […] haha-oya mo, sukkari atsui namida no naka ni tokete wita. folgt hier da no ni -, kanojo wa mamonaku nankoku no ongakuka to te o totte, yama no kanata no aoi kuni e satte shimatta no de atta ga……: Hier wird durch mamonaku bzw. „umgehend“ nicht nur auf die Unverzüglichkeit der Neuheirat verwiesen, sondern durch die Konjunktion da no ni bzw. „obwohl“ sowie die in diesem Zusammenhang einen Vorbehalt ausdrückende Partikel ga am Satzende auch ein Widerspruch zur vorherigen Schilderung der am Sterbebett des Ehegatten „ganz in Tränen aufgelösten“ Mutter nahegelegt, der sowohl durch die Auslassungspunkte am Satzende als auch durch einen zusätzlichen Gedankenstrich nach da no ni besonders betont wird. Diese Sinndimension ist in den durch die Erstübersetzung (1927) beeinflussten Übersetzungsvarianten deutlich weniger explizit realisiert, wogegen Takeyamas semantisch spezifizierender Ansatz zwar nicht wörtlich, aber prinzipiell von Asai (1955), Satō (1966.7), Takahashi (1967), Maruko (1990), Hirano (2011) und Asai (2018) übernommen wird.

Demzufolge konnte innerhalb dieses Teilkapitels die dritte Frage an die Übersetzungskorpora, ob die beiden Retranslations Toyonaga Yoshiyukis (1940) und Takeyama Michios (1940) als übersetzungsgeschichtliche Bindeglieder zwischen der vor- und der nachkriegszeitlichen japanischen Tonio Kröger-Übersetzung wirken, dahingehend bestätigt werden, dass einerseits eine Beeinflussung insbesondere Toyonagas (1940) durch später ausgestorbene Übersetzungsvarianten der Erstübersetzung (1927) und andererseits eine genetische Einflussbeziehung v. a. zwischen in Takeyamas Retranslation (1941) etablierten neuartigen Übersetzungsvarianten und den darauffolgenden Retranslations nachweisbar ist. Im Falle Toyonagas bezieht sich die Scharnierfunktion damit schwerpunktmäßig auf den Bezug zur Erstübersetzung, im Falle Takeyamas auf die Beeinflussung späterer Übersetzungen.

5.4.5.5 Vierte Frage: Übersetzung der freien indirekten Rede

Im Rückbezug auf die Ergebnisse des dritten Analyseschritts (s. Abschnitt 5.3.2) lautet die vierte Frage an die Übersetzungskorpora, inwieweit die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen der Korporapaare Takahashi 1967/Toyonaga 1940 und Nojima 1968/Toyonaga 1940 auf die jeweilige Übersetzung der freien indirekten Rede bspw. durch das Pronomen jibun zurückzuführen sind. Unter freier indirekter bzw. erlebter Rede wird in diesem Zusammenhang ein z. B. auch in der englischsprachigen Thomas Mann-Übersetzung problematischer (Boes 2014: 439) Erzählmodus verstanden, der zwar ebenso wie der Erzählerkommentar in der dritten Person Singular Indikativ realisiert ist, zugleich aber monologartige Einblicke in das Fühlen und Erleben der Protagonisten gewährt.

Gleich zwei anschauliche Beispiele hierfür finden sich im zweiten Kapitel der Erzählung Tonio Kröger bzw. im Absatzdokument 75, das in Orientierung am Fokustopic TOYONAGA_2 analysiert wurde (s. Tab. 5.163 EZM). Ebenso wie die von ihm aus der Ferne angebetete Ingeborg Holm besucht der 16-jährige Tonio eine im bürgerlichen Stil abgehaltene private Tanzstunde, wo er versehentlich in eine den jungen Frauen vorbehaltene Tanzformation hineingerät. Hieraufhin stellt er sich die auf Inge bezogene Frage: „Hatte auch sie ihn verlacht, gleich allen anderen?“ (GKFA 260). Der so in der dritten Person Singular Indikativ realisierten freien indirekten Rede nähert sich neben Saneyoshi (1927), Mukasa (1928) und Takeyama (1941) auch Toyonaga (1940) mit dem Pronomen jibun, d. h. „selbst“ an. Diese Übersetzungsvariante wird gleichermaßen von Takahashi (1967) und Maruko (1990), nicht aber von Nojima (1968) übernommen. Letzterer wandelt die freie indirekte Rede hier in direkte Rede um, indem er mit boku no koto o waratta, also „hatte sie mich verlacht?“ übersetzt. Gleich tun ihm dies Fukuda (1965), Morikawa (1966.5), Satō (1966.7), Ueda (1970), Hirano (2011) und Asai (2018), die die freie indirekte Rede folglich allesamt neutralisieren. In anderer Form beibehalten wird sie indessen von Asai (1955), der mit Tōnio o azawaratta bzw. „Hatte auch sie Tonio verlacht?“ übersetzt, während Kataoka (1973) mit der Übersetzungsvariante kanojo mo mata azakeriwaratta no de atta ka bzw. „Hatte auch sie spöttisch gelacht?“ gänzlich auf ein Pronomen verzichtet. Zeigen lässt sich so, dass eine beträchtliche Anzahl an Übersetzenden, zu denen auch Nojima (1968) gehört, die freie indirekte Rede neutralisieren, wogegen sowohl Toyonaga (1940) als auch Takahashi (1967) sie mit dem Pronomen jibun realisieren. Da jibun in dieser Form außerdem auch bei Saneyoshi (1927), Mukasa (1928) und Takeyama (1941) belegt ist, kann diesbezüglich zwar keine zwingende genetische Einflussbeziehung, sehr wohl aber eine typologische Ähnlichkeit zwischen Toyonaga (1940) und Takahashi (1967) geschlussfolgert werden.

Ein weiteres, diese Annahme untermauerndes Beispiel folgt unmittelbar auf die soeben thematisierte Textstelle (s. auch im Folgenden Tab. 5.163 EZM): Der durch den Spott seiner Angebeteten gekränkte Tonio malt sich aus, wie der Tag käme, „an dem er berühmt war, wo alles gedruckt wurde, was er schrieb, und dann würde man sehen, ob er nicht Eindruck auf Inge Holm machen würde…“ (GKFA 261). Auch hier ist der scheinbar unmittelbare Einblick in Tonios Denken und Fühlen durch die freie indirekte Rede realisiert, wobei der Satzteil „ob er nicht Eindruck auf Inge Holm machen würde“ in der japanischen Übersetzung überwiegend so umgestellt ist, dass nicht „er“ bzw. Tonio, sondern „Inge Holm“ Subjekt des Teilsatzes ist. Den auf den Tag, „an dem er berühmt war“ bezogenen Satzteil übersetzen Saneyoshi (1927), Toyonaga (1940), Takeyama (1941), Takahashi (1967) und Maruko (1990) allerdings erneut mit jibun bzw. „selbst“; gleiches gilt hier auch für Kataoka (1973). Dagegen übersetzt Nojima (1968) – ebenso wie Morikawa (1966.5), Satō (1966.7), Ueda (1970), Hirano (2011) und Asai (2018) – wieder neutralisierend durch boku bzw. „ich“, während Mukasa (1928) und Fukuda (1965) gänzlich auf Pronomina verzichten und Asai (1955) mit dem Personalpronomen kare bzw. „er“ die freie indirekte Rede formaläquivalent realisiert. Hierdurch bestätigt sich der Eindruck, dass Toyonaga (1940) und Takahashi (1967) hinsichtlich der freien indirekten Rede eine typologische Ähnlichkeitsbeziehung verbindet, die außerdem Saneyoshi (1927), Takeyama (1941), Kataoka (1973) und Maruko (1990) charakterisiert, während Nojima (1968) die freie indirekte Rede erneut zur direkten Rede der ersten Person Singular umwandelt.

Ähnliches ist auch in Hinblick auf den Satzteil „was er schrieb“ zu beobachten: Saneyoshi (1927), Toyonaga (1940), Takeyama (1941), Takahashi (1967), Kataoka (1973) und Maruko (1990) übersetzen auch hier mit jibun, Mukasa (1928) und Asai (1955) hingegen mit kare als dem Personalpronomen der dritten Person Singular. An der neutralisierenden Übersetzung mit boku als dem Personalpronomen der ersten Person Singular halten ausschließlich Satō (1966.7) und Ueda (1970) fest, während Fukuda (1965), Morikawa (1966.5), Nojima (1968), Hirano (2011) und Asai (2018) hier keine formaläquivalenten Pronomen realisieren. Da bspw. in Fukuda (1965) der betreffende Absatz jedoch mit Inge mo hoka no hito to onaji yō ni boku no koto o warata no darō ka, also „Hatte wohl auch Inge mich gleich den anderen verlacht?“ eingeleitet wird, hat die ausgeprägte Kontextsensitivität des Japanischen an dieser Stelle zur Folge, dass durch die einleitende Bezugnahme auf boku auch die darauffolgende freie indirekte Rede selbst dann neutralisiert wird, wenn kein formaläquivalentes Pronomen realisiert ist. Dies gilt gleichermaßen für Morikawa (1966.5), Nojima (1968), Hirano (2011) und Asai (2018).

Damit lassen sich angesichts dieser Beispiele insofern konstante Übersetzungsstrategien im Umgang mit der freien indirekten Rede feststellen, als Toyonaga (1940) und Takahashi (1967) diese – ebenso wie Saneyoshi (1927), Takeyama (1941) und Maruko (1990) – systematisch durch das Personalpronomen jibun übersetzen, sodass hieraus typologische Ähnlichkeitsbeziehungen resultieren können. Letzteres gilt derweil nicht für Nojima (1968), der die freie indirekte Rede – ebenso wie Fukuda (1965), Morikawa (1966.5), Satō (1966.7), Ueda (1970), Hirano (2011) und Asai (2018) – konsequent durch boku als dem Personalpronomen der ersten Person Singular neutralisiert.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich indessen, sofern das aus dem achten Tonio Kröger-Kapitel entnommene Absatzdokument 253 in Orientierung am Fokustopic KATAOKA_6 analysiert wird (s. Tab. 5.169 EZM). Hier malt sich der erwachsene Tonio die Folgen einer Annäherung an die Postfigurationen Hans Hansens und Ingeborg Holms aus: „er würde dann zufriedener in sein Zimmer zurückkehren, mit dem Bewußtsein, eine kleine Gemeinschaft mit den Beiden hergestellt zu haben“ (GKFA 313). Dass der Ausgangstext hier freie indirekte Rede realisiert, zeigen v. a. die rhetorischen Fragen, die sich Tonio in diesem Zusammenhang innerlich stellt: „Konnte er sich ihnen nicht ein wenig nähern? Nicht an ihn oder sie ein Scherzwort richten, das ihm einfiel, und das sie ihm wenigstens mit einem Lächeln beantworten mußten?“ (GKFA 313). Das unmittelbar darauffolgende Übersetzungstoken „er (würde dann zufriedener in sein Zimmer zurückkehren“ ist in der Mehrzahl der Übersetzungstexte, angefangen mit Saneyoshis Erstübersetzung (1927), jedoch nicht explizit realisiert, sondern erschließt sich erneut aus dem Kontext, wobei Saneyoshi hier – ebenso wie Toyonaga (1940) – zwischen jibun und kare variiert und so die freie indirekte Rede grundsätzlich beibehält.

Hieran orientiert sich auch Takahashi (1967), indem er das den Ausgangspunkt dieser Überlegungen bildende Übersetzungstoken „er (würde dann zufriedener in sein Zimmer zurückkehren“ im Unterschied zu den ansonsten prädominierenden Nullübersetzungen erneut mit jibun übersetzt. Ansonsten variiert auch er zwar zwischen kare und jibun, behält aber Letzteres im Vergleich zur Erstübersetzung konsequenter bei. Während Saneyoshi im Zusammenhang der betrachteten Textstelle z. B. mit „Er dachte sich aus, was er sagen könnte“ (GKFA 313) mit Kare wa iesō na monku o hisoka ni anjite mita und dementsprechend ausschließlich mit dem Personalpronomen kare („er“) übersetzt, erweitert Takahashi hier zu Kare wa jibun no iesō na kotoba o arekore kangaete mita, kombiniert also kare und jibun. Auch in die darauffolgende Textstelle „Auch war es ja wie immer: sie würden ihn nicht verstehen […]“ (GKFA 313) integriert Takahashi – erneut im Unterschied zu Saneyoshi (1927) – das Personalpronomen jibun, sodass Saneyoshi hier mit futari wa kare o rikai senu de arō, Takahashi hingegen mit karera wa jibun no iu koto o wakatte kurenai darō übersetzt. Dies hat zur Folge, dass Takahashi (1967), während die Erstübersetzung (1927) ab „Er dachte sich aus, was er sagen könnte“ (GKFA 313) einen Wechsel von jibun zu kare bzw. von der freien indirekten Rede zum Erzählerkommentar andeutet, mit jibun weiterhin ein zuvor etabliertes Element der freien indirekten Rede und damit der Innenperspektive Tonios integriert. Sprachlich akzentuiert ist dies ferner durch die jeweiligen Verbformen, denn während Saneyoshi (1927) im Zusammenhang der Textstelle „Auch war es ja wie immer: sie würden ihn nicht verstehen […]“ (GKFA 313) „verstehen“ eher objektiv mit rikai senu übersetzt, erweitert Takahashi die gleichbedeutende Verbform wakaru zu wakatte kurenai, die durch das Hilfsverb kureru insofern eine Innenperspektive Tonios impliziert, als die entsprechende Handlung „für mich, zu meinen Gunsten“ ausgeführt wird.

Dass diese bei Takahashi besonders konsequent umgesetzte Perspektivierung kein Zufallsprodukt ist, zeigt auch die Übersetzungsvariante Nojimas (1968), der zunächst ebenso wie Saneyoshi (1927), Toyonaga (1940) und Takahashi (1967) zwischen jibun und kare variiert, anschließend aber Tonios innere Reflexion durch die neutralisierende Übersetzung mit boku als dem Personalpronomen der ersten Person Singular explizit hiervon abgrenzt. Aus „sie würden ihn nicht verstehen, würden befremdet auf das horchen, was er zu sagen vermöchte“ (GKFA 313) wird infolgedessen Futari wa boku no iu koto o rikai shinai darō. Boku ga iu kotoba o kegen na omomochi de kiku dake darō, d. h. „Sie werden mich wohl nicht verstehen, werden meine Rede wohl nur mit befremdetem Gesichtsausdruck hören“ (Hervorh. NMM). Dies zeigt, dass sowohl Takahashi (1967) als auch Nojima (1968) in ihrer jeweiligen Annäherung an Thomas Manns freie indirekte Rede unterschiedliche Pronomina bewusst variieren, wobei sich entsprechende Ansätze bereits bei Saneyoshi (1927) und Toyonaga (1940) beobachten lassen. Während Takahashi (1967) die freie indirekte Rede jedoch besonders konsequent durch das Pronomen jibun bzw. „selbst“ realisiert, neutralisiert Nojima Masanari (1968) diese durch boku überwiegend zur direkten Rede. Diese Beobachtungen legen folglich nahe, dass zumindest die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Takahashi (1967) und Toyonaga (1940) durch eine Übersetzung der freien indirekten Rede mit dem Pronomen jibun bedingt sein könnten, während ein derartiger Zusammenhang bei Toyonaga (1940) und Nojima (1968) unwahrscheinlich ist.

5.4.5.6 Fünfte Frage: Morikawa und Takahashi am Rande der Kerngruppe

Die fünfte Frage an die Übersetzungskorpora bezieht sich mit den Retranslations Morikawa Toshios (1966.5) und Takahashi Yoshitakas (1967) auf zwei Übersetzungstexte, die nur in Hinblick auf den zweiten, gesamttextlichen, nicht aber auf den ersten, zusätzlich einzelne Textbereiche schwerpunktmäßig charakterisierenden Ähnlichkeitstyp ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen zu Übersetzungen der Kerngruppe aufweisen. Über eine Zuordnung zur Kerngruppe wurde folglich durch relationales Close Reading entschieden, indem zunächst die Abgrenzung sowie anschließend die Anbindung der Morikawa- und der Takahashi-Retranslation in Hinblick auf die Übersetzungstexte der Kerngruppe anhand von Interpretationsbeispielen untersucht wurde.

In diesem Zusammenhang werden zunächst Interpretationsbeispiele diskutiert, aus denen eine Abgrenzung Morikawas (1966.5) und Takahashis (1967) von der Kerngruppe hervorgeht. Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür liefert zunächst das dem achten Tonio Kröger-Kapitel entnommene und in Orientierung am Fokustopic MUKASA_0 analysierte Absatzdokument 252b (s. Tab. 5.171 EZM). Darin begegnet der erwachsene Tonio während des Seebadaufenthaltes nicht nur den Postfigurationen Hans Hansens und Ingeborg Holms, sondern auch dem „stillen Mädchen“ (GKFA 312) als einem Nachbild der Tonios literarischen Ambitionen sehr zugetanen Kindheitsgenossin Magdalena Vermehren. Dieses stille Mädchen wird aus Tonios Perspektive zunächst nur wenig wohlwollend, sondern geradezu sezierend beschrieben. So heißt es u. a.: „und der magere Hals stak so tief zwischen diesen armseligen Schultern, daß [sic] das stille Mädchen fast ein wenig verwachsen schien“ (GKFA 312). Das Übersetzungstoken „(stak so) tief (zwischen diesen armseligen Schultern)“ wird hierbei von Saneyoshi (1927) mit fukaku sehr wörtlich realisiert, woraufhin sich die Mehrzahl der darauffolgenden Retranslations an dieser Konsensübersetzung orientiert. Bereits Mukasa (1928) entwickelt jedoch die alternative Übersetzungsvariante (yaseta kubi ga kono hinsō na ryōken no aida ni) suppori wa (haitte wita), in der das Adverb suppori semantisch spezifizierend wirkt: Anders als fukaku bezieht es sich v. a. auf Kontexte, in denen ein Gegenstand „gänzlich“ in eine dafür vorgesehene Öffnung eingeführt oder wieder aus dieser entfernt wird. Diese relativ mechanische Semantik realisiert in der Erstübersetzung (1927) stattdessen das mit fukaku kombinierte Verb umaru, sodass der Hals des stillen Mädchens hier „tief vergraben“ zwischen den Schultern ist, während er bei Mukasa (1928) wie ein hölzernes Bauteil in der dafür vorgesehenen Öffnung steckt. Angesichts dieser Spezifik von Mukasas Übersetzungsvariante suppori ist es bemerkenswert, dass unter den unmittelbar darauffolgenden Retranslations einzig Morikawa (1966.5) diese ebenfalls realisiert, während sonstige Countertranslations erst in den Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) belegt sind. Demzufolge ist hier eine direkte Einflussbeziehung zwischen Mukasa (1928) und Morikawa (1966.5) anzunehmen, durch die sich auch Morikawa vom Übersetzungskonsens abgrenzt.

Ein weiteres Beispiel für eine solche Abgrenzung Morikawas (1966.5) findet sich bereits im ersten Kapitel bzw. im anhand des Fokustopics TONIO_7 untersuchten Absatzdokument 17 (s. Tab. 5.154 EZM). Hier wird Tonios Mutter charakterisiert, die „überhaupt so anders war, [sic] als die übrigen Damen der Stadt, weil der Vater sie sich einstmals von ganz unten auf der Landkarte heraufgeholt hatte“ (GKFA 247). Dabei erweist sich das Übersetzungstoken der Verbform „sich […] heraufgeholt“ bereits im Ausgangstext insofern als aufschlussreich, als die grammatikalisch suggerierte Handlungsgewalt ausschließlich bei Tonios sowohl wirtschaftlich als auch politisch mächtigem Vater, dem Großkaufmann und Konsul Kröger liegt, der „sich“ eine südländische Braut „geholt“ hat. Auch die erneut durch Saneyoshi (1927) etablierte Konsensübersetzung realisiert eine vergleichbare, den Vater mit chichi ga als handelndes Subjekt definierende Semantik, die zunächst von allen darauffolgenden Retranslations beibehalten wird. Demgegenüber etabliert Morikawa (1966.5) dahingehend eine entscheidende Neuerung, dass sich in seiner Übersetzungsvariante Kurokami no utsukushii haha wa, chizu de ieba zutto minami no hō kara chichi ni tsurerarete kita („Die schöne schwarzhaarige Mutter war – auf der Landkarte betrachtet – aus ganz südlicher Richtung vom Vater mitgebracht worden“) Satzthema und -subjekt vom Vater auf die Mutter verlagern, wodurch sich auch die Verbform vom Saneyoshis aktivischem tsurete kita zur Passivform tsurerareta kita ändert. Berücksichtigt man zudem die tendenziell negative Konnotiertheit des japanischen „Leidenspassivs“, wird aus dem neutral-pragmatischen „Heraufholen“ bei Morikawa (1966.5) ein „Geholtwerden“, das Tonios Mutter durch den Vater erlitten hat. Dass diese einzigartige Konnotation von keinem anderen Übersetzungstext realisiert wird, zeigt ebenso wie die zuvor thematisierte genetische Beeinflussung durch Mukasa (1928), dass sich eine Sonderstellung Morikawas (1966.5) gegenüber der auf quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen basierenden Kerngruppe auch im relationalen Close Reading nachvollziehen lässt.

Darüber hinaus ist auch zwischen Mukasa (1928) und Takahashi (1967 [1949]) eine genetische Einflussbeziehung keineswegs auszuschließen, da das zuvor mehrfach thematisierte Übersetzungstoken des „rechten Weges“ (s. Tab. 5.155 EZM) ausschließlich von Mukasa (1928), Takahashi (1967 [1949]) und Maruko (1990) in der semantisch spezifizierenden Variante seidō realisiert wird, die v. a. im Vergleich zur formaläquivalenten Konsensübersetzung tadashii michi nicht zwingend naheliegt. Dies lässt vermuten, dass sich sowohl Morikawa (1966.5) als auch Takahashi (1967 [1949]) einerseits durch eine genetische Einflussbeziehung zur in der Übersetzungsperipherie lokalisierten Mukasa-Retranslation (1928), andererseits durch eigene Übersetzungsinnovation von der Kerngruppe abgrenzen.

Zwei aufschlussreiche Beispiele einer solchen Konsensabgrenzung Takahashis (1967 [1949]) finden sich erneut am Ende des dritten Kapitels bzw. im anhand des Fokustopics SANEYOSHI_8 betrachteten Absatzdokument 90 (s. Tab. 5.148 EZM). Die Einstellung des jungen Tonio zu seiner künstlerischen Tätigkeit wird hierbei dahingehend beschrieben, dass er „nur als Schaffender in Betracht zu kommen wünscht und im Übrigen grau und unauffällig umhergeht“ (GKFA 266), wobei das Token „im Übrigen“ von Saneyoshi (1927) ebenso wie von Toyonaga (1940), Asai (1955), Fukuda (1965), Morikawa (1966.5) und Ueda (1970) als sono hoka no ten de wa, also „die übrigen Punkte betreffend“, relativ wörtlich realisiert ist. Auch Mukasa (1928) weicht hiervon nur geringfügig ab, während Kataoka (1973) mit sono yo ni tsuite wa und Asai (2018) mit sore igai de wa ebenfalls vergleichsweise wörtlich übersetzen. Dagegen realisieren Takeyama (1941), Nojima (1968), Maruko (1990) und Hirano (2011) überhaupt kein vergleichbares Übersetzungstoken. Hiervon grenzt sich Takahashi (1967 [1949]) mit der Übersetzungsvariante hitasura sōzōsha toshite mirareru koto o nozomi, fudan wa hai’iro ni hissori toshite yo o okuri ab, sodass aus „und im Übrigen grau und unauffällig umhergeht“ hier „und im Alltag bzw. normalerweise grau und unauffällig umhergeht“ wird. Die Semantik der Takahashi-Retranslation (1967 [1949]) verschiebt sich folglich gegenüber derjenigen des Ausgangstextes insofern, als Tonio hier nicht „im Übrigen“, also hinsichtlich aller nicht künstlerischen Belange „grau und unauffällig umhergeht“, sondern „normalerweise“ bzw. „im Alltag“. Aus dem in den anderen Varianten nicht gewichteten Unkünstlerischen wird so eine dauerhaft triste Alltagsnormalität, aus der Tonio nur kurzzeitig ausbricht. Dass eine derartige, die Künstlerproblematik zusätzlich dramatisierende Spezifizierung der Ausgangstextsemantik ausschließlich bei Takahashi (1967 [1949]) realisiert ist, legt eine Abgrenzung von der Kerngruppe nahe.

Ähnliches ist ferner innerhalb desselben, in Orientierung am Fokustopic SATO_9 analysierten Absatzdokuments 90 (s. Tab. 5.147 EZM) in Bezug auf Tonios im Zusammenhang der Syntaxanalyse bereits thematisierte abschätzige Beschreibung der „Kleinen“ bzw. der Dilettanten zu beobachten. Sind diese im Ausgangstext „unwissend“ (GKFA 266) lautet die Variante der Erstübersetzung (1927) hier shirazu ni iru und zeugt somit vom bemerkenswerten Ehrgeiz, mit der Saneyoshi die ausgangssprachliche Partizip-Präsens-Konstruktion „unwissend (sein)“ durch die Kombination von shirazu ni bzw. „ohne zu wissen, unwissend“ und iru bzw. „sein“ formaläquivalent realisiert hat. Nur die Retranslations Satōs (1966.7) und Uedas (1970) behalten diese extreme Wörtlichkeit bei; ansonsten werden mehrheitlich andere Varianten von shiru bzw. „wissen“ bevorzugt. Die erste maßgebliche Abweichung hiervon etabliert Fukuda (1965) anhand der Countertranslation wakimaete inai, die im direkten Vergleich zu shiru bzw. „etwas wissen, schon einmal gehört haben“ v. a. die Bedeutungskomponente „verstehen, differenzieren“ betont. Bemerkenswert ist dabei, dass Fukudas (1967) Countertranslation in der Folge einzig von Morikawa (1966.5) übernommen wird, sodass auch hier eine Abweichung vom Konsens festzustellen ist. In einzigartiger Weise ist das Token allerdings bei Takahashi (1967 [1949]) insofern realisiert, als die semantisch vergleichbare Verbform gozonjinai in […]to iu koto nado ikkō ni gozonjinai shōjindomo o kokoro kara keibetsu shita no de aru einer besonders ehrerbietigen, ausschließlich auf ranghöhere Satzsubjekte bezogenen Höflichkeitssprache (sonkeigo) entspricht. Dass dieses Höflichkeitsverb ausgerechnet auf die von Tonio Kröger verachteten „Kleinen“ bzw. Dilettanten bezogen wird, konstituiert einen bewussten Verstoß gegen die pragmatische Sprachnorm, der in Kombination mit kokoro kara keibetsu shita shōjindomo (also „von ganzen Herzen verachtete Kleine“) im Sinne der freien Rückübersetzung „[…] und voller Verachtung für jene Kleinen, […] für die das Wissen darüber, dass […] freilich unter ihrer Würde war“ Ironie erzeugt. Die Tatsache, dass außer Takahashi (1967) kein anderer Übersetzungstext die Ausgangstextsemantik ironisierend weiterentwickelt, grenzt diese Retranslation nicht nur potenziell von der Kerngruppe ab, sondern zeugt – bspw. auch im Unterschied zu den Manns Ironie tendenziell neutralisierenden englischsprachigen Übersetzungstexten Lowe-Porters (Boes 2014: 443) – von übersetzerischem Selbstbewusstsein und Gestaltungswillen. Demzufolge konnte nachgewiesen werden, dass Morikawa (1966.5) und Takahashi (1967) nicht nur hinsichtlich ihrer quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen, sondern auch hinsichtlich ihrer innovativen Übersetzungscharakteristik systematisch vom Übersetzungskonsens der Kerngruppe abweichen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich umgekehrt die Frage, inwiefern Morikawa (1966.5) und Takahashi (1967) angesichts dieser offenkundigen Abgrenzung noch der Kerngruppe zugeordnet werden können. Zu Letzterer gehören neben Toyonaga (1940) und Takeyama (1941) auch Saneyoshi (1927), Fukuda (1965), Satō (1966.7), Nojima (1968), Ueda (1970) und Kataoka (1973), sodass der Anschluss Morikawas (1966.5) und Takahashis (1967) ggf. durch relationale Ähnlichkeit zu einem oder mehreren dieser Texte bedingt ist. In diesem Zusammenhang haben die Ausführungen zur vierten Frage bereits gezeigt, dass zumindest in Hinblick auf die Übersetzung der freien indirekten Rede eine Ähnlichkeitsbeziehung zwischen Takahashi (1967) und Toyonaga (1940) anzunehmen ist, die Takahashi (1967) der Kerngruppe annähert.

Ein zusätzliches Beispiel ist in diesem Zusammenhang dem zweiten Tonio Kröger-Kapitel bzw. dem in Orientierung am Fokustopic FUKUDA_0 betrachteten Absatzdokument 75 (s. Tab. 5.160 EZM) zu entnehmen, in dem die Tanzstunde in einem bürgerlichen Salon beschrieben wird, in deren Rahmen der 16-jährige Tonio „nur aus Versunkenheit“ in die Nähe seiner Angebeteten Inge Holm (GKFA 260–261) in eine eigentlich den jungen Damen vorbehaltene Tanzformation hineingerät. Das Übersetzungstoken der „Versunkenheit“ bringt hierbei in der japanischen Übersetzung keine Konsensübersetzung, sondern ein beträchtliches, fünf Countertranslations umfassendes Variationsspektrum hervor. Bemerkenswert ist hierbei, dass sich keiner der Übersetzenden an einer – vermutlich unverständlichen – formaläquivalenten Übersetzung versucht, sodass bereits Saneyoshi (1927) verhältnismäßig frei mit ware o wasurete bzw. „selbstvergessen“ übersetzt, woran sich infolgedessen Morikawa (1966.5), Nojima (1968) und Ueda (1970) orientieren. Dies nähert Morikawa (1966.5) im Unterschied zu Takahashi (1967), dessen Übersetzungsvariante kanojo no soba ni ite, sono tame ni bonyari shite ita bakari ni („nur weil er wegen ihrer Nähe zerstreut war“) erneut einzigartig ist, der Kerngruppe an. Einzuschränken ist dieses Urteil lediglich insoweit, als die beiden die Kerngruppe quantitativ konstituierenden Retranslations Toyonagas (1940) und Takeyamas (1941) das Übersetzungstoken „Versunkenheit“ nochmals anders realisieren, sodass es bei Toyonaga (1940) kanojo no chikaku ni witai to ifu koto ni muchū ni natte wita, also „wie in Trance im Wunsche, in ihrer [Inges] Nähe zu sein“ lautet und in dieser Form auch von Asai (1955) und Satō (1966.7) übernommen wird. Dagegen ist es bei Takeyama (1941) in der Variante kanojo no soba ni wiru node bōzen to natte shimatte, d. h. „ganz bestürzt bzw. geistesabwesend in ihrer Nähe“ realisiert.

Als aufschlussreich erweist sich außerdem erneut die Darstellung von Tonios Kunstverständnis am Ende des dritten Kapitels bzw. das anhand der Fokustopics SANEYOSHI_8 und SATO_9 betrachtete Absatzdokument 90 (s. Tab. 5.147, 5.148 EZM), in dem es von den von Tonio verachteten „Kleinen“ heißt, diese seien u. a. „unwissend darüber, daß gute Werke nur unter dem Druck eines schlimmen Lebens entstehen“ (GKFA 266). Dabei wird das Übersetzungstoken „Leben“ von sämtlichen Übersetzenden bis einschließlich Kataoka (1973) als seikatsu im Sinne der „alltäglichen Lebensführung“ realisiert, bevor Maruko (1990) mit der Variante tsurai sei, also „schmerzliche bzw. mühsame Existenz“, abstrahierend hiervon abweicht. Semantisch ähnlich konnotiert ist auch Asais (2018) Übersetzungsvariante ashiki jinsei, wogegen Hirano (2011) mit tsurai nichijō explizit auf einen „schmerzlichen bzw. mühsamen Alltag“ verweist. Die Mehrzahl der Übersetzenden, zu denen auch Morikawa (1966.5) und Takahashi (1967) gehören, charakterisiert demzufolge das u. U. von künstlerischen Aktivitäten abgegrenzte „Alltagsleben“ als „schlimm“, wogegen Maruko (1990) und Asai (2018) die gesamte künstlerische „Existenz“ negativ bewerten.

Weniger einheitlich stellt sich das Gesamtbild derweil in Hinblick auf das Attribut „schlimm“ dar, da Saneyoshi (1927) hier mit kurushii, also „schmerz- bzw. leidvoll“, Mukasa (1928) mit itamashii bzw. „schmerzhaft“ und Toyonaga (1940) mit der Nominalkonstruktion kunō no seikatsu, d. h. einem „Leben [voll] von Kummer oder Qual“ übersetzt. Hiervon distanziert sich Asai (1955) anhand der formaläquivalenten Variante warui seikatsu, innerhalb derer die mehrdeutige Ausgangstextsemantik insofern angemessen realisiert ist, als offenbleibt, ob das „schlimme Leben“ nur für unmittelbar Betroffene leidvoll oder allgemein moralisch verwerflich ist. Übernommen wird diese wörtliche Übersetzungsvariante von Satō (1966.7), Ueda (1970) sowie in abgewandelter Form auch von Asai (2018). Eine bemerkenswerte Abweichung realisiert darüber hinaus Fukuda (1965), der das Übersetzungstoken des „schlimmen Lebens“ relativ frei als chinmoku no seikatsu bzw. als „Leben in Schweigen“ übersetzt, sodass hier das Element der sozialen Isolation akzentuiert ist. Vor diesem Hintergrund übernehmen Takeyama (1941), Takahashi (1967 [1949]), Morikawa (1966.5) und Nojima (1968) kurushii seikatsu, also die Übersetzungsvariante Saneyoshis (1927), die bei Kataoka (1973), Maruko (1990) und Hirano (2011) von tsurai bzw. „bitter, schmerzlich“ abgelöst wird. Sowohl kurushii als auch tsurai verlagern im Unterschied zu Asais (1955) wörtlicher, deutungsoffener Variante warui den Interpretationsschwerpunkt auf das individuelle Erleben der Kunstschaffenden und wirken hierdurch semantisch spezifizierend. Damit zeigt das Beispiel, dass sich Morikawa (1966.5) und Takahashi (1967) sowohl in Hinblick auf Konsensübersetzungen wie seikatsu als auch in Hinblick auf Übersetzungstokens wie kurushii, bezüglich derer weder die Erstübersetzung (1927) noch Takeyama (1941) eine Konsensübersetzung etablieren, auf diese beiden Übersetzungstexte beziehen. Infolgedessen ist eine Verortung Takahashis (1967 [1949]) und Morikawas (1966.5) am Rande der Kerngruppe insofern sinnvoll, als beide Übersetzungstexte in erster Linie gesamttextliche Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten Typs zur Kerngruppe realisieren und, wie sich im relationalen Close Reading nachvollziehen ließ, einerseits durch neuartige Übersetzungsvarianten und andererseits durch Ähnlichkeitsbeziehungen zu Mukasas Peripherie-Retranslation (1928) teilweise von der Kerngruppe abgegrenzt sind.

5.4.5.7 Sechste Frage: Zusammenhang mit Topic-Term-Überschneidungen

Die sechste Frage an die Übersetzungskorpora bezieht sich auf mögliche Anknüpfungspunkte zwischen dem relationalen Close Reading und den vorherigen quantitativen Analyseschritten, d. h. den im dritten Analyseschritt ermittelten Termüberschneidungen der Topicpaare in spezifischen Absatzdokumenten (s. Abschnitt 5.3.4). Untersucht wurde, wie sich die Ähnlichkeitsbeziehungen von Topicpaaren mit besonders wenigen Termüberschneidungen im relationalen Close Reading verhalten. Durch besonders niedrige Überschneidungswerte ist in diesem Zusammenhang u. a. das im Absatzdokument 75 quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen realisierende Topicpaar TAKEYAMA_10/FUKUDA_0 aufgefallen.

Dabei zeigen die Ergebnisse des im dritten Analyseschritt durchgeführten Termabgleichs, dass die wenigen wörtlichen Termüberschneidungen zwischen TAKEYAMA_10 und FUKUDA_0 in Absatzdokument 75 bis auf eine Ausnahme ausschließlich auf Funktionsterme wie ga, ni, ano und Interpunktionszeichen zurückzuführen sind (s. Tabelle 125 EZM), bezüglich derer sich weder genetische Einfluss- noch typologische Ähnlichkeitsbeziehungen im relationalen Close Reading zuverlässig nachweisen lassen. Der in Abschnitt 5.4.4.7 durchgeführte Abgleich zwischen der quantitativen Analyse und den Ergebnissen der relationalen Analyse ergab in Bezug auf das Absatzdokument 75 bzw. das Fokustopic FUKUDA_0 und die entsprechenden Übersetzungstokens aus Takeyama (1941) allerdings einen Überschneidungswert der relationalen Ähnlichkeitscharakteristiken von 62,2 Prozent (s. Tab. 5.198 EZM) und für das Fokustopic TAKEYAMA_10 und die entsprechenden Übersetzungstokens aus Fukuda (1965) einen Überschneidungswert von 57,1 Prozent (s. Tab. 5.199 EZM). Je nach Fokustopic realisieren also entweder 57,1 (FUKUDA_0) oder 62,2 Prozent (TAKEYAMA_10) aller betrachteten Übersetzungstokens in Absatzdokument 75 gleichartige Übersetzungsvarianten. Obwohl diese hier nicht auf Terme, sondern auf deren Iterationen auf Textebene bezogenen Überschneidungswerte vergleichsweise hoch sind, beziehen auch sie sich mehrheitlich auf Funktionsvokabular und entsprechen außerdem überwiegend dem allgemeinen Übersetzungskonsens. Die in Absatzdokument 75 nachgewiesenen quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen des Topicpaares TAKEYAMA_10/FUKUDA_0 sind demzufolge v. a. durch auf Dokumentebene hochfrequente Funktionsterme bzw. -tokens bedingt und bieten dementsprechend kaum Ansatzpunkte für ein relationales Close Reading. Anzunehmen ist daher, dass insbesondere quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen, bezüglich derer im Termüberschneidungsabgleich des dritten Analyseschrittes niedrige Überschneidungswerte festgestellt wurden, nahezu ausschließlich stilometrischer Natur und damit kaum auf Übersetzungsähnlichkeit i. e. S. zurückzuführen sind.

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein relationales Close Reading besonders dann Rückschlüsse auf äquivalenzbasierte Übersetzungsähnlichkeit i. e. S. erwarten lässt, wenn der Termüberschneidungsabgleich des dritten Analyseschrittes hohe Überschneidungswerte ergibt. Für Takeyama 1941/Fukuda 1965 ist diese Bedingung durch das Topicpaar TAKEYAMA_0/FUKUDA_1 im Absatzdokument 90 erfüllt, sodass Letzteres zu Vergleichszwecken untersucht wurde. Dabei zeigt der in Abschnitt 5.4.4.7 durchgeführte Abgleich der relationalen Ähnlichkeitscharakteristiken bezüglich des Topicpaares TAKEYAMA_0 und FUKUDA_1 im Vergleich zu TAKEYAMA_10/FUKUDA_0 deutlich geringere Anteile gleichartig realisierter Übersetzungstokens (s. Tab. 5.187, 5.194 EZM). Anzunehmen ist folglich, dass das Topicpaar TAKEYAMA_0/FUKUDA_1 seine quantitative Ähnlichkeitsbeziehung in Absatzdokument 90 nicht wie TAKEYAMA_10/FUKUDA_0 durch häufig wiederholtes, hohe Überschneidungswerte der Tokens (und nicht der Terme) bedingendes Funktionsvokabular, sondern durch ein größeres Variationsspektrum an Inhaltstermen mit jeweils geringer Beleganzahl (also niedrigen Token-Überschneidungswerten) realisiert.

Nachvollziehen lässt sich dies am anhand des Fokustopics TAKEYAMA_0 analysierten, dem dritten Tonio Kröger-Kapitel entnommenen Absatzdokument 90 (s. Tab. 5.146 EZM), in dem Tonio mit einem abgeschminkten Schauspieler, „der nichts ist, solange er nichts darzustellen hat“ (GKFA 266) verglichen wird. Das Übersetzungstoken „(der) nichts ist“ realisieren Saneyoshi (1927) und Toyonaga (1940) hier mit mukachi na bzw. „wertlos“, während Mukasa (1928) keine diesbezügliche Entsprechung realisiert. Takahashi (1967 [1949]) übersetzt dagegen vergleichsweise wörtlich mit nanimono de mo nai, also „der ein Nichts ist“ bzw. „der ein Niemand ist“ und beeinflusst dergestalt auch Morikawa (1966.5), Kataoka (1973), Maruko (1990) und Asai (2018). Einen ebenfalls wörtlichen Gegenentwurf hierzu bietet Asai (1955) mit der Variante mu ni hitoshii, d. h. „gleich wie nichts“, welche auch Satō (1966.7), Nojima (1968) und Ueda (1970) übernehmen. Gänzlich frei übersetzt ferner Hirano (2011) das Übersetzungstoken „der nichts ist“ mit der Countertranslation kagayaki o ushinatte iru bzw. mit „der seinen Glanz verloren hat“. In Anbetracht dieses Variationsspektrums ist es umso bemerkenswerter, dass Takeyama (1941) und Fukuda (1965) das Übersetzungstoken in Abgrenzung von allen übrigen Varianten sehr ähnlich realisieren: Bei Takeyama (1941) lautet es mu ni sugizu, also „nicht über Nichts hinausgehend“; bei Fukuda demgegenüber noch etwas freier tada no hito ni suginai, d. h. „nicht über einen normalen Menschen hinausgehend“. Dass hier dementsprechend einzig Takeyama (1941) und Fukuda (1965) mit einer Verneinungsform des Verbs sugiru, „übersteigen“ übersetzen, spricht für eine genetische Einflussbeziehung im Sinne der Übersetzungsähnlichkeit.

Dieser Verdacht erhärtet sich angesichts der im selben Absatzdokument realisierten Syntax, die im Abschnitt zur dritten Frage an die Übersetzungskorpora bereits dahingehend thematisiert wurde, dass Takeyama (1941) den Satzteil „unwissend darüber, daß gute Werke nur unter dem Druck eines schlimmen Lebens entstehen, daß, wer lebt, nicht arbeitet, und daß man gestorben sein muß, um ganz ein Schaffender zu sein“ (GKFA 266) ebenso wie das übrige Satzgefüge aufteilt:

Sau shite, shiranai no da. – Kessaku wa tada kurushii seikatsu no appaku no moto ni nomi umareuru, to ifu koto o. Mata, ikiru mono wa tsukuru mono de wa nai to ifu koto o. Mata, shin no sōzōsha tariuru tame ni wa, shinde winakute wa naranai, to ifu koto o. (Takeyama 1941: 165; Hervorh. NMM)

Anstelle des im Ausgangstext dreimalig wiederholten Relativpronomens „dass“ wiederholt Takeyama (1941) einerseits die Formel to ifu koto o bzw. „diesen Sachverhalt“ und fügt andererseits, ebenso wie Thomas Mann die dritte Iteration von „dass“ durch die Konjunktion „und“ erweitert hat, die mit „und“ gleichzusetzende Konjunktion mata am Satzanfang hinzu, sodass mata und to ifu koto o um den abgetrennten Teilsatz eine analeptische Klammer bilden. Dieses Prinzip wiederholt Takeyama (1941) zweimalig sowohl für den zweiten als auch für den dritten abgetrennten Teilsatz, d. h. für alle Teilsätze, die nicht direkt auf den Bezugssatz Sau shite, shiranai no da. folgen. Mit Ausnahme Fukudas (1965), der mata ebenso wie Takeyama (1941) zweimalig wiederholt, ist dieses Prinzip in den übrigen Übersetzungstexten in keiner vergleichbaren Form zu beobachten:

Mata sono renchū wa, sugureta sakuhin ga chinmoku no seikatsu no jūatsu no moto de hajimete umareru koto o shirazu, mata, ikite iru to iu koto wa hataraite iru to iu koto de wa nai to iu koto ya, sōzōsha ni narikiru tame ni wa shinde shimatte inakereba naranai to iu koto o wakimaete inai. (Fukuda 1965: 386–387; Hervorh. NMM)

Obwohl Fukuda (1965) die erste Iteration von mata an den Beginn der Textpassage verlagert, sodass sie nicht die Kohärenz der Unwissenheitsaufzählung, sondern den Zusammenhang zu den zuvor genannten Charakteristiken der „Kleinen“ herstellt, ist hier dennoch eine formalstilistische Parallele zu Takeyama (1941) festzustellen. Ebenso wie ein möglicher Zusammenhang auf Topic-Ebene zwischen Takeyama (1941) und Fukuda (1965), der im Abschnitt 5.3.2 bereits in Hinblick auf die Herzmotivik festgestellt werden konnte, spricht dies dafür, dass die im dritten Analyseschritt festgestellten erhöhten Termüberschneidungswerte auf Übersetzungsähnlichkeiten i. e. S. zurückzuführen sind, wogegen Topicpaare mit quantitativ ausgeprägten Ähnlichkeitsrelationen, aber niedrigen Termüberschneidungswerten v. a. stilometrische Ähnlichkeitsbeziehungen realisieren.

5.4.5.8 Siebte Frage: Hiranos Übersetzungsinnovation und der Ausgangstext

Die siebte und letzte Frage an die Übersetzungskorpora, inwiefern innovative Abweichungen von vorherigen Übersetzungstexten auch mit Abweichungen vom Ausgangstext einhergehen, bezieht sich insbesondere auf Hiranos Neuübersetzung (2011), die im ersten Analyseschritt aufgrund ihrer besonders schwach ausgeprägten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen in der Übersetzungsperipherie verortet wurde. Vor diesem Hintergrund wurden die beiden Absatzdokumente 249b und 252b, die Hiranos (2011) quantitative Unähnlichkeit zu Mukasa (1928), Maruko (1990) und Asai (2018) schwerpunktmäßig konstituieren, in Hinblick auf Abweichungen von der Ausgangstextsemantik untersucht. Als diesbezüglich aufschlussreich erweist sich ein Interpretationsbeispiel aus dem achten Tonio Kröger-Kapitel bzw. dem in Orientierung am Fokustopic HIRANO_4 analysierten Absatzdokument 249b (s. Tab. 5.181 EZM), in dem es um das Wiedersehen des erwachsenen Tonio mit den Nachbildern Hans Hansens und Ingeborg Holms bzw. um die typologischen Eigenheiten der Postfigurationen geht, „dieser lichten, stahlblauäugigen und blondhaarigen Art, die eine Vorstellung von Reinheit, Ungetrübtheit, Heiterkeit und einer zugleich stolzen und schlichten, unberührbaren Sprödigkeit hervorrief“ (GKFA 310–311). Insbesondere bezüglich des Übersetzungstokens der „Sprödigkeit“ waren in der relationalen Analyse ganze sieben Countertranslations und damit ein beträchtliches Variationsspektrum zu beobachten. Saneyoshi (1927) übersetzt hier mit junketsu to seichō to kaikatsu to, sorekara gōman de dōji ni soboku na, okashigatai reitan to no mazatta mono o omowaseru, also „etwas, das an eine Mischung aus Keuschheit, Klarheit, Heiterkeit, außerdem zugleich stolzer und einfacher, würdevoller Gleichgültigkeit denken lässt“, sodass der „unberührbaren Sprödigkeit“ hier okashigatai reitan, d. h. „würdevolle Gleichgültigkeit bzw. Kälte“ entspricht. Die eher abstrakte Variante reitan übernehmen auch Mukasa (1928), Toyonaga (1940), Fukuda (1965), Morikawa (1966.5) und Maruko (1990). Anschaulicher ist demgegenüber die syntaktisch vereinfachte Übersetzungsvariante Hiranos (2011), junketsusa, nigori no nasa, yōkisa. Soshite gōman de mujaki de, tsumetaku chikayorigatai – sō omowaseru, d. h. „Keuschheit, Ungetrübtheit, Heiterkeit. Außerdem stolz und unbedarft, auf kühle Weise unnahbar – an so etwas denken lassend“. Das Übersetzungstoken der „unberührbaren Sprödigkeit“, aus der die Erstübersetzung eine „würdevolle Gleichgültigkeit“ macht, ist bei Hirano (2011) also mit tsumetaku chikayorigatai realisiert, wobei das Adverb tsumetaku, „kühl“, sowohl auf Emotionen als auch auf Sinneseindrücke referieren kann und sich das (durch das Schwierigkeit indizierende Suffix -gatai adjektivierte) Verb chikayoru explizit auf eine räumliche Annäherung bezieht. Damit realisiert die Neuübersetzung (2011) ein im Vergleich zur Erstübersetzung (1927) stärker ausgeprägtes situatives Element, das Tonios unmittelbar auf diese Beobachtungen folgende Überlegungen, sich den Postfigurationen von Hans und Inge tatsächlich räumlich „anzunähern“, bereits vorwegnimmt. Ähnliches trifft auch auf Asais Neuübersetzung (2018) zu, die sich dahingehend an Hirano (2011) orientiert, dass das Übersetzungstoken der „unberührbaren Sprödigkeit“ hier fureru koto no kanawanai chikayorigatasa lautet, also mit der Substantivform chikayorigatasa der Hirano-Variante chikayorigatai entspricht. Ergänzt wird diese hier allerdings nicht durch „kühl“, sondern durch das Attribut fureru koto no kanawanai, demzufolge es „unpassend“ ist, die Postfigurationen zu „berühren“.

Durch die Anschaulichkeit des Attributs chikayorigatai unterscheidet sich insbesondere Hirano (2011) darüber hinaus auch von Takeyama (1941) und Takahashi (1967 [1949]), die das Übersetzungstoken der „Sprödigkeit“ zwar ebenfalls durch Varianten des Attributs „kühl“ übersetzen, die „Unberührbarkeit“ aber im Vergleich zu Hirano (2011) weniger situativ-anschaulich realisieren: Während Takeyama (1941) relativ wörtlich mit furegatai übersetzt, orientiert sich Takahashi (1967 [1949]) mit der Variante oshigatai tsumetasa, d. h. „würdevoller Kühle“ teilweise an der Erstübersetzung (1927). Kataoka (1973) variiert Letztere wiederum zu oshigatai hijōsa bzw. einer „würdevollen Gefühllosigkeit“, wogegen sich einzig Ueda (1970) stattdessen ebenso anschaulich wie Hirano (2011) auf toritsukushima mo nai yō na hiyayakasa, also auf eine „wie abweisend wirkende Kühle“ bezieht. Hiervon abgegrenzt ist darüber hinaus die Übersetzungsvariante Asais (1955), sumashite iru bzw. „affektiert sein“, an der sich auch Satō (1966.7) sowie in etwas abgewandelter Form Nojima (1968) orientieren. Dieses Interpretationsbeispiel veranschaulicht folglich, dass Hirano (2011) weniger auf eine formaläquivalente Reproduktion des Ausgangstextes, sondern vielmehr auf eine in Zielsprache und Zieltext funktionierende, tendenziell vereinfachend-veranschaulichende, funktional äquivalente Übersetzung abzielt. Der dargelegte Variantenreichtum, den das Übersetzungstoken der „unberührbaren Sprödigkeit“ hervorgebracht hat, zeigt unterdessen, dass Hirano (2011) keineswegs in höherem Maße von der Ausgangstextsemantik abweicht als bspw. Saneyoshi (1927) oder Takahashi (1967 [1949]) und sich stattdessen insbesondere in Hinblick auf das Attribut der „Kühle“ an vorherigen Übersetzungsvarianten orientiert, die sie ebenso wie Asai (2018) in innovativer Weise weiterentwickelt.

An das soeben thematisierte Interpretationsbeispiel knüpft das folgende, dem anhand des Fokustopics HIRANO_4 betrachteten Absatzdokument 252b (s. Tab. 5.175 EZM) entnommene Beispiel inhaltlich unmittelbar an. Hier wird aus Tonios Perspektive das Nachbild der kunstaffinen Magdalena Vermehren charakterisiert, die auf den 16-jährigen Tonio während der bürgerlichen Tanzstunde eher abstoßend wirkte. Diese ablehnende Haltung färbt auch Tonios den Erzählerkommentar überlagernde Wahrnehmung der Postfiguration: „der magere Hals stak so tief zwischen diesen armseligen Schultern, daß das stille Mädchen fast ein wenig verwachsen erschien“ (GKFA 312), sodass auch diese körperliche Unzulänglichkeit das stille Mädchen Tonios „immer hinfallender“ Jugendbekanntschaft Magdalena Vermehren (GKFA 261) annähert. Vor diesem Hintergrund suggerieren sowohl Saneyoshi (1927) als auch Toyonaga (1940), Takeyama (1941), Fukuda (1965), Ueda (1970) und Kataoka (1973) in Hinblick auf das Übersetzungstoken „verwachsen“ mit semushi den Anschein eines „Buckels“. Noch spezifischer übersetzt Maruko (1990) mit sukoshi byōkuru ni kakatta hito meite mieru, also „[sie] sah ein bisschen aus wie jemand, der an Rachitis leidet“. Hierdurch verlagert sich der inhaltliche Fokus von der generellen Lebensuntauglichkeit auf eine möglichst akkurate Beschreibung äußerlicher Eigenschaften; gleiches gilt auch für Morikawas (1966.5) Variante maru de nekoze no kimi ga aru, d. h. „[sie] erweckte praktisch den Anschein eines Katzenbuckels“.

Dagegen fallen die Übersetzungsvarianten Mukasas (1928) – fugu bzw. „Krüppel“ – sowie die von Satō (1966.7) und Nojima (1968) übernommene Variante Asais (1955) – kikei bzw. „Missbildung“ – ebenso unspezifisch aus wie auch diejenige Takahashis (1967 [1949]), der das Übersetzungstoken „verwachsen“ durch shintai ga warui bzw. einen „schlechten Körper(-bau)“ realisiert. Ebenso bezieht sich Hirano (2011) auf shintai bzw. den „Körperbau“, sodass die Passage in ihrer Neuübersetzung maru de shintai ni chotto shita shōgai ga aru yō ni sura mieta, also „es sah sogar ganz so aus, als litte [sie] hinsichtlich ihres Körperbaus an einer Behinderung“ lautet. Im Unterschied zu den spezifizierenden Übersetzungsvarianten semushi, byōkuru und nekoze geht es bei den zuletzt vorgestellten verallgemeinernden Varianten folglich weniger darum, inwiefern das stille Mädchen im Einzelnen anders aussieht, sondern darum, dass sie generell anders ist. Der ebenfalls deutungsoffenen Ausgangstextsemantik entsprechen diese verallgemeinernden Varianten daher in höherem Maße als bspw. der in der Erstübersetzung (1927) heraufbeschworene „Buckel“. Als Sonderfall ist vor diesem Hintergrund noch die Übersetzungsvariante Asais (2018) zu erwähnen, die insofern den Versuch einer formaläquivalenten Reproduktion unternimmt, als sie sich mit sukoshi bakari hatsuikujōtai ga warui no de wa nai ka to sae mieru bzw. mit hatsuikujōtai ga warui auf eine „gestörte (körperliche) Entwicklung“ bezieht. Damit integriert nur diese Variante eine implizite Bezugnahme auf „wachsen“ als Wortstamm des Übersetzungstokens „verwachsen“, während das Adjektiv warui bzw. „schlecht“ eine ähnliche semantische Funktion erfüllt wie das Präfix „ver-“. Tendenziell erhält auch diese jüngste Übersetzungsvariante aber ebenso wie diejenigen Mukasas (1928), Takahashis (1967 [1949], Asais (1955), Satōs (1966.7), Nojimas (1968) und Hiranos (2011) die Deutungsoffenheit des Ausgangstextes. Diese Überlegungen veranschaulichen, dass sich Hirano (2011) zwar auch hier von den übrigen Übersetzungsvarianten abgrenzt, dabei aber keineswegs in stärkerem Maße von der Ausgangstextsemantik abweicht als Takeyama (1941) oder Saneyoshi (1927). Ob das stille Mädchen in der japanischen Übersetzung ein wenig „bucklig“ (semushi) oder fast schon „körperlich behindert“ (shintai ni shōgai ga aru) erscheint, macht v. a. in Hinblick auf semantische Spezifizierung und Deutungsoffenheit einen Unterschied: Diese wird in den älteren Übersetzungsvarianten Saneyoshis und Takeyamas reduziert, wogegen sie u. a. in Hiranos Neuübersetzung (2011) erhalten bleibt. Die in den beiden Absatzdokumenten 249b und 252b zu beobachtende Abgrenzung Hiranos von älteren Übersetzungsvarianten geht demzufolge keineswegs zwangsläufig mit gravierenderen Abweichungen von der Ausgangstextsemantik einher.

Zu vermuten sind derartige Abweichungen dagegen im dem vierten Kapitel entnommenen Absatzdokument 118b, da hier die schwächsten quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Hirano (2011) und dem Tonio Kröger-Ausgangstext festgestellt wurden. Bei einer durch das Fokustopic MARUKO_11 geleiteten Analyse (s. Tab. 5.180 EZM) zeigt dieser am Ende des „Kunstgesprächs“ zwischen Tonio und seiner Künstlerfreundin Lisaweta Iwanowna angesiedelte Textabsatz u. a. Auffälligkeiten in Hinblick auf die Textpassage „Ich bin am Ziel, Lisaweta. Hören Sie mich an“ (GKFA 278) bzw. das Übersetzungstoken „ich bin am Ziel“, anhand dessen Tonio die Aufmerksamkeit der Gesprächspartnerin einfordert. Saneyoshi (1927) übersetzt hier mit mokuhyō ni tasshita wake desu bzw. „ich bin am Ziel angekommen“ ebenso wörtlich wie Mukasa (1928) mit mokuhyō made kimashita bzw. „ich bin bis zum Ziel gekommen“. Hiervon weicht Toyonaga (1940) insofern ab, als er die Ausgangstextsemantik durch die Variante ganmoku o tasshita bzw. „ich bin am Kernpunkt angekommen“ näher bestimmt. Eine ähnliche Nuancierung realisiert auch Takeyama (1941) mit iyoiyo ketsuron desu, d. h. „jetzt kommt endlich das Fazit“, sodass sowohl Toyonaga (1940) als auch Takeyama (1941) das Übersetzungstoken „Ziel“ explizit auf die rhetorischen Absichten Tonio Krögers beziehen. Nahezu wortgleich übernommen wird Takeyamas Variante von Takahashi (1967 [1949]) und Asai (2018), während sich darüber hinaus auch die beiden das Token „Ziel“ als „Ende (der Rede Tonios)“ interpretierenden Varianten oshimai (Asai 1955; Fukuda 1965; Ueda 1970) und owaru (Morikawa 1966.5; Satō 1966.7; Nojima 1968) etablieren. Dagegen übersetzt Kataoka (1973) relativ wörtlich mit mezasu tokoro ni ikitsuita, also „ich habe den anvisierten Ort bzw. Punkt erreicht“, bevor Maruko (1990) sich mit sore de mokuhyō ni tasshimashita fast wortgetreu an der Erstübersetzung (1927) orientiert. Diese Varianten lassen im Unterschied zu denjenigen Toyonagas (1940), Takeyamas (1941), Takahashis (1967 [1949]) und Asais (2018) offen, ob mit dem „Ziel“ nur das nahende Gesprächsende oder eine allgemeinere inhaltliche Erkenntnis gemeint ist.

Explizit auf die die Rede Tonios strukturierende Funktion des Tokens konzentriert sich dagegen Hirano (2011), die die Passage als Sate, hanashi wa koko kara da… Rizabēta. Yoku kiite hoshiinda, d. h. „Also, die Rede [was ich eigentlich sagen will] beginnt ab jetzt, Lisaweta. Ich wünsche mir, dass Sie gut zuhören“ realisiert. Während die Varianten oshimai und owaru oder auch die wörtliche Variante der Erstübersetzung (1927) den Fokus auf das „Ende“ des Gesprächs verlagern, betont Hiranos Variante – ähnlich wie auch die Varianten ketsuron und ganmoku – die Bedeutsamkeit von Tonios darauffolgendem Geständnis der Sehnsucht nach den „Wonnen der Gewöhnlichkeit“ (GKFA 278). Verstärkt wird dies in allen Übersetzungsvarianten durch die auf „ich bin am Ziel“ folgende Aufforderung „Hören Sie mich an“ (GKFA 278); keine andere Übersetzungsvariante des Übersetzungstokens „Ich bin am Ziel“ vermittelt die entsprechende semantische Nuancierung allerdings so explizit wie diejenige Hiranos (2011), die demzufolge sowohl formal als auch funktional in besonderem Maße von der Ausgangstextsemantik abweicht.

Dies zeigt, dass sich Hirano in 118b nicht nur systematisch von den vorherigen Übersetzungsvarianten, sondern zugleich auch in besonderem Maße von der Ausgangstextsemantik abgrenzt. Diese Abweichungen erfolgen in bewusster Orientierung am Zieltext und am Zielpublikum: Sie wirken insofern verständnissichernd, als nicht nur im Falle des eben thematisierten Beispiels, sondern auch in Hinblick auf die eingangs diskutierte „unberührbare Sprödigkeit“ Informationen, die sich ansonsten erst im weiteren Erzählverlauf erschließen, bereits vorab implizit angedeutet werden. Damit lässt sich die siebte Frage an die Übersetzungskorpora dahingehend verneinen, dass die quantitative Unähnlichkeit der Hirano-Retranslation (2011) zu anderen Übersetzungstexten und die Unähnlichkeit dieser Neuübersetzung zum deutschsprachigen Ausgangstext auch im relationalen Close Reading schwerpunktmäßig in unterschiedlichen Textabsätzen realisiert sind. Dementsprechend konnte hier ein ursächlicher Zusammenhang zwischen quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen und Übersetzungsähnlichkeit bzw. -unähnlichkeit i. e. S. insoweit nachgewiesen werden, als die durch intrasprachliche quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen charakterisierten Absatzdokumente 249b und 252b v. a. aussagekräftige Beispiele für eine Übersetzungsinnovation Hiranos (2011) enthalten, während sich dem durch eine intersprachliche quantitative Unähnlichkeitsbeziehung charakterisierten Absatzdokument 118b neben dem soeben dargelegten noch weitere Beispiele für ein Abweichen Hiranos (2011) von der Ausgangstextsemantik entnehmen lassen. Zu berücksichtigen ist vor diesem Hintergrund außerdem, dass die die quantitative Unähnlichkeit zwischen Hirano (2011) bzw. Asai (2018) und den übrigen Übersetzungstexten bedingenden stilistischen Unterschiede nicht zwangsläufig nur durch eine spezifische Übersetzungsprogrammatik, sondern auch durch historischen Sprachwandel bedingt sein könnten, da zwischen der ältesten und der jüngsten japanischen Tonio Kröger-Übersetzung immerhin 91 Jahre und damit u. a. ein Weltkrieg, eine Schriftreform und die flächendeckende Einführung des Internet liegen.

5.4.6 Ergebnisse der relationalen Close Readings

Die Ergebnisse der relationalen Close Readings lassen sich damit in Hinblick auf die sieben Fragen, die an die Übersetzungskorpora herangetragen wurden, folgendermaßen zusammenfassen:

  • Zu Frage 1: In den Retranslations Mukasa Takeos (1928) und Toyonaga Yoshiyukis (1940) wurden innovative, von der Erstübersetzung (1927) abweichende Übersetzungsvarianten nachgewiesen. Darüber hinaus konnte insbesondere in Hinblick auf Mukasa (1928) eine genetische Beeinflussung späterer Übersetzungstexte festgestellt werden, obwohl dieser Übersetzungstext nie wieder explizit erwähnt wurde. Ferner ließen sich auch durch Toyonaga (1940) etablierte Übersetzungsvarianten in den darauffolgenden Retranslations nachweisen; eine genetische Beeinflussung konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

  • Zu Frage 2: Ebenfalls nur anhand eines einzigen Beispiels nachvollziehen ließ sich eine eventuelle genetische Einflussbeziehung zwischen Toyonaga (1940) und Kataoka (1973); quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen des zweiten Typs zwischen Toyonaga (1940) und weiteren Übersetzungstexten zeigten im relationalen Close Reading keine Entsprechungen.

  • Zu Frage 3: Die beiden Retranslations Toyonaga Yoshiyukis (1940) und Takeyama Michios (1941) konnten als übersetzungsgeschichtliche Bindeglieder zwischen der vor- und der nachkriegszeitlichen japanischen Tonio Kröger-Übersetzung identifiziert werden. Während sowohl Toyonaga (1940) als auch Takeyama (1941) später ausgestorbene vorkriegszeitliche Übersetzungsvarianten übernehmen, etabliert v. a. Takeyama (1941) neuartige und spezifische Übersetzungsvarianten, an denen sich spätere Retranslations orientieren.

  • Zu Frage 4: In Hinblick auf Takahashi (1967 [1949]) konnte eine systematische Übersetzung der freien indirekten Rede mit dem Pronomen jibun bzw. „selbst“ nachgewiesen werden, die u. U. eine typologische Ähnlichkeitsbeziehung zu Toyonaga (1940) konstituiert. Dagegen übersetzt Nojima (1968) die freie indirekte Rede überwiegend neutralisierend, sodass diesbezüglich keine typologische Ähnlichkeit zu Toyonaga (1940) anzunehmen ist.

  • Zu Frage 5: Die Retranslations Morikawa Toshios (1966.5) und Takahashi Yoshitakas (1967 [1949]) konnten insofern am Rande der durch quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen definierten Kerngruppe verortet werden, als sie sich einerseits an den dieser zugeordneten Übersetzungstexten wie insbesondere Saneyoshi (1927), andererseits aber auch an Texten der Übersetzungsperipherie wie Mukasa (1928) orientieren und sich zudem durch neuartige Übersetzungsvarianten von der Kerngruppe abgrenzen.

  • Zu Frage 6: In Hinblick auf die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Takeyama (1941) und Fukuda (1965) konnte ein Zusammenhang zu den im dritten Analyseschritt untersuchten Termüberschneidungen nachwiesen werden: Durch eine quantitative Ähnlichkeitsbeziehung charakterisierte Topicpaare mit hohen Termüberschneidungswerten realisieren demzufolge mit höherer Wahrscheinlichkeit Übersetzungsähnlichkeit i. e. S., während sich solche mit niedrigen Überschneidungswerten in erster Linie durch stilometrische, auf Funktionsvokabular basierende Ähnlichkeitsbeziehungen auszeichnen.

  • Zu Frage 7: Die Unähnlichkeitsbeziehungen zwischen Hirano Kyōkos Neuübersetzung (2011) und den übrigen Übersetzungstexten gehen nicht zwangsläufig mit besonders gravierenden semantischen Abweichungen vom Ausgangstext einher. Stattdessen konnten intra- und intersprachliche Unähnlichkeitsbeziehungen analog zu den Ergebnissen der quantitativen Analyse auch im relationalen Close Reading jeweils schwerpunktmäßig in unterschiedlichen Absatzdokumenten nachgewiesen werden.

Das relationale Close Reading konzentrierte sich v. a. auf Mukasa (1928), Toyonaga (1940), Takeyama (1941), Takahashi (1967 [1949]), Fukuda (1965), Morikawa (1966.5) und Hirano (2011), während die übrigen Retranslations ergänzend berücksichtigt wurden. Die folgende Zusammenfassung zeigt aber, dass auch hier die zuvor insbesondere im Kontext der relationalen Analyse festgestellten Übersetzungstendenzen im relationalen Close Reading bestätigt werden können.

Dementsprechend kann die Erstübersetzung Saneyoshi Hayaos (1927) weiterhin als konsensdefinierender, nachhaltig einflussreicher Text charakterisiert werden, der sich teilweise, aber nicht ausschließlich durch einen formaläquivalenten Übersetzungsschwerpunkt auszeichnet. Ferner gab es im relationalen Close Reading keinen einzigen Fall, in dem die Übersetzungsvariante der Erstübersetzung (1927) von keinem der darauffolgenden Übersetzungstexte übernommen worden wäre. In diesem Zusammenhang konnten zudem besonders auffällige genetische Einflussbeziehungen zu Toyonaga (1940) dahingehend festgestellt werden, dass einige durch die Erstübersetzung definierte Übersetzungsvarianten einzig in der Toyonaga-Retranslation erneut belegt sind.

Hiervon grenzt sich Mukasa Takeo (1928) ab und beeinflusst so insbesondere Takahashi (1967 [1949]) und Morikawa (1966.5). Da im ersten Analyseschritt jedoch besonders schwach ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Mukasa (1928) und den übrigen Retranslations festgestellt wurden, ist davon auszugehen, dass sich diese genetischen Einflussbeziehungen nur auf einzelne Übersetzungstokens beschränken. Daneben weicht zwar auch die darauffolgende Retranslation Toyonaga Yoshiyukis (1940) in einzelnen Aspekten v. a. zugunsten Mukasas (1928) von Saneyoshi (1927) ab, übernimmt zugleich aber auch ansonsten ausgestorbene Übersetzungsvarianten der Erstübersetzung. Eine genetische Beeinflussung späterer Retranslations ist dagegen nicht zweifelsfrei nachweisbar, sodass sich die angenommene übersetzungsgeschichtliche Bindegliedsfunktion Toyonagas (1940) überwiegend auf die vorkriegszeitlichen Übersetzungstexte bezieht und daher nur eingeschränkt zustande kommt. Dagegen konnte eine solche Bindegliedsfunktion für die Retranslation Takeyama Michios (1941) sowohl in Bezug auf die vor- als auch auf die nachkriegszeitliche japanische Tonio Kröger-Übersetzung im relationalen Close Reading nachgewiesen werden.

Takahashi Yoshitakas erstmals 1949 publizierter Übersetzungstext, der im Rahmen der vorliegenden Analyse in einer 1967 erschienenen Textfassung berücksichtigt wurde, konnte zwischen Konsens und Abgrenzung und damit am Rand der anhand quantitativer Ähnlichkeitsbeziehungen entworfenen Kerngruppe verortet werden. Offen blieb dabei zunächst, inwiefern sich der Zeitpunkt der Erstpublikation auf die Ergebnisse der relationalen Analyse auswirken könnte. Das relationale Close Reading ergab jedoch, dass sich Takahashi entweder schwerpunktmäßig an Saneyoshi (1927), Takeyama (1941) und teils Mukasa (1928) sowie Toyonaga (1940) orientiert oder aber einzigartige Countertranslations etabliert. Die angepasste Publikationsfolge dürfte sich daher kaum auf die relationale Charakteristik der ansonsten potenziell hierdurch tangierten Übersetzungstexte Asais (1955), Fukudas (1965), Morikawas (1966.5) und Satōs (1966.7 [1963], s. u.) auswirken.

Daneben bestätigte sich auch die Verortung der Asai-Retranslation (1955) zwischen Übersetzungskonsens und -Innovation im relationalen Close Reading. So definiert Asai Masao bspw. in Hinblick auf das Übersetzungstoken „verwachsen“ die innovative Übersetzungsvariante kikei sowie in Bezug auf das Token „der nichts ist“ die ebenfalls innovative Variante mu ni hitoshii, wobei beide Varianten von darauffolgenden Retranslations übernommen werden. In Hinblick auf ebenso viele im Close Reading betrachtete Übersetzungstokens orientiert sich Asai (1955) allerdings entweder an einer zuvor etablierten Konsensübersetzung oder ist anderweitig von älteren Übersetzungstexten beeinflusst. Ähnliches gilt ferner auch für den darauffolgenden Übersetzungstext Fukuda Hirotoshis (1965); aufgrund einer im relationalen Close Reading erkennbaren genetischen Beeinflussung durch Takeyama (1941) ist aber auch hier der Anschluss an die durch quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen definierte Kerngruppe gewährleistet.

In Hinblick auf Satō Kōichis 1963 erstveröffentliche Tonio Kröger-Retranslation, die im Rahmen dieser Analyse in einer im Juli 1966 publizierten Textfassung berücksichtigt wurde, galten grundsätzlich dieselben Bedenken wie hinsichtlich der Takahashi-Erstpublikation. In Bezug auf Satō konnten diese allerdings bereits insofern relativiert werden, als zwischen Erstveröffentlichung und berücksichtigter Textfassung hier nicht 18, sondern nur drei Jahre lagen. Andererseits konnte Satōs konservativ-konsensnahe Grundtendenz auch im relationalen Close Reading bestätigt werden, sodass sich z. B. zu Takahashi (1949) keine über die gelegentliche gemeinsame Orientierung am Übersetzungskonsens hinausgehende Ähnlichkeitsbeziehung feststellen ließ. Zudem konnten im relationalen Close Reading keine nennenswerten Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Satō und Morikawa (1966.5) nachgewiesen werden, sodass die geänderte Publikationsabfolge auch diesbezüglich ohne Auswirkungen bleibt. Stattdessen zeigte sich im Close Reading v. a. eine Beeinflussung Satōs durch Asai (1955) bspw. anhand der oben thematisierten Übersetzungstokens des „schlimmen Lebens“ (warui seikatsu), der „unberührbaren Sprödigkeit“ (sumashite iru) und des „Verwachsenseins“ (kikei), für die der erstmalige Publikationszeitpunkt der Satō-Retranslation keine Rolle spielt. Sowohl durch Konsensübersetzungen als auch durch eine mitunter innovative, mitunter auch an Mukasa (1928) orientierte Abgrenzung zeichnete sich derweil die Retranslation Morikawa Toshios (1966.5) im relationalen Close Reading aus, sodass sich die Verortung am Rand der Kerngruppe hier ebenso wie bei Takahashi (1967 [1949]) aufrechterhalten lässt.

Bezüglich der Retranslation Nojima Masanaris (1968) konnte im relationalen Close Reading v. a. die übersetzerische Neutralisierung der freien indirekten Rede durch das Personalpronomen der ersten Person Singular boku bzw. „ich“ festgestellt werden, während Nojima ansonsten teils Konsensübersetzungen, teils innovative Countertranslations realisiert und hierbei insbesondere von den unmittelbaren Vorgängern Takahashi (1967 [1949]), Asai (1955), Fukuda (1965) und Morikawa (1966.5) beeinflusst ist. In Hinblick auf die 1970 erschienene Retranslation Ueda Toshirōs ergab das relationale Close Reading ein eher geringes Abgrenzungspotenzial bei beträchtlicher Orientierung v. a. an Saneyoshis Erstübersetzung (1927) sowie an Takeyama (1941) und Asai (1955), sodass sich der vorherige Eindruck eines konservativ-konsensnahen Übersetzungsschwerpunktes bestätigte.

Dagegen konnte für die Tonio Kröger-Retranslation Kataoka Keijis (1973) im relationalen Close Reading zunächst nur eine Beeinflussung durch Toyonaga (1940) hinsichtlich eines einzigen Übersetzungstokens festgestellt werden. Wurden darüber hinaus die für weitere Übersetzungstokens ermittelten Ergebnisse einbezogen, ergab sich überraschenderweise eine ausgeprägte Beeinflussung durch Saneyoshis Erstübersetzung (1927) sowie durch den allgemeinen Übersetzungskonsens. Zumindest im relationalen Close Reading stellte sich Kataoka (1973) demzufolge als konservativer heraus als angenommen; teilweise zu relativieren sind diese Erkenntnisse insofern, als Kataoka (1973), wie der Überblick über sämtliche Ergebnistabellen der relationalen Analyse zeigt, nicht nur stilistisch relevante Funktions-, sondern auch Inhaltstokens mitunter ausgesprochen innovativ realisiert. Diese Diskrepanzen verdeutlichen, dass der Algorithmic Criticism hier eigentlich eine erneute Analyseiteration bzw. eine Ausweitung des relationalen Close Readings erfordern würde, die jedoch den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen würde. Es lässt sich daher festhalten, dass Kataoka je nach betrachteten Übersetzungstokens teils durch die Erstübersetzung (1927) und den Übersetzungskonsens beeinflusst ist, teils aber auch innovative Übersetzungsvarianten etabliert.

Durch eine noch eindeutigere konservative Rückbesinnung auf Saneyoshis Erstübersetzung (1927) und eine allgemeine Orientierung am Übersetzungskonsens ist darüber hinaus auch die Retranslation Maruko Shūheis (1990) charakterisiert; diese Ergebnisse stimmen mit den im Rahmen der relationalen Analyse festgestellten konservativen Tendenzen überein. In besonderem Maße veranschaulichen lässt sich Marukos Orientierung an der Erstübersetzung am in Bezug auf die erste Interpretationsfrage erörterten, sich auf das Übersetzungstoken „Schaffender“ beziehenden Interpretationsbeispiel sōsaku, das, nachdem es durch Saneyoshi (1927) eingeführt und von Mukasa (1928) und Takeyama (1941) übernommen wurde, erst ein knappes halbes Jahrhundert später erneut bei Maruko (1990) auftaucht. Für die Neuübersetzung Hirano Kyōkos (2011) ließen sich dagegen sowohl in der relationalen Analyse als auch im relationalen Close Reading innovative Übersetzungsvarianten feststellen, anhand derer sich auch die Zuordnung zur durch besonders schwach ausgeprägte quantitative Ähnlichkeitsbeziehungen definierten Übersetzungsperipherie nachvollziehen ließ. Gezeigt werden konnte in diesem Zusammenhang außerdem, dass Hiranos Abgrenzung vom Konsens keineswegs zwingend mit besonders gravierenden Abweichungen gegenüber der Ausgangstextsemantik einhergeht.

Abschließend wurde in Hinblick auf Asai Shōkos jüngste japanische Tonio Kröger-Übersetzung (2018) festgestellt, dass diese tatsächlich wie vermutet zwischen Konsensübersetzungen und innovativen Countertranslations variiert und infolgedessen ein im Vergleich zu ihrer Vorgängerin Hirano (2011) etwas geringeres Innovationsniveau aufweist. Geradezu sinnbildlich für den in diesem Zusammenhang beschriebenen Spagat zwischen Übersetzungstradition und -innovation steht dabei Asai Shōkos Neigung, existierende Übersetzungsvarianten aufzugreifen und durch eigene Ergänzungen weiterzuentwickeln, wie anhand des durch die siebte Interpretationsfrage thematisierten Tokens der „unberührbaren Sprödigkeit“ erläutert wurde.

Diese Ergebnisse erweisen sich darüber hinaus auch als anschlussfähig in Hinblick auf die im ersten Analyseschritt entworfene Basisklassifikation, bezüglich derer sich Takahashi (1967 [1949]) und Morikawa (1966.5) infolge des relationalen Close Readings in einem Randbereich der Kerngruppe verorten lassen. Auch die Zuordnung der anfänglich in der Übersetzungsperipherie vermuteten Übersetzungstexte Marukos (1990) und Asais (1955) zur Kerngruppe lässt sich danach aufrechterhalten: Während Maruko (1990) auch im Rahmen der Close Readings eine ausgeprägte Beeinflussung durch Saneyoshis Erstübersetzung (1927), also durch einen Text der Kerngruppe erkennen lässt, ist der Kerngruppenbezug in der teils konsensnahen, teils innovativen Retranslation Asai Masaos (1955) insbesondere durch die genetische Einflussbeziehung zu Satō (1966.7) gegeben. Auch bezüglich der in der Übersetzungsperipherie verorteten Texte bestätigt das relationale Close Reading die Basisklassifikation: Während sich Hirano (2011) sowie z. T. auch Asai (2018) durch Übersetzungsinnovation vom bisherigen Konsens abgrenzen, weicht bereits Mukasa (1928) systematisch von Saneyoshi (1927) ab. Damit lässt sich die zunächst auf quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen basierende Basisklassifikation auch bei Berücksichtigung der relationalen Close Readings grundsätzlich aufrechterhalten: Um die beiden übersetzungsgeschichtlichen Bindeglieder Takeyama (1941) und (in geringerem Maße) Toyonaga (1940) formiert sich eine Kerngruppe, der die Übersetzungstexte Saneyoshis (1927), Asais (1955), Fukudas (1965), Satōs (1966.7), Nojimas (1968), Uedas (1970), Kataokas (1973) und Marukos (1990) angehören. Am Rand dieser Kerngruppe sind die beiden Retranslations Takahashis (1967 [1949]) und Morikawas (1966.5) verortet, im hieran angrenzenden Peripheriebereich die Mukasa-Retranslation (1928). Einer anderen Zone der Übersetzungsperipherie zugeordnet sind außerdem die beiden Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018).

Generell geht aus den hier vorgestellten Ergebnissen hervor, dass Unterschiede zwischen den diversen japanischen Tonio Kröger-Übersetzungsvarianten in erster Linie die formale Ebene der Textgestaltung, nicht aber grundsätzliche inhaltliche oder thematische Aspekte betreffen. Aktive Zensurbemühungen, wie sie bspw. den Umgang mit Homoerotik bzw. -romantik in der englischsprachigen Thomas Mann-Übersetzung charakterisierten (Lubich 1994: 122), ließen sich allenfalls in Hinblick auf Toyonagas übersetzerische „Alterung“ des zarte Gefühle für den Schulkameraden Hans Hansen hegenden Tonio feststellen. Dass hingegen in den Übersetzungstexten Toyonagas (1940) und Takeyamas (1941) keine sonstigen inhaltlichen Zugeständnisse an die zeitgenössische politische Zensur zu finden sind, dürfte – neben der Tatsache, dass Tonio Kröger ohnehin kein in Hinblick auf militärfaschistische Sensibilitäten anstößiges Werk war – darauf zurückzuführen gewesen sein, dass sich diese Zensuraktivitäten in erster Linie auf die äußere Übersetzungsgeschichte auswirkten, also auf die Entscheidung, was überhaupt übersetzt, veröffentlicht und gekauft werden durfte. Auch die beiden Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) nehmen, sieht man von den sich durch domestizierende oder allgemein verständnissichernde Übersetzungsvarianten verschiebenden Nuancierungen ab, keine inhaltlichen Änderungen vor, die über die interpretationsbedingten Bedeutungsverschiebungen in den älteren Übersetzungstexten hinausgingen. Dass es bspw. nicht denkbar gewesen zu sein scheint, Tonio Krögers Schulzeit vom wilhelminischen Gymnasium an eine moderne japanische Mittelschule zu verlegen oder aus Hans Hansens Pferdebüchern z. B. eine Spielekonsole zu machen, zeigt, dass sich selbst innovative Übersetzungsansätze der jidaisei (Imai 2013: 2), also der Zeitlichkeit bzw. historischen Kontextgebundenheit des Ausgangstextes verpflichtet sehen, da die Texte ansonsten u. U. nicht als Übersetzungen, sondern als Adaptionen aufgefasst würden. Diese Zeitlichkeit konnte durch Domestizierung oder Vereinfachung teilweise neutralisiert, aber in keinem Falle gänzlich untergraben werden. Dass popkulturelle Adaptionen außerdem nach gegenwärtigem Kenntnisstand gänzlich ausgeblieben sind, deutet ebenfalls daraufhin, dass ein aus seinem historischen Ursprungszusammenhang herausgerissener Tonio Kröger in Japan nicht vorstellbar bzw. mit der akademisch-elitären Rezeptionstradition nicht in Einklang zu bringen war und ist. Auch ein Zusammenhang zu den insbesondere von Thomas Manns Neffen Hans Erik Pringsheim in Japan vor Ort vertretenen übersetzungs- und urheberrechtlichen Interessen ist insofern vorstellbar, dass allzu freie Annäherungen an das Werk des berühmten Onkels von diesem japanischkundigen Interessenvertreter nicht geduldet worden wären. Darüber hinaus ließ sich mithilfe der Parallelisierung der Absatzdokumente nachvollziehen, dass grundsätzlich alle Textabsätze des deutschsprachigen Ausgangstextes in sämtlichen japanischen Übersetzungstexten vollständig enthalten sind. Die ggf. nur in Hinblick auf einzelne Satzteile festgestellten Auslassungen waren dabei weniger inhaltlich bedingt, sondern auf Ermangelung eines die spezifischen Äquivalenzansprüche der Übersetzenden erfüllenden zielsprachlichen Ausdrucks zurückzuführen.

5.4.7 Die relationalen Close Readings im Kontext der quantitativen Analyse

In Hinblick auf die Ähnlichkeitsbeziehungen der Übersetzungstexte gelingt folglich im Sinne des Scalable Reading die hermeneutische Argumentation zwischen quantitativem Distant Reading und qualitativem bzw. relationalem Close Reading, also zwischen stilometrischen Ähnlichkeitsbeziehungen und Übersetzungsähnlichkeit i. e. S.: Übersetzungstexte, die sich unter quantitativen Gesichtspunkten ähneln, beinhalten insbesondere dann, wenn sich bezüglich der Termüberschneidungen auf Absatzebene hohe Werte feststellen lassen (s. Abschnitt 5.3.4) zahlreiche Übersetzungstokens, zwischen denen eine Form der Übersetzungsäquivalenz beobachtet werden kann. Zudem belegen insbesondere die Ausführungen zur siebten Interpretationsfrage, dass sich unterschiedliche quantitative Unähnlichkeitsbeziehungen von Hirano (2011) auf unterschiedliche Absatzdokumente konzentrieren, innerhalb derer auch im relationalen Close Reading jeweils entsprechende Belege bzw. abweichende Übersetzungsvarianten festgestellt werden konnten.

Trotzdem hat v. a. der im Anschluss an die relationale Analyse durchgeführte erweiterte Abgleich zwischen den Ergebnissen der Analyseschritte 1 und 4 (s. Abschnitt 5.4.4.7) gezeigt, dass sich die jeweilige Übereinstimmung der relationalen Ähnlichkeitscharakteristiken von Topicpaaren, die aufgrund ihrer quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen untersucht wurden, und Topicpaaren, die aufgrund ihrer quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen untersucht wurden, nicht systematisierbar unterscheidet. Bedingt ist dies v. a. durch die bewusste Berücksichtigung hochfrequenten Funktionsvokabulars. Hierdurch konnte zwar willkürlichen Interpretationszuschreibungen effektiv vorgebeugt werden; zugleich kam es jedoch zu einer Diskrepanz zwischen den sich v. a. auf allgemeinere stilometrische Ähnlichkeitsrelationen beziehenden Ergebnissen der quantitativen Analyse einerseits und den sich v. a. auf Übersetzungsähnlichkeit im engeren, äquivalenzbasierten Sinne beziehenden qualitativen Analyseverfahren andererseits. Hinzu kommt, dass sich die quantitativen Ähnlichkeitsbeziehungen nicht auf einzelne Übersetzungstokens beziehen, zwischen denen u. U. ein Äquivalenzverhältnis besteht, sondern auf jeweils alle Tokens des Absatzdokuments. Die Bezugsgröße der quantitativen Analyse sind damit Absatzdokumente und die Gesamtmenge der in ihnen belegten Tokens, während sich die relationale Analyse und die relationalen Close Readings auf spezifische Übersetzungstokens innerhalb dieser Absätze beziehen.

Darüber hinaus könnte es v. a. hinsichtlich der quantitativen Unähnlichkeitsbeziehungen auch dadurch zu einer unbeabsichtigten Verfälschung der Ergebnisse gekommen sein, dass möglichst umfangreiche Absatzdokumente untersucht wurden, da hier eine niedrige Anzahl gemeinsamer Tokenbelege statistisch unwahrscheinlich ist. Diesbezüglich stellte sich allerdings heraus, dass quantitative Unähnlichkeiten weniger aus einer geringen Anzahl gemeinsamer Tokenbelege der die Unähnlichkeitsbeziehung konstituierenden Topics resultieren, sondern v. a. aus statistischen Ungleichverteilungen. Diesen Ungleichverteilungen leisten umfangreichere Dokumente durchaus Vorschub, sodass es hier zu statistischen Verzerrungseffekten gekommen sein könnte. Eine Fortführung des Algorithmic Criticism müsste demzufolge hier ansetzen und ausgehend von den durch diese Arbeit identifizierten Erkenntnispotenzialen weitere Analyseiterationen durchlaufen.

5.5 Zwischenfazit zum fünften Kapitel

Im Analyse- und Interpretationskapitel wurde die innere Übersetzungsgeschichte der japanischen Tonio Kröger-Retranslation erstmalig umfassend aufgearbeitet. In diesem Zusammenhang wurden in einem ersten Analyseschritt die Ähnlichkeitsbeziehungen der Gesamttexte quantifiziert und auf dieser Grundlage eine relationale Basisklassifikation erstellt, die die Mehrzahl der Übersetzungstexte einer Kerngruppe sowie abweichende Texte einer Übersetzungsperipherie zuordnet. Diese Basisklassifikation wurde im zweiten Analyseschritt in Hinblick auf Top- und Bottom-Topics sowie im dritten Analyseschritt in Hinblick auf konkrete Topicpaare, repräsentative Absatzdokumente und die darin beobachteten Termüberschneidungen überprüft und aktualisiert. Ausgehend hiervon erfolgte im vierten Analyseschritt der qualitative Rückbezug auf die Textebene durch die relationale Analyse sowie durch relationale Close Readings. Die Ergebnisse der relationalen Analyse bestätigten hierbei die zuvor entworfene Basisklassifikation und ließen außerdem einen alternierenden Entwicklungsverlauf der relationalen Übersetzungscharakteristiken erkennen, der eine bewusste Auseinandersetzung mit den zuvor erschienenen Übersetzungstexten nahelegt. Nachvollziehen ließ sich ferner, dass die Mehrzahl der Texte zwischen einem früh etablierten Übersetzungskonsens und eigenen, sich hiervon abgrenzenden Ansätzen vermittelte oder sich fast vollständig an bereits etablierten Übersetzungsvarianten orientierte, während ausgeprägte Übersetzungsinnovation v. a. in Bezug auf die beiden Neuübersetzungen Hiranos (2011) und Asais (2018) festgestellt werden konnte. Auf Grundlage dieser Beobachtungen wurden sieben Interpretationsfragen an die Übersetzungskorpora formuliert und im relationalen Close Reading ausführlich diskutiert. Hierdurch konnte die zuvor entworfene Basisklassifikation bspw. in Hinblick auf die übersetzungsgeschichtliche Bindegliedsfunktion der Takeyama-Retranslation (1941), die sich ausschließlich anhand der inneren Übersetzungsgeschichte nachvollziehen lässt, präzisiert werden. Darüber hinaus verdeutlichen die Ergebnisse, dass sich die quantitativen Analyseverfahren schwerpunktmäßig auf stilistische Ähnlichkeitsbeziehungen beziehen, hinsichtlich derer die im relationalen Close Reading schwerpunktmäßig betrachtete äquivalenzbasierte Übersetzungsähnlichkeit i. e. S. nur eine Teilmenge konstituiert.