FormalPara Zusammenfassung

Der Deutsche Bundestag, dessen Abgeordnete im Ausschuss für Gesundheit, das Bundesgesundheitsministerium, die Landesgesundheitsminister und der Bundesrat setzen jährlich neben den gesundheits- auch die krankenhauspolitischen Rahmenbedingungen. Benannte Expertenbeiräte der Bundesregierung, die Gesundheitsexperten der Parteien, diverse Verbände, die (Sozial-)Gerichtsbarkeit und Bundesbehörden sowie politiknahe und wissenschaftliche Institute prägen dabei die öffentliche Diskussion um diese Regelungen. Die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene nutzen die ihnen übertragenen Aufgaben zur vertraglichen Gestaltung, um die medizinische und pflegerische Versorgung in den Krankenhäusern anhand der aktuellen Anforderungen weiterzuentwickeln. Die „Krankenhauspolitische Chronik“ liefert eine Übersicht über alle wesentlichen Entscheidungen der Akteure der deutschen Gesundheits- und Krankenhauspolitik und informiert über die Aktivitäten in den vergangenen zwölf Monaten.

Each year, the Deutsche Bundestag, its members in the Committee on Health, the Federal Ministry of Health, the state health ministers and the Bundesrat set the framework of health policy as well as hospital policy. Appointed expert advisory boards of the federal government, the health experts of the political parties, various associations, the (social) judiciary and federal authorities as well as policy-related and scientific institutes shape the public discussion about these regulations. The self-governing partners at the federal level use the tasks assigned to them for contractual design to further develop medical and nursing care in hospitals on the basis of current requirements. The “Hospital Policy Chronicle” provides an overview of all the key decisions made by the players in German healthcare and hospital policy and provides information on activities over the past twelve months.

Auch wenn vielleicht der Eindruck entstand, dass im Jahr 2023 gesundheitspolitisch nicht viel auf den Weg gebracht worden ist, so wurde doch im Bundesgesundheitsministerium (BMG) und im Deutschen Bundestag aktiv die Gesundheitspolitik gestaltet. Die gesundheitspolitische Bilanz 2023 des BMGs listet hierzu auf, dass sieben Gesetze beschlossen und 20 Verordnungen erlassen wurden. Darüber hinaus wurden durch das BMG 93 mündliche und 468 schriftliche sowie 94 kleine Anfragen aus den Reihen der Abgeordneten des Deutschen Bundestags beantwortet. Auf dem ersten Blick keine schlechte Bilanzierung!

Im Deutschen Bundestag beschlossen und den „Segen“ des Bundesrats erhalten haben aber nur sechs dieser Gesetzesinitiativen, wie zum Beispiel das Digitalgesetz (DigiG), das durch klare und transparente Anforderungen an die Leistungserbringenden und Krankenkassen zu mehr Cybersicherheit im Gesundheits- und Pflegewesen beitragen soll. Oder auch das Pflegestudiumstärkungsgesetz (PflStudStG), mit dem unter anderem die Attraktivität der Pflegeberufe durch eine moderne hochschulische Pflegeausbildung gesteigert werden soll sowie ausländischen Pflegefachkräfte schneller für den Arbeitsmarkt gewonnen werden sollen.

Ohne Erfolg verlief hingegen das wichtigste Vorhaben für eine Gesetzesinitiative zur geplanten Krankenhausreform. Zu dieser hatten im Vorfeld die berufenen Expertinnen und Experten der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung mit großem Engagement umfangreiche Lösungsvorschläge ausgearbeitet. Obwohl die Kommission noch im Jahr 2023 konkrete Empfehlungen präsentierte – wie die „Reform der Notfall- und Akutversorgung in Deutschland – Integrierte Notfallzentren und Integrierte Leitstellen“ als vierte Stellungnahme bis hin zur neunten Stellungnahme zur „Reform der Notfall- und Akutversorgung: Rettungsdienst und Finanzierung“ –, kann sie mit der Wirkung bzw. Umsetzung nicht wirklich glücklich sein. Denn ihr droht das gleiche Schicksal wie vielen anderen wissenschaftlichen Expertenkommissionen: Die Mühlen der Tagespolitik und der oft kurzfristige Blick der politischen Entscheidungsträger auf die nächste Wahl zermahlen ihre intensiven Bemühungen.

Die Empfehlungen der Regierungskommission flossen zwar auch in das „Eckpunktepapier Krankenhausreform“ vom 10. Juli 2023, in dem sich Bund und Länder auf viele Inhalte verständigt hatten, sowie in den Entwurf zum Krankenhaustransparenzgesetz (KHTG) ein. Vereinbart wurde in diesem Zusammenhang, dass Bund und Länder den Gesetzentwurf für eine Krankenhausreform gemeinsam erstellen – ein Novum in der Politik, denn bisher legte immer die Bundesregierung entsprechende Gesetze vor. Das „gemeinsame“ Arbeiten wurde mit dem Ziel begründet, die Krankenhausreform bereits Anfang 2024 in Kraft treten zu lassen. Zur Beschleunigung und besseren Koordination wurde sogar eine „Redaktionsgruppe“ eingerichtet, an der die Gesundheitsministerien Baden-Württemberg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen mitwirken konnten. Allerdings war diese Unternehmung – bisher – weder erfolgreich noch „friedensstiftend“. Denn trotz vereinbarter Eckpunkte traten die Widersprüche, große Unsicherheiten und landesindividuelle Interessen immer deutlicher in den Vordergrund und konnten, trotz vielfältigem Austausch auf höchster politischer Ebene, nicht gelöst werden.

Unter diesen Voraussetzungen stand auch die Gesetzesinitiative zum Krankenhaustransparenzgesetz (KHTG) unter keinem guten Stern. Trotz kurzfristiger zusätzlicher finanzieller Zusagen des Bundesgesundheitsministers Prof. Dr. Karl Lauterbach – in der Nacht vom 23. auf den 24. November 2023 – vor der Bundesratsabstimmung zum KHTG verweigerte die Länderkammer ihre Zustimmung und rief den Vermittlungsausschuss an. Dies ist vor allem deshalb ein bemerkenswerter Vorgang, weil zum einen das KHTG kein zustimmungspflichtiges Gesetz ist. Zum anderen war die Anrufung des Vermittlungsausschusses auch nur deshalb erfolgreich, weil auch SPD-geführte Bundesländer mit den unionsgeführten Ländern gegen dieses Gesetz stimmten. Seitdem „ruht“ das KHTG.

Im Weiteren blieb das Vorhaben zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) bisher ebenso ohne Erfolg. Am 19. September 2023 sickerte der erste Arbeitsentwurf zu dem Gesetz durch. Dieser Arbeitsentwurf wurde dann schon wenige Tage später nachgebessert und dabei auch um den „Begründungsteil“ ergänzt. Nur einige Wochen später – mit Datum vom 13. November 2023 – gab es bereits das nächste Update. Doch all diese Überarbeitungen haben nicht dazu geführt, einen geeinten Gesetzesentwurf zu produzieren. Das Ziel eines Starts Anfang 2024 wurde nicht erreicht und der Beginn des dringend erforderlichen Umbaus der Krankenhausstrukturen ist in die Ferne gerückt. Wenn Bundesminister Lauterbach dieses Gesetz – halbwegs – erfolgreich über die Ziellinie bringen will, so muss er bis zum 24. April 2024 einen Beschluss des Bundeskabinetts hierzu erreicht haben, um es ab 2025 tatsächlich umsetzen zu können.

Ein Paukenschlag, der sowohl die Bundesregierung als auch die Ampelfraktionen offenbar völlig unvorbereitet traf, war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. November 2023. Das BVerfG hatte auf Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion entschieden, den zweiten Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig zu befinden und somit dessen Nichtigkeit erklärt. Mit dieser höchstrichterlichen Entscheidung fehlten den politischen Entscheidungsträgern in der Bundesregierung und in der „Ampel-Fraktion“ plötzlich und unerwartet 60 Mrd. €. 60.000.000.000 €, die sie für zahlreiche Klimaschutzprojekte – etwa für die Sanierung von Gebäuden oder die Elektromobilität – fest eingeplant hatten. Auch in der Gesundheitspolitik standen somit Haushaltssperren und Einsparungen im Mittelpunkt des politischen Tagesgeschäfts.

Das Urteil des BVerfG hat aber nicht nur Auswirkungen auf Projekte der Ampel-Koalition im Bereich Klimaschutz und umweltverträgliche Transformation der deutschen Wirtschaft im Allgemeinen, sondern auch auf die Gesundheitspolitik – hierbei insbesondere auf die Finanzierung der Transformationskosten bei der Modernisierung der deutschen Krankenhausstrukturen. Auf eine entsprechende Finanzierung der Transformationskosten hatten sich Bund und Länder bereits im Juli 2023 – im „Eckpunktepapier Krankenhausreform“ – nach einem sechsmonatigen Verhandlungsmarathon verständigt.

Mit Blick auf eine zukunftsweisende Perspektive für die Beschäftigten der Krankenhäuser, die Patientinnen und Patienten, aber auch die Beitragszahlenden war das Jahr 2023 wohl ein verlorenes Jahr. Verloren, weil keine Modernisierung der Krankenhauslandschaft beschlossen und gestartet werden konnte und somit keine zukunftssicheren Arbeitsplätze sowie die Versorgung verbessernde Strukturen geschaffen werden konnten. Verloren auch, weil die finanzpolitischen Rahmenbedingungen des Bundes kleiner und die finanziellen Reserven der gesetzlichen Krankenkassen – ohne nachhaltigen Effekt – aufgezehrt wurden. Notwendige Entscheidungen wurden vertagt und die Probleme werden sich verschärfen.

Mit einem weiteren Blick zurück möchten wir als Autoren der krankenhauspolitischen Chronik an den ehemaligen Geschäftsführer „Versorgung“ beim AOK-Bundesverband, Herrn Karl-Heinz Schönbach (\({{\dagger}}\)), erinnern, der vor einigen Jahren, gemeinsam mit Sven Siekmann, das Buch „Wie schnell ist nichts passiert!“ herausgegeben hat. Eigentlich sind wir davon ausgegangen, dass dieser Titel uns nicht so schnell wieder in Erinnerung kommt – aber doch ist es offensichtlich so, dass dieses „Leidmotiv“ wieder zum Tragen kommt. Möge das Jahr 2025 im Interesse der Beschäftigten, Patientinnen und Patienten sowie Beitragszahlenden bezüglich der Krankenhausreform erfolgreicher sein. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren und die richtigen Protagonisten für eine qualitative Krankenversorgung sollten von den Maßnahmen profitieren!

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