FormalPara Zusammenfassung

Wie gelingt es deutschen Kliniken, sich zu Green Hospitals umzugestalten? Welche Strategien sind hierbei nötig und wie werden Klimaschutzmaßnahmen geplant und umgesetzt, um die hohen Treibhausgas (THG)-Emissionen der Gesundheitseinrichtungen zu senken? Antworten zu diesen Fragen finden sich in verschiedenen Projekten und Initiativen. Die bereits existierenden Praxisbeispiele zeigen, wo Gesundheitseinrichtungen gering-investiv bzw. investiv agieren können oder müssen und wo low-hanging fruit zu finden sind. Zudem wird beschrieben, wie hilfreich der Austausch und die Kommunikation für den Erfolg von nachhaltigen Maßnahmen sein können.

Einrichtungen erhalten einen Überblick zur Vorgehensweise auf dem Weg zu einem Green Hospital. Sie können mithilfe verschiedener Handlungsfelder erste Ideen entwickeln sowie die eigene Planung und Umsetzung weiter ausbauen. Die Beschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie der BG Kliniken gGmbH ergänzt die Darstellung von Maßnahmen. Schließlich wird erläutert, welcher Bedarf zur Realisierung von Green Hospitals in Deutschland weiterhin besteht.

How are German clinics succeeding in transforming themselves into green hospitals? What strategies are needed and how are climate protection measures planned and implemented in order to reduce the high greenhouse gas (GHG) emissions of healthcare facilities? Answers to these questions can be found in various projects and initiatives. The existing practical examples show where healthcare facilities can or must take low-investment or investment measures and where low-hanging fruit can be found. The authors also describe how exchange and communication can be helpful in establishing successful sustainable measures. Facilities are given an overview of the procedure for becoming a green hospital. They can use various fields of action to develop initial ideas and further expand their own planning and implementation. The description of the sustainability strategy of BG Kliniken gGmbH complements the presentation of possible measures. Finally, the authors explain the necessity for the implementation of Green Hospitals in Germany.

1 Einführung

Dieser Beitrag stellt das Engagement für Klimaschutz in Kliniken an praktischen Beispielen vor und zeigt auf, wie die von den Vereinten Nationen im Jahr 2015 verabschiedeten Ziele der Agenda 2030 im Gesundheitssektor übernommen und Maßnahmen entwickelt werden können. Ein Teil der globalen Klimakrise wird durch Gesundheitseinrichtungen verursacht. Krankenhäuser sind zum einen verantwortlich für hohe THG-Emissionen, denn 4,4 % der globalen klimaschädlichen Gase wie CO2, Methan oder Stickoxiden werden in dieser Branche erzeugt. In Deutschland liegt der Wert sogar bei 6 % (PIK 2023). Die klinikinternen Emissionen werden vor allem durch die Wärme- und Kälteversorgung, den Strombedarf sowie die Verwendung von klimaschädlichen Narkosegasen hervorgerufen.

Auf der anderen Seite spüren Kliniken immer mehr die Folgen des Klimawandels: Die Art und Häufigkeit bestimmter Krankheiten ändern sich. So nimmt die Anzahl von hitzebedingten Herz-Kreislauf-Problemen gerade bei älteren Patientinnen und Patienten zu. Außerdem gefährden Extremwetterlagen mit Sturm, Starkregen oder Hochwasser immer öfter die Versorgungssicherheit von Krankenhäusern.

Um ein Krankenhaus nachhaltig zu betreiben, sind in der Regel Investitionen erforderlich. Auf den ersten Blick scheint das in vielen Fällen kaum zu bewerkstelligen sein, schließlich erwartet die Deutsche Krankenhausgesellschaft für 2023 ein strukturelles Defizit von rund 15 Mrd. €. Dazu kommen, so haben es die Klinikbetreiber prognostiziert, über 10 Mrd. € jährlicher Investitionsbedarf. Ein Betrag, der mehr als 50 % über der Investitionssumme im Jahr 2021 liegt (DKI 2022). Gleichzeitig steigt in den Kliniken der Handlungsdruck, weil sich die finanzielle Situation aufgrund von hohen Energiekosten verschärft und die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen nachhaltiges Wirtschaften einfordern. So haben Kliniken beispielsweise die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Änderungen der nicht finanziellen Berichterstattung (Non-financial Reporting Directive) zu beachten. Genaues regelt die von den EU-Institutionen vorgesehene Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Die Gesundheitseinrichtungen müssen schnelle Interventionen mit Kostenersparnis und gleichzeitig langfristige nachhaltige Maßnahmen realisieren. Das entlastet die Branche finanziell und verhindert gleichzeitig zusätzliche hohe volkswirtschaftliche Kosten durch Schäden, die klimabedingte Ereignisse verursachen. Das Umweltbundesamt stellt mögliche Szenarien dazu dar (Bünger und Matthey 2020).

Ergänzend setzen sich weitere Akteure aus dem Gesundheitswesen sowie die Zivilgesellschaft für das Thema Nachhaltigkeit ein. Ausgelöst durch die Initiative Fridays for Future haben sich seit 2018 verschiedene Berufsgruppen wie Pflegekräfte sowie Ärztinnen und Ärzte (Health for Future), Psychologinnen und Psychologen (Psychologists/Psychotherapists for Future) oder Angehörige pharmakologischer Berufe (Pharmalogists for Future) zusammengefunden. Berufsverbände wie der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe mit einem Positionspapier zu Nachhaltigkeit in der Pflege oder etwa die Ärztekammer Berlin mit dem Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin äußern sich hier. Der Deutsche Ärztetag beispielsweise forderte 2021, dass das Gesundheitswesen bis 2030 klimaneutral sein solle (Bundesärztekammer 2021).

Einen konzeptionellen Rahmen zum Klimaschutz in Kliniken bietet zunächst die Internationale Nichtregierungsorganisation Health Care Without Harm (HCWH). Mit ihrer Initiative „Global Green and Healthy Hospitals“, kurz GGHH, hat sie die in Fig. 19.1 dargestellten zehn Handlungsfelder identifiziert, die bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie von grundsätzlicher Bedeutung und beim Wandel von einem Krankenhaus in ein Green Hospital zu vollziehen sind (HCWH 2023).

Abb. 19.1
figure 1

Handlungsfelder nach GGHH. (Copyright Global Green and Healthy Hospitals)

Dieser konzeptionelle Rahmen findet sich im Projekt „KLIK green – Krankenhaus trifft Klimaschutz“ und bei der Klimaschutzstrategie der BG Kliniken wieder. Diese und andere relevante Initiativen werden im folgenden Abschnitt vorgestellt und anschließend Praxisbeispiele für einzelne Handlungsfelder genannt.

2 Klinikspezifische Strategien und Initiativen zu Klimaschutz in Kliniken

Das Konzept des Green Hospitals hat laut HCWH zum Ziel, grüne und gesunde Kliniken zu betreiben und die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern, indem die von den Gesundheitseinrichtungen verursachten Umweltbelastungen kontinuierlich reduziert und negative Belastungen eliminiert werden.

Die BG Kliniken gGmbH als medizinische Einrichtung der gesetzlichen Unfallversicherung zur Versorgung von Menschen nach Arbeitsunfällen oder mit Berufskrankheiten hat für sich definiert, zukünftig einem strategischen Leitfaden im Sinne der Nachhaltigkeit folgen zu wollen. Mit der 2022 eingerichteten Stabsstelle Nachhaltigkeit und Prozesse beim Vorsitzenden der Geschäftsführung werden die dreizehn Standorte der BG Kliniken beim Thema Klimaschutz begleitet und unterstützt. Drei Kernaufgaben stehen dabei im Vordergrund: So wird für alle BG Kliniken eine gültige Klimaschutzstrategie entwickelt und es werden die dafür definierten Ziele für alle Standorte erarbeitet. Außerdem wird die Nachhaltigkeitsberichtspflicht für das Jahr 2025 im Konzern erfüllt. Zur Etablierung der Klimaschutzstrategie gehören folgende Schritte:

  • Realisierung organisatorischer Maßnahmen und Aufbau von Verhaltensänderungen,

  • kurzfristiges Investieren zur Verbesserung des Klimaschutzes,

  • langfristige Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei Investitionen,

  • Entwicklung einrichtungsbezogener jährlicher Zielplanungen zum Klimaschutz,

  • Abstimmung der Vorgehensweise und der konzernweiten Nomenklatur,

  • zentrale Koordination und Steuerung, die Raum für dezentrale Eigenmotivation lassen.

Um den Klimaschutz im Gesundheitswesen in einer großen Anzahl an Kliniken und auf allen Handlungsebenen voranzubringen, hat der BUND Berlin als Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. das Projekt „KLIK green“ initiiert. Ein Ziel war es, Beschäftigte zu Klimamanagerinnen und -managern zu qualifizieren, die daraufhin klinikintern ein Klimateam bildeten, um Maßnahmen in den Einrichtungen zu planen und umzusetzen. Dazu musste die jeweilige Geschäftsführung in einer Vereinbarung die Teilnahme am Projekt bestätigen. Jede Klinik benannte eine am Thema Klimaschutz interessierte und innerhalb der Klinik gut vernetzte Person und musste diese mit Kompetenzen wie der Gründung eines Klimateams ausstatten. Es fanden bei „KLIK green“ Veranstaltungen zu fachspezifischen Themen und zum Austausch statt. Insgesamt sollten die beteiligten Kliniken Maßnahmen anstoßen und realisieren, um insgesamt 250.000 t THG-Emissionen zu vermeiden.

Mit der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V. (KLUG) entstand quasi zeitgleich ein Netzwerk mit Beschäftigten aus Gesundheitsberufen sowie Einzelpersonen von Organisationen und Verbänden. Es wurde gegründet, um sich für ein nachhaltiges Gesundheitswesen einzusetzen. Auf regionaler Ebene sind die Mitglieder in „Health for Future“-Ortgruppen organisiert, wobei sie sich politisch und praktisch in den Gesundheitseinrichtungen wie Kliniken oder Arztpraxen oder in der universitären Lehre engagieren. Die in der KLUG aufgebaute Planetary Health Academy richtet sich mit ihren Weiterbildungsangeboten an verschiedene Berufsgruppen im Gesundheitswesen (KLUG 2017).

Seit 2023 besteht das Kompetenzzentrum für klimaresiliente Medizin und Gesundheitseinrichtungen, KliMeG, das Mitglieder wie die BG Kliniken aufnimmt. Es vernetzt und unterstützt Krankenhäuser, die sich zu klimafreundlichen Einrichtungen umgestalten wollen. Hier soll ein einfacher thematischer Einstieg mit vielen Materialien und praktischen Beispielen die ersten Schritte zur Klimatransformation erleichtern. Ein Kernbereich dabei ist die Bereitstellung eines kostenlos zugänglichen Treibhausgas-Rechners (KliMeG 2023). Dieser Rechner zur CO2-Bilanzierung speziell für Kliniken ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen den zwei deutschen Wissenschaftsprojekten KliOL und CAFOGES. Beteiligt an KliOL – Klimaschutz in Kliniken durch Optimierung der Lieferketten waren das Heidelberger Institut für Globale Gesundheit sowie das ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung. CAFOGES steht für Carbon Footprint im Gesundheitswesen. Hier hat das Universitätsklinikum Freiburg anhand einer Fallanalyse eine THG-Bilanz nach dem sogenannten Greenhouse Gas Protocol erstellt.

Auf internationaler Ebene bildet die 1996 gegründete Nichtregierungsorganisation HCWH das größte globale Netzwerk zur Verringerung der THG-Emissionen und für Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen. Allein in der europäischen Sektion engagieren sich Tausende Krankenhäuser, Führungskräfte aus der Gesundheitsbranche und Angehörige medizinischer Berufe. Sie stößt Projekte zu verschiedenen Themen wie Ernährung, Chemikalien, Medikamente oder CO2-Bilanzierung an. Die Initiative GGHH ist Teil dieses Netzwerks und besteht weltweit aus mehr als 1.600 Mitgliedern in über 70 Ländern. Sie vertritt die Interessen von über 60.000 Krankenhäusern und Gesundheitszentren – darunter auch Standorte der BG Kliniken. Die Mitgliedschaft im Netzwerk ist kostenlos.

3 Handlungsfelder nach dem Green-Hospital-Konzept in ausgewählten Praxisbeispielen

Durch die Aktivitäten in den verschiedenen Netzwerken existieren bereits eine Vielzahl an Praxisbeispielen, von denen wir eine Auswahl vorstellen. Anfangs müssen vorrangig Entscheidungen im Handlungsfeld Führung getroffen werden, weil ohne sie keine Klimaschutzstrategie umsetzbar ist und es in den Kliniken lediglich bei Einzelmaßnahmen bleibt. In den Bereichen Energie, Mobilität und Essensversorgung sind Veränderungen teilweise besonders einfach umzusetzen, häufig sogar gering-investiv. Im Ergebnis können hier zudem deutliche Einsparungen erzielt werden. Die Handlungsfelder Wasser und Beschaffung werden sicherlich in den nächsten Jahren besonders relevant, weil die Ressourcen knapper werden und gleichzeitig ihre Wirkung auf die Umwelt signifikant ist.

3.1 Handlungsfeld Führung

Aus unseren Erfahrungen bei Projekten zum Klimaschutz in Kliniken lässt sich ableiten, dass im ersten Schritt eine aktive Managemententscheidung nötig ist, um sich auf den Weg zu einem Green Hospital zu begeben. Nachhaltigkeit muss als übergeordnetes Leitmotiv verankert werden. Es ist eine Führungsaufgabe, ein Bewusstsein für nachhaltiges Arbeiten im jeweiligen Tätigkeitsumfeld bei nachgeordneten Führungskräften und Mitarbeitenden zu schaffen und gezielt auszubauen. Dabei hilft, dass viele Beschäftigte durchaus die Umwelt- und Klimabelastungen wahrnehmen, die durch die eigene Arbeit erzeugt werden, und von sich aus mehr für Klimaschutz tun wollen.

Die BG Kliniken haben dies erkannt und wollen eine strukturelle Verankerung von Klimaschutz im Unternehmen erreichen. Die Motivation dazu beruht auf folgenden Prämissen:

  • Etwaige Umweltbelastungen durch die klinische Arbeit in den Standorten der BG Kliniken in Anlehnung an den Hippokratischen Eid zu vermeiden,

  • als Klinikträger eine Vorreiterrolle einzunehmen und gesetzliche Vorgaben zu antizipieren,

  • Standards für die Standorte zu setzen,

  • Beschäftige zu qualifizieren und die Bedeutung aufzugreifen, die viele dem Thema beimessen,

  • wirtschaftliche Vorteile wie Kostensenkungspotenziale zu nutzen und zukünftige Mehrkosten mittels CO2-Reduzierung zu vermeiden.

Konzernübergreifende Ziele sind, eine Klimaschutzstrategie zu entwickeln und klar definierte Ziele für alle zu erarbeiten. Gleichzeitig kommt das Nachhaltigkeitsreporting für die BG Kliniken für das Jahr 2025 zum Tragen. Hintergrund ist, dass laut Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) Unternehmen berichtspflichtig sind, wenn sie zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: die Bilanzsumme beträgt mindestens 25 Mio. €, die Nettoumsatzerlöse betragen mindestens 50 Mio. € und die durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten im Geschäftsjahr liegt bei 250 und mehr. Der Konzern wird in seinem Lagebericht nach § 289 Handelsgesetzbuch Nachhaltigkeitsinformationen publizieren.

Die strategische Planung und Umsetzung erfolgt zum einen auf Konzernebene, also von der Geschäftsführung der Holding, und zum anderen klinikspezifisch in den einzelnen Standorten über die jeweiligen Klinikleitungen. Es wird über konzernweite Klimaschutzziele entschieden. Die einzelnen Kliniken legen ihre jährlichen Klimaschutzziele fest und planen ihre Projekte entsprechend.

Die neu eingerichtete Stabsstelle Nachhaltigkeit ist mit drei wesentlichen Aufgaben betraut. Sie entwickelt die Klimaschutzstrategie und koordiniert sowie steuert die Prozesse zentral. Außerdem baut sie ein internes Netzwerk auf. Schließlich stellt sie den Nachhaltigkeitsbericht mit den Teilen Environment, Social sowie Governance zusammen, die sowohl von der Holding als auch von den Standorten vorbereitet werden.

In ihrer Position unterstützt sie die dezentralen Klimaschutzaktivitäten in den dreizehn Standorten und den Ressorts der Holding der BG Kliniken wie etwa den Einkauf. Gleichzeitig wird Klimaschutz in den Strukturen des Klinikträgers verankert. Es sind Aktivitäten in allen Bereichen und Ebenen möglich und erwünscht. Nachhaltigkeit ist somit Teil der Gesamtunternehmensstrategie geworden.

Im Netzwerk moderiert die Stabsstelle Nachhaltigkeit den fachlichen Austausch in der konzernübergreifenden Arbeitsgruppe Klima (AG Klima). In diesem Gremium ist jeder Standort mit einer Ansprechperson vertreten und hier werden Vorschläge zur Entscheidung auf Ebene der Geschäftsführung erarbeitet.

In den Kliniken Berlin, Halle, Murnau, Bochum und Tübingen haben einzelne Beschäftigte einen Stellenanteil für das Thema Nachhaltigkeit, damit in den jeweiligen Standorten eine detaillierte Planung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen erfolgen können. Unsere Einrichtungen bilden jeweils ein eigenes Klimateam, das Impulse aufgreift, Ideen weiterentwickelt und an Projekten mitwirkt. Ihre Mitglieder kommen aus unterschiedlichen Berufsgruppen, sind klinikintern gut vernetzt und haben Interesse am Thema Klimaschutz. Die gegründeten Klimateams setzen sich unter anderem für einen geringeren Ressourcenverbrauch ein. Dazu gehört die Vermeidung des besonders klimawirksamen Narkosegases Desfluran in den BG Kliniken. Eine Pflegekraft aus dem Berliner Klimateam erstellte einen Hitzeaktionsplan für den Standort, der als Grundlage für andere BG Kliniken dient.

3.2 Handlungsfeld Abfall

Die Zahlen sind beeindruckend: Jeder Krankenhauspatient verursacht nach Angaben der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) täglich durchschnittlich 6 kg an Abfall. Dagegen liegt die durchschnittliche Müllmenge eines Bundesbürgers oder einer Bürgerin bei 1,3 kg am Tag. 280.000 m3 Abfall fallen jährlich allein durch Dialyse an (Abfallmanager Medizin 2023a). Das Universitätsklinikum Leipzig beispielsweise verbrauchte 97.000 Pakete Einmalhandschuhe im Jahr 2022.

Der Umgang mit Abfall ist bereits seit Jahrzehnten eine wichtige Aufgabe für Gesundheitseinrichtungen, auch wenn die Abfallmengen vor allem durch den Anstieg von Einwegprodukten während der Covid-19-Pandemie besonders ins Auge fiel.

Die beste Methode zur Vermeidung von Abfällen ist ganz einfach: Produkte werden nicht oder nur in dem Umfang verwendet, in dem sie tatsächlich benötigt werden. Dieses Denken verbreitet sich in den Kliniken weiter, nicht zuletzt durch ein wachsendes Umweltbewusstsein der Klinikbeschäftigten. Gleichzeitig besteht in vielen Einrichtungen weiterhin erhebliches Potenzial zur Abfall- und Wertstofftrennung. Begonnen werden kann bei der getrennten Sammlung von Leichtverpackungen oder der intensivierten Erfassung von Papier/Kartonage.

Im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) hat die Vermeidung von Abfällen höchste Priorität. Sie kann zum Beispiel durch die Wiederverwendung eines Produkts, die Nutzung von Mehrwegverpackungen oder durch die Verlängerung der Lebensdauer eines Erzeugnisses erreicht werden. Alle Arten von Verbrauchsmaterialien sollten deshalb möglichst häufig und lange verwendet werden. Einige können sogar selbst unter hygienischen Gesichtspunkten gemieden werden. So ist der Verzicht zum Tragen von Einmalhandschuhe häufig viel gesünder als von den Nutzerinnen sowie Nutzern erwartet und senkt die Abfallmengen deutlich. Nur bei Kontakt mit möglicherweise infektiösem, ätzendem oder toxischem Material ist das Überziehen angebracht.

Weitaus schwieriger ist die Vermeidung und Reduzierung von Abfällen im Zusammenhang mit anderen Medizinprodukten. Es werden im europäischen Markt circa 500.000 verschiedene Arten solcher Produkte zur Diagnostik, Therapie, Überwachung und zu weiteren Zwecken genutzt. Demgegenüber werden kontinuierlich weniger Medizinprodukte hergestellt, die für eine Mehrfachnutzung ausgelegt sind. Einwegmaterial wird selten separat gesammelt, um das Produkt oder einzelne Wertstoffe zu recyceln.

Doch erste Pilotprojekte sind auf dem Weg: So hat der Geschäftsbereich eines internationalen Medizinprodukteherstellers eine Recyclingmethode für OP-Einwegprodukte zur sortenreinen Wiederverwertung entwickelt. Mit einem Abfallentsorgungsbetrieb und einem Startup-Unternehmen wurde ein digital unterstütztes Rücknahmesystem z. B. für Klammernahtmaterial gestartet. In Deutschland partizipieren bisher mindestens sechs Krankenhäuser an dieser Wertstoffsammlung (Klinik Einkauf 2021).

Ein weiteres Pilotprojekt startete zum Recycling von Produktverpackungen. Sterilverpackungen von resorbierbarem chirurgischem Nahtmaterial sind besonders recyclingwürdig. 80 % des Materials besteht aus hochwertigem Aluminium. Für das Recycling müssen nur 5 % der Energie aufgewendet werden, die zur Herstellung von Neu-Aluminium benötigt werden (Unger und Schmitz 2023).

Ein Beispiel für das Teilrecycling von Medizinprodukten bietet ein anderer Hersteller mit seinem Spülsystem zum Einsatz in der Orthopädie und Unfallchirurgie an. Dabei enthält das Handstück aus Kunststoffen keine elektronischen Bauteile und wird nach der Nutzung als Einwegprodukt entsorgt. Die separate Antriebseinheit ist bis zu 150-mal wiederverwendbar und kann anschließend an den Hersteller für einen Recyclingprozess zurückgegeben werden. Somit werden erhebliche Mengen Sondermüll vermieden (MedicalFellows 2023). Die betriebswirtschaftliche Bewertung muss der Betreiber jeweils im Einzelfall vornehmen.

3.3 Handlungsfeld Energie

Als eine bundesweit bekannte Initiative in diesem Handlungsfeld gilt das Projekt des BUND Berlin zur Auszeichnung von energieeffizienten Kliniken. Mit dem BUND-Gütesiegel „Energie sparendes Krankenhaus“ unterstützte der Umweltverband die nachhaltigen Bestrebungen von Gesundheitseinrichtungen seit der Jahrtausendwende und wies Kliniken bis 2022 als Leuchttürme aus. Das Label tragen Krankenhäusern und Reha-Kliniken, wenn sie umfassende Maßnahmen zur THG-Emissionsreduzierung umgesetzt haben. Vier Kriterien fanden Anwendung, etwa die Vorgaben, dass die beantragende Einrichtung innerhalb von fünf Jahren ihre CO2-Emissionen um 25 % gesenkt hat und ein Energiecontrolling umgesetzt wird. Die Kliniken nutzten die freiwillige Zertifizierung für ihr Marketing und zum Controlling, da externe Gutachter die klinikeigene Energiebilanzierung überprüften. Das Gütesiegel gilt fünf Jahre und wurde bisher 88-mal vergeben. Aktuell wird der Bereich Klimaschutz in Kliniken beim BUND Berlin neu aufgestellt.

Das dreijährige Pilotprojekt „KLIK – Klinikmanager für Kliniken“ wurde 2014 unter Federführung des BUND Berlin initiiert. Neben der Qualifizierung von Beschäftigten aus den technischen Abteilungen und der Verwaltung standen die Vernetzung und Weitergabe von Wissen im Vordergrund. Mit dem Online-Leitfaden „Klimaschutz in Kliniken verankern“ wurden Praxisbeispiele aus 50 Einrichtungen zusammengefasst. Damit entstand eine Handreichung für Entscheiderinnen und Entscheider in Gesundheitseinrichtungen zum Thema Energie (Dickhoff und Protze 2016).

In dem anschließend ausgerollten Projekt „KLIK green – Krankenhaus trifft Klimaschutz“ beteiligten sich 250 Krankenhäuser und Rehakliniken und planten während des Projektzeitraum von 2019 bis 2022 in verschiedenen Bereichen Aktivitäten. Die zu Klimamanagerinnen und -managern qualifizierten Beschäftigten setzten die meisten Maßnahmen im Handlungsfeld Energie um.

Kliniken waren bislang verpflichtet, ein Energieaudit im Sinne von § 8a des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) und dabei insbesondere Anforderungen nach DIN EN 16247 zu erfüllen. Alternativ mussten sie ein Energiemanagementsystem (EMS) nach der DIN EN ISO 50001 aufbauen. Die seit November 2023 geltende Novellierung des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) soll nun dazu beitragen, deutlich mehr Energie in den Betrieben einzusparen. Für Unternehmen mit einem durchschnittlichen Gesamtenergieverbrauch von mehr als 7,5 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr entfällt die Energieaudit-Pflicht. Stattdessen müssen sie nach heutigem Stand bis 18. Juli 2025 ein EMS oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) einrichten und anwenden. Bundesweit sind von dieser rechtlichen Neuerung rund 12.400 Unternehmen – darunter zahlreiche Krankenhäuser – betroffen.

Grundsätzlich besteht eine Herausforderung für Kliniken darin, den Energieverbrauch bei den unterschiedlichen Verbrauchsarten zu messen und anschließend Einsparziele festzulegen. Dafür sind Strukturen wie Unterzähler und andere entsprechende technische Voraussetzungen nötig.

Eine der am schnellsten umsetzbaren und gleichzeitig nachhaltigen Maßnahmen, um den CO2-Fußabdruck zu verkleinern, bietet der Bereich Beleuchtung. Die Umstellung auf LED-Leuchtmittel ist energieeffizient und kann sukzessive mit gering-investiven Mitteln erfolgen. Bei der Gebäudetechnik bieten raumlufttechnische (RLT-)Anlagen ein großes Einsparpotenzial, oft auch mit gering-investivem Einsatz. Hierfür ist im ersten Schritt eine genaue Überprüfung von Belüftung und Klimatisierung erforderlich. Eine dem Bedarf angepasste Steuerung der Lüftungsanlagen reduziert den Stromverbrauch und vermeidet Wärmeverluste. Dazu gehören weitere Schritte wie

  • eine bedarfsgesteuerte Luftvolumenstromregelung, die sich sowohl zeitlich als auch aufgrund der Raumfunktion unterscheiden kann. Ein Saal für Operationen (OP) benötigt ein höheres Luftwechselvolumen als beispielsweise ein Lagerraum,

  • die Anpassung der Betriebszeiten etwa in OP- und Funktionsbereichen,

  • der Austausch veralteter RLT-Anlagen,

  • der Einbau hocheffizienter Wärmerückgewinnungsanlagen.

Die Installation von Photovoltaik-Anlagen und der Einkauf von Ökostrom gehören zu den primären Themen in Krankenhäusern, wenn es um Erneuerbare Energien (EE) geht. Keine große Rolle spielten lange Geothermie und die Nutzung von Biomethan statt Erdgas. Durch die in der Vergangenheit stark gestiegenen Preise für fossile Energieträger und eine geänderte Gesetzgebung (Gebäudeenergiegesetz u. a.) rückt der Einsatz von EE deutlich mehr in den Fokus der Kliniken. Das Einsparpotenzial ist hier gewaltig: So wurden im Jahr 2022 in Deutschland über 230 Mio. t CO2-Äquivalente durch EE vermieden, 180 Mio. t davon bei der Stromerzeugung (UBA 2023).

Ökostrom wird seit einigen Jahren verstärkt von Krankenhäusern genutzt. In vielen Fällen kaufen die Kliniken allerdings keinen von Umweltverbänden zertifizierten, tatsächlich nachhaltig erzeugten Strom wie beim „Grünen Stromlabel“, sondern lediglich am Markt gehandelten Strom. Damit zahlen sie einen höheren Strompreis, reduzieren allerdings effektiv nicht die THG-Emissionen.

Blockheizkraftwerke (BHKW) erzeugen meist auf der Basis von fossilen Energieträgern wie Erdgas Strom und nutzen die Abwärme zur Wärmeversorgung. Die Installation und der Betrieb von BHKW wurde in den vergangenen Jahrzehnten vom Staat finanziell gefördert, obwohl sie schon seit längerer Zeit als Anlagen einer Brückentechnologie gelten. Jedoch lassen sich hier durchaus im Betrieb Einsparungen erzielen, etwa durch die Laufzeitoptimierung, damit das BHKW entweder kontinuierlich oder gar nicht in Betrieb ist, statt mehrmals täglich anzufahren und sich auszuschalten. Der Einbau von Wärmerückgewinnungstechnik erhöht den Effizienzgrad, indem beispielsweise die Wärme der heißen Abluft des BHKW auch zur Erhitzung des Warmwassers genutzt wird.

Die Dampfversorgung geht kontinuierlich zurück, weil immer weniger Krankenhäuser Dampf als Energieträger etwa für die Klinikküche nutzen oder eine eigene Zentralsterilisation sowie Wäscherei betreiben. Beim Einsatz dieser Energiequelle spielen vermehrt dezentrale Lösungen in unmittelbarer Nähe des Verbrauchs eine Rolle, statt zentral über lange Leitungsnetze Dampf zu verteilen.

Energieeffiziente Anlagen und Geräte kommen meist erst dann zum Einsatz, wenn ein Austausch regelhaft erforderlich ist, obwohl sich sehr hohe Einsparungen durch Optimierung und manchmal zeitlich vorgezogenen Austausch erzielen lassen. Das gilt für medizinische Großgeräte ebenso wie für energieintensive Küchen- oder Wäschereigroßgeräte. Ähnlich verhält es sich beispielsweise für Patientenfernseher/-monitore oder Kleingeräte in der Verwaltung. Begründet wird der Verzicht auf vorzeitigen Wechsel meistens mit fehlenden Investitionsmitteln, ist aber ebenso ökologisch relevant. Auf jeden Fall sollten Kriterien wie die Verbrauchswerte im Standby und Betrieb untersucht und die Geräte miteinander verglichen werden.

Der Kostenfaktor spielt zudem bei der Betriebsoptimierung von Großgeräten eine Rolle: Es sind oft zeitaufwendige Maßnahmen, verbunden mit Kosten für externe Fachleute, die Hemmnisse bei der Umsetzung darstellen. Außerdem werden funktionierende Systeme ungern verändert. Meist müssen Nutzerinnen und Nutzer geschult werden, was ebenfalls zeit- und kostenintensiv ist. Zumindest im administrativen Bereich setzen einige Kliniken Maßnahmen um:

  • Ausweitung der Standby-Zeiten bei Bürogeräten,

  • Abschaltung von Computern außerhalb der Nutzungszeit,

  • Nutzung von Energiespareinstellungen bei Computern,

  • auf Konzernebene verlängern die BG Kliniken seit letztem Jahr den Beschaffungszyklus für digitale Endgeräte.

Für die Warmwasser- und Wärmeversorgung in Krankenhäusern werden erhebliche Mengen Energie benötigt. Eine Modernisierung der Heizungsanlage inklusive der Mess- und Steuerungstechnik sorgt zwar für Energieeffizienz, verursacht aber erst einmal hohe Investitionskosten. Es existieren aber auch gering-investive Möglichkeiten: Durch einen nutzerangepassten Betrieb können verschiedene Fördermitteltöpfe in Betracht kommen. Im Jahr 2023 standen den Kliniken Gelder im Rahmen eines Förderprogramms für energieeffiziente Gebäude zur Verfügung. mit Maßnahmen wie

  • Austausch von veralteten Pumpen durch hocheffiziente Pumpen und

  • hydraulische Optimierung des Wärmeverteilernetzes (hydraulischer Abgleich).

Flankierend gibt es seit 2022 ein flächendeckendes Angebot zur Rücknahme von Altpumpen in Deutschland. Über Handwerksunternehmen oder Großhändler werden die Pumpen kostenlos herstellerunabhängig mit dem vorrangigen Ziel zurückgenommen, die enthaltenen Seltenen Erden zu recyceln (Wilo 2023).

3.4 Handlungsfeld Wasser

Die Ressource Wasser ist längst nicht nur für die Agrarwirtschaft zum Thema geworden. Ausdauernde Trockenperioden lassen den Grundwasserspiegel sinken, was letztendlich Auswirkungen auf die Wasserversorgung von Haushalten und Betrieben hat. Es ist deshalb immer sinnvoll, Wasser sparsam oder als Brauchwasser erneut zu verwenden. In Gesundheitseinrichtungen geht es bei der Nutzung von Wasser eher um Aspekte wie Hygiene oder Medikamentenrückstände. Dabei ist der Verbrauch von Trinkwasser in Krankenhäusern mit 680 l pro Patient und Tag um ein Vielfaches höher als im häuslichen Umfeld (Management & Krankenhaus 2011).

Wasser muss ressourcenschonender als bisher verwendet werden. So bevorratet das Evangelische Krankenhaus Hubertus in Berlin Regenwasser in einem umgebauten Öltank und wässert damit den Klinikpark. Die Ruppiner Kliniken im Brandenburgischen Neuruppin setzen es für die Toilettenspülung ein. Technisch und unter Hygienegesichtspunkten ist die Nutzung von Regenwasser oder Grauwasser, also fäkalienfreies, gering verschmutztes Abwasser, möglich. Vor allem bei Neubauvorhaben ist eine frühzeitige Berücksichtigung solcher Konzepte sinnvoll, um die Infrastruktur entsprechend zu planen.

Leider finden sich im Wasser immer häufiger hormonaktive Substanzen, die unter anderem in vielen Medikamenten enthalten sind. Diese Wirkstoffe gelangen durch die Einnahme von Arzneimitteln oder deren direkte Entsorgung über die Toilette in den Wasserkreislauf. Die Stoffe gefährden Mensch und Natur und haben ökotoxikologisch fatale Folgen, weil sie z. B. das Geschlechterverhältnis bei Fischen ändern können. Deshalb ist es wichtig, Wasser zu schützen, indem möglichst wenige Medikamente bestellt bzw. genutzt werden und nicht verwendete Medikamente korrekt entsorgt werden. In den meisten deutschen Kommunen gehören Medikamente in den Hausmüll, der anschließend verbrannt wird.

3.5 Handlungsfeld Mobilität

Im Bereich Mobilität werden vor allem indirekte Emissionen verursacht, die bei der Nutzung von Gütern wie Fahrzeuge entstehen. Sie entstehen durch:

  • Logistik durch den klinikeigenen Fuhrpark

  • Transport von Patientinnen und Patienten

  • Fahrten von Besucherinnen und Besuchern

  • Pendeln des Personals

  • Dienstreisen

Diese Quellen sind die Ursache für hohe Mengen an schädlichen Treibhausgasen und sie bergen gleichzeitig ein großes Einsparpotenzial. Allerdings wird das Handlungsfeld Mobilität bislang wenig bilanziert, weil es relativ aufwendig ist, die entsprechenden Daten zu erheben. Immer mehr Kliniken setzen jedoch inzwischen Projekte zur Emissionsminderung bei der Mobilität um. Dazu gehören

  • Umstellung des eigenen Fuhrparks von Autos mit Verbrennermotor auf Elektro-Fahrzeuge, wobei derzeit kaum Alternativen für Lkw zur Verfügung stehen,

  • Einsatz von Lastenrädern,

  • Angebote für Beschäftigte, um etwa bei Kurzstrecken auf das Fahrrad umzusteigen oder bei Langstrecken Vergünstigungen im Fern- und Nahverkehr zu gewähren wie Geschäfts-BahnCard, Deutschlandticket,

  • Erstattung von Dienstreisen bei Bahnfahrten und Ausschluss innerdeutscher Flugreisen,

  • Beauftragung von (externen) Fahrrad-Kurieren für den Transport von Materialien, etwa für Laborproben.

Für viele Bereiche in diesem Handlungsfeld gibt es bislang keine überzeugenden Lösungen. Es fehlen klimaneutrale Krankentransporte oder Taxis sowie flächendeckende nachhaltige Materialtransporte. Es mangelt an Konzepten bzw. an der Umsetzung von Maßnahmen, um den ÖPNV besser in die Rahmenbedingungen der Kliniken zu integrieren, wie die Anbindung an die Standorte oder die Taktung der Fahrten. Kooperationen zwischen Verkehrsverbünden (Kommunen) und dem DB-Regionalverkehr (Bundesländer) gibt es sowohl auf politischer als auch auf operativer Ebene zu wenig.

Die auf dem Markt vorhandenen Mobilitätskonzepte und -Apps externer Dienstleister oder Eigenentwicklungen von Kliniken werden wenig von den Beschäftigten genutzt. Die Ursachen sind vielfältig, haben allerdings nicht selten mit der gesamtgesellschaftlichen Einstellung und einem Lebensgefühl von vermeintlicher Freiheit durch Individualverkehr zu tun.

3.6 Handlungsfeld Ernährung

Das Ernährungsangebot wirkt sich mehrfach auf unsere Gesundheit und das Ökosystem aus. In Europa ist die Ernährung für ein Drittel aller vorzeitigen Todesfälle verantwortlich (Global Nutrition Report 2021). Zum anderen verursacht unser Ernährungssystem global gesehen rund 30 % aller menschengemachten THG-Emissionen (Poore und Nemecek 2018) und beschleunigt somit das Fortschreiten der Klimakrise.

Für Krankenhäuser bedeutet das, bei der Speisenversorgung mehr auf Nachhaltigkeit zu achten und dazu beispielsweise im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements aufzuklären (Bühn und Schulz 2023). Doch nur 13 % der deutschen Klinikküchen berücksichtigen vollständig die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei der Zubereitung von Speisen (DKI und KuP Consult 2022). Anfallende Speisereste in Kliniken werden noch nicht einmal in jeder vierten Großküche regelmäßig erfasst, um Schlussfolgerungen für den Einkauf und die Portionierung zu treffen (Abfallmanager Medizin 2023b). Die Verbraucherzentrale NRW gibt das Potenzial von nicht verschwendeten Lebensmitteln mit 4,- Euro pro Kilogramm an.

3.7 Handlungsfeld Beschaffung

Eine besondere Herausforderung stellt die nachhaltige Beschaffung für Kliniken dar. Rechtliche Vorgaben etwa beim Vergaberecht und zur Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen müssen eingehalten werden. Gleichzeitig fehlen häufig wesentliche Informationen zur Bewertung von Produkten im Sinne der Nachhaltigkeit. Dies schränkt die Handlungsmöglichkeiten bei der Auswahl der angebotenen Waren ebenso ein wie etwa Kriterien in Einkaufsgemeinschaften, die bindend für ihre Mitglieder sind.

Im Jahr 2017 schlossen sich in diesem Feld Akteure zusammen, um sich für eine digitale und nachhaltige Beschaffung in Einrichtungen des Gesundheitswesens stark zu machen. Daraus entstand die Initiative „Zukunft Krankenhaus-Einkauf“ (ZUKE), die unter ZUKE Green und ZUKE Digital Konzepte entwickelt, Studien erstellt und Fachkongresse veranstaltet. Über Nachhaltigkeitsbotschafterinnen und -botschafter tauschen sich interessierte Beschäftigte der Branche aus (ZUKE 2023).

4 Nachhaltige Ansätze in Deutschland und international

Hier werden nun die Wirkung der Maßnahmen in einigen der zuvor genannten Handlungsfelder aufgezeigt und Ableitungen aus den vorgestellten Projekten und Initiativen generiert.

Die Initiativen und Projekt zeigen, dass zahlreiche Aktivitäten zum Klimaschutz mit geringen monetären Mitteln realisierbar sind, auch wenn diese Erkenntnis vielen Entscheiderinnen und Entscheidern in Gesundheitseinrichtungen noch kaum bekannt ist. Beispielsweise sind zwei Drittel der über 1.600 Einzelmaßnahmen im Projekt „KLIK green“ mit nicht- oder gering-investiven Mitteln umgesetzt worden, siehe Fig. 19.2. Dadurch sanken die klimaschädlichen Emissionen in den Kliniken zwar nicht so stark wie bei Maßnahmen mit hoher Finanzierung, jedoch immerhin deutlich. Fig. 19.3 zeigt, dass allein durch nicht- sowie gering-investive Maßnahmen mehr als ein Drittel der THG-Emissionen vermeidbar waren.

Abb. 19.2
figure 2

Anteil der Klimaschutzmaßnahmen nach Investitionsart. (Quelle: KLIK green 2022)

Abb. 19.3
figure 3

Anteil der THG-Reduzierung nach Investitionsart. (Quelle: KLIK green 2022)

Einen Überblick über die Bereiche, in denen Maßnahmen im Projekt „KLIK green“ geplant sowie umgesetzt wurden, zeigt Fig. 19.4. Hier sticht – wie oben beschrieben – der Bereich Energie besonders hervor. Fig. 19.5 stellt schließlich die Senkung der THG-Emissionen dar. Die Einsparungen im Handlungsfeld Energie heben sich deutlich von den anderen Bereichen ab.

Abb. 19.4
figure 4

Anzahl der Klimaschutzmaßnahmen nach Bereichen. (Quelle: KLIK green 2022)

Abb. 19.5
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Bilanzierte THG-Reduzierung nach Bereichen. (Quelle: KLIK green 2022)

Zusammenfassend zeigt die Fig. 19.6 die Maßnahmen im Bereich Energie, die Kliniken im Projekt „KLIK green“ realisiert haben, und die damit einhergehende Höhe der THG-Reduzierung.

Abb. 19.6
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Bilanzierte THG-Reduzierung innerhalb des Handlungsfeldes Energie. (Quelle: KLIK green 2022)

Wie beschrieben hat das Handlungsfeld Führung eine Schlüsselfunktion inne, um die Transformation zum Green Hospital zu realisieren. Kliniken, die dies erkannt haben und beispielsweise ein Zeitbudget für das Thema und Entscheidungsbefugnisse eingeräumt haben, waren im Projekt „KLIK green“ besonders erfolgreich. Klimateams konnten viele Maßnahmen bzw. hohe Einsparungen bei den THG-Emissionen realisieren, vorausgesetzt, sie wurden von der Geschäftsführung unterstützt. Wenn sich Beschäftigte außerhalb ihrer Arbeitszeit, quasi ehrenamtlich für Klimaschutz in der Einrichtung einsetzten, konnten sie seltener Maßnahmen umsetzen.

Im Handlungsfeld Abfall gibt es diverse nachhaltige Ansätze in Kliniken und das Potenzial ist weiterhin groß. Leider gibt es aus verschiedenen Gründen unterschiedlich aussagekräftige Daten zur Vermeidung von Abfällen ebenso wie zum Recycling beispielsweise von Medizinprodukten. Das vorgestellte Gemeinschaftsprojekt zur sortenreinen Sammlung von OP-Einwegprodukten veröffentlichte Zahlen, wonach 7,5 Mio. Einweginstrumente im Jahr 2022 in Europa gesammelt wurden (Klinik Einkauf 2021). Dies wird mit einer THG-Reduzierung von 18,5 t CO2-Äquivalenten beziffert.

Das Handlungsfeld Energie umfasst eine große Bandbreite an umsetzbaren Maßnahmen. Hervorzuheben ist die Sanierung der Beleuchtung, die sich in Kliniken in der Regel in kurzer Zeit amortisiert. Dies nutzten viele Einrichtungen im Projekt „KLIK green“. Durch über 150 Maßnahmen, bei denen LED-Leuchtmittel eingebaut wurden, sinken in den kommenden Jahren die THG-Emissionen um insgesamt mehr als 3.700 t CO2-Äquivalente.

Mit geringen Investitionsmitteln lässt sich der Betrieb von RLT-Anlagen in Gesundheitseinrichtungen ebenfalls nachhaltig gestalten. Das zeigen die Ergebnisse im Projekt „KLIK green“. Die mehr als 100 Maßnahmen führten hier zu einer Reduktion von über 2.800 t CO2-Äquivalente.

Schon im Piloten „KLIK – Klimamanager für Kliniken“ konnten die THG-Emissionen vorrangig durch Energiesparmaßnahmen um 34.500 t deutlich reduziert werden. Gleichzeitig sanken die Energiekosten der beteiligten 50 Einrichtungen um insgesamt 9 Mio. €. Darüber hinaus verringerten die 47 deutschen Kliniken mit dem BUND-Gütesiegel „Energie sparendes Krankenhaus“ ihren jährlichen CO2-Ausstoß um 79.000 t. Das Budget dieser ausgezeichneten Kliniken wurde dadurch um bis zu 2,1 Mio. € jährlich entlastet.

Im Handlungsfeld Mobilität äußern Beschäftigte den Wunsch nach klimaneutralen Lösungen, weil sie direkt einen individuellen Vorteil erkennen. Aktivitäten in den Einrichtungen werden vom Personal häufig besonders positiv bewertet.

Das Fahrrad-Leasing wurde bei den BG Kliniken sowie im Projekt „KLIK green“ über Dienstrad-Leasing, BusinessBike oder etwa JobRad eingeführt. Das Angebot soll möglichst viele Autofahrten vermeiden, zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement beitragen und Flexibilität beim Pendeln schaffen.

Insgesamt haben die Einrichtungen bei „KLIK green“ 161 Maßnahmen in diesem Handlungsfeld geplant und umgesetzt. Neben der monetären Unterstützung beim Erwerb von Fahrrädern sind diebstahlsichere Fahrradstellplätze bei Beschäftigten ebenso beliebt wie Möglichkeiten zum Duschen sowie zusätzliche Kleiderspinde. Ergänzend runden Ladestationen für E-Bikes und Schulungen zum Gesundheitsmanagement die Vielzahl an Angeboten ab.

Das Handlungsfeld Essensversorgung wurde im Projekt „KLIK green“ ebenfalls häufig aufgegriffen. So konnten über 70 Maßnahmen zur Vermeidung von Speiseabfällen und die Bereitstellung von Mahlzeiten mit geringem ökologischem Fußabdruck initiiert werden. Diese bezogen sich beispielsweise auf

  • Anpassung des Kochverhaltens und der Speisenproduktion,

  • Überarbeitung der Rezeptdatenbank zur Steuerung der Portionsgrößen,

  • Ausschreibung der Lebensmittel nach Regionalität und CO2-Aspekten, z. B. durch Alternativen bei der Lebensmittelbeschaffung (Fisch statt Fleisch),

  • Fleischreduktion beim Patientenessen und in der Kantine bei gleichzeitiger Information/Sensibilisierung der Beschäftigten,

  • Einführung eines oder mehrerer vegetarischer Tage in der Cafeteria.

Weitere Beispiele mit Angaben zur Wirkung von Klimaschutzmaßnahmen sind in der KLIK-Datenbank hinterlegt, die bereits im Projekt „KLIK“ erstellt und dann weiter ausgebaut wurde. Interessierte finden mittlerweile mehr als 300 Praxisbeispiele zu nachhaltigen Maßnahmen in Gesundheitseinrichtungen und können selbst Referenzbeispiele einstellen. Der Online-Zugriff ist kostenlos sowie frei zugänglich und enthält Anregungen sowie Ideen zu Themen wie Energieeffizienz, ökologisches Bauen, Küche oder Mobilität. Die Maßnahmen sind kategorisiert und über eine Suchfunktion abrufbar. Das Besondere bei einer Suchanfrage besteht in der Möglichkeit, Einsparprojekte nach Größe und Art der Einrichtung sowie nach Investitionsvolumen zu filtern und somit optimale Vorbilder für die eigene Umsetzung zu finden. Darüber hinaus nennt die Datenbank die Ansprechpersonen der Referenzbeispiele (BUND 2022).

Um den Erfolg für umgesetzten Maßnahmen darzulegen, ist eine CO2-Bilanzierung zu empfehlen. Dazu eignet sich – wie eingangs erwähnt – der kostenlos zugängliche THG-Rechner, der speziell für Kliniken entwickelt wurde und aus einer Kooperation zwischen den zwei deutschen Wissenschaftsprojekten KliOL und CAFOGES entstand (KliMeG 2023).

5 Fazit

Die Zahl der Krankenhäuser und Kliniken, die sich an Klimaschutzmaßnahmen beteiligen, wächst kontinuierlich. Trotzdem beschäftigen sich bisher wenige Gesundheitseinrichtungen vertiefend mit diesem wirtschaftlich und ökologisch relevanten Gebiet. Gleichzeitig ist bisher keine deutliche, obwohl notwendige THG-Emissionsreduzierung in dieser Branche gelungen. Die Zurückhaltung vieler Krankenhausträger entspringt den Sorgen vor hohen Transformationskosten bei einer ohnehin äußerst angespannten Finanzlage, vor zusätzlichen strategisch-planerischen und zugleich personellen Anforderungen. Sie fußt auf Unklarheit, welche Maßnahmen prioritär angegangen werden sollten oder etwa auf Unkenntnis über die Fördermittellandschaft. Dies sind nur einige der Gründe dafür, dass sich Verantwortliche beim Thema Nachhaltigkeit zurückhalten.

Dabei sind die Netzwerke inzwischen dicht geknüpft. Auf vielen Ebenen und für alle Ansprüche gibt es Anlaufstellen, Best-Practice-Beispiele und weiterführende Informationen. Zahlreiche wirkungsvolle Maßnahmen zum Klimaschutz lassen sich tatsächlich mit nicht- oder gering-investivem Einsatz bewerkstelligen. Dennoch bedarf es weiterhin finanzieller Anreize, um Nachhaltigkeitsprozesse anzustoßen und auch entsprechendes Personal wie Klimaschutzmanager und fachliche Ansprechpersonen in den verschiedenen Bereichen.

Durch das gesetzlich verordnete Nachhaltigkeitsreporting inklusive externer Prüfungspflicht sind viele Einrichtungen zukünftig gezwungen, auf diesem Feld aktiv zu werden. Gelingen wird das umso mehr, wenn in den kommenden Jahren Fördermittel gesichert zur Verfügung stehen und der von den Ländern verursachte Investitionsstau abgebaut wird.

Innerhalb der Einrichtungen dürfte das Klimaschutzengagement vieler Beschäftigter hilfreich sein, die sich oft freiwillig bei Kampagnen und für Maßnahmen einsetzen. Gestärkt wird dies, wenn der eigene Nutzen zum Beispiel bei der nachhaltigen Mobilität sichtbar wird.

Agiert das Gesundheitsunternehmen strategisch und setzt tatsächlich klimarelevante Maßnahmen um, so dürfte es in den meisten Fällen viele Menschen überzeugen können. Um das zu erreichen, sollten die Prozesse transparent gestaltet werden. Außerdem ist für den Erfolg aller Maßnahmen grundsätzlich die Bereitschaft des Managements erforderlich, Klimaschutz aktiv anzugehen. Nachhaltigkeit ist eine Führungsaufgabe, sie muss gelebt und unterstützt werden. Nur so lässt sich die Motivation bei Mitarbeitenden fördern, auch mal unbequeme Maßnahmen mitzutragen. Nicht ohne Grund ist Führung das erste Sustainability Goal. So zeigt sich seit der Schaffung der zentralen Stabsstelle Nachhaltigkeit im Jahr 2022 bei den BG Kliniken eine positive Dynamik für Klimaschutz. Getragen werden die Strategie und die Maßnahmen von den Geschäftsführungen, koordiniert in den Klimateams und engagiert umgesetzt mit den Beschäftigten in den Standorten. Diese konzernübergreifende Struktur ermöglicht es, Recherchearbeit zu reduzieren, Wissen direkt weiterzugeben und effizient zu handeln.

Eines muss allen Beteiligten klar sein: Klimaschutz ist nicht nur ein Trend. Es reicht kaum, einmal einige wenige Veränderungen anzustoßen und sich dann wieder anderen Themen zu widmen. Es ist eine permanente Aufgabe in allen Handlungsfeldern. Die BG Kliniken haben deshalb Nachhaltigkeit als unternehmensübergreifendes Thema festgelegt, sodass Klimaschutz in jedem Ressort relevant ist und fachlich berücksichtigt wird. Nur so können erreichte Ziele Ansporn sein, neue Ziele zu definieren und diese ebenfalls zu erfüllen. Letztendlich ist es ganz einfach: Nachhaltigkeit ist nur erfolgreich, wenn sie nachhaltig ist.