FormalPara Zusammenfassung

Der anthropogene Klimawandel tangiert die Krankenhäuser in besonderer Weise. Einerseits ist von einer erhöhten Krankenheitslast nahezu aller Fachdisziplinen der Medizin auszugehen. Andererseits müssen Kliniken auch unter herausfordernden Wetterereignissen in Folge der globalen Erwärmung die medizinische Versorgung sicherstellen. Sie hinterlassen rund um die Prozesse der Leistungserbringung jedoch selber einen beachtlichen CO2-Fußabdruck, so dass eine umweltverträgliche Ausrichtung zur Erreichung der Klimaschutzziele zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Dabei stellt die Umsetzung von Maßnahmen hin zu mehr (ökologischer) Nachhaltigkeit die Krankenhäuser vor große Herausforderungen. Der Beitrag beleuchtet einerseits die sich ändernden Rahmenbedingungen, auf die sich die Krankenhäuser in Folge des Klimawandels einstellen müssen. Andererseits werden mögliche Handlungsfelder für mehr Umweltverträglichkeit der Krankenhäuser aufgezeigt und entsprechende Anforderungen an ein nachhaltigkeitsorientiertes Management ausgeführt, mit dem Ziel, durch mehr ökologische Nachhaltigkeit die klimatischen Entwicklungen abzuschwächen.

Anthropogenic climate change affects hospitals in a special way. On the one hand, an increased burden of disease can be assumed for almost all medical disciplines. On the other hand, hospitals must ensure medical care even under challenging weather events as a result of global warming. However, they leave a considerable CO2 footprint in the process of service provision, so that an environmentally compatible orientation will become increasingly important in order to reach the climate protection goals. In this context, the implementation of measures towards more (ecological) sustainability poses great challenges for hospitals. On the one hand, the authors highlight the changing framework conditions to which hospitals must adapt as a result of climate change. On the other hand, they point out possible fields of action for more environmental compatibility of hospitals and specify corresponding requirements for a sustainability-oriented management with the goal of mitigating climatic developments.

1 Einleitung

Der Klimawandel mit einer globalen Erwärmung ist anthropogen, d. h. auf den Menschen zurückzuführen. Ursächlich wird dafür der seit dem Jahr 1850 beobachtete Anstieg der Treibhausgase gemacht. Die Auswirkungen des globalen Klimawandels sind bereits jetzt insbesondere in Form unterschiedlicher Wetterextreme in allen Regionen der Welt zu spüren. Beispielhaft sind hierbei Hitzewellen, Starkregen, Dürren und tropische Wirbelstürme zu nennen (IPCC 2021). Insgesamt wird der Klimawandel als größte Bedrohung für die Gesundheit der Menschen eingeschätzt (Costello et al. 2009; WHO 2021), denn durch die Klimakrise sind viele Fortschritte der letzten 50 Jahre im Kontext der globalen Gesundheit bedroht. Die Konsequenzen der Destabilisierung des Klimas üben dabei einen direkten Einfluss auf das Gesundheitswesen aus.

Auf der anderen Seite ist der ökologische Fußabdruck der Gesundheitsbranche selbst beachtlich: Sie wird weltweit für 4,4 % der CO2-Emissionen verantwortlich gemacht und liegt damit noch vor dem Flugverkehr und der Schifffahrt. Der Beitrag des deutschen Gesundheitswesens wird mit 5,2–6,7 % der bundesweiten Treibhausgase als noch bedeutender angenommen (Healthcare Without Harm 2019). Vor diesem Hintergrund sind Krankenhäuser als ressourcenintensive Großverbraucher anzusehen (Dikken 2021).

Mit dem Ziel, eine langfristig tragfähige, umweltschonende Perspektive aufzuzeigen, wurde im Jahr 1987 ein Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung durch die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen veröffentlicht. Dabei wird unter Nachhaltigkeit verstanden, dass die Bedürfnisse der Gegenwart so zu erfüllen sind, dass sie nicht die Fähigkeit künftiger Generationen gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen (Brundtland-Bericht 1987). Die Betrachtung beschränkt sich dabei nicht nur auf ökologische Aspekte, sondern inkludiert darüber hinaus noch eine ökonomische sowie eine soziale Dimension.

Mit Fokus auf das Gesundheitswesen können hinsichtlich der drei Dimensionen zu einer nachhaltigen Entwicklung folgende Schwerpunkt zusammengefasst werden:

  • Im Zentrum der ökonomischen Betrachtung stehen die Bezahlbarkeit sowie Effektivität der Gesundheitsversorgung.

  • Ein gleichberechtigter Zugang zu medizinischer Versorgung unabhängig von Alter, Einkommen, Geschlecht, Herkunft oder Gesundheitszustand beschreibt die sozialen Bedürfnisse.

  • Mit Fokus auf die ökologische Dimension wird zum einen die Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Umweltbedingungen sowie sich daraus ergebende, neuartige Gesundheitsgefahren verstanden (Adaptation). Zum anderen liegt ein weiterer Akzent auf bewusstem, ressourcensparendem Handeln von Gesundheitseinrichtungen, das auf die Vermeidung von Umweltbelastungen abzielt (Mitigation).

Im Jahr 2015 wurde im Lancet das Konzept der planetaren Gesundheit (Planetary Health) vorgestellt, das zusammen mit der Rockefeller Foundation weiterentwickelt wurde (Whitmee et al. 2015). In der Canmore-Erklärung wird ein untrennbarer Zusammenhang der menschlichen Gesundheit sowie der Gesundheit planetarer Ökosysteme geäußert (Prescott et al. 2018). Zentrales Element stellt dabei die Analyse von Wechselwirkungen und Abhängigkeiten der Ökosysteme und die gesundheitlichen Auswirkungen von resultierenden Krisen auf die Menschen dar. Dabei können sich die planetaren Krisen gegenseitig verstärken, Lösungsansätze auf der anderen Seite aber auch mehrere Probleme gleichzeitig adressieren (Co-Benefit-Lösungen). Mitigationsmaßnahmen kommen insofern zumeist sowohl dem Schutz der Lebensgrundlage als auch dem Gesundheitsschutz zugute (Voss und Schulz 2023).

Dieser Beitrag wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, die sich mit einer Entwicklung hin zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit(-sentwicklung) für die Krankenhäuser verbunden sind und berücksichtigt dabei die beiden genannten Aspekte – die Adapation sowie Mitigation. Zunächst werden einige Folgen des Klimawandels und seiner assoziierten Phänomene auf den Menschen ausgeführt, da sich hieraus Implikationen für die medizinische Versorgung u. a. in den Krankenhäusern ergeben. Zum anderen befinden sich im Krankenhaus – als Ort der medizinischen Leistungserbringung – besonders viele vulnerable Menschen. Dabei ist die medizinische Versorgung auch unter den veränderten Klima- und Wetterbedingungen sicherzustellen, was ebenfalls besondere Anforderungen an die Kliniken nach sich zieht. Des Weiteren werden die für Krankenhäuser ökologisch relevanten Handlungsfelder abgegrenzt und erläutert. Damit die Maßnahmen aus den unterschiedlichen Handlungsfeldern in der Praxis auch zur Umsetzung gelangen können, d. h. ökologische Themen zielgerichtet gesteuert werden, müssen Wesentlichkeits- und Wirtschaftlichkeitsüberlegungen stattfinden sowie entsprechende Entscheidungs-, Informations- und Motivationsstrukturen in den Krankenhäusern etabliert werden.

2 Adaptation: Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Krankenhausversorgung

Die Auswirkungen der Erderwärmung und damit assoziierter Wetterereignisse auf die menschliche Gesundheit sind manigfaltig – kaum ein medizinisches Fachgebiet lässt sich davon ausklammern (s. Fig. 18.1). Im Folgenden werden ausgewählte Aspekte des Klimawandels und ihre potenziellen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit dargestellt, die wiederum einen Einfluss auf die medizinische Leistungserbringung besitzen können.

Abb. 18.1
figure 1

Klimawandel und die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit

2.1 Erderwärmung und die Auswirkung auf allergische Erkrankungen sowie Vektor-assoziierte Infektionskrankheiten

Die Erderwärmung findet nicht gleichmäßig über alle Regionen der Welt statt, sie differiert zum Teil erheblich. Europa hat sich am stärksten von allen WMO-RegionenFootnote 1 erwärmt. Die Temperaturerhöhung seit den 1980er Jahren ist dabei doppelt so stark wie der globale Durchschnitt. In vielen Ländern West- und Südwesteuropas war das Jahr 2022 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnung (WMO 2023), der Sommer 2023 hat erneut die Vorjahreswerte übertroffen (Copernicus 2023).

Infolge der klimatischen Veränderung auf die Pflanzenentwicklung sind Veränderungen in Bezug auf die Pollenexposition für die Menschen zu erwarten. Diese können sowohl den Zeitraum der Exposition (mit einer Verlängerung der Pollensaison), die Pollenkonzentration (Erhöhung infolge steigender CO2-Konzentrationen), das Pollenspektrum (z. B. durch eine Aus- und Verbreitung von allergieauslösenden Neophyten) sowie die Allergenität der Pollen insbesondere in Kombination mit anderen Luftschadstoffen betreffen (Bergmann et al. 2023). Vor dem Hintergrund ist insbesondere mit einer Zunahme von allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen oder allergisches Asthma zu rechnen (D’Amato et al. 2019). Ein besonderes Phänomen im Formenkreis allergischer Erkrankungen stellt das Gewitterasthma dar. Bei Menschen mit Heuschnupfen und allergischem Asthma kann es während des Wetterereignisses aufgrund noch nicht vollständig erforschter Mechanismen zu schweren Symptomen wie einem akutem Asthmaanfall und entsprechend zu einer erhöhten Inanspruchnahme der Notfallversorgung kommen (Bergmann et al. 2023). Da bereits jetzt die medizinische Versorgung von Allergieerkrankten als unzureichend postuliert wird, ist eine Intensivierung der Maßnahmen rund um Forschung, Prävention und Therapie zu fordern, um die immense Herausforderung zu bewältigen (Ludwig et al. 2021).

Durch den Anstieg der Temperatur, Veränderungen des Niederschlagsmusters sowie die Globalisierung sind des Weiteren Veränderungen in der Epidemiologie von Vektor-assoziierten Infektionskrankheiten zu erwarten, die mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert sein können. Beispielhaft sei hier die Asiatische Tigermücke erwähnt, die weltweit invasivste und wärmeliebende Stechmückenart, die als hocheffizienter Vektor zahlreicher Krankheitserreger (u. a. das Dengue-Virus) gilt. Diese Mückenart konnte bereits einige Populationen v. a. im wärmegünstigen Oberrheintal aufbauen. Milde Winter und warme Frühlinge führen auch zu günstigen Bedingungen für Zecken. Diese Spinnentiere gelten als Überträger des Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Virus, deren Infektionen in ca. 70–95 % asymptomatisch verlaufen. In seltenen Fällen kann es allerdings zu einer schweren Manifestation der FSME mit zentralnervösen Symptomen bis zum Tod kommen. Die mit Abstand häufigste Vektor-übertragene Infektionskrankheit in Deutschland stellt die Lyme-Borreliose dar. Diese bakterielle Erkrankung kann klinische Manifestationen der Haut, des Nervensystems, der Gelenke sowie des Herzens verursachen. Auch wenn die Einflussfaktoren auf die Inzidenz der Lyme-Borreliose als komplex gelten, ist dennoch perspektivisch mit einem Anstieg der Infektions- und Erkrankungsinzidenz in bestimmten Regionen hierzulande zu rechnen (Beermann et al. 2023).

2.2 Gesundheitliche Auswirkungen von Extremwetterereignissen

Der Klimawandel führt nicht nur zu veränderten Mittelwerten von Temperatur, Niederschlag und Wind. Auch die Häufigkeit von Extremwetterereignissen wie Hitze- und Kältewellen, Dürren, Überschwemmungen, Waldbrände sowie Stürme nehmen zu (Diffenbaugh 2020). Für die Bevölkerung stellen diese, obwohl die Kausalität der einzelnen Ereignisse noch nicht abschließend erklärt ist, dennoch die fassbarste Auswirkung des Klimawandels dar (Butsch et al. 2023).

Hitze

In den letzten Jahren ist eine Zunahme an heißen Tagen (Temperatur > 30 °C) zu beobachten, die sich über alle Regionen Deutschlands mit den höchsten Werten im Südwesten und Osten erstreckt (Butsch et al. 2023). Hitze hat gravierende Auswirkungen auf den menschlichen Körper und damit auf die Gesundheit insbesondere vulnerabler Gruppen (Kinder, Ältere, im Freien arbeitende Menschen sowie Personen mit finanziell eingeschränkten Möglichkeiten). Im Rahmen von Hitze(-ereignissen) kommt es daher zu einer Übersterblichkeit (RKI 2022), einer Zunahme der Krankheitslast (Morbidität) und nachfolgend zu vermehrten Krankenhausaufnahmen (Karlsson und Ziebarth 2018).

Als direkte hitzebedingte Gesundheitsstörungen sind die Dehydrierung, Hitzekrampf, -kollaps, -erschöpfung und -schlag zu nennen. Es kann jedoch auch in Folge der Hitze zu einer Verschlechterung bestehender Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (z. B. Herzinfarkt oder Schlaganfall), der Atemwege (z. B. Lungenödem, akutes Atemnotsyndrom) oder Nieren (wie Nierenfibrose), des Stoffwechsels (z. B. Diabetes mellitus) oder der Psyche kommen, die bis zum Tod führen können. Zudem kann es unter hoher Wärmeeinwirkung bei einer Reihe von Medikamenten zu gefährlichen Nebenwirkungen kommen, die bei Vorerkrankten besonders berücksichtigt werden müssen.

So ist beispielsweise an bei steigenden Temperaturen sowie an den Tagen danach eine erhöhte Anzahl an stationären Krankenhausaufnahmen mit Herzinfarkten zu verzeichnen (Sun et al. 2018). Die größte Anzahl hitzebedingter Sterbefälle ist in der Altersgruppe > 75 Jahren zu verzeichnen (Winklmayr et al. 2023). Bereits jetzt ist fast ein Viertel der Deutschen älter als 65 Jahre und aufgrund des demographischen Wandels ist hier weiterhin mit einer Zunahme dieser vulnerablen Gruppe zu rechnen. Individuelle Faktoren, wie mit einem zusätzlichen Dehydrationsrisiko assoziierte Begleiterkrankungen (z. B. Demenz), üben dabei ebenso wie geographische Besonderheiten (z. B. ländliche Regionen mit vermehrter Altersarmut und einer geringeren ambulanten oder stationären Versorgung von Pflegebedürftigen) einen (negativen) Einfluss auf die Hospitalisierung aus (Klauber und Koch 2023). Zudem ist davon auszugehen, dass sich die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von heißen Tagen und Hitzewellen in den nächsten Jahren weiter erhöht.

(Weitere) Extremwetterereignisse

Die aktuelle Datenlage deutet darauf hin, dass Überschwemmungen, Starkregen sowie Sturm(-fluten) und Dürren in Zukunft an Häufigkeit und Ausmaß zunehmen könnten. Als unmittelbare gesundheitliche Folgen dieser Extremwetterereignisse sind Verletzungen und Todesfälle anzusehen. Eine besondere Rolle nimmt die Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit ein, die sich in posttraumatischen Belastungsstörungen, Angststörungen und Depressionen bis zur Suizidalität äußern kann und auch noch lange nach dem Ereignis anhält. Exemplarisch als weitere, mittelbare Folge erwähnt sei ein beobachteter Anstieg von Herz-Kreislauf-Beschwerden nach Überschwemmungsereignissen, wobei unklar bleibt, ob dies auf den psychischen Stress oder einen Ausfall von medizinischer Grundversorgung zurückzuführen ist (Butsch et al. 2023).

2.3 Strukturelle Anpassungen der Krankenhäuser an den Klimawandel

Die direkten oder indirekten gesundheitlichen Folgen des Klimawandels können zu einer veränderten medizinischen Inanspruchnahme (z. B. vermehrte Vorstellungen bei Extremwetterlagen) führen. Eine entsprechende Adaptation der medizinischen Leistungserbringung bzw. ihrer Versorgungsprozesse ist von der Anpassung der (medizinischen) Infrastruktur der Krankenhäuser an die veränderten Rahmenbedingungen abzugrenzen. Eine besondere Herausforderung besteht für die Kliniken durch die Versorgung vulnerabler Gruppen, die auch während der (ambulanten oder stationären) Aufenthalte vor äußeren Einflüssen wie Hitze oder andere Extremwetterereignissen geschützt werden müssen.

Zudem gilt es auch unter diesen besonderen Umständen die Leistungsfähigkeit der Kliniken sicherzustellen. Da die Mitarbeitenden in den Krankenhäusern besonders von den klimawandelbedingten Risikofaktoren (v. a. Hitze und andere Extremwetterereignisse) betroffen sind (Bühn und Voss 2023), sollte ihr Schutz zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems explizit Berücksichtigung finden (SVR 2023).

Hitzeschutz in Krankenhäusern

Bereits 2008 hat die WHO ein Leitfaden veröffentlicht, der Empfehlungen für einen funktionierenden Hitzeschutz beinhaltet (WHO 2008). Für Deutschland wurde dieser Leitfaden mit den „Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ im Jahr 2017 angepasst (BMUV 2017), die sich an Länder und Kommunen richten. Sechs Jahre später wurde im Hitzeschutzplan für Gesundheit des Bundesgesundheitsministeriums eine Empfehlung für eine institutionelle Verankerung des Hitzeschutzes auf Bundesebene festgeschrieben (BMG 2023).

Von der integrierten Betrachtung von Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen sowie der Zusammenarbeit weiterer Bereiche (z. B. Stadt- und Sozialplanung, Verkehrssektor oder Katastrophenschutz) sind institutionelle Maßnahmen abzugrenzen. Um diese in den Krankenhäusern zu koordinieren, können einrichtungsbezogene Hitzeschutzpläne geeignete Instrumente darstellen. Entsprechende Musterhitzeschutzpläne werden beispielsweise vom Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin (https://hitzeschutz-berlin.de/hitzeschutzplaene/) zur Verfügung gestellt. Sie enthalten ein (eskalierendes) Spektrum an Maßnahmen, die sowohl organisatorische, strukturelle als auch prozedurale Aspekte beinhalten. Immerhin 59 % der Krankenhäuser geben an, dass sie Klimafolgenanpassungen strategisch (z. B. durch Hitzeaktionspläne) berücksichtigen. Dabei werden einfache bauliche Maßnahmen wie Verschattung zur Verhinderung von Hitze bzw. Sonneneinstrahlung vergleichsweise häufig (ca. 80 %) in den Krankenhäusern umgesetzt (DKI 2022). Insbesondere die Maßnahmen zur mittel- und langfristigen Anpassung wie z. B. Wand- und Dachisolierungen als Wärmeschutz dürften jedoch angesichts der Bausubstanz vieler Krankenhäuser eine besondere Herausforderung darstellen und die entsprechenden Forderungen nach Investitionen in den Hitzeschutz plausibilisieren (DKG 2023).

Schutz vor Überschwemmungen

Neben der Hitze können auch andere Extremwetterereignisse eine Herkulesaufgabe für die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung darstellen. So hat beispielsweise die Flutkatastrophe im Juli 2021 mehrere Krankenhäuser im Westen Deutschlands (z. B. Klinikum Leverkusen oder Eschweiler) so schwer beeinträchtigt, dass sie evakuiert werden mussten.

Auch hier bestehen differenzierte kurz-, mittel- und langfristige Anpassungsmaßnahmen. Die Berücksichtigung von Starkregen- oder Überflutungsereignissen in bestehenden oder eine Erstellung eigener Notfallpläne könnte dem zunehmenden Risiko Rechnung tragen. Rund ein Drittel der Krankenhäuser geben immerhin an, diese Extremwetterereignisse in Notfallplänen bereits zu berücksichtigen (Starkregen 33 %, Überflutungen 27 %) (DKI 2022). Bauliche Vorkehrungen könnten beispielsweise die Entsiegelung verschlossener Flächen oder die Etablierung der Notstromversorgung auf dem Dach (statt im Kellergeschoss) darstellen. Angemessene Anpassungsmaßnahmen sollen nach einer Prüfung des individuellen Risikos der Krankenhausstandorte bei Neu- oder Umbaumaßnahmen Berücksichtigung finden (Osterloh 2021). Die Herausforderungen für die Kliniken hinsichtlich der nötigen Investitionen dürften in diesem Kontext nicht von denen der Hitzeschutzmaßnahmen differieren.

3 Mitigation: Handlungsfelder für mehr ökologische Nachhaltigkeit im Krankenhaus

Krankenhäuser müssen als energieintensive, hochtechnologisierte Einrichtungen einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz leisten und ihr Unternehmensgeschehen klimaverträglich ausrichten. Bei der Versorgung der jährlich rd. 17 Mio. Patientinnen und Patienten durch ca. 1,4 Mio. Beschäftigte in den 1.887 deutschen Krankenhäusern (Destatis 2022) werden durch den hohen Energieverbrauch, durch Narkosegase, durch Transporte und andere Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette besonders viele Emissionen freigesetzt (Dikken 2021). Krankenhäuser verbrauchen überdurchschnittlich viel Rohstoffe, Materialien und Wasser (siehe Chap. 17 „Umweltauswirkungen des Gesundheitssektors“ in diesem Band).

Ökologische Schwerpunkte

Ausgehend von den ökologischen Herausforderungen lassen sich – angelehnt an internationale und nationale Regelungen und Standards wie Klimaschutzgesetz, European Sustainability Reporting Standards (CSRD 2022) und EU-Taxonomie (2023) – die folgenden interdependenten Handlungsfelder für Krankenhäuser abgrenzen (Fig. 18.2):

  • Klima: Der Corporate Carbon Footprint (CCF) beschreibt die Gesamtmenge an Treibhausgasemissionen (Kohlendioxid, Methan, Lachgas und andere Emissionsarten), die direkt oder indirekt durch das Unternehmensgeschehen entstehen. Die mit dem CCF in Verbindung stehenden Emissionen werden nach dem internationalen Standard des Greenhouse Gas Protocol (GHG 2014) drei Bereichen (Scopes) zugeordnet: Für den Gesundheitssektor in Deutschland treibhausrelevant sind mit 16 % die direkt von den Krankenhäusern ausgehenden Emissionen wie selbst erzeugte Energie, Fuhrpark, Narkosegase, eigene Kälte-, Dampf- und Wärmeerzeugung (Scope 1) und mit 18 % die indirekten Emissionen aus bezogenen Energiequellen wie eingekauftem Strom, Fernwärme und -kälte (Scope 2). Bei den übrigen indirekten Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette (Scope 3, Anteil rd. 66 %) handelt es sich um Emissionen, die aus vor- und nachgelagerten Unternehmenstätigkeiten resultieren. Sie stehen in Verbindung mit der Produktion und Entsorgung der von den Krankenhäusern eingekauften Waren und Dienstleistungen, mit der Mobilität der Mitarbeitenden und Patienten und weiteren Aktivitäten (Health Care Climate Action 2014). Die indirekten Emissionen sind durch Unternehmen nicht unmittelbar steuerbar und auch schwerer erfassbar (insbesondere Scope 3), sollten aber für eine ganzheitliche Klimaschutzstrategie bekannt sein und bilanziert werden (Treibhausgasbilanz oder CO2-Bilanz). Ansatzpunkte für ein klimaneutrales Management für die Krankenhauspraxis beschreibt z. B. das Gutachten des Wuppertal Instituts Klima, Umwelt und Energie von 2022. Das Gutachten beinhaltet eine Strategie für Krankenhäuser und zehn konkrete Klimaschutzmaßen nebst Umsetzungsschritten (Wagner et al. 2022).

    Abb. 18.2
    figure 2

    Handlungsfelder der ökologischen Nachhaltigkeit

  • Energie: Die Verbesserung der Energieeffizienz bezieht sich auf die Strom-, Wärme- und Kälteversorgung im Krankenhaus. Handlungsbereiche im Bereich Strom betreffen die Anpassung des Primärenergiemixes – Ausstieg aus fossilen Energieträgern und Ausbau von erneuerbaren Energien – sowie Maßnahmen zum Stromsparen mittels technischer Anpassungen (z. B. Erzeugung von Eigenstrom, energiesparende Lichtkonzepte) (DKI 2022). Die Wärmeversorgung betrifft den Raumwärme-, Warmwasser- und Dampfbedarf. Handlungsfelder mit großem Optimierungspotenzial in diesem Bereich sind die Auslastung von Wärmemaschinen/technischen Anlagen, die Wärmerückgewinnung, das Management der Raumwärme und die Art des Energieträgers (DKI 2022; Viamedica 2009). Der Verbrauch von Energie zur Kälteerzeugung ergibt sich aus der notwendigen Lüftung und Klimatisierung der Krankenhausbereiche (Funktionsbereiche, Patientenzimmer, sonstige Bereiche) sowie der technischen Geräte, die Abwärme erzeugen. Dabei gilt es vor allen im OP, auf den Intensivstationen, im Kreissaal und auf den Säuglingsstationen sicherzustellen, dass die Kontamination der Raumluft auf ein Minimum reduziert wird und strenge Richtlinien eingehalten werden (Viamedica 2009). Maßnahmen zur Energiereduzierung können bei der Anpassung des primären Energieträgers und den Möglichkeiten alternativer Kühlung ansetzen und/oder sich auf die Optimierung der genutzten Anlagetechnik und der eingesetzten Kältemittel beziehen (DKI 2022). Der Anteil der Krankenhäuser, die zur Verbesserung der Energieeffizienz bereits Maßnahmen umgesetzt haben, liegt im Bereich Strom bei 37 %, im Bereich Wärme bei 44 % und im Bereich Kälte bei 50 % (DKI 2022).

  • Wasser: Um im Sinne der nationalen Wasserstrategie einen Beitrag für eine sichere Wasserversorgung für Patienten, Mitarbeitende und für die Umwelt zu leisten (BMUV 2023a), sind im Krankenhaus Maßnahmen unter Berücksichtigung rechtlicher Vorgaben (z. B. Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), Hygienevorschriften) in den Bereichen Wasserverbrauch, Wassernutzung und Abwasserbeseitigung relevant (Dickhoff et al. 2021). Dementsprechend werden in der Praxis gezielte Wassersparmaßnahmen über technische Optimierungsmöglichkeiten umgesetzt und ggf. alternative Wasserbezugsquellen genutzt (DKI 2022; Viamedica 2023). Der Abwasserbelastung wird bisher eher durch niederschwellige Maßnahmen begegnet, wie z. B. dem Einsatz von biologisch abbaubarem Reinigungsmittel (DKI 2022). Zur Reduzierung von Arzneimittelrückständen und anderen Gefahrstoffen wie Röntgenkontrastmittel im Abwasser von Krankenhäusern werden derzeit verschiedene Technologien und Abwassermanagementkonzepte diskutiert und erprobt (z. B. Verbundprojekt Sauber+ https://sauberplus.de/; Strohm 2023; Ahting et al. 2018)

  • Abfall: Die von Krankenhäusern erzeugte Abfallmenge besteht neben konventionellem, ungefährlichem Hausmüll aus infektiösen Abfällen (Spritzen, Verbrauchsmaterial), Gefahrenstoffen (Chemikalien, Zytostatika) und ethischen Abfällen (Körperteile, Organstoffe). Die Anforderungen an ein Abfallmanagement sind entsprechend hoch. Neben ökologischen Aspekten spielt der Infektions- und Arbeitsschutz bei der Abfallversorgung eine besondere Rolle. Die Mitteilung 18 der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) beschreibt die rechtlichen Rahmenbedingungen, die beim Umgang mit Abfall in medizinischen Einrichtungen zu beachten sind (LAGA 2021). Maßnahmen zur Vermeidung und Bewirtschaftung von Abfällen erstrecken sich mit absteigender Priorität auf 1. die Vermeidung, 2. die Vorbereitung zur Wiederverwendung, 3. das Recycling, 4. die sonstige Verwertung und 5. die Beseitigung (§ 6 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)). Die damit verbundene ganzheitliche Betrachtung der Beschaffungs- und Logistikprozesse im Krankenhaus betrifft Maßnahmen wie die Beschaffung von verpackungsarmen Produkten, Verzicht auf unnötige Produkte, Einsatz von Mehrweg- statt Einwegprodukten sowie von Recyclingprodukten, die Reduzierung von Lebensmittelabfällen, die Abfalltrennung, die umweltverträgliche und schadlose Entsorgung u. a. (Dickhoff et al. 2021). In der Krankenhauspraxis besteht hier noch unterschiedlich großer Handlungsbedarf (DKI 2022).

  • Ressourcen: Das Frauenhofer-Institut hat auf der Grundlage einer Analyse des Rohstoffkonsums und unter Berücksichtigung von Kostenaspekten zentrale Stellschrauben identifiziert, an denen Maßnahmen zur Effizienzsteigerung der Rohstoffinanspruchnahme im Gesundheitswesen und zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft im Sinne des „Circular-Economy“-Ansatzes der EU (EU-Parlament 2023) und der Bundesregierung (s. Entwurf der Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) BMUV 2023b) ansetzen sollten. Die wichtigsten Handlungsfelder für die Förderung von Ressourcenschonung im Gesundheitssektor sind danach die Bereiche Arzneimittel (Produktion und Nutzung), Medizinprodukte, Bauen, Lebensmittel- und Getränkeversorgung, Energie und Kraftstoffe. Neben den handlungsfeldspezifischen Ansatzpunkten wurden übergreifende, strategische Handlungsfelder wie das Agenda Setting, die Information, die Vernetzung und Qualifizierung sowie die Förderung der Implementierung festgestellt (Ostertag et al. 2021). Diese sind notwendig, um den zirkulären Wirtschaftsansatz auch in der Praxis umsetzen zu können. Bisher stehen der Steigerung der Ressourceneffizienz noch zu viele Hemmnisse entgegen. Neben zu hohen Kosten, Hygienevorschriften und Fachkräftemangel betrifft dies insbesondere eine fehlende Bündelung der vorliegenden Informationen zum Thema sowie eine unzureichende Rahmensetzung durch die Politik (Ostertag et al. 2021). Mit der Förderinitiative „CirculAid – Kreislaufwirtschaft im Gesundheitswesen“ sucht die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gegenwärtig nach konkreten Lösungsansätzen für einen verantwortungsvollen und sparsamen Umgang mit Ressourcen im Gesundheitswesen. Die Initiative richtet sich u. a. auch an Krankenhäuser (DBU 2023).

  • Biodiversität und Ökosysteme: Gezielte Maßnahmen von Krankenhäusern zur Erhaltung und Förderung der Vielfalt der Pflanzen- und Tierarten sowie zum Schutz der Lebensräume werden von der Green Hospital Initiative Bayern beschrieben. Dabei handelt es sich um die Entsiegelung von Flächen, den Ersatz versiegelter Parkflächen durch Rasengittersteine, eine Fassadengestaltung mit biozidfreien Materialien, die Begrünung von Dächern und/oder Fassaden, den Erhalt/die Schaffung von Nistplätzen für Gebäudebrüter, die Anpflanzung von Bäumen, das Anlegen gering bewirtschafteter Grünflächen (z. B. Magerrasen auf Abschachtungen) (Green Hospital Initiative Bayern 2022). Bei der Auswahl und Umsetzung der Maßnahmen muss jedes Krankenhauses – wie auch bei den anderen Handlungsfeldern – die individuellen Rahmenbedingungen und Strukturen berücksichtigen. Immer mehr Krankenhausberichte oder Blogbeiträge über „grüne“ Initiativen in diesem Handlungsfeld weisen auf die zunehmende Praxisrelevanz hin (z. B. Dach- und Fassadenbegrünung, Blumenwiese, Insektenhotel, Trockenmauern).

Umsetzung in der Praxis

Das internationale Netzwerk Global Green and Healthy Hospitals (GGHH), ein Programm der internationalen Gesundheitsorganisation Health Care Without Harm (HCWH), unterstützt weltweit Gesundheitseinrichtungen bei der Umsetzung von ökologischer Nachhaltigkeit. Die Grundlage bildet ein Rahmenwerk als Orientierung für die Kliniken (s. z. B. Universitätsklinikum Essen 2022), das zehn miteinander verbundene Ziele beschreibt. Diese betreffen die Bereiche Führung, Chemikalien, Abfall, Energie, Wasser, Mobilität, Ernährung, Pharmazeutika, Gebäude und Beschaffung (GGHH 2023; Karliner und Guenther 2011; siehe auch Fig. 19.1).

  1. 1.

    Führung: Priorisierung von Klimaschutz

  2. 2.

    Chemikalien: Ersetzen von schädlichen Chemikalien durch sicherere Alternativen

  3. 3.

    Abfall: Reduktion, Recycling und sichere Entsorgung von Klinikabfall

  4. 4.

    Energie: Umsetzung von Energieeffizienz und Erzeugung von sauberer, erneuerbarer Energie

  5. 5.

    Wasser: Senkung des Wasserverbrauchs und Sicherung der Trinkwasserversorgung

  6. 6.

    Mobilität: Optimierung der Transportwege für Patienten und Personal

  7. 7.

    Ernährung: Speiseversorgung mit nachhaltig angebauten, gesunden Lebensmitteln

  8. 8.

    Pharmazeutika: Sicherer Umgang mit und Entsorgung von Arzneimitteln

  9. 9.

    Gebäude: Umweltfreundliche und gesunde Krankenhausbauten

  10. 10.

    Beschaffung: Einkauf von sicheren und nachhaltigen Produkten und Materialien

Die Bereitschaft von Krankenhäusern, sich in zunehmendem Umfang mit diesen ökologischen Themen auseinanderzusetzen, ist gestiegen. Das zeigt die steigende Anzahl der im Laufe der Zeit veröffentlichten internationalen und nationalen Studien (Schmidt und Bohnet-Joschko 2022; DKI 2022 u. a.). In Deutschland gibt es einen Mix an Einzel- und Leuchtturmprojekten (s. umgesetzte Maßnahmen lt. KLIK-Datenbank, https://www.klik-krankenhaus.de/klik-datenbank/suche-nach-massnahmen), immer mehr Zertifizierungsbestrebungen (z. B. Eco-Management and Audit Scheme (EMAS)-Zertifizierung, https://emas.de), Auszeichnungen (z. B. Gütesiegel „Energie sparendes Krankenhaus“, https://energiesparendes-krankenhaus.de/), übergreifende Arbeitsgruppen (z. B. Arbeitskreise der Landeskrankenhausgesellschaften) sowie nationale und internationale Projekte und Initiativen zur Förderung von Ökologie im Krankenhaus (z. B. KLIK green+-Projekt (https://www.klik-krankenhaus.de), HCWH-Kampagne #PlasticFreeHealthcare, https://noharm-europe.org/issues/europe/plasticfreehealthcare). Ungeachtet dessen werden ökologische Maßnahmen in der Praxis bisher noch zu zögerlich umgesetzt. Empirische Untersuchungen gehen von einem großen Verbesserungspotenzial in den Krankenhäusern aus (Garcia Borrega et al. 2023; Burkhart et al. 2023; DKI 2022; Sherman und Singh 2023; Viamedica 2023; Ostertag et al. 2021). Ursächlich dafür sind unternehmensintern- und extern bedingte Hemmnisse. Ein grundlegendes Problem ist die fehlende oder unzureichende Verankerung von Ökologie im Management vieler Krankenhäuser (Baltruks et al. 2022; DKI 2022; Schmidt und Bohnet-Joschko 2022; Viamedica 2023). Auch in der Krankenhauscontrolling-Praxis hat das Thema Nachhaltigkeit bei Weitem nicht den Stellenwert, der für eine gezielte Informationsversorgung zur Unterstützung der Führungskräfte notwendig wäre (Crasselt et al. 2023; Eisl et al. 2023; Petersen et al. 2021; Schäffer und Weber 2021). Hinzu kommt der Investitionsstau sowie die fehlende Finanzierung von gezielten Klimaschutzmaßnahmen (DKG 2023). Insbesondere Maßnahmen zur Erreichung einer größeren Einsparung von Treibhausgasemissionen wie Baumaßnahmen oder die Erneuerung technischer Anlagen erfordern umfangreiche Investitionen (Augurzky und Lueke 2022; DKI 2022). Eine unzureichende Unterstützung seitens der Politik, der Selbstverwaltung und der Fachgesellschaften sowie Personalengpässe und fehlendes Wissen bzw. Fachkunde von Mitarbeitenden sind weitere Gründe für die zu geringe Verbreitung ökologischer Themen im Unternehmensgeschehen von Krankenhäusern (Baltruks et al. 2022; DKI 2022; Ostertag et al. 2021; Viamedica 2023; Wagner et al. 2022).

4 Anforderungen an ein nachhaltigkeitsorientiertes Management

Bisher fehlt es in vielen Krankenhäusern an den notwendigen Strukturen, die ökologisch-nachhaltigen Belange in allen Bereichen des Krankenhauses zu berücksichtigen, mithin die Umweltrelevanz neben den Kernelementen Ökonomie und Soziales als Teil des unternehmerischen NachhaltigkeitsmanagementsFootnote 2 bei allen betrieblichen Entscheidungen zu beachten. Diese internen Strukturdefizite haben Auswirkungen auf das ökologische Mitarbeiterverhalten und sind ein wesentlicher Grund dafür, dass die Möglichkeiten in der Praxis, einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, bei Weitem noch nicht ausgeschöpft sind.

Ausgehend von der Einordnung der ökologischen Nachhaltigkeitsziele in das Zielsystem des Unternehmens und der Definition des Managementproblems wird im Folgenden der Fokus auf die Managementstrukturen der ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit gelegt.

Ökologische Unternehmensziele

In der praxisnahen, funktional-ökologischen Betriebswirtschaftslehre ist die Ökologie, wie auch die Qualität, ein Element im betriebswirtschaftlichen Zielsystem (Wöhe und Döring 2023). Das bedeutet, dass ökologische Belange bewusst als Entscheidungsparameter bei der Zielformulierung und Strategieentwicklung des Unternehmens berücksichtigt werden müssen. Dabei sind ökologische Ziele wie die Stärkung des Umweltschutzes aus Sicht eines Unternehmens und damit auch aus Sicht von Krankenhäusern als kollektive Ziele zu charakterisieren. Kollektive Ziele sind Ziele, die von außen über gesellschaftliche und politische Erwartungen gesetzt werden und zunächst nicht unternehmensindividuell und ggf. auch nicht mitarbeiterindividuell sind. Eine Individualisierung wird durch die Einbindung ökologischer Ziele in das betriebliche Zielsystem erreicht (z. B. Energiesparmaßnahmen reduzieren die Kosten und steigern das Image des Krankenhauses = krankenhausindividuelles Ziel). Hinsichtlich der Rangordnung im Zielsystem sind ökologische Ziele Nebenziele. Nebenziele werden parallel zum Hauptziel angestrebt. Das Hauptziel eines Krankenhauses ist die Existenzsicherung auf dem Weg der Deckung des regionaladäquaten Bedarfs der Bevölkerung an voll- und teilstationärer sowie krankenhausspezifischer ambulanter Versorgung. Die Konkretisierung der Haupt- und Nebenziele erfolgt über Ober-, Zwischen- und Unterziele. Die Ziele können sich ergänzen (z. B. eine Reduktion des Energieverbrauchs und des Materialeinsatzes führt zu einer Kostenreduktion (Ökoeffizienz)), sich zielindifferent verhalten (z. B. die Erreichung einer nachhaltigeren Verpflegung hat keinen Einfluss auf die angestrebten Kostensenkungsmaßnahmen im OP) oder sich widersprechen (z. B. hohe Investitionen in den Umweltschutz führen kurzfristig nicht zu erhöhten Patientenzahlen). Widersprüche zwischen ökologischen, ökonomischen und/oder sozialen Zielen (vor allem bei kurzfristiger Perspektive) ergeben sich aus der Priorisierung der Formal-, Sach- und Sozialziele des Krankenhauses. Die Priorisierung wird davon bestimmt, wie existenzgefährdet das Krankenhausunternehmen ist. Externe Rahmenbedingungen wirken darauf ein (z. B. Krankenhausfinanzierung, Arbeitsmarktlage).

Managementproblematik

Für das Management bedeutet das, zum einen die kollektiven ökologischen Ziele als Nebenziele über eine Priorisierung in das krankenhausindividuelle Zielsystem und folglich in die Unternehmensstrategie zu integrieren und zum anderen sicherzustellen, dass diese Ziele unter Berücksichtigung der Erwartungen der Führungskräfte und Mitarbeitenden auch umgesetzt werden können. Hierzu müssen die ökologischen Ziele auf der Ebene des Gesamtunternehmens als strategische ökologische Ziele und auf der Bereichsebene (Fachabteilungen/Zentren, medizinische Institutionen, Versorgungs-/Verwaltungsbereiche) als dispositive und operative Ziele etabliert werden (Oswald und Schmidt-Rettig 2023). Zur Umsetzung der Ziele sind Regeln festzulegen, die von den Mitarbeitenden akzeptiert werden können und praxisrelevant sind. Inhaltlich beziehen sich diese vom Gesamtkonzept des Krankenhauses abgeleiteten ökologischen Teilkonzepte auf sämtliche betriebswirtschaftlichen Funktionen, d. h. die Leistungserstellung (Patientenversorgung), das Personalmanagement, das Finanz- und Investitionsmanagement, den Einkauf und die Logistik, das Facility-Management, das Marketing und als Querschnittsfunktion die Qualität, die Organisation und die Digitalisierung (Ernst et al. 2021; Werner et al. 2022). Bei der Umsetzung der Ziele sind die sich daraus ergebenen informellen Reaktionen der Mitarbeitenden zu beobachten (z. B. Übertragung des Mülltrennungsverhaltens im privaten Bereich auf den beruflichen Bereich) und nach Bedarf über geeignete Anreizformen zu fördern (z. B. Aufklärung, Kompetenzförderung, Vorschlags-, Beteiligungs- oder Entscheidungsrechte in Bezug auf ökologische Fragestellungen). Den Führungskräften obliegt die Aufgabe, über das eigene umweltorientierte Handeln die anzustrebenden ökologischen Werte, Normen und Ziele des Krankenhauses zu vermitteln (Vorbildfunktion). Die Grundlage für das Führungsverhalten bildet eine Führungskonzeption, in der das Prinzip der Nachhaltigkeit ein elementarer Bestandteil ist (Brabandt 2019).

Schritte zur Verankerung von Ökologie in die Managementstrukturen

Im Detail sind folgende Fragestellungen krankenhausindividuell zu beantworten:

  • Identifikation und Festlegung wesentlicher Nachhaltigkeitsthemen und Klärung der Beeinflussbarkeit (Art, Umfang und Ort): Welche Handlungsfelder sind mit welcher Priorität für das einzelne Krankenhaus relevant/weniger relevant und in welchem Umfang und an welchem Ort kann der Verbrauch im Rahmen der (heterogenen) Leistungserstellung gesteuert werden?

  • Identifikation der Entscheidungsspielräume: Welche Steuerungsmöglichkeiten und -grenzen bestehen?

  • Festlegung der Entscheidungsträger (Aufgabe, Kompetenz, Verantwortung): Welcher Entscheidungsträger im Krankenhaus ist für die Umsetzung welcher Maßnahmen verantwortlich?

  • Festlegung der Informationsstrukturen: Welche (quantitativen und qualitativen) Informationen sind adressatenspezifisch zur Steuerung von Nachhaltigkeit bzw. Ökologie notwendig? Welche externen Berichtspflichten sind zu erfüllen?

  • Mitarbeitermotivation zur Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen: Wie können Mitarbeitende mit ihren persönlichen Vorstellungen zum Umweltschutz zur Erfüllung der ökologischen Unternehmensziele einbezogen und mitgenommen werden? Wie kann die Unternehmenskultur (indirekt) gestaltet werden, damit sie die Identifikation des Krankenhauspersonals mit den ökologischen Zielen des Unternehmens unterstützen kann?

Identifikation und Festlegung wesentlicher Nachhaltigkeitsthemen und Klärung der Beeinflussbarkeit

Um das unternehmensindividuelle Entwicklungspotenzial abschätzen zu können, ist eine Reifegradprüfung sinnvoll. Es gibt verschiedene Modelle, die die Ausprägung des Nachhaltigkeitsmanagements im Krankenhaus einordnen (Glanze et al. 2021). Die Identifikation und Priorisierung von ökologischen Nachhaltigkeitszielen erfordert eine strukturierte Wesentlichkeitsanalyse (Sidki und Ackenhausen 2023), die zudem nach der neusten EU-Verordnung über die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD-Richtlinie) für Krankenhäuser ab 2025 verpflichtend sein wird, die dieser Berichtspflicht unterliegen (werden). Das betrifft vor allem größere Krankenhäuser. Die CSRD-Richtlinie, die die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung stellt, ist eine Weiterentwicklung der NFRD-Richtlinie (Non-Financial Reporting Directive). Sie erweitert den Anwendungskreis und vergrößert die inhaltlichen Anforderungen an eine Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der Berichtspflicht unterliegen alle kapitalmarktorientierten Unternehmen (Ausnahme Kleinstunternehmen) sowie alle großen haftungsbeschränkten Unternehmen in der EU. Als groß gelten hierbei alle Unternehmen, die zwei dieser drei Kriterien erfüllen: Bilanzsumme > 20 Mio. €, Netto-Umsatz > 40 Mio. € und/oder > 250 Mitarbeitende. Die Veröffentlichung erfolgt im Lagebericht des Geschäftsberichts und wird extern geprüft. Konkretisiert werden die anzugebenden Informationen in Artikel 19a Absatz 2 CSRD. Es werden vergangenheits- und zukunftsbezogene sowie qualitative und quantitative Informationen verlangt (Angaben zum Geschäftsmodell und zur Strategie, Beschreibung der Nachhaltigkeitsziele, Angaben zu den wichtigsten tatsächlichen oder potenziellen Nachhaltigkeitsrisiken entlang der Wertschöpfungskette u. a.). Europäische Berichtsstandards (European Sustainability Reporting Standards – ESRS) definieren die genauen Inhalte, die berichtet werden müssen. Unterschieden werden sektorenübergreifende und branchenspezifische Standards. Am 31. Juli 2023 hat die EU-Kommission sektorenübergreifende Standards veröffentlicht (Set 1). Sie wurden von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) im Auftrag der EU erarbeitet. Parallel dazu erarbeitet die EFRAG gegenwärtig Leitlinien, die die Unternehmen bei der Anwendung der Standards unterstützen sollen. Im August 2023 wurden erste Entwürfe zum Thema „Wesentlichkeitsanalyse“ und „Wertschöpfungskette“ veröffentlicht (EFRAG 2023a, 2023b). Die Erweiterung um branchenspezifische Kriterien und Kennzahlen soll im Jahr 2024 umgesetzt werden. Für die Gesundheitseinrichtungen in Deutschland hat der DVKC ein entsprechendes Projekt initiiert (Maier und Sidki 2022). Deutlich werden soll durch den Bericht, wie sich das Handeln der einzelnen Unternehmen auf den Umweltschutz und auf soziale Aspekte auswirkt („Inside-out“-Perspektive) und umgekehrt („Outside-in“-Perspektive) (= Grundsatz der doppelten Wesentlichkeit). Der Bericht unterstützt damit zum einen bei der unternehmensinternen Steuerung von Nachhaltigkeit und zum anderen informiert er alle Stakeholder und kann dadurch dazu beitragen, dass diese ihren eigenen Nachhaltigkeitsanforderungen besser gerecht werden können. Außerdem wird davon ausgegangen, dass Unternehmen darüber einen besseren Zugang zu Finanzkapitel erlangen können.

Die Ergebnisse von Reifegradprüfung und Wesentlichkeitsanalyse bilden die Grundlage für die Ableitung von konkreten Zielen und Maßnahmen für die identifizierten Handlungsfelder im jeweiligen Nachhaltigkeitsbereich. Im Bereich der Ökologie werden in der Praxis als wesentliche Themen die Verringerung der CO2-Emissionen, die Verbesserung der Energieeffizienz, die Reduzierung von Abfall und die Senkung des Wasserbrauchs angesehen (z. B. Asklepios 2022; Fresenius 2022).

Zum Zwecke der internen Steuerung sollten die ökologischen Entscheidungen auch hinsichtlich ihrer direkten Beeinflussbarkeit analysiert werden (s. Table 18.1). Dazu ist eine Unterscheidung der Steuerungsgrößen und -ebenen notwendig. Steuerungsgrößen betreffen

  • Art (z. B. Strom, pflegerischer Sachbedarf) und

  • Umfang (z. B. Verbrauch von Strom, Einsatz von pflegerischem Sachbedarf).

Tab. 18.1 Beispiel einer Struktur zur Identifikation von Art, Umfang und Ort der Beeinflussbarkeit ökologischer Handlungsfelder auf der Bereichsebene unter Berücksichtigung der zehn GGHH-Schwerpunkte

Die Steuerungsebenen legen fest, wo die Steuerungsgrößen am ehesten beeinflusst werden können:

  • auf der Unternehmensebene (z. B. Entscheidung zur Umstellung auf Ökostrom, Beschaffung nachhaltiger Materialen für die Pflege, Etablierung von Produktstandardisierungen zur Reduzierung des Verpackungsmaterials)

  • auf der Bereichsebene (z. B. Verbrauch von Strom und Einsatz von pflegerischem Sachbedarf in den Fachabteilungen)

Identifikation der Entscheidungsspielräume

Das Ausmaß der Beeinflussung von Nachhaltigkeit wird bestimmt von Entscheidungsspielräumen. Zu prüfen sind daher Möglichkeiten und Begrenzungen ökologischer Entscheidungen auf der Unternehmens- und Bereichsebene.

Die Entscheidungsmöglichkeiten sind vielfältig (s. Maßnahmen in DKI-Studie 2022; Ostertag et al. 2021; Handlungsempfehlungen von medizinischen Fachgesellschaften), z. B. in Bezug auf die pflegerische Leistungserbringung u. a.

  • auf der Unternehmensebene: Festlegung durch die Pflegedirektion, im Bereich des pflegerischen Sachbedarfs die Nutzung von nachhaltigeren Produkte auszuweiten

  • auf der Bereichsebene: zunehmender Einsatz von Mehrwegprodukten durch die Pflegekräfte im Rahmen der pflegerischen Versorgung der Patienten

z. B. in Bezug auf die medizinische Leistungserbringung u. a.

  • auf der Unternehmensebene: Abgabe von Empfehlungen zum Umgang mit Arzneimitteln seitens der Ärztlichen Direktion

  • auf der Bereichsebene: Beeinflussung des Arzneimitteleinsatzes durch die Verordnung ressourcenschonender und umweltverträglicher Wirkstoffe sowie therapiegerechter Mengen

Eingeschränkt werden ökologische Entscheidungen insbesondere

  • durch rechtliche Bestimmungen (z. B. Regelungen zum Umgang mit Abfall),

  • durch medizinische oder pflegerische Vorgaben (z. B. Hygienevorschriften, Verwendung von Lachgas bei dringender medizinischer Notwendigkeit),

  • durch den Einsatz von Produkten oder Materialien, die (noch) nicht veränder- oder austauschbar sind (z. B. OP-Masken, Desinfektionsmittel, wasserundurchlässiges, pflegerisches Verbrauchsmaterial).

Diese sachlich begründeten Entscheidungsspielräume können bei der Umsetzung durch externe Rahmenbedingungen (z. B. Produkt ist am Markt nicht verfügbar) und innerbetriebliche Einschränkungen (z. B. Ressourcenknappheit, ungeeignete bauliche Strukturen, generelle Entscheidungsspielräume der Diagnostik und Therapie bei der Behandlung der Patienten) eingeengt werden.

Festlegung der Entscheidungsträger

Ausgehend von den Festlegungen der steuerungsrelevanten Sachverhalte interessieren die institutionalen Konsequenzen im Sinne einer Zuordnung der Teilaufgaben und Kompetenzen zu den Entscheidungsträgern in den zentralen und dezentralen Krankenhausbereichen (s. Table 18.2). Auch wenn eine erfolgreiche Umsetzung von (ökologischer) Nachhaltigkeit nur gelingt, wenn sich alle Führungskräfte und Mitarbeitenden engagieren, ist es notwendig, ausdrücklich Verantwortliche für die steuerungsrelevanten Nachhaltigkeitsaufgaben zu benennen. Das betrifft die Führungskräfte auf allen Managementebenen (Krankenhausträger/Eigentümer, ggf. die Leitung Verbund, ggf. Regionalleitung, die Krankenhausleitung, Fachabteilungs-/Zentrumsleitung, Leitung der übrigen Krankenhausbereiche). Außerdem ist zu klären, wer sich mit wem abzustimmen hat und wer wen informieren muss. Mit der Institutionalisierung von Nachhaltigkeit ist darüber hinaus die organisatorische Verankerung innerhalb der Unternehmensorganisation verbunden (z. B. Etablierung einer zentralen Abteilung Nachhaltigkeitsmanagement) sowie eine Verankerung weiterer Organisationseinheiten (z. B. Nachhaltigkeitsboard, fachbezogene Arbeitsgruppen) (z. B. Asklepios 2022). Hier ist die Sicherstellung der inhaltlichen und formalen Voraussetzungen anzusiedeln.

Tab. 18.2 Beispiel einer Struktur zur Festlegung der Entscheidungsträger mit ausgewählten Beispielen

Festlegung der Informationsstrukturen

Damit ökologische Nachhaltigkeitsaspekte in die Entscheidungsfindung des Managements einbezogenen werden können, sind Informationen vom Controlling zu beschaffen, aufzubereiten und bereitzustellen (z. B. Verbrauchs- und Kosteninformationen Energie, Wasser, Abfall insgesamt und differenziert nach Bereich und pro Patient, Ökoeffizienzinformationen in Bezug auf Produkte, die in großen Mengen eingesetzt werden, CO2-Fußabdruck des Krankenhauses). Das „Green-Controlling“Footnote 3 stellt keinen neuen oder eigenen Controllingansatz dar (Klein und Kämmler-Burrak 2021; Sailer 2020), sondern ist als Querschnittsbereich des Krankenhauscontrollings spiegelbildlich zu den Managementstrukturen im Sinne eines integrierten Ansatzes zu entwickeln (Oswald und Schmidt-Rettig 2023). Aufgabe des Controllings ist es, die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit ökologischer Strategien und Maßnahmen zur Priorisierung der Projekte aufzuzeigen, ihre Umsetzung zu begleiten und ihre Zielerreichung zu monitoren. Dazu ist es notwendig, die bestehenden Planungs- und Kontrollsysteme weiterzuentwickeln (z. B. Integration ökologischer Aspekte in die strategische Planung (Wunder 2020)). Da die ökologischen Entscheidungsprobleme häufig besonders komplex sind (z. B. Berücksichtigung der Abhängigkeiten der Nachhaltigkeitsdimensionen) und/oder Daten nicht oder nur teilweise vorliegen (z. B. zur Ermittlung der CO2-Bilanz), entsprechen die relevanten Controllingaufgaben dieser Managementkomplexität (Schulze et al. 2023; Sailer 2020). Auch die Controlling-Methoden und -Instrumente sind in unterschiedlichem Ausmaß zu erweitern (z. B. ökologieorientiertes Rechnungswesen, Sustainability Balanced Scorecard), ggf. sind neue Ansätze zu etablieren (z. B. Sustainable Value Added, MIPS-Konzept, BRIX (Business Resource Intensity Index) (Sailer 2020)). Die Green-Controlling-Studie des Internationalen Controllervereins (Schulze et al. 2023) zeigt, dass in der Praxis am stärksten Kennzahlen und Kennzahlensysteme, die Bewertungen von Investitionen und strategische Instrumente wie die BSC um nachhaltige Inhalte erweitert werden (Schulze et al. 2023). In Bezug auf Kennzahlen trifft das auch auf Krankenhäuser zu (Crasselt et al. 2023). Ziel sollte es sein, die relevanten quantitativen und qualitativen Informationen in einen ganzheitlichen Unternehmensberichterstattungsansatz aufzunehmen (Mock 2020). Dieser muss sowohl eine betriebswirtschaftliche interne Steuerung ermöglichen als auch rechtlichen Anforderungen genügen. Aufgrund der starken Abhängigkeit von Management und Controlling setzt die Steuerungswirkkraft neben einem geeigneten Instrumentarium und fachlichen Kompetenzen der Beteiligten eine stabile, partnerschaftliche Zusammenarbeit von Manager und Controller voraus (Oswald und Schmidt-Rettig 2023; Petersen et al. 2021). Diese verhaltensbezogene Anforderung gilt unabhängig vom Controllingschwerpunkt.

Mitarbeitermotivation zur Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen

Die Implementierung und Umsetzung von ökologischen Maßnahmen verlangt die Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft aller Krankenhausmitarbeitenden. Sie kommt in der Unternehmenskultur zum Ausdruck, d. h. in der Art und Weise, wie die ökologischen Werte, Normen und Ziele im täglichen Leistungsgeschehen des Krankenhauses gelebt werden. Aufgabe der Führungskräfte ist es, das Personal mit seinen unterschiedlichen Vorstellungen zum Umweltschutz im Veränderungsprozess mitzunehmen (Grothe und Teller 2020). Einige Mitarbeitende unterstützen die Umweltschutzziele des Krankenhauses und verhalten sich persönlich entsprechend, insbesondere, wenn sie auch in ihrem Privatleben danach handeln. Andere halten Umweltschutz für unwichtig oder bekunden zwar die Wichtigkeit, handeln aber nicht danach (BMUV 2023c). Um das Engagement der Mitarbeiten zielgerichtet zu fördern, muss das Führungskonzept ergänzt werden (Brabandt 2019). Festzulegen sind die Erwartungen an das ökologische Verhalten der Mitarbeitenden sowie die Motivationsinstrumente. Diese Vorgehensweise entspricht generell der Synchronisation des Führungskonzepts mit dem Zielsystem und zeigt sich im Sinne eines gesamtintegralen Managementkonzeptes (Oswald und Schmidt-Rettig 2023; Butzer-Strothmann und Ahlers 2020).

5 Fazit

Der anthropogene Klimawandel ist im vollen Gange und verläuft dabei schneller sowie folgenschwerer als bisher angenommen. Bereits jetzt sind seine Auswirkungen in Deutschland vielerorts spürbar. Dabei handelt es sich aktuell vor allem um Wetterextreme wie Hitzewellen oder Starkregenereignisse, die eine Vorahnung auf das geben, was auf uns zukommen könnte. Von den Konsequenzen sind insbesondere vulnerable Gruppen wie Ältere, Kinder, Vorerkrankte und sozial Benachteiligte betroffen.

Auch Krankenhäuser tangieren die Veränderungen in Folge des Klimawandels in besonderer Weise. Zum einen, da nahezu alle Fachdisziplinen in der Medizin mit einer Erhöhung der Krankheitslast rechnen müssen. Zum anderen, weil durch die Kliniken auch unter Extrembedingungen eine adäquate Gesundheitsversorgung sicherzustellen ist. Eine frühzeitige und ernsthafte Auseinandersetzung mit ökologischen Fragestellungen – in diesem Kontext Adaptationsstrategien – ist anzuraten, seien es Maßnahmen wie Hitzeschutzpläne, an Extremwetterlagen angepasste Notfallpläne oder strategische Überlegungen zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung an die sich verändernden (gesundheitlichen) Rahmenbedingungen.

Auf der anderen Seite ist der ökologische Fußabdruck der Krankenhäuser beachtlich. Mit der Intention, die vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen, wird eine umweltverträgliche Ausrichtung der Leistungserbringung an Bedeutung gewinnen. Die Aufnahme ökologischer Fragestellungen in das Krankenhausgeschehen bedarf, ebenso wie die komplexen Qualitätsanforderungen an die Patientenversorgung – beides sind Querschnittsfunktionen über sämtliche funktionalen Unternehmensschwerpunkte – einer Integration innerhalb eines bestehenden integrativen Management- und Führungskonzepts.

Die ökologischen Handlungsfelder von Krankenhäusern – Klima, Energie, Wasser, Abfall, Ressourcen, Biodiversität und Ökosysteme – betreffen alle Input- und Outputfaktoren sowie den Leistungserstellungsprozess der Einrichtungen einschließlich der vor- und nachgelagerten Prozesse der Wertschöpfung. Der Umstand, dass ökologische Ziele aus betriebswirtschaftlicher Sicht als Kollektivziele zu charakterisieren sind und die gegenwärtigen externen und internen Rahmenbedingungen die Verankerung von Ökologie im Unternehmensgeschehen von Krankenhäusern noch unzureichend fördern, hat zur Folge, dass das Thema in der Praxis bisher eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Um das Verständnis für die Handlungsnotwendigkeiten bei den Führungskräften und Mitarbeitenden in den Einrichtungen weiter zu vertiefen und die ökologischen Themen breiter und tiefer in die Umsetzung zu bringen, sind durch das Management über einen integrierten Ansatz geeignete strukturelle und kulturelle Voraussetzungen zu schaffen. Geeignet sind die Strukturen dann, wenn die Umweltanforderungen von Politik und Gesellschaft in das unternehmenspolitische Zielsystem aufgenommen und Strategien für wesentliche ökologische Aufgaben abgeleitet, implementiert und bewertet werden können. Ferner, wenn ökologische Entscheidungen am Ort ihrer Beeinflussbarkeit mit Hilfe relevanter Informationen getroffen werden können und wenn ein ökologieorientiertes Verhalten beim Krankenhauspersonal im Sinne der Unternehmensziele erreicht werden kann.