FormalPara Zusammenfassung

Im Rahmen einer Studie im Auftrag der Rhön Stiftung Eugen und Ingeborg Münch wurde untersucht, wie sich die ambulante Versorgung in Krankenhäusern derzeit darstellt und wie sich Krankenhäuser in Zukunft aufstellen müssen, um die ambulante Leistungserbringung kostendeckend zu gestalten und die Ambulantisierung voranzutreiben. Die zentralen Ergebnisse sind in diesem Beitrag zusammengefasst. Dabei sollen Antworten auf die Frage geliefert werden, wie die operative Umsetzung der ambulanten, stationsersetzenden Versorgung in Krankenhäusern in Bezug auf Infrastruktur, Organisation, Prozesse sowie Personaleinsatz gelingen kann, basierend auf der Annahme, dass für die ambulante Leistungserbringung derzeit kaum passende Strukturen und Prozesse existieren. Zur Beantwortung dieser Frage wurde anhand von zwei Beispielhäusern eine Ambulanzkostenrechnung auf Basis einer Vollkostenrechnung durchgeführt und die Auswirkungen der Umsetzung des ambulanten Potenzials auf die Deckungsbeiträge definierter Fachabteilungen analysiert. Die Ergebnisse wurden in Expertengesprächen validiert und ergänzt. Die Studie identifiziert sechs Handlungsfelder und zeigt die Schrittfolge für die Umsetzung der Ambulantisierung auf. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass, neben Änderungen in der Vergütung eine grundlegende Überarbeitung des ambulanten Geschäftsmodells in Krankenhäusern unerlässlich ist, um die ambulante stationsersetzende Versorgung erfolgreich voranzubringen.

In a study commissioned by the Rhön Foundation Eugen and Ingeborg Münch, the authors investigated how outpatient services are currently provided by hospitals in Germany and how they will have to position themselves in future in order to cover the costs of providing outpatient services and promote outpatient treatment. The central results are summarised in this article. The aim is to provide answers to the question of how the operational implementation of outpatient care in hospitals can succeed in terms of infrastructure, organisation, processes and staff deployment, based on the assumption that currently there are hardly any suitable structures and processes for outpatient service provision. To answer this question, an outpatient cost calculation was carried out on the basis of two sample hospitals and the effects of implementing the outpatient potential were analysed. The results were validated and supplemented in expert interviews. The study identifies six fields of action and shows the sequence of steps for the implementation of outpatient care. The results of the study illustrate that, in addition to changes in remuneration, a fundamental revision of the outpatient business model in hospitals is essential to successfully advance outpatient care of hospitals.

1 Einleitung: Relevanz des Themas und methodisches Vorgehen

1.1 In Deutschland besteht ein erheblicher Nachholbedarf bei der Ambulantisierung

Die Unterscheidung zwischen ambulanter und stationärer medizinischer Versorgung und die Organisation dieser beiden Versorgungsformen in ihrem jeweiligen Sektor mit gesondertem Budget ist ein wesentliches konstituierendes Merkmal des deutschen Gesundheitssystems und im internationalen Vergleich der Gesundheitssysteme ein Alleinstellungsmerkmal. Die damit einhergehende Konkurrenz um Budgetanteile erschwert im Versorgungsalltag die Kooperation innerhalb und vor allem zwischen den Sektoren und führt im Ergebnis zu einer Fragmentierung der Versorgung (Struckmann et al. 2021).

Die je nach Sektor unterschiedlichen Vergütungsarten und -höhen – DRGs für die stationäre und EBM und GOÄ für die ambulante Versorgung – wirken darüber hinaus systemisch auf die Entscheidung, ob Patientinnen und Patienten stationär, teilstationär oder ambulant versorgt werden, denn der Refinanzierungsdruck durch die im Vergleich höheren Kosten setzt für die Krankenhäuser einen eindeutigen Anreiz für eine stationäre Versorgung ihrer Patienten.

Alle Bemühungen der letzten Jahre, die ambulante Versorgung durch Krankenhäuser zu intensivieren und so stationäre Kapazitäten zu reduzieren, konnten keinen durchschlagenden Erfolg haben, da den möglichen Vorteilen einer ambulanten Behandlung die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für die Krankenhäuser entgegenstanden.

Zuletzt im Jahr 2022 attestierte die IGES-Studie daher dem deutschen Versorgungssystem einen erheblichen Nachholbedarf bei der Ambulantisierung von stationären Krankenhausleistungen (Albrecht et al. 2022).

Neben den unvorteilhaften Vergütungsstrukturen stehen einer wirtschaftlichen ambulanten Leistungserbringung durch die Krankenhäuser aber auch die auf die stationäre Versorgung zugeschnittenen Gebäude, Strukturen, Prozesse und Personalkonzepte im Wege, da die (Vorhalte-)Kosten für die stationäre Infrastruktur und den stationären Personaleinsatz nicht zur ambulanten Vergütung passen.

Im Rahmen einer Studie im Auftrag der Rhön Stiftung Eugen und Ingeborg Münch (Rhön Stiftung Eugen und Ingeborg Münch 2023) wurde untersucht, wie sich Krankenhäuser bzgl. ihrer Infrastruktur, Organisation, Prozesse sowie ihres Personaleinsatzes für die Zukunft aufstellen müssten, um die ambulante Leistungserbringung effizient zu gestalten und die Ambulantisierung voranzutreiben.

1.2 Ambulanzkostenrechnung und semistrukturierte Interviews

Die Studie umfasst eine Bestandsaufnahme zur Art und Weise, wie die ambulanten Leistungen in zwei Beispielhäusern (ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit 130 Betten im ländlichen Raum in Bayern und ein Krankenhaus der Maximalversorgung mit 1.000 Betten in einer Großstadt in Hessen) organisiert sind. Dabei wurde eine rechnerische Analyse zu den Ambulanzkosten und zu den Auswirkungen der Umsetzung des ambulanten Potenzials durchgeführt.

Die Ambulanzkostenrechnung basiert auf einer Vollkostenrechnung und berücksichtigt damit sämtliche direkten und indirekten Kosten im Zusammenhang mit der ambulanten Leistungserbringung (Oswald und da Silva Leal 2018). Die innerbetriebliche Leistungsverrechnung wird dabei anhand von Verteilungsschlüsseln vorgenommen, die dem Prinzip der Kostenverursachung folgen und sich am InEK-Kalkulationshandbuch orientieren. Die Kosten des medizinischen Personals wurden auf Basis einer leistungsbezogenen Personalbedarfsermittlung verteilt.

Die gewonnenen Erkenntnisse wurden in Expertengesprächen mit zehn weiteren Krankenhäusern aller Größenklassen, Versorgungsstufen und Trägertypen in sieben Bundesländern in urbanen und in ländlichen Regionen mittels semistrukturierter Interviews überprüft, validiert und ergänzt. Sie münden in konkrete Handlungsempfehlungen für eine Überarbeitung der ambulanten Leistungserbringung, die im Folgenden dargestellt werden.

Zwar ist die Studie damit nicht repräsentativ im wissenschaftlichen Sinn, gleichwohl bildet sie die Vielfalt deutscher Krankenhäuser ab und bietet einen tiefergehenden Einblick in die aktuelle Situation der ambulanten Leistungserbringung sowie in die Veränderungsanforderungen in den Krankenhäusern.

Für die Darstellung der Auswirkungen zunehmender Ambulantisierung durch die im IGES-Gutachten festgelegten zukünftig ambulant zu erbringenden Leistungen wurden vereinfachte Annahmen getroffen:

  • Die Ambulantisierung führt nicht zu einer Verlagerung der ambulanten Leistungen in den niedergelassenen Bereich. Das bedeutet, dass alle Fälle, die laut dem IGES-Gutachten ambulant behandelt werden können, durch das Krankenhaus erbracht werden.

  • Die freiwerdenden stationären Kapazitäten füllen sich nicht anderweitig.

  • Die künftigen ambulanten Erlöse entsprechen den durchschnittlichen Erlösen aus der bisherigen ambulanten Leistungserbringung im Status quo der jeweiligen Fachabteilung.

  • Die künftigen Kosten der ambulanten Leistungserbringung entsprechen den Kosten für die ambulante Leistungserbringung der jeweiligen Fachabteilung im Status quo.

  • Die Kosten der stationären Behandlung entsprechen der InEK-Kalkulationsmatrix.

2 Ergebnisse der Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen im Überblick

2.1 Für die ambulante Leistungserbringung existieren derzeit kaum passende Strukturen und Prozesse

Die Erkenntnisse der Bestandsaufnahme zeigen, dass derzeit kaum bzw. nur in Ausnahmefällen optimale Strukturen und Prozesse für die ambulante Leistungserbringung in Krankenhäusern existieren. Diese Aussage stützt sich auf die durchgeführten Ambulanzkostenrechnungen.

Unter den eingangs dargestellten Planungsprämissen treten keine Skaleneffekte durch eine Zunahme der ambulanten Fallzahl auf. Bei unveränderten Kosten- und Erlösstrukturen verschlechtert sich der Deckungsbeitrag in der überwiegenden Anzahl der Fachabteilungen. Bei zusätzlicher Berücksichtigung des ambulanten Erlösverlustes, unter Einbeziehung der entfallenden variablen Kosten, ergeben sich in der Gesamtbetrachtung (ambulant und stationär) in allen untersuchten Fachabteilungen sowohl bei Maximal- als auch bei Grund- und Regelversorgern negative Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Fachabteilungen.

Für den Status quo zeigt die Ambulanzkostenrechnung am Beispiel der Fachabteilung Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde des Maximalversorgers auf Basis von 4.960 Ambulanzfällen ein negatives Ergebnis in Höhe von 432 T€. Das ambulante Potenzial liegt bei 700 Fällen, wobei es sich prozentual betrachtet um keine wesentliche Steigerung handelt. Werden diese Fälle bei gleichbleibenden Kosten und Erlösen erbracht, verschlechtert sich das Ergebnis um weitere 43 T€. Hinzu kommt, dass durch die Ambulantisierung der 700 Fälle weitere 788 T€ an stationären Erlösen unter Berücksichtigung der entsprechenden Kosteneinsparung verlorengehen. Die negativen Gesamtauswirkungen für die Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde summieren sich somit auf rund 831 T€. Pro Fall ergibt sich ein durchschnittlicher Verlust von rd. 1 T€ pro ambulantisierten Fall (Fig. 15.1).

Abb. 15.1
figure 1

Auswirkung Ambulanzkostenrechnung HNO-Abteilung Maximalversorger

Diese strukturelle Unterdeckung bei der ambulanten Leistungserbringung fand Bestätigung in sämtlichen Expertengesprächen. Die Unterdeckung wird dabei auch auf die zu geringe Vergütung der ambulanten Leistungen zurückgeführt, die selbst unter besten Bedingungen nicht zu einer wirtschaftlichen Leistungserbringung führen könne. Diese Aussage wurde auch von den beiden Krankenhäusern unserer Auswahl bestätigt, die bereits seit mehreren Jahren eine erfolgreiche Ambulantisierungsstrategie umgesetzt haben. Beide bestätigen, dass die ambulante Leistungserbringung wirtschaftlich noch von den stationären Erlösen subventioniert wird. Das Vergütungsniveau für ambulante Leistungen am Krankenhaus gilt daher auch als Hemmnis für die Investition in passende Strukturen und Prozesse und somit für die Ambulantisierung an sich. In Summe hat sich in den Expertengesprächen gezeigt, dass die ambulante Leistungserbringung durch Krankenhäuser bislang eher unstrukturiert erfolgt ist, als dass sie einen eigenen strategischen Schwerpunkt ausbilden konnte.

2.2 Grundlegende Überarbeitung der Art und Weise der ambulanten Leistungserbringung

Das Gesamtbild, das sich aus der Bestandsaufnahme ergibt, legt nahe, dass die überwiegende Zahl der Krankenhäuser ihr ambulantes „Geschäftsmodell“ grundsätzlich überarbeiten müssen. In der vielfältigen Krankenhauslandschaft hat sich aber auch gezeigt, dass es hierfür kein Patentrezept geben kann, das auf jedes Krankenhaus übertragbar wäre. Dennoch weisen bereits realisierte Praxisbeispiele aus unseren Expertengesprächen einige Gemeinsamkeiten auf:

  • Ausgangspunkt ist eine Versorgungsstrategie des Krankenhauses, die auf dem Bedarf und dem Leistungsangebot in der Region basiert – unabhängig von Trägerschaft und Sektorengrenzen.

  • Ambulantisierung am Krankenhaus wird ganzheitlich betrachtet – die ambulante Leistungserbringung ist Bestandteil einer Gesamtstrategie und eng verknüpft mit den Entwicklungen der stationären Versorgung.

  • Erfolgreiche Beispiele verfügen über tragfähige Netzwerke mit anderen Leistungserbringern und verbinden damit die Sektoren.

  • Wer es „richtig“ machen möchte, investiert in sinnvolle Strukturen und Prozesse.

Auf Basis der durchgeführten Recherchen können grundsätzliche Handlungsimpulse sowie die Schrittfolge der Aktivitäten für die Überarbeitung des ambulanten Geschäftsmodells definiert werden (Fig. 15.2).

Abb. 15.2
figure 2

Schrittfolge bei der Überarbeitung des Geschäftsmodells

3 Ergebnisse der Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen im Einzelnen

3.1 Systematisches Controlling der ambulanten Leistungen

Die derzeit mehrheitlich unstrukturierte ambulante Leistungsentwicklung zeigte sich in Gesprächen mit Verantwortlichen im Krankenhausmanagement u. a. dadurch, dass kein umfassender Überblick vermittelt werden konnte, welche ambulanten Leistungen in den Krankenhäusern konkret erbracht werden. Alle an der Studie beteiligten untersuchten Krankenhäuser konnten nur Ausschnitte aus dem Leistungsportfolio beschreiben, beispielsweise die Anzahl ambulanter OP-Säle oder eine grobe Bezifferung der erteilten Ermächtigungen. Dies mag zum einen an der Komplexität des Themas liegen, zeigt aber auch, dass die ambulante Leistungserbringung – inklusive Dokumentation des tatsächlichen ambulanten Leistungsgeschehens neben abrechnungsbezogenen Sachverhalten, Einsatz von spezialisiertem Personal und Evaluation der ambulanten Leistungserbringung – bislang tatsächlich nicht im Fokus lag.

Ein Überblick über die aktuellen Möglichkeiten der ambulanten Leistungserbringung sowie deren rechtliche Grundlagen findet sich in Fig. 15.3 (Walendzik und Wasem 2019).

Abb. 15.3
figure 3

Möglichkeiten der ambulanten Leistungserbringung am Krankenhaus (Walendzik und Wasem 2019 – tagesstationäre Behandlung ergänzt)

Für ein klares Bild zur derzeitigen Situation in der ambulanten Leistungserbringung ist es erforderlich, eine gründliche Bestandsaufnahme durchzuführen. Diese bezieht sich auf die Art der ambulanten Leistungen selbst, aber auch auf den Personaleinsatz, die zeitliche Bindung, den Raumbedarf, die Qualität der Dokumentation, die Möglichkeiten und die Qualität der Abrechnung sowie auf die Erlöse. Die Ambulanzkostenrechnung ist ein wichtiger Teilbereich der Bestandsaufnahme.

Die relevanten Informationen zum Bestand ermöglichen es dann, die für die Zukunft richtigen Weichenstellungen und Anpassungen vorzunehmen und ein Konzept zu erarbeiten, das eindeutige, strategische und bewusst gewählte Antworten auf die wichtigsten Fragestellungen bzgl. der ambulanten Leistungserbringung geben kann.

Die Zusammenführung aller erforderlichen Informationen mündet in einem ambulanten Business-Case im Status quo. Die hierfür zusammengestellten Daten gehen deutlich über die Informationen hinaus, die bislang in der Regel zu den ambulanten Leistungen vorliegen. Je nachdem, wie und in welchem Umfang bislang dokumentiert wurde, müssen ggf. erst Wege gesucht werden, wie diese Informationen generiert und so aufbereitet werden können, dass auf ihrer Basis fundierte Entscheidungen möglich sind.

Ausgehend von diesem einmaligen Aufwand ist es notwendig, ein Ambulanzcontrolling aufzubauen. Damit verbunden ist auch die Entwicklung eines Reporting-Systems, das den Entscheidungsträgern regelmäßig Informationen zum ambulanten Leistungs-, Kosten- und Erlösgeschehen bereitstellt. Dieses ermöglicht auf längere Sicht auch die systematische Evaluation der Qualität der ambulanten Leistungserbringung. Das Reporting zum ambulanten Leistungsgeschehen wird idealerweise durch geeignete Softwareprodukte ermöglicht und unterstützt. Die Softwarelösungen müssen dabei in der Lage sein, eine Vielzahl unterschiedlicher Formen ambulanter Leistungserbringung an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Strukturen zu administrieren.

Eines der teilnehmenden Häuser berichtet, dass es im Zuge der Datengenerierung eine Projektmanagementstruktur etabliert hat. Das Projektmanagement wird zentral gesteuert und umfasst alle Fachabteilungen. Im Rahmen der Projekte werden die Daten kritisch gewürdigt und es werden Workshops und Gespräche durchgeführt, an denen die verantwortlichen Mitarbeitenden aus den Fachabteilungen, Funktionsbereichen und aus dem Management beteiligt sind. In der beschriebenen Projektstruktur wird es u. a. möglich, die abteilungsspezifisch benötigten Ressourcen zu erheben und überall, wo machbar, zu poolen. Dies betrifft sowohl personelle als auch investive und bauliche Ressourcen. Durch die zentrale Steuerung eines solchen Projektes kann sichergestellt werden, dass alle Informationen in nutzbaren Formaten vorliegen und zentral ausgewertet werden. Im Gesamtbild wird dann deutlich, an welchen Stellen Synergien entstehen und Skaleneffekte genutzt werden können.

3.2 Entwicklung eines strategisch orientierten ambulanten Portfolios

Auf die Frage, für wen das Krankenhaus seine ambulanten Leistungen anbietet, antworten die teilnehmenden Krankenhäuser, die noch kein Konzept zur Ambulantisierung (umgesetzt) haben, pragmatisch: Das ambulante Leistungsangebot richtet sich an Patientinnen und Patienten, die zum bisherigen stationären Leistungsportfolio passen und damit potenziell stationär aufgenommen werden könnten. Dies bezieht sich in erster Linie auf Patientinnen und Patienten aus der Region, aber auch auf solche, die aus anderen Regionen stammen, wenn das Haus durch Spezialisierungen überregional bekannt ist. Zielsetzung ist somit die Generierung stationärer Fälle. Allerdings verfügen die teilnehmenden Häuser in der Regel über keine Informationen, die belegen, dass sich die Patientinnen und Patienten nur aufgrund einer vorangegangenen ambulanten Behandlung für das jeweilige Krankenhaus entschieden haben. Darüber hinaus werden ambulante Leistungen erbracht, wenn Patientinnen und Patienten kein passendes Angebot im niedergelassenen Bereich finden bzw. zu lange darauf warten müssten oder wenn einzelne Ärztinnen und Ärzte Angebote in ihrem Spezialgebiet machen.

Nach der Analyse des aktuellen Geschehens findet sich im Folgenden eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie das ambulante Portfolio der Zukunft aussehen kann und soll. Grundlage hierfür ist eine Analyse des Ambulantisierungspotenzials im aktuellen stationären Leistungsportfolio, um diejenigen Leistungen zu identifizieren, die in Zukunft ambulant erbracht werden können. Zusätzlich werden veränderte gesundheitspolitische Rahmenbedingungen und neue Möglichkeiten zur ambulanten Leistungserbringung berücksichtigt. In einer wie oben beschriebenen Projektmanagementstruktur wird darauf aufbauend das potenzielle ambulante Portfolio definiert. Im nächsten Schritt muss dann entschieden und festgelegt werden, welche der bestehenden und der potenziell ambulant zu erbringenden Leistungen das Krankenhaus selbst erbringen kann und will.

Im Anschluss an diese strategische Entscheidung richtet sich der Blick auf die Versorgungsregion mit der Frage „Wie sieht die aktuelle Versorgungssituation in der Region aus und welche relevanten Partnerinnen und Partner stehen zur Verfügung?“. Hierbei geht es zum einen um die Identifikation der bestehenden Akteurinnen und Akteure in der jeweiligen Versorgungsregion, zum anderen aber auch um die Erhebung des Bedarfs in der Region. Für den Fall, dass sich das eigene ambulante Leistungsspektrum aufgrund der strategischen Ausrichtung verändert, stellt sich die Frage, inwieweit es möglich ist, Kooperationen mit anderen Akteurinnen und Akteuren einzugehen, um das notwendige Leistungsangebot in der Region sicherzustellen. Um die regionale Versorgungsqualität aufrechtzuerhalten, kann es ratsam sein, die Kostenträger in den Entwicklungsprozess einzubinden.

3.3 Effizienzsteigerung durch Prozessstandardisierung und Schnittstellenmanagement

In keinem der teilnehmenden Krankenhäuser existiert ein krankenhauseinheitlicher Standard im Sinne von Behandlungspfaden für die ambulante Leistungserbringung. So sind z. B. Inhalte und Tiefe und damit auch die Versorgungsqualität nicht einheitlich definiert. Vielmehr wurde berichtet, dass sich die ambulante Behandlung im Krankenhaus eher an stationären Standards orientiert und daher deutlich umfangreicher ist als in einer Arztpraxis. Darüber hinaus organisiert sich jede ambulante Einheit in ihrer Insellösung. Dies beginnt schon bei der Frage, wie die Terminvereinbarung erfolgt. Die Spannbreite reicht von einer telefonischen Vereinbarung mit dem Bereich, der diesen Termin wiederum händisch in ein Terminbuch einträgt, bis hin zur Möglichkeit für Patientinnen und Patienten, Termine selbst online zu vereinbaren.

Die erhebliche Zunahme der Zahl ambulanter Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern sowie die empfohlene Zentralisierung der ambulanten Leistungen bergen das Risiko von Flaschenhalssituationen. Diese werden typischerweise sichtbar durch lange Wartezeiten und überfüllte Wartezonen. Um dem entgegenzuwirken, werden neben ausreichenden Räumlichkeiten und Funktionsleistungen gut geplante, standardisierte Prozesse benötigt.

Diese zeichnen sich durch eine klare Definition des Prozessziels und eine Festlegung der Arbeitsinhalte und der dafür erforderlichen Prozessschritte aus. Idealerweise werden die Ziele, Inhalte und die Reihenfolge der Arbeitsschritte sowie die beteiligten Leistungserbringenden ebenso wie im stationären Setting anhand von Behandlungspfaden definiert. Alle Patientinnen und Patienten mit gleichgelagerten Anforderungen können dann entlang des spezifischen Behandlungspfades durch ihren Aufenthalt „geschleust“ werden.

Aus dem Behandlungspfad ergibt sich die zeitliche Bindung in Räumen und Funktionsstellen sowie von Leistungserbringenden. Aus den zeitlichen Bindungen gilt es dann den zeitlichen Takt zu ermitteln, in dem die Patientinnen und Patienten von einer Behandlungsstation zur nächsten wandern (z. B. Aufnahme, Arztgespräch, Diagnostik, Arztgespräch). Die Betrachtung der zeitlichen Bindung in Räumen und von Personal zusammen mit der Taktung kann die Anforderung nach sich ziehen, dass einzelne Prozessschritte mehrfach, das heißt parallel, organisiert werden müssen, um Flaschenhälse zu vermeiden. So reicht beispielsweise ein Empfangstresen für eine Vielzahl von Patientinnen und Patienten aus, aber es werden nachgelagert mehrere personell besetzte Behandlungsräume benötigt, um einen guten Patientenfluss ohne Wartezeiten zu gewährleisten.

Vor allem dann, wenn im Behandlungsverlauf Funktionsleistungen benötigt werden, ist eine gute Terminierung aller erforderlichen Prozessschritte unabdingbar. Diese Funktion wird im Krankenhaus üblicherweise durch das Belegungsmanagement ausgeübt. Das Belegungsmanagement ist dabei auf die Informationen aus dem jeweiligen Behandlungspfad sowie auf einen vollständigen Zugriff auf die Terminkalender aller am Behandlungsprozess beteiligten Einheiten angewiesen. Damit die notwendigen Informationen vollständig und rechtzeitig zur Verfügung stehen, müssen eventuell bestehende Schnittstellenprobleme bearbeitet werden. Mittlerweile kann vielerorts beobachtet werden, dass diese Schnittstellen- und Kommunikationsdefizite für einen stationären Aufenthalt bereits optimiert wurden. Der Anschluss der ambulanten Behandlungsplanung an zentrale IT-Systeme bleibt allerdings eine Aufgabe. Gleiches gilt für die Dokumentation und den Zugriff auf die Patientenakte. Auch hier ist es für adäquate Durchlaufzeiten unerlässlich, dass die Dokumentation der Befunde und Behandlungsleistungen unmittelbar und an allen Behandlungsstationen stattfindet bzw. eingesehen werden kann.

3.4 Digitale Prozessunterstützung durch vernetzte Konzepte und innovative Technologien

Eine Bewältigung der Herausforderung Ambulantisierung ist ohne Digitalisierung aus Expertensicht schlichtweg unmöglich (McKinsey & Company 2018). Erfolgreiche Konzepte verfügen daher über tragfähige digitale Netzwerke mit anderen Leistungserbringenden und sind nicht nur untereinander verbunden, sondern verbinden damit die Sektoren.

In der Regel werden diese für spezifische Krankheitsbilder in Forschungsprojekten entwickelt und evaluiert. Beispiele hierfür sind unter anderem Projekte wie „SPIZ – Sektorenübergreifende Versorgung von Patient:innen mit hämatologischen Erkrankungen nach innovativer Zelltherapie“ (Gemeinsamer Bundesausschuss 2023) oder „telaskoop“ (Universitätsklinikum Freiburg 2023).

Bei SPIZ handelt es sich um ein Nachsorgekonzept für Patientinnen und Patienten, bei denen die Betreuung durch niedergelassene Fachärztinnen und -ärzte und Fachpflegekräfte aus den Kliniken stattfindet. Die einzelnen Komponenten der Nachsorge werden durch ein Case-Management der Kliniken koordiniert, die therapeutisches Personal einbinden und Telesprechstunden sowie eine Nachsorge-App nutzen (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden 2023).

Das Projekt „telaskoop“ der Uniklinik Freiburg (telemedizin.allgemeinmedizin.schmerzmedizin.in kooperation) optimiert die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen durch eine Vernetzung von niedergelassenen Haus- und Fachärztinnen und -ärzten sowie dem Team des Interdisziplinären Schmerzzentrums der Uniklinik Freiburg. Dafür werden eine digitale Anmeldung der Patientinnen und Patienten im Interdisziplinären Schmerzzentrum durch die Praxen und in der Folge Online-Fallbesprechungen zwischen dem behandelnden ärztlichen Personal beider Sektoren sowie den Patientinnen und Patienten ermöglicht (Universitätsklinikum Freiburg 2023).

Außerdem werden Ansätze zur Anbindung und Weiterentwicklung der Systeme in einzelnen Krankenhäusern oder Verbünden verfolgt. Sie dienen dazu, Prozesse zu optimieren, aber auch Behandlungsangebote neu und unabhängig vom Aufenthaltsort der Patientinnen und Patienten zu denken und innovative Anwendungen in die vorhandenen Systeme zu integrieren. Die Vision dabei lautet: „digital vor ambulant vor stationär“. Das Robert-Bosch-Krankenhaus bietet zum Beispiel eine spezielle telemedizinische Nachsorge bei Herzinsuffizienz an, bei der die Betroffenen (nach stationären Aufenthalten inklusive Schulungen und Beratungsgesprächen) täglich ihre Vitalwerte und Symptome digital erfassen und über eine Plattform an das Telemedizinische Zentrum übermitteln. Diese Daten werden von den Mitarbeitenden der Telemedizin überwacht. Bei Veränderungen des Gesundheitszustands erfolgt eine telefonische Kontaktaufnahme (Robert-Bosch-Krankenhaus 2023).

Die Auswahl der spezifischen Ansätze orientiert sich idealerweise an der zu Beginn definierten Ambulantisierungsstrategie. Entscheidet sich ein Krankenhaus, einzelne ambulante Leistungen nicht mehr anzubieten, sollte der Fokus zum Beispiel auf Kooperation und Vernetzung mit Leistungserbringenden in der Region gelegt werden, die diese Leistungen bereits in ihrem Portfolio anbieten oder neu aufnehmen. Dadurch wird es möglich, eine gezielte Steuerung der Patientinnen und Patienten zu den alternativen Angeboten kooperierender Einrichtungen vorzunehmen.

Die Umsetzung dieser digitalen Ansätze wird oft durch die finanzielle Lage in den einzelnen Krankenhäusern erschwert (Deloitte 2018). Gleichzeitig werden viele Pilotprojekte durch öffentliche Fördermittel unterstützt, zum Beispiel die Entwicklung von Plattformen zum Datenaustausch oder Projekte zur Telemedizin (Deutsches Ärzteblatt 2022). Gegebenenfalls lohnt es sich, eine derartige Finanzierung in Betracht zu ziehen.

Unabhängig von den Investitionsmöglichkeiten ist auch die personelle Ausstattung in der IT ein limitierender Faktor. Projekte verzögern sich, weil die IT-Abteilungen nicht über ausreichende personelle Ressourcen verfügen oder spezifisches Know-how nicht verfügbar ist, um die Vielzahl an Projekten parallel zu koordinieren und umzusetzen (Vogel 2022). Ein Lösungsansatz, der in den Expertengesprächen benannt wurde, ist es, Interessierte aus anderen Berufsgruppen nach entsprechender Qualifizierung mit der Projektleitungsrolle zu betrauen. Als Digitalmanagerinnen und -manager koordinieren sie mit entsprechenden Stellenanteilen die eigene IT-Abteilung, externe Software-Anbieter und die späteren Anwenderinnen und Anwender.

3.5 Entwicklung strategischer Raum- und Funktionskonzepte – Investitionen in eine passende Infrastruktur

Je nachdem, um welche ambulanten Leistungen es sich handelt, werden diese in den Fachabteilungen des Krankenhauses oder über MVZ-Sitze erbracht, die zum Teil dezentral in der Region angesiedelt sind. Die regionale Verteilung ist dabei eher historisch gewachsen, als dass sie versorgungsstrategischen oder wirtschaftlichen Planungen folgt. In den meisten teilnehmenden Krankenhäusern gibt es daher das Bestreben, die ambulante Leistungserbringung zu konzentrieren, beispielsweise durch die Zentralisierung der MVZ-Sitze oder durch die Etablierung einer Poliklinik. Vielerorts steht die Umsetzung dieser Schritte noch bevor und wird durch fehlende Mittel für die notwendigen Investitionen erschwert.

Die Verlagerung bisher stationär erbrachter und damit komplexerer Leistungen in den ambulanten Sektor erfordert einen Transformationsprozess der baulich-funktionellen Strukturen. Ziel sind wirtschaftliche Struktureinheiten mit Grundrissen, die ambulante Prozesse und einen zielgerichteten Personaleinsatz optimal unterstützen. Ermöglicht wird dies über eine Vermeidung von Mehrfachvorhaltungen (Räume, Geräte und Personal) mit sinnvoller Zentralisierung von Leistungen und Räumen sowie einer optimalen Auslastung der Ressourcen. Um Fehlinvestitionen zu verhindern, sollte ein strukturelles Entwicklungskonzept die Grundlage aller weiteren Planungen darstellen. Dieses berücksichtigt die Medizinstrategie, die prognostizierten Leistungsmengen und die baulich-funktionelle IST-Situation und orientiert sich am Weg der ambulanten Patientinnen und Patienten durch die Untersuchungs- und Behandlungseinheiten.

Konkret bedeutet dies, dass Häuser, die noch keine konsequente prästationäre Aufnahme aller elektiven Fälle in interdisziplinären Ambulanzzentren durchführen, zusätzliche Ambulanzkapazitäten zur Verfügung stellen und interdisziplinäre Ambulanzzentren einrichten müssen. Darüber hinaus werden mit der Ambulantisierung zunehmend komplexere Leistungen insbesondere in den invasiv-diagnostischen, operativen und interventionell-therapeutischen Funktionsstellen erbracht, die baulich-funktionelle Anpassungen in der ambulanten Infrastruktur erforderlich machen. Einige Funktionsstellen (zum Beispiel nichtinvasive Bildgebung, Funktionsdiagnostik) können aber auch bei zunehmender Ambulantisierung unverändert weiterbetrieben werden, denn eine Mehrfachvorhaltung ist aus wirtschaftlicher und personeller Sicht häufig nicht sinnvoll. Allerdings müssen, ausgehend von der prognostizierten Leistungsmenge, unter Umständen Wartezonen angepasst werden. Da weitere Optimierungspotenziale oftmals in der Wegeführung und in der Erschließungssituation liegen, gilt es diese ebenfalls auf den Prüfstand zu stellen.

Aufgrund der oftmals deutlich geringeren Vergütung für ambulant erbrachte Leistungen wurden bereits an einigen Krankenhäusern separate, ambulante Raumstrukturen eingerichtet. Bekanntestes Beispiel ist der solitäre Ambulanz-OP, eine bzgl. Personaleinsatz und Infrastruktur „abgespeckte“ Variante des stationären Zentral-OPs. Hier stellt sich immer wieder die Frage, ob der Betrieb solitärer Funktionsstellen für die nicht-vollstationäre Versorgung überhaupt sinnvoll ist. Diese Frage ist nicht mit einem „ja“ oder „nein“ zu beantworten. Übergeordnetes Ziel jeder bedarfsgerechten Flächen- und Raumplanung ist, neben der Verbesserung der Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit, die Steigerung der Leistungsfähigkeit, der Wirtschaftlichkeit und vor allem der medizinischen Versorgungsqualität. Angesichts des Fachkräftemangels ist es nicht sinnvoll, nach Abrechnungsart getrennte postinterventionelle Überwachungsbereiche, zum Beispiel bei Endoskopien oder Herzkatheteruntersuchungen, mit eigenem Personal vorzuhalten, wenn die Überwachungseinheiten unwirtschaftliche Größen haben und damit auch die entsprechenden Fachkräfte nicht optimal eingesetzt werden können. Zielführender ist die gemeinsame Nutzung eines gut dimensionierten zentralen Überwachungsbereichs mit wirtschaftlichem Einsatz von kompetentem Personal. Nach der ersten Überwachungsphase werden die Patientenströme getrennt: Stationäre Patientinnen und Patienten werden auf die Stationen, ambulante Patientinnen und Patienten in eine ambulante Einheit zur Nachsorge verlegt.

Die qualitative und quantitative Entwicklung in der ambulanten Leistungserbringung ist ein fortlaufender Prozess und in ihren langfristigen Auswirkungen nur schwer abzuschätzen. Die gewählten Raumstrukturen sind so zu konzipieren, dass die gewünschten Effekte einer flexiblen Raum- und Bereichsnutzung im laufenden Krankenhausbetrieb unkompliziert und weitgehend ohne massive Eingriffe in die Bausubstanz realisierbar sind. Erreicht wird dies über Standardisierung von Räumen, multifunktionelle Grundrisse und Modularität. So ermöglicht ein entsprechend geplanter Zentralbereich aus Eingriffs- und Endoskopieräumen maximale Nutzungsflexibilität.

Mehr ambulante und weniger stationäre Fälle bedeutet auch, dass der Bettenbedarf in den einzelnen Abteilungen sinkt. Daher ist die Kapazitätsplanung für die Stationen ebenfalls Teil eines strukturellen Entwicklungskonzepts. Durch sinnvolle Zusammenlegungen und die Schaffung von interdisziplinären Stationen, unterstützt durch ein funktionales Raumkonzept, lassen sich Ressourcen poolen und freiwerdende Kapazitäten sinnvoll nutzen.

3.6 Angepasste Personaleinsatzkonzepte, spezialisiertes Personal, ambulantes „Mindset“

Für die ambulante Leistungserbringung selbst, aber auch für die Leitung und das Management dieser Bereiche gibt es – bezogen auf die Krankenhäuser, die noch kein Konzept umgesetzt haben – in der Regel kein eigenes Personal. Diejenigen, die daran mitwirken, tun dies in der Regel neben ihren stationären Aufgaben und sind geprägt vom Kontext einer stationären Versorgung. Neben dem ärztlichen Dienst erbringen auch die anderen Dienstarten im Krankenhaus die ambulanten Leistungen neben ihren stationären Aufgaben. Nur vereinzelt werden medizinische Fachangestellte eingesetzt, die ausschließlich für die Ambulanzen tätig sind. Ebenso ist in Verwaltung und Management überwiegend kein Personal vorhanden, das auf den ambulanten Bereich spezialisiert ist. So gibt es beispielsweise kein ambulantes Medizincontrolling, kein ambulantes OP-Management und die kaufmännische Leitung der MVZs wird in vielen Fällen durch die Geschäftsführung des Krankenhauses wahrgenommen. Im Gegensatz dazu wurde in den Expertengesprächen übereinstimmend von allen Interviewpartnern geäußert, dass das stationär geprägte Denken für die Leistungserbringung und Steuerung im ambulanten Bereich nicht förderlich ist. Mit Blick in die Zukunft und die zunehmende ambulante Leistungserbringung sei es vielmehr notwendig, auch im Krankenhaus ein „ambulantes Mindset“ zu entwickeln.

Da das ambulante Arbeiten am Krankenhaus bislang durch die stationären Strukturen und Prozesse – durch ein stationäres Setting – geprägt ist, ist es ohne weitergehende strukturierende Rahmenbedingungen nur schwer möglich, ein für das ambulante Arbeiten adäquates Mindset zu entwickeln. Dieses beinhaltet ein für die ambulante Leistung und Vergütung angepasstes Leistungsspektrum sowie eine entsprechende Bearbeitungs- bzw. Behandlungstiefe. Für die Entwicklung dieses Mindsets wären räumlich vom stationären Betrieb abgegrenzte Bereiche unterstützend, die über eigenes, auf die ambulante Versorgung spezialisiertes Personal verfügen. Dies würde aber zumindest in den Funktionsbereichen unweigerlich zu Doppelvorhaltungen führen, die bzgl. des Personaleinsatzes und des Raumbedarfs aus Gesamtsicht kaum wirtschaftlich betrieben werden können.

Für die ambulanten Leistungen, bei denen auf Funktionsstellen zurückgegriffen werden muss, ist es daher für das ambulante Mindset unterstützend, wenn klare Abläufe und Behandlungsstandards den Leistungsumfang und die Leistungstiefe prägen. Spezifische Behandlungspfade bieten für die behandelnden Personen klare Leitplanken, die eine hohe Taktzahl und das Tempo für das ambulante Arbeiten ermöglichen. Wo immer möglich, stellen dennoch auch passende Räumlichkeiten und spezialisiertes Personal eine weitere gute Grundlage dar, um spezifische, für das ambulante Arbeiten am Krankenhaus passende Prozesse zu etablieren. So zeigen erfolgreiche Praxisbeispiele, bezogen auf die Räumlichkeiten, dass eine Clusterung der Behandlung nach medizinischen Kriterien und eine möglichst weitgehende räumliche Zusammenfassung der Leistungserbringung entlang der Cluster deutliche Vorteile bzgl. des Personaleinsatzes und der Prozesse mit sich bringen. Insbesondere für ambulante Leistungen, die keine aufwändigen Funktionsleistungen beinhalten, folgen die Konzepte der Organisationslogik von Polikliniken oder Gemeinschaftspraxen.

Die Zentralisierung der ambulanten Leistungserbringung macht Spezialisierungs- und Skaleneffekte beim Personaleinsatz möglich. So werden weniger administrative Kräfte benötigt, um zahlreiche Ambulanzen und Sprechstunden gemeinsam zu organisieren. Von der Terminvergabe über die Anmeldung bis zur Abrechnung könnten Leistungen von weniger spezialisierten Personen erbracht werden, als das in den bisher üblichen Insellösungen möglich wäre. Die nicht-ärztlichen, patientennahen Tätigkeiten könnten medizinische Fachangestellte übernehmen, die ebenfalls ausschließlich in diesen ambulanten Settings arbeiten. In den Funktionsstellen zeigt sich, dass erfolgreiche Praxisbeispiele keine Trennung zwischen ambulant und stationär in den Funktionen an sich vornehmen, sondern lediglich in den vor- und nachgelagerten Prozessen. Das Funktionspersonal ist daher nicht ausschließlich entweder für ambulante oder für stationäre Behandlungen und Eingriffe eingesetzt.

Im ärztlichen Dienst sind verschiedene Entwicklungen zu beobachten – je nachdem, ob es sich um Sprechstunden oder Eingriffe handelt. Für die Sprechstunden buchen sich die Fachabteilungen und das ärztliche Personal in den zentralisierten ambulanten Bereichen ein und nutzen das dort tätige, auf das ambulante Arbeiten spezialisierte Personal. Die Dienstleistungen, beispielsweise einer zentralisierten Poliklinik, für die Fachabteilung und die Ärztinnen und Ärzte am Krankenhaus, reichen dann von Terminierung und Aufnahme über Assistenz und Abrechnung bis zur Bereitstellung von Räumen. Das ambulante Setting setzt so auch den Rahmen für das ambulante Arbeiten des ansonsten stationär geprägten ärztlichen Dienstes.

Ähnlich sieht es bei der Verortung von Funktionsstellen, wie z. B. bei ambulanten OPs, aus. Während größere Häuser oft über gesonderte Räumlichkeiten verfügen, in denen ambulante Operationen durchgeführt werden, finden diese an kleineren Häusern häufiger auch im ZOP statt. Bezogen auf das ambulante Mindset und das ambulante Arbeiten bei OPs sind eigene Bereiche für das ambulante Operieren vorteilhaft. Für den Personaleinsatz zeigen sich auch hier erfolgreiche Rahmenbedingungen: Funktionspersonal (z. B. operationstechnische Assistenz) und Anästhesie sind spezialisiert auf ambulante Operationen und bieten den Operierenden so das richtige Setting und die entsprechende Struktur für das ambulante Arbeiten und die entsprechende Taktung auch im OP. Für den effizienten Einsatz der Operateure ist es hilfreich, wenn sie nicht an einem Tag zwischen den Bereichen wechseln müssen, sondern wenn sie sich ganze Tage oder vielleicht sogar über längere Zeiträume auf das ambulante Arbeiten konzentrieren können.

Das dezidiert ambulante Arbeiten in solitären Settings bietet den Vorteil, dass dafür auch eine Dienstplangestaltung geschaffen werden kann, die ohne Überstunden und Bereitschaftsdienste auskommt. Krankenhäuser werden so in die Lage versetzt, Mitarbeitenden, die dies wünschen und geeignet sind, Alternativen zu den stationären Dienstplanmodellen mit Schicht- und/oder Bereitschaftsdiensten anzubieten. Mitarbeitende, die das stationäre Arbeiten hinter sich lassen wollen, weil die Arbeitszeiten nicht verlässlich sind oder weil die Dienstplangestaltung nicht zur Lebensphase passt, finden Auswahlmöglichkeiten, ohne den Arbeitsort Krankenhaus oder den langjährigen Betrieb zu wechseln.

Eine erfolgreiche Umsetzung ambulanter Geschäftsmodelle erfordert auch eine Professionalisierung der mit dem ambulanten Geschehen befassten administrativen Bereiche. Beispielhaft wäre die Funktion eines Medizincontrollings zum ambulanten Leistungsgeschehen zu nennen. Darüber hinaus benötigen die ambulanten Leistungsbereiche funktionierende Leitungs- und Managementstrukturen, die idealerweise auch in den Geschäftsführungen der Krankenhäuser repräsentiert sind (Fig. 15.4).

Abb. 15.4
figure 4

Überblick: Handlungsimpulse zur operativen Umsetzung der ambulanten stationsersetzenden Behandlung am Krankenhaus

4 Fazit: vom Nebenher zum echten zweiten Standbein

Künftige Entwicklungen in den Fokus zu nehmen und das eigene Handeln im Sinne von Schwerpunktsetzungen daran auszurichten, ist das Wesen von Strategieentwicklung. Die Herausforderungen und Vielzahl der Themen, mit denen Krankenhäuser in den letzten Jahren allein im stationären Bereich konfrontiert waren, waren bestimmend für den Fokus und die Schwerpunktsetzung. Die ambulante Leistungserbringung war daher für die Strategieentwicklung nicht zentral, sie wurde eher als Instrument für die Generierung stationärer Fälle betrachtet.

In den nächsten Jahren wird sich nun aber das Verhältnis von stationären und ambulanten Fallzahlen deutlich in Richtung ambulant verschieben. Diese Entwicklung verläuft zwar angesichts der bekannten Rahmenbedingungen zu langsam, aber sie ist medizinisch sinnvoll und nicht aufzuhalten oder umkehrbar. Die ambulante Leistungserbringung erhält damit für Krankenhäuser eine eigenständige strategische Bedeutung und wird angesichts des ambulanten Versorgungsbedarfs auch wachsende wirtschaftliche Bedeutung für die Krankenhäuser gewinnen.

Die Versorgungsrelevanz und wünschenswerterweise auch die Erlösrelevanz der ambulanten Leistungen werden dazu führen, dass sich die ambulanten Leistungen eines Krankenhauses zu einem echten zweiten Standbein neben der stationären Versorgung entwickeln werden. Noch ist zwar nicht in Gänze abzusehen, wie entsprechende förderliche, ambulante bzw. hybride Vergütungsmodelle aussehen werden, dennoch sind die Krankenhäuser gut beraten, wenn sie rechtzeitig und proaktiv die Weichen stellen und die passenden Rahmenbedingen für die ambulante Leistungserbringung schaffen.